Gloryhammer

Power Metal
12.09.2015

Das Unwetter am Summerbreeze hatte uns gründlich einen Strich durch die Rechnung gemacht; aufgrund der daraus resultierenden Verzögerungen wäre uns nämlich etwas gar wenig Zeit übrig geblieben, um das geplante Interview durchzuführen. Nun, zum Glück wohnt Sänger Thomas L. Winkler alias Kronprinz Angus McFive ja im schönen Berner Oberland, also ganz in meiner Nähe. Vergangenen Mittwoch traf ich ihn zu einem Bier in der Thuner „Alten Oele“ – zwei Tage vor Veröffentlichung des neuen Videoclips sowie gut zwei Wochen vor den Release des Gloryhammer-Zweitlings „Space 1992: Rise of the Chaos Wizards“.

Metalinside (MI – Pelze Bub): Wie entstand die Idee, die Geschichte um Angus McFive und Zargothrax im Weltall fortzuführen, ausser dass Alkohol im Spiel war?

Thomas Winkler (TW): Nun, eigentlich entstand die Idee dazu schon ziemlich früh, spätestens bei den Aufnahmen zum ersten Album. Auf diesem findet man mit dem Zusatzsong „Wizards“ bereits einen ersten Hinweis darauf, dass die Geschichte im All sowie in der Zukunft fortgesetzt werde. Eine damals von Chris (Christopher Bowes, Sänger, Keyboarder & Pirat bei Alestorm sowie Keyboarder, Mastermind & Zauberer bei Gloryhammer) geäusserte Idee war es auch, insgesamt 21 Alben anzustreben und diese in drei Zyklen à je sieben Alben zu unterteilen – wieso genau weiss ich allerdings auch nicht: Eine typische Schnapsidee halt. (lacht)

Ich bin jedenfalls gespannt, ob es wirklich 21 werden – da müssten wir nämlich noch ziemlich lange aktiv bleiben, besonders wenn wir nur alle zwei, drei Jahre ein Album veröffentlichen.

Aber zurück zu deiner Frage: Prinzipiell wird wahrscheinlich in der Tat Alkohol im Spiel gewesen sein. Dann ist es so, dass einer mal eine Idee bringt, ein anderer nimmt sie auf und spinnt sie weiter – so schaukelt man sich dann gegenseitig hoch. Insbesondere wenn man im Studio ist und quasi 24 Stunden am Tag einander auf der Pelle sitzt, kommt man automatisch auf dumme Gedanken. Naja, und zwischendurch tun wir in diesen Momenten halt nicht das, was man sonst so tun könnte, wenn man auf dumme Gedanken kommt, sondern entwickeln stattdessen dumme Ideen für neue Alben. Das ist die Entstehungsgeschichte des neuen Albums.

MI: Apropos Geschichte: Bitte fasse die Story von „Space 1992: Rise of the Chaos Wizards“ kurz zusammen.

TW: Am Ende des ersten Albums wird der böse Zauberer Zargothrax in flüssiges Eis eingefroren; das war im Jahre 992 n. Chr. Tausend Jahre später, also 1992, taut er wieder auf, und zwar mit Hilfe anderer Zauberer. Inzwischen ist er ins Weltall gelangt, wie genau ist und bleibt ein Rätsel, und diese „Chaos Wizards“ brauchen ihren Anführer, um das Universum zu unterjochen.

