Mi, 5. Juli 2017

Aerosmith

Hallenstadion (Zürich, CH)
/ 14.07.2017

Aero-Vederci Baby!

Es gibt sie noch und nöcher die ganzen grossen Rockbands der letzten Jahrzehnte. Und wer es nicht schon vor 20 Jahren gemacht hat, macht es jetzt oder bald: Eine Abschiedstournee ankünden.

Was aber eben noch lange nicht heisst, dass sich dann die Band wirklich auflösen wird. Zumindest die 1970 von Steven Tyler und Joe Perry gegründete und ursprüngliche Blues-Band hat sowas vor rund einem Jahr angekündigt. Und ist dementsprechend – eben – auf Abschiedstournee oder kommunikationstechnisch origineller ausgedrückt, heisst die Tour «Aero-Vederci Baby!». Eine der ganz grossen Stadion-Rockbands gibt sich nochmals die Ehre. Mit über 150 Millionen verkauften Tonträgern sind die Bostoner u.a. die Nr. 6 der ewigen Rangliste in den USA und das dürfte in einer Zeit in der Musik nichts mehr kostet und der Ton nicht mehr auf einem Medium getragen, sondern gestreamt wird, in Stein gemeisselt sein.

Let the music do the talking

Zeit nostalgisch zu werden hat man beim Intro zu «Let The Music Do The Talking» – als die Bilder aus fast 50 (!) Jahren Bandgeschichte zuerst für sich sprechen, bevor dann die Musik das Zepter übernimmt. Mit einem «guete Abig Züri» aus dem Off geht’s los. Mr. Steven Tyler verneigt sich, schmeisst Hut weg, dann Schal und schon geht’s los: «One for the money, two for the show – let the music do the talking».

Der Sprenzel Tyler ist schon voll in seinem Element spurt und spurtet vor, was uns heute in einem vollen Hallenstadion wie ich es selten erlebt habe erwartet. Schon lange liess man – zumindest an einem Konzert bei dem ich anwesend war – nicht mehr so viele Leute in den Stehplatzbereich. So ist es normalerweise ein Leichtes während einem Hallenstadion-Konzert auf den Seiten noch ganz nah zur Bühne zu kommen. Doch heute ist nur schon schwierig bis unmöglich, da ein Golden Circle herrscht. Mit dem habe ich nicht gerechnet, als ich freiwillig auf meinen Mediensitzplatz für ein Stehplatzticket verzichtete. Da braucht es doch einige Überredungskünste – zumindest mehr als die von Mark Kohler von Krokus, der sich schon fast ziert und überredet werden muss, um sich in den Circle zu begeben. Das nennt man wohl Bescheidenheit. Chapeau! Er selber trägt für einmal keinen und drum hätt ich ihn auch fast nicht erkannt. Wer weiss, vielleicht ist ja auch Chris ohne Kopftuch irgendwo mittendrin und keiner merkts.

Love in an Elevator

Die Stimmung ist bei den ersten Songs noch sehr verhalten. Auch wenn mit der Nr. 3 bereits einer der grössten Klassiker von Aerosmith am Start ist: «Love In An Elevator» von meinem Lieblingsalbum Pump. Ich denke, nicht nur bei mir kommen jetzt Jugenderinnerungen hoch, denn nicht ganz überraschend ist heute das Durchschnittsalter klar Ü40. Weiter geht’s mit einem weiteren Klassiker aus der zweiten Karriere der Amis und dem sehr erfolgreichen Nachfolgealbum von Pump «Get A Grip», auf welchem vor allem die Balladen die Verkaufszahlen explodieren liessen. Zweite Karriere, weil Joe Perry und Steven Tyler nach den sehr erfolgreichen 70er Jahren im ewigen Drogenrausch im Streit von 1979 bis 1984 getrennte Wege gingen. Die aufgrund ihres Drogenkonsums sogenannten «Toxic Twins» fanden sich Mitte 80er Jahre wieder, um dann nach ihren erfolgreichen Blues-Jahren in den 70ern mit mehr Mainstream Stadionrock durchzustarten.

