The Pineapple Thief Interview - Z7 Pratteln 2019
So, 24. Februar 2019

Portrait Inside – Interview mit The Pineapple Thief

Progressive Rock
31.03.2019
The Pineapple Thief Interview - Z7 Pratteln 2019

Endlich im Musiker-Olymp angekommen

Mit grosser Sicherheit kann man behaupten, dass der Hype um Ausnahme-Schlagzeuger Gavin Harrison (Ex-Porcupine Tree, King Crimson) der Band The Pineapple Thief einen grossen Schub nach vorne gebracht hat. Dies führt auch immer wieder in Interviews für genügend Gesprächsstoff, seit Harrison festes Mitglied der Briten geworden ist. Doch Frontmann Bruce Soord und Kollegen müssen sich hier in keinster Weise hinten anstellen.

Mit mittlerweile 13 veröffentlichten Studioalben hat vor allem Mastermind Soord schon lange bewiesen, dass er ein sehr gutes Händchen für das Komponieren von herausragenden Rock-Songs hat. Metalinside (Liane Paasila) hat beide Musiker im Z7 in Pratteln zur Zusammenarbeit, dem aktuellen Erfolg und zu Gavin Harrisons Engagement mit King Crimson vor dem Konzert (siehe Review und Fotos) befragen können.

Metalinside.ch (Liane Paasila): Das ist nun bereits der zweite Teil der „Dissolution Tour“ mit der ihr nun auch in die Schweiz gekommen seid. Die Reaktionen auf das neue Album und die Konzerte sind grossartig. Es gibt viele ausverkaufte Shows und gute Chart-Platzierungen. Eine simple Frage zum Einstieg: Wie fühlt ihr euch bei all dem Erfolg, den ihr gerade habt?

Bruce Soord: (lacht) Es ist natürlich super, dass es nun mal bergauf geht. Man ist nicht gerne auf dem absteigenden Ast und sieht zu, dass man weniger verkauft als das letzte Mal. Denn dann musst du dich wohl fragen, und zwar ernsthaft fragen, weshalb du es überhaut noch machst. Ja, es läuft im Moment ziemlich gut. Das freut mich sehr.

MI: Du machst ja schon sehr lange Musik. Hast du nicht schon in den 80ern angefangen in Bands zu spielen?

BS: Oh in den 80er Jahren, da war ich ja noch ein Baby. Gavin, du bist doch schon älter, ich glaube sie spricht von dir? (Gelächter)

Gavin Harrison: (Tut unschuldig) Ich habe keine Ahnung um was es geht.

BS: Wie wohl jedes Kind, welches sich für Musik interessiert, habe ich mit dem Gitarrenspiel begonnen. Ich habe in verschieben Coverbands gespielt und war eigentlich ziemlich schlecht. In den 90er Jahren versuchte ich dann einen Plattenvertrag zu bekommen. In England ist es eben so, dass du nach London gehen musst mit deiner Band und dann kannst du darauf hoffen, dass einer der grossen Plattenfirmen kommt und dir eine halbe Million für einen Plattenvertrag anbietet. So lief das noch vor dem Internet. Natürlich hat es bei mir nicht geklappt. Deshalb ging ich zurück und machte einfach mein eigenes Ding. Irgendwann war ich dann alt genug und bekam meine eigene Kreditkarte und kaufte mir passendes Equipment für ein Studio, um Musik für „The Pineapple Thief“ aufzunehmen. Ich hatte aber keine grossen Erwartungen, was später sein könnte. Aber Gavin hat sicher in den 80ern schon angefangen…

GH: Ja, als ich ein junger Mann war…

MI: Gavin, was hat dich motiviert Musik zu machen?

GH: Mein Vater war Musiker. Er war ein professioneller Trompetenspieler. Ich hatte mit sechs Jahren entschieden, dass ich auch Musik machen möchte. Also habe ich begonnen Schlagzeug zu spielen und es kam mir nie etwas Anderes in den Sinn, als Musik zu machen. Ich verliess die Schule als ich sechzehn war und konzentrierte mich voll auf die Musik.

BS: Ich habe keinen musikalischen Hintergrund, was die Familie angeht. Als ich vierzehn war, nahm ich eine Gitarre in die Hand und dachte mir: Es ist schon viel zu spät dafür, um etwas zu erreichen. Aber anscheinend ist es nie zu spät.

GH: Mmh, er war schon ein bisschen spät dran. (lacht)

MI: Wenn ihr heute zurückschaut, wie würdet ihr eure Entwicklung beschreiben?

