Lotrify - Werkk Baden 2018 - CD Release Show
Sa, 29. September 2018

Lotrify (Plattentaufe), Abinchova, Radwaste

Werkk Kulturlokal (Baden, CH)
22.10.2018
Lotrify - Werkk Baden 2018 - CD Release Show

Rundum gelungene Plattentaufe 

Die Melodic Metaller Lotrify luden am Samstagabend im Werkk Baden zur Release Show ihres Debütsilberlings «Resilience». Gastauftritte, Beamer, Comicsequenzen, Videoausschnitte – dem Publikum wurde einiges geboten. Ehe der Headliner zur Tat schritt, sorgten Abinchova und Radwaste für ein mitreissendes Aufwärmprogramm. 

In meiner Plattenkritik habe ich es bereits mehrfach angetönt; «Resilience» ist ein verdammt heisses Eisen! Der Besuch der dazugehörigen Tauf-Party ist demzufolge absolute Pflicht. Aufgrund dessen verbringe ich den heutigen Samstagabend im Kulturlokal Werkk in Baden. In der Vergangenheit hat es mich erst einmal hierher verschlagen. Damals sorgten Final Cut und Nekrogoblikon für beste Unterhaltung. Diese Shows werde ich nicht so schnell vergessen. Aber kommen wir zurück in die Gegenwart, denn das bald folgende Programm kann sich ebenfalls sehen (und hören) lassen. Auf dem Menüplan stehen Radwaste, Abinchova und Lotrify – sprich, jede Menge Metal und viel Power. Die beiden erstgenannten Kapellen habe ich erst im Rahmen der Swiss Metal Attack vor einer Woche zuletzt gesehen. Und Lotrify hatten ja Anfang August die grosse Ehre, das diesjährige Wacken Open Air im Bullhead-City-Zelt eröffnen zu dürfen. Nun folgt nicht ganz zwei Monate später also die langersehnte Veröffentlichungs-Fete ihres Albumerstlings. 2018 könnte für das Quintett als besonders wichtiges Jahr in die eigene Historie eingehen.

Noch ist der Publikumsandrang überschaubar. Man kann sich frei und locker durch die Räumlichkeiten bewegen. Erste Hopfentees werden vernichtet und am Merch-Stand folgt ebenfalls bereits ein erster Geldbörsenaderlass. Gitarrist Fabian Umiker nimmt sich Zeit für ein paar Wortwechsel und erklärt mir, dass er und seine Kollegen heute Abend besonders nervös seien. Der Druck sei hoch. Es müsse einfach alles klappen. Diese Aussagen unterstreichen die Wichtigkeit der heutigen Veranstaltung. Scheinbar sind die Jungs um einiges angespannter, als noch vor ihrem Gastspiel auf dem W:O:A. Wird schon schiefgehen. Ich habe zumindest noch keine schwache Performance von Lotrify erdulden müssen. Meinetwegen darf das auch gerne so bleiben.

Radwaste

Um 19.30 Uhr starten die radioaktiven Thrash-Abfälle aus Döttingen in ihr Set. Bei vergangenen Gigs konnten mich Radwaste bisher leider nie vollends überzeugen. Instrumental liefern sie zwar stets grundsolides Handwerk ab, aber mit dem Gesang bin ich einfach nie warm geworden. Doch es kommt oftmals anders als man denkt, denn dieses Mal bin ich von Beginn weg hellauf von der gesamten Performance begeistert. Da wird mit ziemlich viel «Wumms» gearbeitet – ein echter Abriss! Mit der Zeit verirren sich immer mehr Nasen in den Bühnenraum und lauschen den harten Klängen. Erste Headbanger sind ebenfalls auszumachen. Soundtechnisch würde ich die ganze Geschichte als Thrash Metal mit einer Prise Iced Earth bezeichnen. Frontmann Daniel Jeroschs Mikro dürfte für meinen Geschmack sogar ruhig ein bisschen lauter eingestellt sein. In dieser Form würde ich mir definitiv wieder einmal eine Radwaste-Show gönnen.

Abinchova

Die Melodic Death respektive Folk Metaller Abinchova aus Luzern treten um Viertel vor neun zum Dienst an. Bei sechs Mitgliedern bleibt auf der kleinen Werkk-Bühne nicht sonderlich viel Spielraum, um sich austoben zu können. Moment. Nur sechs? Da fehlt doch jemand. Richtig, Keyboarder-Mädel Patricia ist nirgends zu sehen. Schade, sie scheint heute Abend offenbar nicht mitmischen zu können. Tja, dann müssen es eben ihre Kollegen richten. Zu hören gibt’s abermals eine souveräne Darbietung. Sänger Arnaud brüllt sich regelrecht die Seele aus dem Leib. Zwischendurch erklärt uns in frecher Manier, dass es nicht so schlimm sei, wenn wir nicht jedes Wort verstehen würden. Die Texte werden ausschliesslich in hochdeutscher Sprache vorgetragen. Meines Wissens hat Arnaud einmal in einem Interview erwähnt, dass er Deutsch einfach sympathisch findet und gerne anwendet. Überraschenderweise müssen die Innerschweizer mit weniger Publikum vorliebnehmen als Radwaste. Die Spielfreude wird dadurch glücklicherweise überhaupt nicht getrübt.

