Sonata Arctica - Z7 2016 - Foto: Tanja
Mi, 19. Oktober 2016

SONATA ARCTICA, TWILIGHT FORCE

Z7 (Pratteln, CH)
/ / 21.10.2016

Das Z7 in fester Power Metal Hand

Es ist kurz nach 19 Uhr an diesem Mittwochabend und es ist bereits erstaunlich voll im Z7. Doch schnell merkt man, dass hier nicht alle nur wegen dem Headliner da sind: Sonata Arctica haben mit den Shooting Stars von Twilight Force einen Act mit dabei, der ihnen zweifellos hilft, die Clubs zu füllen! Und das Beste daran: es gibt keine dritte Band auf dem Billing, womit man sich auf eine angemessene Spielzeit beider Bands freuen darf.

Twilight Force

Kurz nach 20h gehen die Lichter aus und die sechs Schweden betreten unter lautem Jubel und in voller Kostümierung die Bühne. Ja – die Jungs von Twilight Force sind definitiv nicht jedermanns Sache! Die Kostümierung, das Image, die Geschichte dahinter… „Adventure Metal“ wäre vielleicht auch eine passende Beschreibung. Aber wem Gloryhammer und ähnliches gefällt, der wird hier jetzt prima unterhalten!

Es fällt auf, dass Sänger Christian Eriksson nicht gerade in Topform scheint. Er wirkt irgendwie träge, ist nicht so aktiv, wie man sich das bei einem Frontmann eigentlich erwartet und sitzt zwischendurch auch mal auf’s Podest während den Solos. Nun ja – kann sicher auch ein Teil vom Konzept sein, aber der Blondschopf erklärt mir nach der Show, dass er an einer Erkältung rummache und irgendwie wohl Fieber hat. Doch all dem zum Trotz: auch er hat Spass und versucht sein Bestes!

So startet die Show mit „Battle of arcane might“, dem Opener des aktuellen Albums „Heroes of mighty magic“ – und ein grosser Teil des Publikums springt sofort da drauf an. Klar, der gutlaunige Highspeed Metal ist auch ideal, um mitten in der Woche eine Party zu feiern! Mit „Forest of Destiny“ und „Enchanted Dragon of Wisdom“ gibt’s gleich ein Doppelpack des ersten Albums, was die Stimmung fraglos noch anheizt.

Dass es schon markante Unterschiede zwischen dem Debut und der zweiten Scheibe gibt, merkt man in den nächsten über 20 Minuten. Während sich das kurze und knackige „Riders of the Dawn“ und „Powerwind“ noch nahtlos in den Set einfügen, so ist vor allem das epische „There and back again“ ein Titel, der zumindest live eher in die Kategorie „na ja“ gehört. Das drückt die Stimmung wirklich etwas runter, was eigentlich sehr schade ist.

Denn als totaler Kontrast kommen da die beiden Rausschmeisser „Gates of Glory“ (bei dem Gitarrist Jocke den tiefen Gesang übernimmt) und die Hymne „The Power of the Ancient Force“ um die Ecke. Plötzlich ist wieder mächtig was los, die Fans feiern, singen und springen…

Nach 55 Minuten ist Schluss, nach dem obligaten Abschiedsbild verschwinden die Jungs von der Bühne – nur um wenige Minuten später am Merchstand aufzutauchen. Immer noch in vollem Bühnenoutfit posen sie da für unzählige Fotos. In der Tat: sehr fan-nah, diese Schweden! Insgesamt trotz dem einen oder anderen Makel ein überzeugender Auftritt. Und wenn man bedenkt, vor wieviel Publikum sie Anfang nächstes Jahr dann auftreten können, dann könnte es sein, dass Twilight Force „the next big thing“ werden…

Sonata Arctica

Zugegeben: ich war nie der allergrösste Fan von Sonata Arctica. Ihre alten Alben haben wirklich starken Stoff zu bieten, aber die Stilrichtung, die sie mit „Unia“ dann eingeschlagen hatten, hat die Finnen von meinem Radar entfernt. In den letzten Jahren hörte man immer wieder, dass es „Back to the Roots“ gehen soll und so habe ich mich auch eingehend mit dem aktuellen Album „The Ninth Hour“ beschäftigt. Aber auch hier war mein Fanzit: einige gute Nummern, aber viel zu viel Kuschelrock, viel zu ruhig. Stellenweise keine Spur von dem Power Metal der alten Tage.