BS: Im Vergleich zu Gavin würde ich sagen, dass ich immer den Fokus auf The Pinapple Thief hatte. Songwriting war schon immer meine Leidenschaft. Ich bin eigentlich Gitarrist aus der Notwendigkeit heraus geworden. Es half mir Songs zu schreiben. Ich begann im Jahr 1999, also vor 20 Jahren damit. Es ging allerdings nur sehr langsam voran. Erst in den letzten vier Jahren ging es richtig Berg auf. Ich bin ziemlich zufrieden, mit dem was ich nun erreicht habe. Mich auf diese eine Sache zu konzentrieren, hat sich ausgezahlt. Ich bin sehr glücklich mit der Entwicklung.

MI: Gavin, du hast einen grossen Einfluss auf die Fans und natürlich auch auf andere Musiker. Du gehörst zu einem der angesagtesten Drummer weltweit.

GH: Oh ja, weiter machen, weiter machen, ich brauch das (lacht).

MI: Jetzt wo du auf so einem hohen Niveau angekommen bist, gibt es da noch Raum für eine Weiterentwicklung? Gibt es noch etwas, was du erreichen möchtest?

GH: Nein, das ist alles. Das war es jetzt (witzelt herum). Ich habe nie geplant, ein Vorbild für jemanden zu sein. Ich tue einfach das, was ich tue und das so gut wie ich kann. Es macht mich glücklich, wenn andere Leute das mögen, was ich mache. Aber das war nicht der Grund, weshalb ich Musik mache. Ich komme eigentlich ursprünglich aus der Jazz-Ecke, was etwas untypisch für den Progressive Metal ist. Ich bin darum wohl kein typischer Progressive Drummer, denn ich habe nie Progressive Musik gehört als ich jung war bzw. als ich aufwuchs. Also ist es ziemlich schräg, dass ich in diesem Genre gelandet bin.

MI: Bist du mit The Pineapple Thief zur Ruhe gekommen? Eigentlich bist du ein Session Drummer und hast viele unterschiedliche Sachen gemacht.  Kürzlich bist du bei The Pineapple Thief als festes Mitglied eingestiegen. Oh, jetzt hätte ich mich schon fast versprochen. Ich hätte fast Porcupine Tree gesagt (lacht).

GH: (lacht) Das ist auch schon passiert. Erst kürzlich, als wir im Radio kamen. Sie sagten: „Das war „Try As I Might“ von Porcupine Tree.“ Da haben wir erst mal leer geschluckt.

BS: Als ich mit der Musik startete, hatte ich zunächst keinen Namen für mein Projekt und nannte dann mein erstes Album einfach Pineapple Thief. Doch dann kamen die ersten Reviews herein und der Vergleich zu Procupine Tree wurde angesprochen. Es gab Verwechslungen wegen der Abkürzung PT und deshalb änderte ich den Namen dann in The Pineapple Thief, also TPT.

GH: Und jetzt komme ich noch dazu und mache die Situation noch viel komplizierter (lacht). (Anm. d. Redaktion: Gavin Harrison spielte bei Porcupine Tree)

MI: Gavin, du bist auch Mitglied bei King Crimson? Hast du aktuell noch andere Projekte?

GH: Ich habe ein paar Projekte, aber ich bin kein Bandmitglied von King Crimson. Als ich die Schule verliess, habe ich als Session-Musiker gearbeitet. Und als ich bei Porcupine Tree angefangen habe, habe ich gemerkt, dass es viel zufriedenstellender ist, ein Bandmitglied zu sein. Da ist man emotional viel involvierter. Ich habe mit vielen verschiedenen Sängern und Bands gespielt und wurde dafür bezahlt. Es spielt dabei keine Rolle, ob du vor 10’000 oder 100 Personen spielst, du bekommst das gleiche Gehalt. Da ist eine gewisse Distanziertheit. Ich habe dann  für mich herausgefunden, dass es viel befriedigender ist, fest in einer Band zu sein. Mittlerweile arbeite ich nicht mehr so viel als Session-Schlagzeuger. Ich bevorzuge es ein paar Monate intensiv mit Bruce an einem neuen Song zu arbeiten, da ich mich so viel mehr einbringen kann. Das macht viel mehr Spass.

Als ich bei Porcupine Tree einstieg, war es das erste Mal, dass ich in einer Band als Bandmitglied mitspielte. Ich habe zuvor 22 Jahre professionell Schlagzeug gespielt und ich dachte mir, es sei ein guter Zeitpunkt, um es mal auszuprobieren. Ich bin froh, habe ich es gemacht.

