Bruce Dickinson - What does this button do - Autobiographie (Buch Cover Artwork).
Mo, 22. Januar 2018

Bruce Dickinson – What does this button do? (Autobiographie)

16.01.2019
Bruce Dickinson - What does this button do - Autobiographie (Buch Cover Artwork).

Nicht für Maiden-Fans, für Bruce-Fans

Wer liebt es nicht, die Geheim- und Erlebnisse seiner grossen (Metal-)Helden zu erfahren. Am besten eignet sich dazu natürlich eine Autobiographie – nebst der Klatschpresse wie dem Metal Hammer oder der Glückspost. Aber je mehr Metal jemand ist, desto weniger eignet sich aus Reichweitengründen das Letztere. Oft ist man jedoch enttäuscht, dass Rockstars in erster Linie auch einfach nur Menschen sind, aber es kommt auch vor, dass noch alles viel krasser ist, als man es je gedacht hätte (z.B. Mötley Crüe). Zu welcher Kategorie dieselbige von Bruce Dickinson gehört, sollen die nächsten Zeilen etwas lüften, ohne zu viel zu verraten (was wohl das schwierigste an einer Buch-/Film-Review ist …).

Paul Bruce Dickinson

Dass aus Klein-Bruce mal einer der bekanntesten und legendärsten Frontmänner und Lead-Sänger werden wird, war nicht von der Stunde null an klar und vorgezeichnet. Erste Berufswünsche gingen eher in die Richtung Lokomotivführer (gut, welcher Junge schon nicht), Jagdflieger (das sollte ja annähernd noch wahr werden), Rennfahrer oder auch Astronaut (dazu stehen die Türen für Gutbetuchte wie Master Bruce ja immer weiter offen … zumindest sich mal als Weltraumtourist zu versuchen … aber gleich vorweg, davon liest man nichts Weiteres im Buch).

Dafür viel sonstig Spannendes was Bruce in seinem bisherigen Leben alles erlebt und noch mehr gemacht hat. Schon das Vorwort deutet darauf hin, dass es sich hier in erster Linie nicht um eine Biographie über Iron Maiden und dessen Sänger handelt, sondern um einen vielbegabten und Interessierten bzw. gwundrigen Zeitgenossen mit dem Namen Paul Bruce Dickinson.

Born in ’58 stark ins Detail – je älter, desto weniger

Der Einstieg liest sich nicht so leicht. Zwar ist spannend zu lesen, dass Bruce nicht mit einem silbernen Löffel im Mund aufwuchs – da seine Eltern nicht grad so zuverlässig waren, gar die meiste Zeit bei seinen Grosseltern – aber es zieht sich schon etwas in die Länge bis es mal in die Gänge kommt. Es kommt einem beim Lesen gegen Schluss ein bisschen so vor, als wenn man während der Mitte des Besuchs so langsam gemerkt hat, dass man anfangs viel zu detailliert war und jetzt die Zeit drängt für den Drucktermin und/oder die maximale Seitenzahl ausging (am Ende sind es respektable 443 Seiten). So werden die ersten Maiden Aufnahmesessions mit Bruce noch sehr detailliert beschrieben, während es bei den späteren Alben nur noch zu einer Randnotiz reicht. Gut, mit der Zeit wird alles zur Routine.

Allgemein werden all die enttäuscht, die hier eine detaillierte Maiden-Biographie erwarten. Es geht ganz klar um Bruce, der unter anderem auch bei einer der grössten und bekanntesten Metalbands aller Zeiten singt. Er liefert mit seinem vielen Interessen und Erlebtem aber auch sehr viel Stoff, für die über 400 Seiten.

Entdeckt von einem Pfarrer – Kotze für sein Idol

Immer wieder wird sehr detailliert beschrieben, mit welchen Techniken Bruce singt, wie sein typisches Sirenengeheul entstand und dass der erste, der sein Gesangstalent entdeckte ein Pfarrer war. Wenn der wüsste, was er damit ausgelöst hat. So ein bisschen die Büchse der Pandora hat er damit schon geöffnet – aus Sicht von Strengkatholiken zumindest.