Schon sehr beeindruckend, bis auf diese kurze Trennung, bei der zwei anderen Musiker einsprangen, bestehen die Bostoner seit ihrer Gründung (mit einer kleinen Ausnahme) mit dem gleichen Line-up von eben Steven Tyler am Gesang und Mundharmonika, Joe Perry an der Leadgitarre und Gesang, Tom Hamilton am Bass (alle drei Gründungsmitglieder) und seit 1970 respektive 1971 ebenfalls mit dabei Joey Kramer an den Drums und Brad Whitford an der Rhythmusklampfe. Gibt wohl nicht viele Bands mit ähnlichem Erfolg die von sich behaupten können, während ihrer ganzen Karriere seit ihrer Gründung aus total nur acht verschiedenen Musikern bestanden zu haben.

Und die Urbesetzung steht heute hier in Zürich vor uns auf der Bühne, um mit ihren grossen Hits Arrivederci auf ihre Art zu sagen. Man muss dabei kaum gross erwähnen, dass das Quintett top eingespielt ist, auch wenn man bei Brad Whitford immer wieder das Gefühl hat, dass er sich etwas unsicher fühlt. Aber ich denke, das ist wohl mehr dem Alter geschuldet, denn die Songs wird er ja alle schon hunderte und tausende Male gespielt haben und sicher kennen. Apropos kennen – auf der Bühne erkennt man einen als Monitor getarnten Bildschirm mit Songtexteinblender. Für wen dies wohl nötig ist? Für Steven eher nicht, denn der bewegt und verbiegt sich während dem Singen eh meist in seiner unvergänglichen Art und hält sich meist auf dem Laufsteg – der Bühnenverlängerung in den Zuschauerbereich – auf. Er und Joe Perry haben diesen ganz klar für sich gepachtet, während ihre anderen drei Bandkumpels immer schön auf der Hauptbühne bleiben und für die beiden den Klangteppich auslegen. Joe und Steven sind ganz klar die Aushängeschilder der Band – auch optisch wird dies untermalt – einerseits mit der extravaganten Kleidung von Tyler mit allerhand flatternden Tüchern und andererseits Joe mit gold-metallisierter Gitarre oder auch mal mit einem Bild seiner blonden Frau Billie in etwas jüngeren Jahren drauf.

Verstärkte Hose

Die erwähnten Verrenkungen von dem fast siebzigjährigen Tyler sind nicht mehr ganz so flüssig und wild aus jüngeren Zeiten, aber dennoch bemerkenswert, dass solche Leute mit einem zumindest früher exzessiven Lebensstil in diesem Alter überhaupt noch auf der Bühne stehen und sich da auch immer noch sehr wohl zu fühlen scheinen. Auch wenn sich Tyler mal zwischen den Zeilen über die Hitze in der Halle beklagt bzw. erwähnt, dass man jetzt die Klimaanlage anschalte. Und seine expliziten Posen sind durchaus noch zu Genüge vorhanden, so dass man seine Hose – dort wo der kleine Steven haust – extra verstärkte.

Was sein Gesang betrifft, dachte ich anfangs noch, dass er schon sehr viel Unterstützung vom Keyboarder – der sich ganz im Hintergrund aufhält – erhält und somit die Power in seiner Stimme doch etwas dem Alter und Lebensstil geopfert wurde – dies fällt besonders bei «Rag Doll» und «Livin‘ On The Edge» auf. Nebst diesem Mann im Hintergrund sind aber keine weiteren Background-Sänger oder sonstiger Schnick-Schnack auf der Bühne. Mehr oder weniger gibt’s nur die Band und ihre Musik. Auf Pyro wird komplett verzichtet – ganz am Schluss schiessen ein paar Rauchsäule in die Höhe. Da hätte etwas mehr Pomp gutgetan, auch wenn ich sonst ganz auf der Schiene «Let The Music Do The Talking» bin. Doch von einem Blockbuster erwartet man halt schon den einen oder andere Special-Effekt.