BS: Ich glaube, es ist eher selten, dass Session-Guys, wie sie sich nennen, auch kreativ sind und Songs schreiben können. Gavin hat sich sehr gut in den Songwriting-Prozess eingebracht, das ist wichtig für The Pineapple Thief.

MI: Also habt ihr die Songs für das neue Album „Dissolution“ zusammen geschrieben? Wie war es bei „Your Wilderness“, seit diesem Album ist Gavin ja dabei.

BS: Die Zusammenarbeit mit „Your Wilderness“ war etwas speziell. Wir hatten uns vorher noch nie getroffen. Es war lediglich eine Session. Gavin, Du kannst mich korrigieren, wenn ich etwas Falsches sage, aber ich glaube, als wir mit der Session anfingen und ich meine Ideen zum Mix und den Drums äusserte, sind wir richtig zusammengewachsen. Ich gab einige Drum-Tipps und da realisierte ich, dass es funkte. Ich glaube das hat es ausgemacht. Beim neuen Album hat er dann als vollwertiges Mitglied seine Inputs geliefert.

MI: Gab es einen Moment, in dem ihr die Nase voll hattet und mit der Musik aufhören wolltet?

BS: Es gab Zeiten bei The Pinepple Thief, wo Konzerte spielen ziemlich schwierig war. Wir haben lange vor lediglich 100-150 Leuten gespielt. Ich kann mich noch an ein Konzert hier in der Galery in Pratteln erinnern. Da waren nur eine Handvoll Leute da. Zu dieser Zeit fragte man sich schon, weshalb wir das überhaupt machen. Jon Sykes (Bass, Anm. d. Redaktion) kenne ich seit ich 18 Jahre alt war. Mit ihm hatte ich offene Gespräche darüber, ob wir nun weitermachen oder nicht. Zum Glück haben wir uns am Ende nicht entmutigen lassen.

MI: Was hat euch motiviert, weiter zu machen?

BS: Ich konnte einfach nicht aufhören, Lieder zu schreiben. Selbst wenn die Live-Show nicht funktionierte, habe ich immer wieder neue Songs geschrieben. Es war auch immer schwer die Band zusammen zu bekommen, wir haben nie genügend geprobt. Das Schreiben von Songs hat mich jedoch wie ein Motor angetrieben. Es ist ziemlich einfach für mich, mich wegzuschliessen und immer weiter an Alben zu arbeiten. Den Jungs aus der Band hat es gefallen und waren genug motiviert weiter zu machen. Heute ist die Live-Show für mich genauso wichtig wie die Studioarbeit. Das war früher nicht so. Die Leute zu sehen und vor einem ausverkauften Publikum zu spielen, das ist für mich genauso wichtig geworden.

MI: Ihr seid eine grossartige Live-Band und ihr verbreitet eine Menge Energie und Spielfreude. Das gefällt mir sehr gut.

BS: Oh, danke. Ich kann mich noch daran erinnern, als Gavin das „Your Wilderness“ Album als Session-Drummer einspielte. Wir mussten viel Überzeugungsarbeit leisten, dass auf Tour mitkommt. Wir konnten das Album ohne Gavin gar nicht live spielen. Das war damals eine grosse Entscheidung, denn Gavin wusste nicht, wie wir als Band funktionieren auf der Bühne.

MI: Bruce, Du mixt und produzierst auch andere Bands?

BS: Ja, nicht so viel. The Pineapple Thief benötigt die meiste Aufmerksamkeit. Ich arbeite für andere Bands von meinem Home-Studio aus und mache vieles online. Kürzlich bekam ich einen Auftrag von einer Band aus Russland und einige Bands von Südamerika haben sich gemeldet. Auch für eine Band aus Indien habe ich was gemacht. Das war ziemlich interessant, weil das ganze Album auf Hindi aufgenommen wurde. Interessante Sprache.

MI: Gavin, 2019 wirst du mit The Pineapple Thief und King Crimson sehr viele Konzerte spielen. Wie arrangierst du dich da?

