Lotrify – Resilience (CD Cover Artwork)
Fr, 21. September 2018

Lotrify – Resilience

Melodic Metal
06.09.2018
Lotrify – Resilience (CD Cover Artwork)

Abwechslungsreicher Melodic Metal auf grandiosem Debütalbum

Die Melodic Metal Truppe Lotrify aus Baden im Kanton Aargau wurde im Jahre 2008 ins Leben gerufen. In Sachen Releases stehen bisher eine Demo und eine EP zu Buche. Nun wird diese Diskographie am 21. September mit der Veröffentlichung des Debüt-Studioalbums «Resilience» um ein wichtiges Teilchen erweitert. Zweifelsohne ein weiterer Meilenstein für die engagierte Truppe, die in diesem Jahr ja das legendäre Wacken Open Air mit einem 20-minütigen Kurzauftritt eröffnen durfte.

Bei «Resilience» handelt es sich um eine Konzeptplatte, welche in drei Parts unterteilt ist. Auf dem Videoportal YouTube hat die Band in regelmässigen Abständen Hörproben zu ausgewählten Tracks rausgehauen. Was das Scheibchen als ein Ganzes so alles auf dem Kasten hat, werde ich für euch in der nachfolgenden Analyse gerne herausfinden.

Das Album – «Resilience»

Der eröffnende Part hört auf Namen «Life’s Eye» und besteht aus vier Stücken. Das nicht ganz zweiminütige «Origin» ist wohl als Intro-Track zu verstehen. Eine verzerrte Stimme brabbelt zu Beginn kaum verständliche Worte ins Mikro. Im Anschluss liegt der Fokus auf gemächlichem Gitarrenspiel. Die Saiten werden ein erstes Mal angetestet. Selbiges tut etwas später auch Sergey Belyavskiy mit seinen Trommeln.

Die aufgebaute Spannung entlädt sich anschliessend mit voller Wucht im Stück «Prophecy». Freunde, jetzt geht’s ab. Einmal bitte den Kopf in den Nacken legen und brav eskalieren. Sänger Sacha Wacker meldet sich ein erstes Mal zu Wort und punktet sogleich mit seinem facettenreichen Stimmorgan. Egal, ob klar gesungene Passagen oder Growls – der gute Mann kann problemlos beide Sektoren bedienen. Die Riff-Abteilung um Fabian Umiker und Yannick Bislin geht ebenfalls äusserst entschlossen zur Sache. Abgerundet wird die ganze Geschichte durch Sergeys Maschinengewehr-Dauerfeuer. Alter Verwalter, das knallt schon ordentlich. Mit einer Spielzeit von über siebeneinhalb Minuten handelt es sich hierbei übrigens um den längsten Song des Albums.

Ob «Something To Nothing» mit diesem sackstarken Auftakt mithalten kann? Das Tempo bleibt jedenfalls schon einmal hoch, was abermals primär auf das kräftige Geknüpple des Trommlers zurückzuführen ist. Der eingängige Rhythmus sorgt dafür, dass die Nackenmuckis keine Verschnaufpause erhalten. Hier sickert der Fakt durch, dass man Lotrify nicht bloss auf Melodic Metal reduzieren kann. Meine Gehörgänge vernehmen unter anderem ebenfalls Elemente aus den Ecken Thrash oder sogar vereinzelt Progressive Metal.

Munteres Getrommle ist auch zu Beginn von «Life’s I» zu hören. Im Anschluss dominieren allerdings die Gitarren-Melodien. Da wird fleissig an den jeweiligen Saitenköniginnen herumgekitzelt. Hochstehende und professionelle Kost, die einem da angeboten wird. Als unerwartet entpuppt sich dann der Klavier-Abschnitt im Mittelteil. Tasteninstrument und Klampfe treffen sich jedoch in gekonnter Manier und verschmelzen zu einer interessanten Einheit. Kollege Wacker gönnt sich übrigens ein Päuschen und überlässt den Instrumenten komplett das Feld.

Nachdem sich der erste Albumteil mit Themen wie der Herkunft oder Prophezeiungen beschäftigt und an der Oberfläche gekratzt hat, geht’s nun mit dem «Vertex»-Abschnitt tiefer hinein in die Materie. Zum Titel «Xenophobic» existiert auf YouTube bereits ein hübsches Video, an welchem sich insbesondere Freunde von älteren, blutigen Horrorfilmen ergötzen dürften. Die Riffs kommen mit einer ziemlichen Härte um die Ecke. Gepaart mit Sachas brutalen Growls und Screams strahlt der Track etwas Bösartiges aus. Live ist der Song aber sicherlich ein potenzieller Kandidat für wilde Moshpits und fleissige Mähnenschüttler. In den Lyrics herrscht ein ziemlich kritischer Ton. Wir müssen versuchen das aktuelle Weltgeschehen zu verändern, doch dafür muss es zuerst einmal ordentlich krachen – so zumindest der Versuch einer groben, ungefähren Inhaltszusammenfassung.

Wer sich inzwischen fragen sollte, ob Lotrify eigentlich auch etwas für den Balladen-Sektor zu bieten haben, dürfte mit «Gravity» eine Antwort darauf erhalten. Abermals gibt’s an der gesanglichen Leistung des Frontmannes nix zu bemängeln. Er kann also auch mit Stücken dieser Art umgehen. Nichtsdestotrotz haftet dem Track immer noch ein kräftiger Anstrich seitens Gitarren und Drums an. Wir sprechen also keinesfalls von einem 08/15-Samenlöser, sondern viel eher einer Power-Ballade. Dies wird spätestens in der zweiten Liedhälfte durch etwas gutturalen Gesang nochmals untermauert.