Viel geredet wird heute definitiv nicht. Erst nach dem 5. Song gibt’s eine „Zurich, you’re beautiful“. Und bei diesen paar typischen Ami-Floskeln bleibt es auch. Ausser noch einem mitten im Song von Tyler an einen Security im Graben gerichtetes «Watch that way!». Scheinbar soll sich dieser weniger auf ihn, sondern auf die Zuschauer vor der Bühne konzentrieren. Ob er sich dabei um seine oder um die Sicherheit der Zuschauer sorgt, lass ich da jetzt mal im Land der Spekulationen rumreisen.

Fahnenübergabe

Auch wenn die Special Effects sehr spärlich sind, so bleibt eine sympathische Einspielung auf den grossen Screens hängen, die allen ein staunendes Lächeln auf das Gesicht zaubert. Zu Beginn einer ausgedehnten Blues Session mit Cover-Songs von Fleetwood Mac – bei der sich Tyler zurückzieht und Perry den Leadgesang überlässt – sieht man Perry wie er sich an der Ecke Bahnhofstrasse/Rennweg (?) an die Wand lehnt und vor sich hinjamt. Während grad (scheinbar?) zufällig ein Zug Soldaten auf dem Weg zu einer Fahnenübergabe vorbeiläuft. Staatsempfang für einen Strassenmusiker? Sehr cooles Filmchen.

Nach einer kurzen Weile ist auch Tyler zurück auf die Bühne spielt ein cooles Solo auf seiner «Schnorregiegä» (Mundharmonika). Perry nimmt die Herausforderung gerne an und spielt seinesgleichen ein Solo auf seiner Gitarre – hinter dem Kopf. Kann man das noch steigern? Tyler gibt nicht auf und kontert mit einer grossen Südseemuschel und entlockt ihr reinblasend Töne wie aus einem Kuhhorn. Der Battle der beiden Bandleader geht weiter, in dem dann Tyler die 2. Strophe singt. Sehr geil.

Während der doch etwas langatmigen Blues-Session fragt uns Tyler «Do you like the old or the new shit?» Er nimmt die zu erwartende Antwort mehr oder weniger vorweg und sagt «Sounded like old to me.» Wobei die neusten Sachen ja eher wieder bluesig sind und somit sich der Kreis der musikalischen Reise zum Ende ihrer Karriere schliesst.

Eine Stunde ist vorbei – wir befinden uns wahrscheinlich so ziemlich in der Halbzeit – als Tyler «Johnny, release the Kraken» hinter die Bühne ruft. Das hat meines Wissens nichts mit Johnny Depp in Pirates of the Caribbean zu tun, sondern mit einem anderen Film bzw. dem geflügelten Wort daraus: «Clash Of The Titans» (Google sei Dank, habe ich diesen Spruch also auch geschnallt).

Kurz darauf trägt Tyler im Stile eines Rappers eine entsprechende Cap aus dem Publikum, auf der in grossen Lettern «DOPE» draufsteht. Tyler selbst steht da nicht mehr drauf und lässt uns das auch wissen: «I don’t fucking do this shit anymore.» Dementsprechend schmeisst er den Tschäpper wieder weg und packt sich ebenfalls aus dem Publikum einen Schlapphut im Indiana Jones Stil. Während dieses Techtelmechtels mit den Fans singt er scheinbar spontan die Zeile «I could stay awake just to hear you breathing …» und da weiss natürlich jeder, wo der nächste Asteroid eingschlägt und wie es mit dem Text weitergeht. Dementsprechend überlässt Tyler die nächsten Zeilen dem Publikum. Dennoch scheint nicht grad jeder so textsicher und so übernimmt der Meister dann den Gesang wieder ganz.

Keine Feuerzeuge?

Bei einer solche geilen Ballade wie «I Don’t Wanna Miss A Thing» zitiere ich immer gerne wieder mal Farin U. von die Ärzte: «Was, ihr bezahlt XXX Franken für eine Konzert-Ticket und habt kein Geld für Feuerzeuge?» Das Publikum ist mehr oder weniger inaktiv. Aber fairerweise muss man auch sagen, dass die Band auch nicht viel dagegen unternimmt. Sie spielen ihre Hits, jammen alles auf allerhöchsten Niveau. Vor allem Perry und Tyler – der jetzt immer mehr seine Hammerstimme auch ohne Background-Sänger als Unterstützung zelebriert – fast wie zu ihren besten Zeiten. Ich nehme jetzt alles zurück und es haut mich schlichtweg aus den Fusstextilien, was der Sprenzel uns entgegenröhrt. Eine der markantesten und stärksten Stimme des Rock und Pop-Musik im Allgemeinen.