GH: Bis jetzt hat The Pineapple Thief noch keine wirklich ganz grosse, lange Tours gemacht und im Moment können wir die The Pineapple Thief Tour mit dem King Crimson Tourplan vereinbaren. Bei King Crimson wissen wir oft, ein bis sogar drei Jahre im Voraus, was so geplant ist. Mit diesem Wissen können wir die Aktivitäten um The Pineapple Thief sehr gut planen. Aber langsam nimmt TPT Fahrt auf und immer mehr Leute interessieren sich für die Band. Wir bekommen mehr und mehr Angebote. Wir müssen länger auf Tour gehen als nur zwei Wochen am Stück. Dann auch ausserhalb von Europa auftreten und in Amerika, Nordamerika und Südamerika auf Tour gehen. Unser Album wurde zu unserer Überraschung immer populärer und beliebter, was natürlich sehr ermutigend ist. Das ist grossartig. Ich weiss jedoch nicht, wie lange King Crimson noch weitermachen wird.

Es ist schwierig von meinem Lebenspunkt aus, alles im Gleichgewicht zu halten. Ein Privatleben zu haben (Anm. d. Red. Freundin wohnt in Berlin) und auf Tournee zu gehen, das macht nicht immer so viel Spass um ehrlich zu sein. Ich habe schon so viele Tourneen mitgemacht. Ich mache nur noch Sachen, die sich für mich lohnen, die mir erstrebenswert vorkommen und möchte meine Zeit nicht verschwenden. Wir werden eine Balance zwischen den beiden Bands finden, bis es zu dem Zeitpunkt kommt, dass ich mich entscheiden muss, für die eine oder die andere Band. Aber im Moment ist es kein Problem. Und ich glaube nicht, dass King Crimson wirklich richtig grosse, lange Tourneen am Stück machen wird.

Für mich sind 5 Wochen auf Tour zu sein das Maximum. Wenn du mehr machst, drehst du durch. Es ist wie wenn du bei Big Brother mitmachen würdest. Du bist mit diesen Personen den ganzen Tag und die ganze Nacht unterwegs. Jeden Tag in der Umkleide, auf der Bühne, im Catering und im Bus. Es ist eine ungesunde Menge an Zeit, die man zusammen verbringt. Nach etwa 5 Wochen beginnst du zu zerbrechen. Kleine Details beginnen dich plötzlich wahnsinnig zu nerven. 5 Wochen sind meiner Meinung nach die maximale Tour-Länge. Einige Jungs haben Kinder und Familie und da will man nicht für acht Wochen unterwegs sein.

Die letzte Porcupine Tree Tour ging 14 Monate lang. Nicht nonstop, aber sechs Wochen hier, sieben Wochen dort, zwei Wochen hier, acht Wochen da. Es war einfach zu viel, es hat uns umgebracht. Es hat unsere Beziehungen innerhalb der Band kaputt gemacht, weil wir zu viel Zeit miteinander verbracht haben.

MI: Mich würde das Leben im Bus umbringen (lacht). Ihr habt ab und an aber auch Hotels?

GH: Wir sind morgen in Stuttgart, dort haben wir ein Hotel. Die ganze Tour ist nur etwa 2.5 Wochen lang. Das ist also nicht ganz so crazy. Danach haben wir 10 Tage frei und dann machen wir fünf Shows in UK. Geplant ist dann, dass wir im Oktober/November diesen Jahres wieder zusammen kommen um an neuem Material zu arbeiten.

BS: Wir haben schon ein bisschen angefangen neues Material zu schreiben und es gibt bereits Ideen. Wir sind in einem guten Prozess drin. Gavin hat sein Studio mit seinen Drums und dadurch kann es schnell gehen, wenn er eine Idee hat. Er kann es gleich aufnehmen und es mir sofort schicken. Dann kann ich daran arbeiten, aufnehmen und es an ihn zurückschicken. Wie Gavin sagte, der Zeitplan von King Crimson ist bekannt, so wissen wir genau, dass wir in dieser und jener Zeit an TPT arbeiten können. Hoffentlich gibt es dann schon ein neues Studioalbum im nächsten Jahr.

MI: Und hoffentlich auch eine neue Tour.

GH: Ja, vielleicht auch dann eine grössere Tour. Wir überlegen uns, dann auch länger auf Tour zu sein, um an mehreren Orten spielen zu können. Es ist wie jedes andere Business. Es muss zuerst wachsen, im richtigen Tempo. Wir können nicht ein riesiges Stadion mieten, aber auch nicht ständig in winzigen Clubs spielen. Du musst den richtigen Moment finden, um im richtigen Mass zu expandieren.

BS: Wir haben ja jetzt in Italien gespielt und sind sehr zufrieden gewesen mit den Shows und der Resonanz. Jetzt wissen wir, da müssen wir mal wieder hin. Auf dieser Tour waren wir in Kopenhagen und Stockholm, wo wir vorher noch nie gespielt haben, und das lief auch ausserordentlich gut.