Zargothrax hält natürlich schon einen teuflischen Plan bereit: Er will einen alten Dämonen befreien, welcher unter der Zitadelle von Dundee ein Portal hätte zur Hölle. Dieses Portal wiederum braucht Zargothrax, um damit das Universum zu zerstören bzw. zu unterjochen. Um das zu verhindern gibt es nur einen Weg, und zwar müssen wir die Erde zerstören und somit besagtes Portal. Ich, bzw. ein Nachfahre meiner selbst namens Angus McFive the 13th, suche zu diesem Zweck meine alten Kollegen wieder zusammen, welche inzwischen auf der ganzen Welt verstreut sind. Hootsman natürlich in Hollywood, wo sonst, inzwischen ein grosser Filmstar; Ser Proletius ist inzwischen gestorben und nur noch ein Hologramm; the mysterious hermit ist nach wie vor mysteriös, niemand weiss genau, woher er kommt und wieso er da ist. Wir ziehen dann in die Weltraumschlacht gegen Zargothrax. Das Problem dabei: Die wirkliche Gefahr lauert nicht im Weltraum, sondern unten auf der Erde, was wir allerdings erst am Schluss herausfinden. Das Grande Finale besteht dann darin, dass wir den Hootsman, welcher eigentlich ein Cyborg mit einem Nuklearherzen ist, auf die Erde schicken, damit diese so zerstört wird.

MI: Dann geht es im zweiten Teil der Geschichte nicht mehr primär um eine Prinzessin, sondern darum, die Welt zu retten vor Zargothrax und seinen Schergen?

TW: Genau. Die Geschichte ist damit natürlich auch noch nicht abgeschlossen. Es öffnet sich dann ein Dimensionenportal, durch das Zargothrax die Flucht gelingt – und auch ich selber schlüpfe kurz bevor sich das Portal wieder schliesst noch durch. Ende des Albums.

MI: Dann sind wir mal gespannt wo das Portal hinführt! Was hat sich für dich in Wesentlichen verändert, seit du bei Gloryhammer eingestiegen bist? Damals hattest du ja noch kein Advokaturbüro, wie passt das aneinander vorbei? Wirst du auf der Strasse oder von Kunden erkannt bzw. nicht ernst genommen? 😉

TW: Kam auch schon vor, aber mehr weil beispielsweise ein Freund eines Kunden diesen darauf aufmerksam gemacht hat. Die Meisten sind erstaunt, aber die Reaktionen waren bisher eigentlich durchwegs positiv.

Grundsätzlich habe ich auch keine Probleme, alles aneinander vorbei zu bringen. In Unmittelbarer Zukunft werden wir auf eine sechswöchige Europatournee mit Stratovarius gehen und in dieser Zeit 31 Konzerte spielen; unsere bisher längste Tour. Dies wird sicherlich eine rechte organisatorische Herausforderung: Das Büro muss während dieser Zeit trotzdem weiterlaufen, deswegen werde ich sicher meinen Laptop mitnehmen. Meine Praktikantin wird im Büro vor Ort die Verträge vorbereiten, ich kontrolliere sie und verurkundet werden sie dann von meinem Kollegen hier im Büro. Ich bin gespannt, ob das funktioniert von der Belastung her, weil auf der einen Seite muss ich natürlich jeweils abends fit sein für die Show und andererseits dann auch zeitig ins Bett – sonst wird das nichts mit Verträge redigieren am Morgen danach.

MI: Ich kenne dich eher als gemässigten und vor allem auch gläubigen Menschen, was man von deinen Mitstreitern nicht gerade behaupten kann. Wie gehst du damit um?

TW: Innerhalb der Band ist das eigentlich gar kein so grosses Thema. Meistens steht die Musik im Zentrum bzw. die damit im Zusammenhang stehenden Ideen. Auch unsere Geschichte ist ja nicht religiös oder politisch motiviert sondern es ist eine Fantasygeschichte. Man kann natürlich überall etwas hinein interpretieren, aber im Grunde genommen ist es eine reine, abstruse Fantasy-Geschichte, die Spass machen soll – und Spass ist ja als Christ keineswegs verboten; insofern lässt sich das problemlos vereinbaren. Die anderen Jungs sind gute Typen, auch wenn sie nicht gläubig sind, solls ja auch geben. (grinst)

Dass das alles so gut passt ist eigentlich ein grosser Zufall, eine Fügung wenn man so will: Wir haben uns alle vorher nicht gekannt, insofern ist es grosses Glück, dass wir sowohl musikalisch als auch menschlich so gut harmonieren.