Und dann folgt auch eines der markantesten Bass-Intros des Rock zu «Sweet Emotions». Dazu darf Basser Tom Hamilton auch mal ganz nach vorne auf die sogenannte Ego-Bühne. Wobei ich find die Bezeichnung doof. Ist ja cool, wenn die Bands sich auch ein bisschen in den Publikumsbereich begeben und so auch mehr Fans die Chance geben, die Musiker ganz nah zu sehen. Der Ausdruck kommt aber meist von den Vorbands, die diese Bühnen im Normalfall nicht betreten dürfen. Was auch wieder doof ist.

Es ertönen Jungle-Drums und Tyler macht den Affen bzw. deren Geräusche. Was jetzt folgt neigt der Kenner zu wissen. Genau: Eat The Rich. Das ist nicht nur mein Wake-up Call. Es ist als wäre das  ganze Publikum geweckt worden. Genau zum richtigen Zeitpunkt für das Hitsalven-Gewitter des letzten Konzert-Drittels. Am Ende zu Eat The Rich folgt der obligate, fette Görpser. Ob Tyler diesen jedes Mal perfekt getimt bringt? Da wird ja jeder Rotzbengel vor Neid erblassen.

Und wieder folgt so eine Zeile, die jeder kennt und jeder grad zum mit- und weitersingen animiert: «There was a time … when I was so broken hearted …». Und wieder bin ich hin und weg was die Stimme von Steven Tyler betrifft. Kommt einem fast ein bisschen vor, als hätte er sie am Anfang etwas geschont und viele Parts dem Background-Sänger überlassen. Aber jetzt singt praktisch nur noch er. Und es hört sich perfekt an als käme es ab Band.

Ranzenlos

Das gilt auch für den nächsten gleich anschliessenden 80er Klassiker «Dude (Looks Like A Lady)». Vor dem Ventilator stehend, lässt sich dabei Steven Tyler einmal mehr sein Tishi hochblasen und damit seinen arschglatten Bauch entblössen. Respekt, wenn ich in diesem Alter einen so flachen Ranzen oder eben keinen davon hab, lauf ich nur noch mit einem Ventilator rum.

Kurzer Schnorregiegä-Einsatz bevor es direkt One Way im Publikum landet. Das nenn ich mal einen Fang.

Ohoh, jetzt wagt sich auch Rhythmus-Gitarrist Brad Whitford auf den Laufsteg weiter ins Publikum. Zuerst nur schüch zwei, drei Meter … ui, jetzt sind’s schon acht Meter. Und bald schon ganz vorne. Als Erster. Bald gesellt sich der Viersaiter dazu, der war ja schon mal dort. Und kaum haben es die beiden ganz nach vorne geschafft, gibt’s ein saloppes «Good Night Zurich» von Steven Tyler. Das wars fürs Erste.

Auf dem grossen Screen erscheint in grossen Buchstaben: Zurich, you’re No 1, welches dann von einem sich drehenden 3D-Logo von Aerosmith abgelöst wird. Und das dreht eine ganze schöne Weile. Während sich das Publikum langsam aber sicher auch bemerkbar macht, platzieren die Roadies einen Flügel auf der Bühnenverlängerung. Zum Zeitvertreib schau ich mich einmal mehr etwas um und als ich die Fans auf der linken Seite der Bühne so beobachte, denk ich mir, ich hoffe die haben nicht zu viel dafür bezahlt. Sind dort die mit den VIP Tickets? Falls ja, dann schon etwas die Verlierer. Die haben die ganze Show bzw. die Band mehr oder weniger nur von hinten gesehen. Vor allem Perry und Tyler, die waren ja die meiste Zeit ganz vorne. Die haben ja fast wortwörtlich die Arschkarte gezogen, denn das ist mehr oder wenige das einzige was sie sehen. Und der Sound wird dort sicher auch nicht grad top sein.