Die Verschnaufpause ist vorbei. Bei «Welcome To Reality» wird der Fuss wieder auf dem Gaspedal platziert. Erneut entfesselt Sacha gekonnt seine beiden Gesangspersönlichkeiten. Headbanger werden an diesem Stück ihre wahre Freude haben. Das Ende folgt hingegen beinahe ein bisschen abrupt. Meinetwegen hätte das «Hau drauf»-Prozedere gerne noch ein bisschen andauern dürfen. Jedoch sollte man bei total 13 Liedern eigentlich nix unnötig in die Länge ziehen.

An «Ill-Minded» kann ich mich noch sehr gut erinnern. Mit diesem Stück haben die Jungs nämlichen ihren W:O:A-Gig eröffnet. Abermals geht’s ziemlich rasant zur Sache. Fabian, Yannick und Sergey scheinen sich phasenweise fast ein Wettrennen zu liefern. Die Riffs verfügen jedenfalls über einen passenden Härtegrad. Die Nackenwirbel werden leiden. Diese Nummer ist absolut zurecht fixer Bestandteil der jeweiligen Live-Setlisten. Punkten kann der Fünfer zudem auch mit dem episch angehauchte Refrain.

Damit sind wir bereits beim dritten und letzten Albumteil angelangt. Überthema ist dieses Mal das Gewissen («Conscience»). Aufgeteilt ist dieser Part in insgesamt fünf Songs. Der Lotrify-Express gerät auch nicht bei «Floating Fall» und setzt seine Hochgeschwindigkeitsfahrt weiterhin unbeirrt fort. Sacha packt hier ab und an seine diabolischsten Growls aus. Etwa in der Hälfte des Stücks kommt schliesslich erstmals der Tieftöner von Silvan Laube so richtig zur Geltung.

Ui, sind das etwa leichte Country-Allüren? «One Kind» hört sich zumindest in seinen Anfängen danach an. Das Ding ist jetzt effektiv nicht einfach zu klassifizieren, denn plötzlichen schleichen sich ebenfalls einige Punk-Elemente ein. Dann wechseln die Jungs allerdings wieder zurück ins altbekannte Melodic Metal-Fahrwasser. Dieser erschwerte Genre- Zuordnung spricht abermals für den Facettenreichtum der Band. Allenfalls könnte man die Nummer auch einfach mit dem Vermerk «Party à la Lotrify» versehen.

Silvan und sein Bass eröffnen anschliessend «The Fence». Das Quintett gibt bei der Umzäunung abermals Vollgas. Dass der Rhythmus extremes Kopfnicken mit sich bringt, dürfte Band und Fans gleichermassen erfreuen. Gewisse Teile des Refrains wirken dagegen nicht vollends überzeugend. Dafür kann sich das Gitarren-Solo im letzten Drittel absolut hören lassen.

Bei «Fragments (Kanny’s Address To Humans)» driftet der Herr am Mikro mehrmals beinahe in den Sprechgesangs-Sektor ab. Wirkt an gewissen Stellen etwas gewöhnungsbedürftig. Andererseits klingt’s beim Refrain fast nach irgendeiner Art Kirmes-Mucke. Diese Stück scheint selbst nicht recht zu wissen, wohin die Reise gehen soll. Als wirkt so, als hätten die Jungs hier zu viele unterschiedliche Elemente in die Songstruktur einbauen wollen. Es will nicht wirklich zusammenpassen. Somit für mich der – bisher – einzige Streichungskandidat des gesamten Albums.

Bei «Termination» gilt «Nomen est omen». Das 105 Sekunden dauernde Outro lädt zum gemütlichen Ausklingen der Scheibe ein. Mit der verzerrten Stimme, die wir bereits im Intro kennengerlernt haben, schliesst sich der Kreis. Die akustische Reise ist hiermit offiziell beendet.

Das Fanzit

Alle Achtung, mit «Resilience» ist den Jungs von Lotrify ein fantastisches und spannendes Debütalbum geglückt. Das Werk lässt sich – abgesehen von ein bis zwei kleineren Stolperfallen im Schlussdrittel – problemlos durchhören und geniessen. Eine explizite Hörempfehlung kann ich nicht abgeben. Eigentlich wären so ziemlich alle Stücke dafür geeignet. Zudem beweist der Fünfer mehrmals, dass er sich keinesfalls bloss in der Melodic Metal-Schublade festnageln lässt. Lotrify und «Resilience» sind weitere Beweise für das unglaubliche Talent und Potenzial unserer Schweizer Metal-Szene.

Habe ich euer Interesse geweckt? Dann kann ich die «Resilience-Release-Show», welche am 29. September 2018 im Werkk Kulturlokal Baden stattfinden wird, wärmstens empfehlen. Die Herrschaften werden dann die gesamte Scheibe durchzocken. Für das Aufwärmprogramm konnten sie die Kapellen Abinchova und Radwaste verpflichten. An einem Samstagabend die lokale Szene zu unterstützen könnte man sich doch durchaus einmal überlegen, oder?

Trackliste Lotrify – Resilience

(Part 1: Life’s Eye)

  1. Origin
  2. Prophecy
  3. Something To Nothing
  4. Life’s I

(Part 2: Vertex)

  1. Xenophobic
  2. Gravity
  3. Welcome To Reality
  4. Ill-Minded

(Part 3: Conscience)

  1. Floating Fall
  2. One Kind
  3. The Fence
  4. Fragments (Kanny’s Address To Humans)
  5. Termination

Line Up – Lotrify 

  • Fabian Umiker – Guitar
  • Yannick Bislin – Guitar
  • Silvan Laube – Bass
  • Sacha Wacker – Vocals
  • Sergey Belyavskiy – Drums

Album Review Bewertung

Autor Bewertung: 8.5/10



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Bands
Lotrify
06.09.2018
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