Lotrify

Für die Show des Headliners ist die Hütte dann wieder rappelvoll. In den Publikumsreihen entdecke ich unter anderem Mitglieder der Bands Burning Witches, Comaniac, Gonoreas oder Irony Of Fate. Schön zu sehen, dass auch sie ihre Kollegen an diesem Abend tatkräftig unterstützen. Es gibt ihn eben doch – den Zusammenhalt in der Schweizer Metal-Szene.

Lotrify zocken effektiv ihre Scheibe von A bis Z durch. Die einzelnen Songs vermögen ebenfalls im Live-Gewand zu überzeugen. Hörproben waren ja im Vorfeld der heutigen Veranstaltung bereits etliche auf YouTube vorhanden. Etappenweise haben die Jungs die drei Teile ihres Konzeptalbums auf der Plattform hochgeladen. Zudem existiert zum Track «Xenophobic» ein – zugegebenermassen – ziemlich blutrünstiger Videoclip. Nichts für schwache Mägen! Doch es gibt kein Entkommen, denn dank eines Beamers auf der rechten Bühnenseite kommt das Publikum in den vollen Genuss dieser Horror-Szenen. Hab’ ich so auch noch nie erlebt. Auf der einen Seite spielt die Band den Song live und nebenher wird der dazugehörige Clip gezeigt – kann man schon einmal so machen. Als Kontrast werden ab und an Ausschnitte des Comics von Klampfer Yannick Bislin gezeigt, welchen er in Zusammenhang mit der Entstehung von «Resilience» gezeichnet hat.

Von der zu Beginn des Artikels gesprochenen Nervosität fehlt jede Spur. Bravourös meistern die Melodic Metaller ihr Set. Sacha Wackers variables Stimmorgan mag abermals zu beeindrucken, Fabian und Yannick kitzeln alles aus ihren Saitenköniginnen heraus, Basser Silvan Laube lässt munter seine Haarpracht fliegen und Drummer Sergey Belyavskiy – der Russe im Team – penetriert fleissig seine Felle. Diese Energie schwappt rasch auf die Zuhörerschaft über, was unter anderem wilde Circle- und Moshpits zur Folge hat. Ausserdem müssen plötzlich Crowdsurfer herumgetragen werden. Die schwarzgekleidete Masse gibt alles. Moment – bin ich etwa schon so betrunken oder trägt da tatsächlich einer der Besucher einen kleinen Baum mit sich herum? Sachen gibt’s…

Die Taufe selbst wird rasch und ohne grosses Tamtam vollzogen. Die Band bedankt sich nochmals bei allen, die in irgendeiner Form an der Scheibe mitgewirkt haben und betont nochmals, wie stolz sie auf das finale Resultat sei. Im Anschluss steht dann aber wieder die Musik im Fokus. Zeit für die Gastauftritte! Zuerst wirkt Daniel von Radwaste bei einem Song mit. Danach schlüpft er in die Rolle des Kellners und sorgt dafür, dass seine Kumpels nicht ohne Biervorrat arbeiten müssen. Bei einer anderen Nummer erhält Sascha am Gesang Verstärkung in Form von Cveti Stojmenova – ihres Zeichens Mädel für die lauten Töne bei Irony Of Fate. Eine verflucht packende Angelegenheit! Mit dem Trio «Split The Pit», «Maria (I Like It Loud)» (jep, es handelt sich hierbei tatsächlich um eine Coverversion des Scooter-Songs) und «Resurrection» beenden unsere Wacken-Helden ihren sackstarken Tauf-Auftritt. Jungs, die nun folgende Aftershow-Fete habt ihr euch redlich verdient!

Das Fanzit

Meine Fresse, das war ein absolut genialer Abend: Zwei starke Vorgruppen, eine fantastische Soundqualität, ein sehr aktives Publikum, literweise Hopfensaft und ein überragender Headliner – «Resilience» wurde zweifelsohne in einem würdevollen Rahmen getauft. Man darf zurecht gespannt sein, wohin die Reise für Lotrify noch gehen wird.

Setliste – Lotrify

  1. Intro – Origin
  2. Prophecy
  3. Something To Nothing
  4. Life’s I
  5. Xenophobic
  6. Gravity
  7. Welcome To Reality
  8. Ill-Minded
  9. Floating Fall
  10. One Kind
  11. The Fence
  12. Fragments (Kanny’s Address To Humans)
  13. Termination
  14. Split The Pit*
  15. Maria (I Like It Loud) (Scooter-Cover)*
  16. Resurrection*

*Zugabe


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