Hierzu vielleicht noch eine kleine Anekdote: Pastor Bob (Beeman, amerikanische Metal-Pastor-Ikone), nahm mich vor rund fünf Jahren am Elements Of Rock Festival, ich hab ihn damals noch nicht gekannt, zur Seite und meinte, er müsse mir etwas erzählen. Wir setzten uns zusammen auf eine Parkbank und er erzählte mir, Gott habe ihm gesagt, er habe mit mir musikalisch grosses vor, in den nächsten paar Jahren werde sich dies zeigen. Damals hätte ich mir natürlich nie erträumen lassen, dass ich einst mit Legenden wie Stratovarius auf der Bühne stehen werde: Somit ist das, was ich im Moment erlebe, wohl so etwas wie eine Verwirklichung dieser Prophezeiung. Ziemlich beeindruckend wie ich finde.

MI: Hand aufs Herz: Spielt ihr alles live? Gerüchte behaupten etwas anderes…

TW: Ui, wer erzählt denn so was? (lacht) Nein im Ernst: Die Backingtracks sind natürlich ab Konserve – jeweils ein ganzes Orchester einzufliegen wäre natürlich zu teuer. Ansonsten ist eigentlich alles live, auch wenn wir so gut sind, dass man dies kaum glauben möchte. (grinst)

Nur bei Chris bin ich mir manchmal nicht so sicher, ob er nicht einfach so tut – je nach Zustand werden manchmal die Backingtracks etwas erweitert.

MI: Was ist nebst etlichen Konzerten als nächstes geplant?

TW: In erster Linie haben wir seit letzter Woche eine neue Bookingagentur, das bedeutet, wir werden künftig noch mehr Shows spielen können – nächstes Jahr steht eine grosse Amerika-Tour an. (bestellt sich ein neues Bier)

Zudem werden wir für die Tour neue Shirts rausbringen – und am Freitag kommt unser neues Video raus! Wir können uns das nachher gerne noch ansehen, es ist ziemlich gut geworden! Wir sind dafür nach Belgrad geflogen und haben dreizehn Stunden wortwörtlich durchgedreht. Ansonsten dringt planungstechnisch gar nicht alles bis zu mir durch – Chris übernimmt das alles.

MI: Was macht dich glücklich vor, während und nach einer Show?

TW: Groupies natürlich! (lacht) Nein, vor der Show ist es natürlich vor allem die bekannte Vorfreude, die Spannung, wie die Location sein würde und natürlich auch das Essen, das ist wichtig! (lacht)

Während der Show sind es natürlich die Fans. Bereits vor der Show kriege ich jeweils Hühnerhaut, wenn ich die Fans vor der Bühne „Gloryhammer! Gloryhammer!“ skandieren höre; zudem erstaunt es mich immer wieder, wie textsicher einige Fans die Lieder mitsingen – das war schon bei unserer allerersten Show überhaupt der Fall, stell dir vor!

Nach der Show sind es jene Menschen, die gratulieren und Autogramme holen kommen sowie die Freude, die ihnen ins Gesicht geschnitten steht. Zu sehen, mit wie wenig man Menschen glücklich machen kann, das hat schon was für sich.

MI: Du bist ziemlich aktiv auf der Bühne – blosses Adrenalin oder Training?

TW: Gute Frage. Ich glaube, das liegt einfach in meiner Natur. Ich bin zwar im Büro (zwangsläufig) ziemlich ruhig, brauche aber dann einen Ausgleich, um Dampf abzulassen – diesen finde ich auf der Bühne oder auch nur, wenn ich zuhause für mich singe. Zudem bin ich sowieso ein ziemlich extrovertierter Mensch – meines Erachtens eine ziemlich nützliche Eigenschaft gerade für den Sänger einer Band, der mit dem Publikum interagieren und die Leute mitreissen muss.

