Sabaton auf der Metal Cruise (70'000 Tons Of Metal 2013) - Foto: pam
Fr, 20. September 2013

Sabaton – Interview mit Joakim Brodén

Power Metal
21.09.2013
Sabaton auf der Metal Cruise (70'000 Tons Of Metal 2013) - Foto: pam

Am 20. September veröffentlichten die Schwedischen Überflieger Sabaton ihre erste RICHTIGE Live DVD – Swedish Empire Live bringt eine geballte Ladung an Rückblicken auf ihre unglaublich erfolgreiche letzte Tour, deren Höhepunkt wohl der Auftritt als Headliner beim Polish Woodstock war. 600’000 Zuschauer hat man nicht alle Tage – also ist es naheliegend, dass natürlich dieses Konzert für eine Live DVD ausgewählt wird. Zusätzlich gibt’s noch die Shows aus London, Oberhausen und das Heimspiel in Göteborg (inklusive Präsentation des neuen Schlagzeugers) zu sehen.

Ich hatte vor dem Release die Möglichkeit, Sänger Joakim Brodén am Telefon etwas auszuquetschen. Da ich die DVD zu diesem Zeitpunkt leider noch nicht gesehen hatte, plauderten wir halt vor allem über ganz allgemeine Dinge der Band (siehe hier Review zur DVD).

Metalinside (Kaufi): Ende August hat die Band in Schweden eine weitere Auszeichnung bekommen, dieses Mal den „Swedish Peoples Price“. Etwas, was Sabaton viel bedeutet, denn es kommt von den Fans:

Joakim Brodén: „Wir haben viele Auszeichnungen erhalten. Uns bedeuten diejenigen der Fans allerdings einiges mehr als jene, die von irgendwelchen Jurys kommen.“

MI: Wann habt ihr bemerkt, dass ihr jetzt vor dem ganz, ganz, ganz grossen Erfolg steht?

JB: „Ich weiss nicht, ich glaube, das haben wir bis heute nicht realisiert. (lacht) Es ist eigentlich ein Segen und gleichzeitig ein Fluch. Ich bin zwar immer glücklich darüber, aber ich bin nie endgültig zufrieden. Manche Leute meinen jetzt, dass wir uns zurücklehnen und das alles geniessen können. NEIN! Wir müssen weiter und noch härter arbeiten!“

MI: Sabaton haben nicht nur ihr eigenes Festival in ihrer Heimatstadt Falun, auch die Sabaton Kreuzfahrt ist mittlerweile etabliert und dieses Jahr ist sie selbstverständlich längstens wieder ausverkauft. Ausgedehnte Tourneen, Auftritte bei den grössten Festivals wie dem Bang Your Head!!!. Summer Breeze oder Wacken. Da besteht die Gefahr, dass sich die Fans plötzlich satt gesehen haben. Oder nicht? Joakim meint dazu:

JB: „Ich weiss was Du meinst, und natürlich gibt es diese Möglichkeit. Aber jetzt spielen wir noch ein paar Shows im Dezember in Deutschland und der Schweiz, danach gehen wir ins Studio, wo wir die nächste Scheibe aufnehmen. Die sollte Anfang Sommer dann erscheinen. Wir werden dann wohl noch auf einigen wenigen Festivals in Europa spielen, danach werden wir auf Tour in Nord- und Südamerika sein. Es wird dann also eine Zeit dauern, bis wir wieder die europäischen Bühnen im grossen Stil unsicher machen.“

MI: Umgekehrt besteht allerdings auch die Möglichkeit, dass die Band sich überarbeitet. Vielleicht – weil man es sich ja auch verdient hat – möchte man ja mal eine längere Pause einlegen, so wie das ihre Landsmänner von Hammerfall gerade tun. Joke sieht das allerdings völlig anders!

JB: „Nun, wir werden ab September kaum mehr unterwegs sein für eine längere Zeit. Und überhaupt: in welchem Job kann man einfach so ein Jahr aussetzen? Wir haben das Privileg, diesen Job auszuführen, aber wir haben umgekehrt auch eine Pflicht und eine Art Verantwortung. Wenn man bei den Scorpions spielt, dann kann man so was sicher machen. Aber wir haben schlicht nicht den finanziellen Background dafür. Zudem: wenn ich ein Jahr Pause machen müsste und nichts zu tun hätte – ich glaub, ich würd mich glatt umbringen! (lacht)“

MI: Mit der veröffentlichten Live DVD bestätigen (oder besser gesagt: zementieren) die Schweden ihren Ruf als extrem fanfreundliche Band. Das wird vom Publikum auch enorm geschätzt. Als Beispiel sei die „70’000 Tons of Metal Cruise“ genannt, da waren die Jungs omnipräsent und zeigten null Berührungsängste mit niemanden. Umgekehrt hat man da andere Musiker ausser bei den Konzerten kaum gesehen. Bei dem Status, den Sabaton mittlerweile innehat, würde man es als Fan auch verstehen, wenn da ein gewisser Rückzug wäre. Aber auch hier sieht das der Sänger völlig pragmatisch:

JB: „Warum sollten wir? Es macht doch mehr Spass mit den Fans Party zu machen als irgendwo alleine rumzuhängen. Zudem: wir erfahren so aus erster Hand, welche Fehler wir machen! Die Fans sagen uns direkt, was sie denken! Und so können wir gewisse Dinge auch korrigieren, wenn das nötig ist.“

MI: Die Live DVD wurde wie gesagt in Polen aufgenommen, beim „Polish Woodstock“ im August 2012. Sabaton spielten als Headliner vor über eine halben Million Zuschauern – eigentlich ein Wahnsinn!

JB: „So eine Crowd hat man selbstverständlich nicht alle Tage. Das MUSSTEN wir ja filmen!“ lacht Joakim.“Wir wollten schon lange mal eine DVD machen, aber aufgrund verschiedener Umstände hat’s nicht geklappt. Da dachten wir uns halt: fuck that, let’s make it BIG! (lacht) Zudem haben wir einige Backstage Segmente drauf getan, Interviews, Interviews mit der Crew und solche Dinge.“

Des Weiteren finden sich auf der DVD drei weitere Konzerte (London, Oberhausen und das Heimspiel in Göteborg, bei dem Snowy Shaw als Interims Schlagzeuger präsentiert wurde) – Value for Money! Der Sänger meint dazu:

JB: „Heutzutage reicht es einfach nicht mehr, nur eine CD zu machen. Wenn ich die Wahl habe zwischen einer puren CD, ohne richtiges Booklet und Kauf bei iTunes – ich nehme iTunes. Denn wenn es jemandem nur um die Musik geht, ist das natürlich viel einfacher. Aber wenn Du noch ein gutes Booklet, tolle Fotos, weiteres Material und so dazu packst, dann wird der Kauf einer CD oder DVD wieder attraktiv. Aber wenn dich ausschliesslich die Musik interessiert, dann kaufst du dir keine CDs“.

MI: Wer Sabaton schon mal live gesehen hat, weiss dass die Jungs abgehen wie ein Zäpfchen. Da fragt man sich manchmal schon, warum die so fit sind. Alkohol? Fitness Studios?? Oder sind 90 Minuten live Action pro Abend genug?

JB: „Ich mach schon etwas Fitness, zumindest wenn’s möglich ist, aber nicht wahnsinnig übertrieben. Ich bin da also nicht so ein Freak. Die Power kommt aber echt von den Leuten an den Shows. Je näher man den Fans ist, je näher die Abschrankung ist und wenn man die Leute praktisch berühren kann – also nicht auf eine miese Art! (lacht) -, dann gibt das immer wieder einen unheimlichen Schub, eine extra Ladung Energie. Club Shows sind da extrem intensiv!“

MI: Nicht zum ersten Mal durften Sabaton diesen Sommer für die allmächtigen Iron Maiden eröffnen, was sicher ein weiteres Highlight dieser Karriere war – wie natürlich auch der Auftritt in Polen. Aber in Eurer Karriere gab’s sicher auch mal weniger angenehme Dinge…? Joakim erzählt lachend:

JB: „Ja, da gab es in den früheren Tagen schon einiges. Aber das Meiste hat sich dann irgendwie zu einer lustigen Story geändert. Nervig waren halt so Dinge, wenn der Tourbus schlapp machte oder Schneestürme, man wusste dann nie, ob man noch rechtzeitig zur Show kommt oder nicht. Aber ich darf sagen, dass wir NIE eine Show verpasst haben! Auch nicht sonderlich toll war es manchmal auf unserem ersten Ausflug nach Europa, als uns gewisse Promoter kaum zu Essen gegeben haben. Aber auch diese Dinge haben sich irgendwie in lustigere Geschichten geändert.

Ganz ärgerlich war allerdings ein Abend – ich sage nicht wann und wo – als ich mit hohem Fieber auf die Bühne wollte. Der Doktor meinte, dass ich dass nicht tun sollte. Ich fragte ihn: werd ich sterben? Er antwortete mit Nein. Daraufhin sagte ich Fuck that und bin raus. Ich hasse es einfach, wenn ich nicht einhundert Prozent geben kann. Ich geh raus, es fühlt sich an wie siebzig Prozent – das hasse ich wirklich: krank auf die Bühne zu gehen. Natürlich: bei einer Erkältung oder so kann man die Show auch absagen. Aber hey: da sind viele Leute, die teilweise wohl auch sehr lange gereist sind um uns zu sehen, Tickets kauften, Hotels buchten. Und denen dann nicht die volle Leistung zeigen zu können, weil ich Halsweh habe, da bin ich nicht wirklich glücklich.“