Mit all diesen Vorzeichen bin ich schon sehr gespannt, was Tony Kakko mit seinen Begleitern heute zu bieten hat. Dass der Fokus in der Setlist auf dem neuen Album liegt, ist zudem nichts als logisch. So gesehen ist der Beginn erstaunlich flott, die beiden Opener „Closer to an Animal“ und „Life“ machen Laune – Kunststück, sind dies ja auch zwei der starken Songs auf „The ninth Hour“… Und so macht auch das Publikum mit, die Stimmung ist (noch) gut im anständig gefüllten Laden.

Nun bin ich wie gesagt nicht so der Experte, wenn’s um die Finnen geht. Aber zumindest im ersten Teil der Show drücken die Finnen hier ziemlich auf’s Gaspedal, ruhige Töne sind noch in der Unterzahl. Gut so! Für mich entwickelt sich somit die Kombo „alt + neu“ zum Highlight: dem geilen „Fairytale“ folgt das noch geilere „FullMoon“, der beste Song des Abends!

Aber dann wird’s in meinen Ohren langweilig. Zu soft, zu ruhig, zu sanft. Und irgendwie hab ich das Gefühl, dass ich mit meiner Meinung nicht alleine bin. Auch wenn gegen Ende noch je eine Nummer von „Silence“ („The Power of one“) und „Reckoning Night“ (Don’t say a Word“) eingebaut wird: auch diese beiden Nummern sind jetzt nicht dermassen die Partysongs, genauswenig wie die mit einem Speech angekündigte, durchaus ernste Nummer „I have a Right“ als erste Zugabe.

So ist es eigentlich fast tragisch, dass die wohl grösste Stimmung ganz am Schluss bei „Vodka“ aufkommt. Dass die Spielzeit damit noch künstlich auf knappe 90 Minuten gestreckt wird, hinterlässt ebenfalls einen etwas faden Beigeschmack.

Zugegeben: Tony Kakko ist in Bestform, sein Gesang ist grossartig und auch die Performance der Band ist tadellos. Vielleicht ist es einfach so, dass ich völlig andere Erwartungen an Sonata Arctica habe und die dann halt nicht erfüllt werden.

Aber zum Glück hat Metalinside einen neuen, jungen, unverbrauchten Schreiber verpflichten können! Der ist ebenfalls anwesend und soll jetzt auch noch kurz seinen Senf dazugeben – vielleicht sieht das dann plötzlich ganz anders aus. Dutti, der Ball ist in Deiner Spielhälfte…

(Dutti) … und bei deinem präzisen Zuspiel kommt dein Pass auch sauber bei mir an, danke Kaufi. Ja, am heutigen Abend stehen die Herrschaften von Sonata Arctica nicht nur unter der Beobachtung eines waschechten Metalinside-Veteranen, sondern auch meine Wenigkeit überprüft die Finnen und ihre Darbietung. Als unverbraucht würde ich mich jetzt zwar nicht mehr unbedingt bezeichnen. Das ist aber ein anderes Kapitel. Gerne folgt nun also für euch noch die «Senfladung» aus meiner Perspektive.

Wir befinden uns kurz vor Beginn des Sonata Arctica-Auftritts. Die Zeiger stehen auf halb zehn. Tony Kakko und Co. sind regelrecht gefordert. Ihr Support-Grüppchen – die “Fantasy-Metaller” von Twilight Force – hat ihren Teil der Aufgabe souverän erfüllt und das Publikum brav heiss gemacht. Nun muss der Headliner des Abends diese tolle Vorlage nur noch verwerten. Wie sich jedoch im Verlaufe der Show herausstellen wird, werden die Jungs von Sonata diesbezüglich nur teilweise reüssieren.

Mit dem Opening Track «Closer To An Animal» des neuen Silberlings «The Ninth Hour» wird der Sonata-Gig eröffnet. Ähnlich wie Kollege Kaufi bin auch ich eher Anhänger der älteren Platten der Band. Bei Hymnen à la «Wolf & Raven» dominieren die Power- und Speed Metal Elemente. Diese sind auf den neueren Alben leider mehrheitlich Opfer der Progressive-Einflüsse geworden. Sonata sind und bleiben ein experimentierfreudiger Haufen. Damit bereiten sie aber nicht gerade jedem Anhänger Freude. Die anwesende Zuhörerschaft feiert jedenfalls zu Anfang des Auftritts noch ein wenig zurückhaltend.