MI: Dein bisher verrücktestes Erlebnis mit Gloryhammer?

TW: Hm, da gibt es inzwischen so einige, obwohl wir eigentlich erst seit zweieinhalb Jahren zusammen unterwegs sind. 70’000 Tons Of Metal gehört sicherlich dazu. Ich hatte dort meine erste Festival-Autogrammstunde überhaupt, und hatte etwas verschlafen wegen des Jetlags. Ich stand so da und sah plötzlich eine riesige Kolonne – dann merkte ich, dass die ja alle für uns Schlange stehen! Da realisierte ich zum ersten Mal so richtig unseren Bekanntheitsgrad.

MI: Und das Enttäuschendste?

TW: Nun ja, auf unserer Australientour hatten wir durchaus auch viele Highlights, aber eben auch einige nicht so berauschende Erlebnisse; Shows mit knapp 60 Besuchern zum Beispiel, oder als wir in irgend einem Pampa-Restaurant auf der Gartenterrasse auf einer nicht wirklich vorhandenen Bühne spielten und dafür noch kurzfristig etliches Equipment selber organisieren mussten. Geschlafen haben wir damals bei Locals auf dem Boden. Das ist zwar Rock n’Roll, aber irgendwie bin ich zu alt für den Scheiss. (grinst)

MI: Was wünschst du dir für die Zukunft von bzw. mit Gloryhammer?

TW: Kurzfristig ist es sicher ein Ziel, mit dem neuen Album in die Charts einzusteigen, vielleicht hier in der Schweiz, in Deutschland oder sonst wo – ob das klappen wird hängt von den Verkaufszahlen ab sowie wo das Album gekauft wurde. Langfristig streben wir bekanntermassen die Weltherrschaft an, sowie die Realisierung besagter 21 Alben.

MI: Was wünschst du dir für deine eigene Zukunft?

TW: Nebst dem Standard-Zeugs wie Gesundheit und so weiter sind wir damit schon wieder bei der Weltherrschaft angelangt (grinst). Meine Stimme zu erhalten ist sicher ein Thema, somit einigermassen gesund zu leben. Die weiteren Wünsche sind ziemlich bünzlischweizerisch, Hauskauf beispielsweise, und in den nächsten zehn Jahren wird Familiengründung sicher aktuell – aber damit hab ich’s überhaupt nicht eilig.

MI: Habt ihr irgendein Ritual vor den Shows?

TW: Jim trinkt jeweils seine Flasche Vodka vor den Shows, ich passe auf, dass ich nicht zu viel rede und trinke Wasser, und ansonsten stehen wir in unseren blöden Klamotten blöd hinter der Bühne rum und warten darauf, dass es losgeht.

MI: 2004 hast du ein Buch geschrieben, die Nieverlore-Saga. Irgendwelche Ambitionen, mit der Schreiberei fortzufahren?

TW: Wie, das weisst du noch? (lacht verlegen)

MI: Aber ja doch.

Nun, besagtes Buch habe ich mit 14 Jahren zu schreiben begonnen und mit 18 veröffentlicht. Vor einer Weile habe ich dann tatsächlich eine Fortsetzung in Angriff genommen, welche auch schon beinahe fertig geworden wäre. Dann wurde das mit der Musik aktuell und ich hab das Projekt wieder vernachlässigt. Meine Idee war, dass, sollte ich mit der Musik jemals erfolgreich werden, auch meine Bücher davon profitieren würden. Um deine Frage abschliessend zu beantworten: Ja, ich gedenke, die ursprünglich geplante Trilogie irgendwann fertig zu stellen, und dabei vielleicht auch gleich den ersten Band meinem aktuellen Schreibstil anzupassen – damals war ich ja noch fast ein Kind!

MI: Das Buch ist nicht mehr im Verkauf erhältlich und somit heute ein begehrtes Sammelobjekt. Und damit wäre der offizielle Teil beendet, vielen Dank!

Autor
12.09.2015
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