MI: Neulich am Bang Your Head hat mir ein Journalist erklärt, dass er Mühe damit hat, dass Sabaton ihre Kriegsgeschichten zu (zumindest teilweise) fast „fröhlicher“ Musik erzählen. Wenn man dann die DVD schaut und all die Moshpits und WoDs sieht, kann man diese „Kritik“ zu einem gewissen Grad durchaus nachvollziehen. Auch Joakim sieht es ähnlich:

JB: „Ja, das stimmt. Wir sind aufgestellte Jungs, machen dauernd unsere Witze – dann singen wir über solche Dinge. Vor allem bei den Konzerten ist es wirklich paradox. Auf CD sind die Songs durchaus ernst, „The Price of a Mile“ zum Beispiel ist ein sehr trauriger Song. Andererseits kann man „40:1“ durchaus fast als „fröhlich“ ansehen, eine Feier des polnischen Widerstandes, eine Feier des Mutes der polnischen Soldaten. Da funktioniert das auch live. Aber ich gebe zu, dass es schon komisch ist, bei einem Song wie „The Price of a Mile“ die Leute zum klatschen aufzufordern….“

MI: Nach der Veröffentlichung von „Carolus Rex“ im Frühling 2012 wurden – zumindest für Aussenstehende völlig überraschend – das Line-up der Band völlig durchgewirbelt, ausser Joakim und Bandchef Pär wurden alle Mitglieder ausgetauscht. Thobben Englund (G), Chris Rörland (G) und Robban Bäck (Dr) kamen neu dazu. Und nach wenigen Monaten ist der neue Drummer auch schon wieder weg – im Vaterschaftsurlaub. Dafür ist Snowy Shaw jetzt an Bord, zumindest temporär. Seine Feuertaufe ist übrigens auf der DVD ebenfalls zu sehen. Ich wollte von Joakim wissen, wie denn jetzt die Situation ist und ob Robban zurückkehren wird:

JB: „Wir haben diese Frage für den Moment zurück gestellt, bis Robban entscheidet. Robban fragte für eine Auszeit. Wir waren jetzt auf Tour bis im September und haben frei im Oktober. Dann reden wir wieder mit ihm und werden sehen, wie er die Sache sieht. Sabaton ist eine Band, die 250 Tage im Jahr unterwegs ist. Das lässt sich je nachdem nicht unbedingt mit Familienleben vereinbaren. Aber wir wollen nicht diejenigen sein, die ihn von seiner jungen Familie wegnimmt und umgekehrt sagt Robban, dass er nicht nur der Session Drummer sein wolle und dauernd daheim sitzt. Er spielt auch in anderen Bands, aber die haben natürlich nicht so einen Tourplan wie wir. Ich find’s noch cool von ihm, dass er sagt er ist entweder „All In“ oder „All Out“ – und dass er uns dafür um Bedenkzeit gebeten hat.“

MI: Ich konnte es nicht verkneifen, Joakim nach seinen Sonnenbrillen zu fragen. Also, Mr. Brodén: How many sunglasses do you own??

JB: Joakim lacht laut: „You don’t wanna know!

MI: Zum Schluss hab ich noch ein kurzes Spielchen gemacht. Ich hab Joke fünf kurze Fragen gestellt, die er nur mit JA oder NEIN beantworten durfte. Ein Joker hatte er zur Verfügung, den hat er aber ganz woanders eingesetzt, als ich erwartete….

1.: Iron Maiden sind die beste Metal Band der Welt! Joakim: „Joker!“ (ich hab erst im Nachhinein erfahren, dass Joakim kein allzu grosser Maiden Fan ist…)

2.: Auf ihrer nächsten Tour spielen Sabaton zweimal hintereinander im Z7! Joakim: „YES!“

(Das hab ich gehört, aufgenommen, notiert und werd’s bei Gelegenheit ans Z7 weiterleiten! Ich nehm dich beim Wort, Joakim! 😉

3.: Spätestens 2016 werden Sabaton das BYH!!! headlinen! Joakim: „YES!“

(Auch das hab ich gehört, aufgenommen und notiert….!)

4.: Sabaton werden eines Tages für Schweden an den European Song Contest gehen! Joakim: „NO!“ (Gott sei Dank….)

5.: Das Schweizer Bier ist das beste Bier der Welt! Joakim lacht laut: „Sorry, NO!“ Das beste Bier sei aus Tschechien – etwas Bonus, da seine Mutter von da stammt…

MI: Joakim Brodén – herzlichen Dank für das Gespräch!

Autor
Bands
Sabaton
21.09.2013
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