Green Day Piazza Grande Locarno 2013 - Foto: pam
Di, 9. Juli 2013

Moon & Stars 2013 – Green Day

Piazza Grande (Locarno, CH)
29.07.2013

Blitzkrieg auf der Piazza Grande

Green Day. Auf der Piazza Grande. Kann das gut gehen? Bevor ich mich jetzt komplett wiederhole – siehe Review der Hosen am Moon & Stars zwei Tage früher – lass ich es jetzt wie immer einfach mal auf mich zukommen.

Doch ganz 100% Moon & Stars scheinen Green Day nicht zu sein. Während das Hosen Konzert ausverkauft war, gab es bei GD doch noch einige Tickets. Faireshalber muss man sagen, dass die meisten Konzerte am M&S dieses Jahr nicht ausverkauft waren/sind und heute ein leider verregneter Montagabend ist, während die Hosen bei schönstem Wetter am Samstagabend ran durften.

Etwas überraschend ist jedoch das sehr junge Publikum – vor allem in den ersten Reihen mit vielen kleinen Mädchen. Ich dachte Green Day wäre eher unsere Generation und das M&S zieht ja sonst eher 30Plus an. Und weniger überraschend, hat es heute auch viel mehr Tessiner/Italiener im Publikum. Dementsprechend geht schon kurz vor dem Konzert das Gekreische ab, als käme gleich Justin B. auf die Bühne. Und sie kennen sogar die The Ramones bzw. deren bekanntesten Song „Blitzkrieg Bop“. Zusammen mit dem Intro ab Band wird schon kräftig Hey, Ho Let’s Go mitgesunden. Wie schon zwei Tage früher bei den Hosen, ist DER Punkrock-Song schlechthin sicher nicht nur zum aufwärmen für die Fans gedacht, sondern auch eine Hommage an die Pioniere und Übervater des Punkrocks: The Ramones. Unterstützt wird das ganze durch ein durchgeknalltes, pinkiges Duracell-Animations-Häsli mit einem Tre Cool Shirt.

Und da kommen sie – begleitet mit heftigem Gekreische aus den ersten Reihen – auf die Bühne. Green Day, die dem Punkrock Anfangs der 90er Jahre neues Leben einhauchten und zur grössten Punkrock-Band der letzten zwei Jahrzehnte wurden. Vor allem dem „Spränzel-Schuelbueb“ Billie Joe Armstrong sieht man kaum an, dass es die Band schon 26 Jahre gibt und die Jungs die 40 schon überschritten haben. Und einmal mehr wird einem in den ersten Sekunden klar, warum gewisse Bands gross werden und andere nicht: Unglaublich wie so ein kleiner Mann wie Billie Joe mit Ausstrahlung und Leidenschaft eine so grosse Bühne hinausstrahlend über die ganze Piazza Grande fühlen und berühren kann.

Die Stimmung ist von Anfang an gut, schafft jedoch das schon fast unerreichbare Level von den Hosen nicht. Es wird zwar auch fleissig gesungen, aber es sind nunmal so rund 2 – 3 Mal weniger Leute da und der leichte Regen während dem ganzen Konzert hilft auch nicht unbedingt. Hühnerhautfeeling kommt zum ersten Mal bei „Wake Me Up When September Ends“ – vom Überalbum „American Idiot“ – auf. Aber so richtig cool wird’s für Old Schoolers wie mich mit „Burnout“. Billie Joe macht bei diesen Supersongs mit umgehängter Schweizer Fahne – die uns noch den ganzen Abend begleiten soll – auf gemäss seinen Worten „Superswiss“.

Eine kleine Tradition bei Green Day Konzerten ist, dass ein Auserwählter aus dem Publikum die Gitarre von Billie Joe übernehmen darf und mit dem Rest der Band mitspielt. So stellt Billie Joe auch heute die Frage: „Who can play the guitar?“. Ein kleiner Bube- noch kleiner als Billie Joe – hat sich scheinbar lange auf diesen Moment vorbereitet und hält ein Schild mit der Aufschrift „I can play the guitar“ hoch. Als er dann tatsächlich auf die Bühne gehoben wird, geht wohl ein kleiner oder grösserer Traum in Erfüllung.