Zum Rock kam er übrigens durch eine seiner ersten Platten – Deep Purple in Rock – die er für 50 Pence übel zerkratzt erstand. Deep Purple und Black Sabbath waren es dann auch, was der junge Töfflibueb auf seine Jeans kritzelte. Nebst dem Töffli, der Platte und den Jeans nannte er noch zwei Drumsticks als sein Eigen. Denn er wollte irgendwann auch noch Drummer werden, aber das sahen die Eltern anders. Die erwarteten eher einen Arzt, Buchhalter, Anwalt oder sonst was «Anständiges».

Das meinten auch seine ersten Bandkumpels, die mehr von seiner Stimme als seinen Drummerqualitäten beindruckt waren:

«Dann öffnete ich den Mund und sang drauflos, und die Gitarren spielten bis zum Ende des Songs weiter. Die Resonanz meiner eigenen Stimme liess meinen Kopf rotieren. Als wir am Ende waren, herrschte nur überraschende Stille. ‘Du kannst deine beschissenen Bongos wegpacken’».

Anfangs liess sich Bruce stark von Ronnie James Dio, Arthur Brown und Ian Gillan beeinflussen: «Ah! Da hat Dickinson das also geklaut.» Den Letzteren soll er übrigens später noch wortwörtlich vollkotzen. Das können nicht viele von sich behaupten, dass sie ihr Idol mit Kotze gewürdigt haben.

Was passiert mit Paul?

Wie kam Bruce schlussendlich zu Maiden? Nun, äusserst selbstbewusst:

«In seinem Zimmer, gut geschützt vor neugierigen Blicken, legte Rod seine Karten auf den Tisch: ‘Ich biete dir die Chance an, für Iron Maiden vorzusingen. Bist du interessiert? ’ Es war schon genug um den heissen Brei rumgeredet worden, also sagte ich ihm, was ich dachte: ‘Erstens wissen Sie, dass ich den Job kriege, sonst würden Sie nicht fragen. Zweitens: Was passiert mit Paul, dem aktuellen Sänger, und weiss er, dass er gehen muss? Drittens: Wenn ich den Job kriege, und das werde ich, sind sie auf einen komplett neuen Stil vorbereitet?’».

Ob Paul Bescheid wusste und wie seine Reaktion war, liest sich leider nicht im Buch. Auch nicht, was die wirklichen Beweggründe für den Wechsel waren.

Der zweite Song den Maiden fürs wegweisende dritte Album mit Bruce schliesslich aufnahm, war «Run To The Hills». Dass dieser gigantisch wird, war allen schon bei den Rough Mixes klar:

«Die Nachricht vom Nummer-1-Erfolg unseres Albums erreichte uns im schweizerischen Winterthur, als wir grad aus einem billigen Hotel auscheckten. Unsere Feierlaune wurde allerdings etwas gedämpft, da wir zunächst erst mal damit beschäftigt waren, unseren Tourbus einen Hügel hinunterzuschieben, um den Motor zu starten …».

Natürlich erfährt man schon auch einiges zu Maiden und wie das eine oder andere drumherum entstanden ist:

«Dave hatte in einer Oper ein paar Riesen – auf Stelzen – gesehen und beim Hersteller nachgefragt, ob er einen gigantischen laufenden Eddie in Auftrag geben könne.»

Wie Verkehrsampeln Leben verändern

Und auch wie hoch die Belastung des Stimmorgans während einer intensiven Tour ist. Wie schon erwähnt, erfahrt man dazu und zu den Gesangstechniken Einiges. Definitiv ist das Buch auch (angehenden) Sängern zu empfehlen.

Eher nicht zu empfehlen ist es Sängern wie Bruce Abstecher in ein Kriegsgebiet zu machen, um eben sein Stimmorgan zur Stimmungsmache zu verwenden. Dass man dann mieten in Sarajevo während dem Krieg in Balkan einiges erlebt, liegt auf der Hand. Darüber und warum u.a. dabei Verkehrsampeln seine Sicht auf das Leben veränderten, liest sich dann doch spannend wie ein Krimi.