Dream on!

So, während ich so vor mich dahinsinnier, nimmt Tyler nach einer gefühlten Ewigkeit endlich Platz an seinem Tastenteil. Bevor er losklimpert gibt’s nochmal ein bisschen Amy-Small-Talking: «I wish I could say something in your language (Anm. von pam: Wie wärs mit Birchermüesli?).» Es folgt aber eher etwas wie fucked-up die heutige Zeit doch sei. Drum sollen wir positive bleiben und … «Dream on». Und stimmt er das gleichnamige Stück an. Fehlt jetzt eigentlich nur noch ein Mädel, dass sich auf dem weissen Flügel räkelt. Kaum gedacht, steht dort Joe Perry auf diesem. Na ja, geht ja um die Musik. Tyler lässt sich da aber nicht zwei Mal bitten und steht nach ihm auch da oben, während das Klavier oder wohl der Keyboarder im Hintergrund weiterspielt. Während Tyler sich da oben präsentiert, schiessen stilgerecht die Rauchfontänen – zum ersten Mal heute Abend – Richtung Decke des Hallenstadions. Da ist er also, der erste Special Effekt des Abends. Und dabei soll es auch bleiben.

Wir bzw. die Band braucht jetzt nochmals Platz für das Grande Finale. Flügel weg und schon läuft man auf dem Weg, wo das grad noch stand zu … Achtung, Trommelwirbel: «Walk This Way». Dazu hat jetzt auch Basser Hamilton seinen goldigen Bass ausgepackt. Und keine Frage, mit diesem Bling Bling Teil darf er jetzt auch wieder ganz nach vorne. «Put your hands in the air» – dazu lässt man sich nicht zweimal bitten. Jetzt kocht das Oval bis unters Dach. Der stimmungsmässige Höhepunkt ganz zum Schluss. Dazu braucht es natürlich wieder den völlig sinnlosen «Fötzeli-Räge». Die Wischer wird’s freuen. Und nicht nur für die gibt’s was, sondern auch was fürs Ego von Steven Tyler. Er wird – nachdem er alle Bandmitglieder vorgestellt hat – von Perry wie ein Boxer mit zig Namen und Aliasen vorgestellt. Für alle die Namen hier wiederzugeben, fällt schlichtweg der Platz. Unten hörst ja bald auf.

Das wars. Nach rund zwei Stunden. Tyler sagt noch was wie «Ihr wart das beste Publikum bisher» oder so. Was man schwer glauben mag. Denn das war es nicht.

Fanzit

Aber heute Abend auch nicht Aerosmith. Keine Frage, die Band ist eine Legende und hat unzählige Hits und Klassiker in petto. Und diese haben sie mehrheitlich auch gespielt. Für meinen Geschmack hätte es ein paar weniger Covers zugunsten noch ein paar mehr eigener Klassiker ertragen. Das schon zigmal von x Bands gehörte «Come Together» haut mich auch nach dem eben x-ten Mal immer noch nicht aus den Tretern. Ein «Janie’s Got A Gun» hätte ich da bevorzugt. Spielerisch war es top was uns die Band heute geliefert hat und die Stimme Steven Tylers ist immer noch eine Wucht für sich. Der Trademark der Luftschmiede. Klar, dass er jedoch mit knapp 70 nicht mehr ganz wie mit 30 oder 40 über die Bühne wuselt und seine Bewegungen sind halt nicht mehr ganz so flüssig. Auch da kann man aber nichts meckern.

Und dennoch fehlt das Feuer. Alles Top-Professionell. Und das wahrscheinlich fast zu viel davon. Man spürte, die Band ist auf Abschiedstour. Möglichst nochmals einen guten Eindruck hinterlassen, aber mit dem Ziel vor Augen, will man das wohl einfach möglichst schnell hinter sich bringen und erreichen. Ich bin froh, war ich heute da und habe Aerosmith noch live erlebt. Aber das genügt mir. Danke Jungs für eine gute Show und vor allem vielen geilen Songs, die einen an die Jugend erinnern. Ihr habt euren Ruhestand mehr als verdient. Aero-Vederci Baby!