Und der Junge spielt dann auch ganz ordentlich und singt dazu auch noch. Das Üben hat sich also gelohnt. Die ganze Piazza Grand liegt ihm in diesem magischen Moment zu Füssen. Kann es für einen kleinen Jungen einen grösseren Moment geben? Es kann, denn Billie Joe war scheinbar auch beeindruckt und schenkt ihm spontan seine Gitarre. Härziger Moment als der kleine Bube den anderen Buben innig für das unbezahlbare Geschenk umarmt. Schöner Moment. Dumm nur, dass der Gitarrenroadie das scheinbar nicht mitgekriegt hat, und dem verdutzten Junge die Gitarre wieder wegnimmt. Wie die Geschichte im Backstage ausgeht, entgeht leider meiner Kenntnis, aber hoffen wir doch alle auf ein Happy End.

Bei einem witzig intonierten „King For A Day“ mit einem kurzen Saxophon-Duell zwischen Keyboarder Jason Freese und Billie Joe, sind die Jungs alle mehr oder weniger lustig verkleidet. Vollends zum Tollhaus wird die Bühne, als das Saxophon zur Titelmelodie der Benny Hill Show übergeht. Drummer Tre Cool mit Frauenhut und BH jagt Indianer und Basser Mike Dirnt quer über die Bühne in bester Manier des Meisters Benny Hill. Und da kommt auch das Häsli wieder auf die Bühne. Das Tre Cool Shirt wurde jetzt zum Hösli umfunktioniert. Irgendwann stellen sie auf der Bühne alle tot. Das Häsli deckt Billie Joe noch mit der Schweizer Fahne zu, bevor es sich dann auch hinlegt. Das hindert die Band aber nicht am spielen und intoniert dabei so ziemlich alles zwischen „Bright Side Of Life“ und Doors „Break On Through Through The Other Side“.

Ich hatte schon oft gehört, dass Green Day live ziemlich cool sein müssen. Aber dass sie eine der besten Livebands sind, hätte ich nicht gedacht. Und für Punkrock ganz unüblich, verlassen sie die Bühne erst nach über 2 Stunden zum ersten Mal. Wenn man Green Day live erlebt, sieht man einmal mehr, warum gewisse Bands gross und andere Superbands über Jahrzehnte werden … ach, das hatten wir schon.

Bei „American Idiot“ ist ein anständiger Pogo – wie es die Piazza Grande wohl nicht oft erlebt- inklusive. Der Abschluss bildet ein superepisches „Jesus Of Suburbia“ bevor dann Billie Joe ganz am Schluss alleine „Good Riddance (Time Of Your Life)“ anstimmt und „Brutal Love“ akustisch zum Besten gibt. Leider ist dann der Abgang auch brutal. Sehr abrupt und ohne Verabschiedung. Das und das alleine ist für mich heute der einzige klitzekleine negative Aspekt.

Das Fanzit – Moon & Stars – Green Day

Die CHF 95 waren jeden Rappen wert. Mit 2 Stunden und 25 Minuten toppen Green Day sogar noch die Spielzeit der Hosen. Eine Hammerband mit geilen Liedern und ein einzigartiges Ambiente machen diesen Abend auf der Piazza Grande wohl für alle Beteiligten unvergesslich. Green Day haben mich heute restlos überzeugt. Die etwas weniger laute Stimmung beim Publikum gegenüber den Hosen ist vor allem den weniger Leuten und dem Wetter zu zuschreiben. Ansonsten standen die Kalifornier aus Berkley den Düsseldorfern in fast nichts nach.

Nach den beiden Hammerkonzerten – Hosen und Green Day – auf der Piazza Grande anlässlich des Moon & Stars Festivals wünsche ich mir eigentlich nur ein Band dort zu sehen: Metallica. Und zwar für die Thrash-Metaller-Fraktion und nicht die Nothing-Else-Matterers. Wow, ich stell mir grad „Orion“ in diesem Ambiente vor …

Setliste Green Day

  1. 99 Revolutions
  2. Know Your Enemy
  3. Stay The Night
  4. Stop When The Red Lights Flash
  5. Letterbomb
  6. Oh Love
  7. Holiday
  8. Boulevard Of Broken Dreams
  9. Wake Me Up When September Ends
  10. Let Yourself Go
  11. Burnout
  12. 2000 Light Years Away
  13. Hitchin A Ride
  14. When I Come Around
  15. St. Jimmy
  16. Longview
  17. Basket Case
  18. SheKing For A Day
  19. Shout (Cover)
  20. X-Kid
  21. Minority
  22. American Idiot
  23. Jesus Of Suburbia / Good Riddance (Time Of Your Life)
  24. Brutal Love

Fotos Moon & Stars 2013 – Green Day (pam)


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29.07.2013
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