Gute Stimmung kommt schliesslich beim Song «The Wolves die young» auf. Hier wird fleissig mitgesungen und mitgemacht. Die Nummer stammt zwar ebenfalls von einem der neueren Alben – genauer gesagt von «Pariah’s Child» – ist aber dank den schnellen Keyboard-Parts und Tonys mitreissender Stimme alles andere als ein «Einschläferer». Auch «In Black and White» animiert die Headbanger und Hüpfdohlen im Publikum. Für mich persönlich hätte die Platte «Unia» durchaus bessere Setlist-Kandidaten zu bieten. (Anm. Kaufi: Was? Auf „Unia“ gibt es gute Songs??) «For the Sake of Revenge», «Caleb» oder «The Harvest» wären sicherlich auch einmal eine Live-Darbietung wert.

Mit «Tallulah» folgt dann die Über-Sonata-Ballade schlecht hin. Hühnerhaut-Feeling pur. In der Diskografie der finnischen Wölfe finden sich etliche Balladen in diesem Stil. Tony und Co. regen in diesen Zeilen den Zuhörer gerne zum Nachdenken an. Witzig zu sehen, wie Tony sauber seinen Einsatz verpasst und umgehend von Keyboarder Henrik Klingenberg gefragt wird, ob er diesen Song heute denn eigentlich zum ersten Mal höre. Tony entgegnet darauf mit breitem Grinsen im Gesicht, dass er von den Damen in der ersten Reihe abgelenkt worden sei. Beim zweiten Start klappt dann aber alles wie gewünscht. Plötzlich bildete sich um mich herum eine richtige «Pärchen-Traube». Man kommt sich kurzzeitig schon ein bisschen doof vor, wenn man während solchen Kuschelsongs nur mit einer Bierdose in der Hand herumsteht. Ein hübsches Mädel wäre da schon angebrachter gewesen. Naja, «c’est la vie».

Danach kommt der Vollmond – «FullMoon». Wie Kollege Kaufi haut diese epische Nummer auch mich mit voller Wucht aus den Socken. Definitiv einer der Höhepunkte des Abends. Leider ist damit dann für einen längeren Moment finito. Es folgt eine definitiv zu «Balladen-lastige» Phase der Show. Als Resultat reiben sich etliche Leutchen im Publikum müde die Augen. Die volle Dosis Melancholie trifft alle Anwesenden ohne Vorwarnung. Sonata Arctica führen die Halle in diesem Moment wahrscheinlich unbewusst geradezu in Richtung Traumland. Nein Freunde, schlafen kann ich auch zu Hause. Dazu muss ich nicht extra ins Z7 fahren. Bitte bei der nächsten Show den Balladen-Anteil in der Setlist ein wenig herunterschrauben, merci!

Im Zugabenteil sticht dann ganz deutlich «Don’t Say A Word» hervor. So muss das klingen, jawohl! Und da ist auch das Publikum wieder wach. Es wird nochmals mit vollem Einsatz gejubelt und artig applaudiert. Schliesslich verabschieden sich Tony und Co. mit ihrem traditionellen Vodka-Mitsing-Nümmerchen.

Fanzit

Die Performance war souverän. Da sind die lieben Finnen einfach Profis. Auch Tonys Stimme hat mich an diesem Abend voll und ganz überzeugt. Ich konnte keine Fehler ausmachen. Das grosse Sorgenkind war zweifelsohne die heutige Setlist. Dieses «Publikum mit Balladen eindösen lassen»-Spielchen sollten die Herrschaften bei künftigen Shows unterlassen. Aufgrund dessen waren Sonata Arctica  – insbesondere im zweiten Teil ihrer Show – keine überragenden Headliner. Das nächste Mal sollten sie den Fokus eindeutig wieder mehr auf ihre Power Metal-Wurzeln legen. Dies führt dann am Ende zu folgendem Schlussresultat: Spiel, Satz und Sieg: Twilight Force.

Setliste Twilight Force

  1. Battle of arcane might
  2. Forest of Destiny
  3. Enchanted Dragon of Wisdom
  4. Riders of the Dawn
  5. Powerwind
  6. Flight of the Sapphire Dragon
  7. There and back again
  8. Gates of Glory
  9. The Power of the ancient Force

Setliste Sonata Arctica

  1. Closer to an Animal
  2. Life
  3. The Wolves die young
  4. In Black and White
  5. Shamandalie / Tallulah / The Misery
  6. Fairytale
  7. FullMoon
  8. Among the shooting Stars
  9. Abandoned, pleased, brainwashed, exploited
  10. We are what we are
  11. The Power of One
  12. I have a Right*
  13. Don’t say a Word*
  14. Vodka*

*Zugabe

Fotos von Tanja


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/ / 21.10.2016
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