Celtic Frost - To Mega Therion Re-Release (CD Cover Artwork)
Mi, 5. Juli 2017

Celtic Frost – Interview mit Tom G. Warrior

Black Metal, Death Metal, Thrash Metal
08.09.2017
Celtic Frost - To Mega Therion Re-Release (CD Cover Artwork)

Am Mittwochmorgen, 5.7.2017 nimmt sich Tom G. Warrior Zeit, um mir einige Fragen zu den Re-Releases der Celtic Frost Alben zu beantworten. Nachfolgend könnt ihr eine zusammengefasste und leicht umstrukturierte Version des sehr interessanten halbstündigen Gesprächs lesen. 

Metalinside.ch (Raphi): Guten Morgen Tom. Vielen Dank, dass du dir Zeit für ein paar Fragen nimmst.

Tom: Hi Raphi. Sehr gern geschehen, das ist doch selbstverständlich.

MI: Dann wenden wir uns doch auch gleich dem Anlass des Interviews zu: den Re-Releases der Celtic Frost Alben. Wessen Idee war denn das?

Tom: Das Label hat sich entschieden die ganze Sache zu machen. Seit wir 1984 den Plattenvertrag unterschrieben, haben weder Martin (Eric Ain, Mitbegründer von Celtic Frost; Anm. d. Red.) noch ich irgendwelche Rechte an unseren Songs. Die Rechte sind nach mehreren Käufen bei BMG gelandet und diese haben sich zu einem Re-Release entschlossen. Bis dahin verstaubten die Songs im Archiv, da es nie mehr zu einer Wiederveröffentlichung kam. Über mein Management habe ich dann angefragt, ob ich mitarbeiten darf und BMG hat zugestimmt. Stell dir das mal vor: ich musste für meine eigene Musik anfragen, ob ich an einer Wiederveröffentlichung mitarbeiten darf.

MI: Ärgert dich, dass jemand anderes die Rechte an deiner Arbeit besitzt?

Tom: Als ich damals realisierte, was genau das bedeutet, hatte ich mich schon geärgert, aber heute ist das gegessen. Das ist jetzt einfach die Realität und es bringt nichts, sich darüber aufzuregen. Heute bedauere ich die Bands, welche immer noch so einen Plattenvertrag unterzeichnen. Es ist mittlerweile doch so viel einfacher geworden, sich selbst um all diese Dinge zu kümmern. So mache ich das auch bei Tryptikon, dort läuft alles über mein eigenes Label und die Rechte bleiben bei mir.

MI: Obwohl du nicht die Rechte an den Songs besitzt, hast du an der Veröffentlichung mitgearbeitet (in den Credits steht „Art Direction & Concept“). Was waren denn genau deine Aufgaben?

Tom: Martin und ich wollten die Alben schon lange unbedingt neu veröffentlichen. Aber uns waren da die Hände gebunden. Ich hatte bereits vor Jahren ein detailliertes Konzept entwickelt, wie eine solche Neuauflage aussehen sollte und dies über die Zeit hinweg immer wieder verfeinert. Als ich BMG im Rahmen meiner Anfrage erklärte, dass ich ein Konzept hätte und ihnen dies präsentierte, hatten sie Vertrauen in meine Vision und erklärten sich bereit, es umzusetzen solange ich mit ihrem Grafiker zusammenarbeite.

MI: Also ist das ganze eigentlich dein Werk?

Tom: Nicht ganz. BMG veröffentlicht nicht zu 100 Prozent mein Konzept. Ich hatte zu jedem Album detaillierte und sehr umfangreiche Liner-Notes zusammengestellt, die auch kritische Zeilen enthielten. In den 80er Jahren wollte Noise (Records, damaliges Label; Anm. d. Red.) zum Beispiel sehr viel Einfluss auf alles nehmen und das habe ich in den Liner-Notes ebenfalls dargestellt. Als BMG die Texte sah, befürchteten sie einen Rechtstreit mit Noise und wollten dies um jeden Preis verhindern. Meine Liner-Notes sollten zensiert und in gekürzter Fassung verwendet werden. Deshalb bin ich an diesem Punkt aus dem Projekt ausgestiegen. Entweder verwenden sie die ganzen Liner-Notes oder gar keine.

MI: Im Booklet sind nun welche aus dem Jahr 1984 abgedruckt…

Tom: Die hatten wir für die Erstveröffentlichung der Alben geschrieben. Noise wollte sie damals jedoch nicht verwenden. Nun hat BMG sie verwendet, um doch noch Liner-Notes im Booklet zu haben. Das war aber nach meinem Ausstieg, ich habe am Schluss auch kein Final approvement geben können. Beim fertigen Produkt hat sich übrigens noch ein massiver Fehler eingeschlichen; die Credits von Into the Pandemonium und To Mega Therion wurden auf dem Mediabook nämlich vertauscht.

MI: Das ist schade, denn die Mediabooks sind ansonsten sehr schön gemacht. Was hältst du von dieser Art CD-Hülle?