Und die Sicht von Kaufi in einem Kurzkommentar

Aerosmith – eine lebende Legende, die ich bis dato nie live erleben durfte. Dazu ausverkauft – wird also nix. Denke ich – und bekomme plötzlich die Gelegenheit, doch noch zwei Tickets zu kaufen. Da meine Frau die Band auch mal sehen will, überschreiten wir auch die preisliche Schmerzgrenze. Es ist ja wohl die letzte Möglichkeit, die Luftschmiede mal in Aktion zu sehen. Also: Ab ins Hallenstadion!

Im Vorprogramm spielt ein junger Gitarrenheld, Tyler Bryant nennt sich der, kommt aus Nashville, TN, wie er nach jedem zweiten Song anmerkt. Hat einen schweren Stand, der Junge – das Publikum wartet auf Aerosmith. Und auch ich vertreibe mir die Zeit draussen mit Palavern und Hopfentee-Konsum.

Dann, weit nach 21 Uhr, ist es endlich soweit. Steven Tyler & Co betreten die Bühne. Pam hat bereits ausführlich berichtet und ich muss ihm mehrheitlich recht geben. Zuerst aber muss man erwähnen, dass Aerosmith jeden Abend ihre Setliste umstellen. Hut ab dafür, speziell auch vor dem Hintergrund der Abschiedstour hätte man denken können, dass es einfach eine grosse Best Of-SHow gibt. Weit gefehlt! Zumindest in Zürich fehlen einige Klassiker: „Janie’s Got A Gun“, „Back In The Saddle“, „Mama Kin“ – nix dergleichen. Dafür fünf Coverversionen und vor allem der Mittelteil mit den Fleetwood Mac Songs ist stimmungsmässig einfach nur lahm. Auch das fürchterliche „Intro“ oder was auch immer das ist zu „Walk This Way“ müsste nicht sein. Das Publikum geht dafür bei den richtigen Hits wie „Love In An Elevator“, „Rag Doll“ und natürlich vor allem beim abschliessenden „Walk This Way“ richtig steil. Von unseren Sitzplätzen aus sieht’s wirklich stark aus, da wird unten bis zuhinterst gefeiert und geklatscht. Da hab ich schon wesentlich schlimmeres erlebt in der Halle…

Ehrlich gesagt bin ich nach den knapp zwei Stunden allerdings etwas enttäuscht. Klar – die Performance der Band ist grandios! Die Herren sind in Topform: Steven Tyler spult wohl ein paar Kilometer ab auf der Bühne, Joe Perry ist einfach eine coole Sau und auch der Rest der Truppe spielt und agiert grossartig. Doch der allerletzte Funken springt bei mir nicht rüber, was sicher auch an der eher druchzogenen Setlist liegt. Man vergleiche allenfalls mal mit der Show vom Sweden Rock 2017… Aber immerhin kann ich jetzt doch noch sagen, dass ich Aerosmith einmal live gesehen habe! Ist doch auch was…

Setliste Aerosmith Zürich 2017

  1. Let the Music Do the Talking
  2. Toys in the Attic
  3. Love in an Elevator
  4. Livin‘ on the Edge
  5. Rag Doll
  6. Falling in Love (Is Hard on the Knees)
  7. Stop Messin‘ Around (Fleetwood Mac Cover)
  8. Oh Well (Fleetwood Mac Cover)
  9. Remember (Walking in the Sand) (The Shangri‐Las Cover)
  10. Chip Away the Stone
  11. I Don’t Want to Miss a Thing
  12. Come Together (Beatles Cover)
  13. Sweet Emotion
  14. Eat the Rich
  15. Cryin‘
  16. Dude (Looks Like a Lady)
  17. Dream On*
  18. Mother Popcorn* (James Brown Cover)
  19. Walk This Way*

*Zugabe


Wie fandet ihr das Konzert?

/ 14.07.2017
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