Das Leben eines gewissen Blaze Bailey hat wohl auch der Ausstieg von Bruce bei Maiden verändert – bzw. dessen Einstieg bei den Eisernen Mädchen. Bruce hörte sich gemäss eigener Aussage im Buch übrigens die Alben mit Blaze nie an. Er wollte gar nicht wissen, wie sich seine temporäre Ex-Band mit dem neuen Sänger anhört.

Wer allgemein irgendwelche grosse Eskapaden von Bruce, der Band oder sonst was boulevardmässiges im Buch erwartet, der wird enttäuscht und der Betroffene selbst, nimmt im Buch die Antwort vorweg:

«Popmusik, Trends und die sinnlose Dekadenz sogenannter Celebrities, damit hatten Maiden nie etwas zu schaffen. Maiden – das war schon immer harte Arbeit, handfest, echt und vielschichtig, aber auch erdig und aggressiv.»

Die Rückkehr zu seiner Stammtruppe, nachdem diese ohne Bruce und in den metalfeindlichen 90ern wie alle grossen Bands der 80er stark an Popularität verloren hatte, passierte ähnlich schnörkellos wie damals sein erster Einstieg bei Iron Maiden:

«Steve fragte mich, warum ich zurückkommen wollte. Weil ich glaubte, dass wir zusammen wieder Grosses erreichen könnten, lautete meine Antwort. ‘Guter Grund’, gab er zurück. Blieb noch die Frage, ob auch Adrian (Smith) wieder einsteigen durfte. Steve antwortete, ohne zu zögern: ‘Ich wollte sowieso schon immer drei Gitarristen haben.»

Das einzige Tattoo

Ähnlich schnörkellos erzählt Dickinson wie er seinen Kehlkopfkrebs besiegte – immerhin lag seine Überlebenschance bei Beginn der Behandlung bei nur 60%. Emotionen sind da fehl am Platz. Es geht einzig darum, das Ding möglichst schnell wieder loszuwerden. Dabei verlor er auch keinen Gedanken daran, ob er nach der deftigen Behandlung überhaupt wieder Singen könnte. Es ging ihm einzig ums Überleben, denn was er noch mehr als das Singen liebt, ist sein Leben. In den letzten Wochen der Therapie konnte er sich nur noch flüssig ernähren und wegen den starken Schmerzen nicht mehr Sprechen. Dass dabei – während einem Pubbesuch, Bier ist ja flüssig  – sein Haar auszufallen begann, war dann das Tüpfelchen auf dem i.

Doch wer ihn die letzten Jahre live erlebt hat, weiss dass er fast nichts von seinem Sirenengeheul eingebüsst hat und immer noch fit und unermüdlich über die grössten Bühnen sprintet und dabei Höchstleistungen abliefert. Was ihn aber noch an die Behandlung erinnert, ist ein kleiner Punkt:

«Das einzige Tattoo an meinem Körper befindet sich auf dem Brustbein und sieht aus wie ein kleiner Kugelschreiberpunkt. Es wurde von den Krankenschwestern angebracht, um mich millimetergenau an das Bestrahlungsgerät anpassen zu können.»

So erfährt man also allerhand und ganz am Schluss auch, warum der Untertitel des Buches «What does this Button do?» heisst. Oder auch nicht. Mehr sei nicht verraten.

Das Fanzit zu Bruce Dickinson – die Autobiographie

Es gibt wohl nicht viele der ganz grossen Stars des Showbusiness, die so viele Talente besitzen und diese auch konsequent ausleben. Welche der ganz grossen Bands kann schon von sich zu behaupten, dass ihr Sänger nebenbei auch noch Linienpilot ist und deren eigenen Jumbo – eine 747 – während der Welttournee flog? Dass dabei noch auf höchstem Niveau nicht nur mit Steve (verbal), sondern auch mit Eddie auf der Bühne gefochten wird, zeigt eine weitere Facette des Briten auf. Wer bei dem Buch in erster Linie Iron Maiden erwartet, der wird enttäuscht. Wer Bruce Dickinson und sein facettenreiches Leben erwartet, der wird es lieben. Das Buch ist bis auf den vielleicht etwas langatmigen Beginn spannend zu lesen – vor allem ist die Selbstironie eines jeden Briten ein Königreich für sich.

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Video Trailer – Bruce Dickinson – What does this button do?


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16.01.2019
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