Tom: Ich finde es eine sehr gute Entwicklung, dass heute vermehrt Mediabooks und Digipaks als Hülle verwendet werden. Sie bieten etwas fürs Geld und sind eine schöne Sache. Eigentlich sollten die Celtic Frost Alben schon immer so veröffentlicht werden. Die ersten Versionen auf CD wurden aber damals von Noise über Nacht auf den Markt gebracht mit dem Schallplattenmastering und im Jewelcase mit zweiseitigem Booklet, wobei innen noch Werbung für das Label selbst abgedruckt war. Das sah überhaupt nicht schön aus und wir waren echt wütend. Für mich ist ein schön gemachtes Mediabook oder eine Schallplatte etwas, das ich gerne aufstelle und anschaue. Wenn in der heutigen Zeit jemand noch so viel Geld ausgibt, um sich eine CD zu kaufen, dann soll er auch etwas dafür bekommen und ein tolles Produkt erhalten.

MI: Wobei eine CD heute ja gar nicht mehr so viel kostet, da die Preise stark eingebrochen sind.

Tom: Und das freut mich, denn die heutigen Preise einer CD entsprechen der Realität. Früher wurden die Preise für CDs von den Plattenfirmen künstlich hochgehalten, ohne dass der Künstler davon profitieren konnte. Jetzt sind die Preise viel niedriger, aber wie du siehst, lohnt sich das Geschäft für die Plattenfirmen immer noch, sonst würden sie gar keine CDs mehr produzieren. Das sind ja keine Wohltätigkeitsorganisationen. Für den Künstler ist es egal, ob eine CD zehn oder hundert Franken kostet im Laden, er kriegt keinen grösseren Anteil am Gewinn.

MI: Aber denkst du nicht, dass die Musik auf der CD doch auch einen gewissen Wert hat?

Tom: Doch, natürlich. Das ist dann aber eine idealistische Sichtweise. Musik an sich ist doch eigentlich so schön, dass sie unbezahlbar ist. Du kannst dir aber zum Beispiel eine Sinfonie von Beethoven für fünf Franken fünfzig kaufen, dabei kannst du den Wert dieser Sinfonie gar nicht beziffern. Deshalb ist es das Ziel, eine Schnittstelle zwischen diesem unbezahlbaren Wert und dem Kapitalismus zu finden. Den Menschen stehen heute so unglaublich viele Angebote – auch ausserhalb der Musik – zur Verfügung, dass auch bei den CD-Preisen schlussendlich Kalkulationen aufgrund des Marktes vorgenommen werden müssen. Als Künstler bemüht man sich dabei am besten darum, dass man so viel Kontrolle wie möglich über sein Werk behält.

MI: Wenn wir schon beim Markt sind: was ist denn die Zielgruppe für das ebenfalls veröffentlichte Best of-Album „Innocence and Wrath“?

Tom: Keine Ahnung. Die Plattenfirmen leben noch in der „guten alten Zeit“, als Sampler und Best of-Alben eine Relevanz hatten und BMG wollte unbedingt eine Best of. Nach dem Grund dafür wird übrigens in jedem Interview gefragt, aber ich sehe den Sinn dahinter auch nicht. Heute braucht niemand mehr eine Best of. Du kannst ganz einfach über Spotify oder Youtube in einer Minute eine Band abchecken, dazu brauchst du keinen Sampler. Aber bei den Plattenfirmen hat dieses Umdenken noch nicht stattgefunden.

MI: Was hältst du denn von Live-Alben?

Tom: Ich stehe Live-Alben eher kritisch gegenüber, denke aber, dass sie durchaus gerechtfertigt sein können. Ein Konzert geschieht auf so vielen Ebenen, dass es nicht einfach ist, dies auf einer Aufnahme einzufangen. Wenn die Setlist des entsprechenden Konzerts einen guten, natürlichen Fluss erzeugen kann, dann funktioniert es. Ein Live-Album macht also sicher mehr Sinn als eine Best of. Heute kann sich jeder seine eigene Best of im Nu zusammenstellen zum Beispiel via Streaming oder Download.

MI: Wobei sich ja neben Streaming und Download auch Vinyl (wieder) grosser Beliebtheit erfreut.

Tom: Diese Vielfalt an verschiedenen Formaten ist ein toller Trend. So steht allen offen, was sie sich kaufen möchten. Ich persönlich bin ein „mp3-Mensch“, ich besitze abertausende Songs in diesem Format. Aber mir gefällt Vinyl zum Aufstellen. Da hast du das Artwork in grossem Format und oft auch Posters und bedruckte Innersleeves und solche Dinge. Das sind jeweils sehr schöne Produkte. Die Kombination, dass einer Schallplatte zusätzlich ein Downloadcode beiliegt finde ich deshalb super. Da hast du einerseits alle optischen Vorteile der Schallplatte und kriegst andererseits Zugang zum guten Sound. Soundtechnisch ist es nämlich total unverständlich, dass wieder Schallplatten produziert werden.

MI: Weshalb denn das?

Tom: Auf Vinyl geht viel verloren von der Musik und du hast diverse Verfälschungen zum Beispiel das Kratzen der Nadel. Es gibt Leute, welche diesen Klang bevorzugen und ihn lieber hören aber objektiv gesehen, ist die Musikqualität schlechter als auf CD. Das ist der Vorteil der ganzen digitalen Aufnahmen; sie entsprechen exakt den Aufnahmen und das erreichst du mit einer Schallplatte nie. Falls der Klang bei einer digitalen Aufnahme dann als kalt wahrgenommen wird, liegt es vermutlich am Mix. Aber auf der CD ist alles so abgebildet, wie es im Studio am Mischpult tönt.

MI: Und mit diesen Worten zu den aktuellen Trends sind wir bereits am Schluss des Interviews angelangt. Ich danke dir ganz herzlich für das interessante und lockere Gespräch!

08.09.2017
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