GH: Und die Schweiz berücksichtigen wir natürlich auch wieder…

BS: Wir waren schon oft in der Schweiz. Auch in unseren schlechten Tagen damals im Jahr 2011 Das ist schon eine lange Zeit her.

GH: Es war eine Art geheimer Gig, da in der Galery (lacht).

BS: Wir spielten vor etwa 30 Leuten.

MI: Aber jetzt geht es ja immer mehr Berg auf. Ihr hattet einige ausverkaufte Shows und tolle Chart-Platzierungen mit dem neuen Album.

BS: Definitiv. Das ist toll.

MI: Ich würde dir, Gavin, gerne noch eine Frage stellen. Bezüglich den drei Schlagzeugern bei King Crimson. Kannst du beschreiben, wo die Schwierigkeiten sind, mit drei Drummern zu arbeiten?

GH: Es ist sehr anspruchsvoll. Traditionell hat jede Band einen Schlagzeuger. King Crimson hatte lange Zeit zwei Schlagzeuger, auch in den 70er Jahren mit Jamie Muir und Bill Bruford zusammen. Jamie ist jedoch mehr ein Percussionist. In den 90er Jahren waren Pat Mastelotto und Bill Bruford im Einsatz. 2008 war ich und Pat Mastelotto bei King Crimson. Robert Fripp hatte dann eine Vision, eine neue Idee. Er rief mich 2013 an und sagte er habe eine Vision von einer Band mit drei Schlagzeugern. Die Schlagzeuger sollten an der Front der Bühne zum Einsatz kommen und die restlichen Musiker sollten im Hintergrund stehen. Es sollenaber nicht alle das Gleiche spielen. Das wäre sinnlos.

Wir hatten zwischen dem Anruf und dem ersten Gig ein Jahr Zeit für die Umsetzung. Wir mussten diese Zeit nutzen, um uns vorzubereiten, um zu proben, um alles auszuprobieren und zu schauen, was wie funktioniert. Ich hatte natürlich noch nie vorher mit drei Schlagzeugern gearbeitet. Ich hatte mit zweien gearbeitet und das war schon eine ziemliche Herausforderung. Man muss sehr diszipliniert sein, um nicht über den jeweils anderen Schlagzeuger hinweg zu spielen. Der harte Teil aber ist, zwischendurch gar nichts zu spielen.

Es ist wie ein Orchester, wie ein Rock & Roll Orchester. Es ist keine übliche Produktion und es gibt keine Lichtspiele und unterschiedliche Farben – nur weisses Licht. Wir kommen auf die Bühne und niemand spricht mit dem Publikum. Der Sänger ist nicht der Frontmann und er steht nicht im Mittelpunkt. Er ist nur einer der Performer. Wenn du in einem Orchester die Posaune spielst, dann spielst du nicht in jedem einzelnen Lied mit. Es gibt immer wieder Abschnitte, da spielst du nicht. Man muss sich daran gewöhnen, auf der Bühne zu sein und nicht zu spielen. Was für einen Schlagzeuger sehr ungewöhnlich ist. Das kann echt schwer sein. Es gibt Songs, da sitze ich einfach sechs, sieben Minuten da und sehe zu. Die ersten Abende war ich immer mit dem Gedanken beschäftigt, etwas tun zu müssen. Es ist schwer das Nichtstun auszuhalten, aber man muss halt einfach diszipliniert sein.

BS: Machst du alle Arrangements? (Jetzt stellt sogar der Interviewte Fragen – Anm. Red.)

GH: Ich mache ein paar davon. Als die drei Drummer zum ersten Mal zusammenkamen, war das echt komplex. Da waren Pat Mastelotto welcher in Texas lebt, Bill Rieflin der in Seattle wohnt und ich. Sie kamen in mein Studio und wir haben ein bisschen zusammen gearbeitet. Weil ich ein Recording-Studio habe, konnte ich drei Drumsets aufnehmen und dann herausfinden, was funktioniert und was nicht. Dann konnte ich es ihnen schicken. Wir haben dann einzeln, jeder für sich geübt. Dann kamen wir wieder zusammen und haben verschiedene Sachen ausprobiert. Einiges funktionierte, anderes nicht. Wir nahmen alles in meinem Studio auf und schauten dann, ob es passt. Es war ein einzigartiger Prozess.

Mit King Crimson kannst du spielen, was du willst. Du musst nicht das Gleiche auf dem Schlagzeug spielen, wie es aufgenommen worden ist. Spielst du zum Beispiel einen Song wie Red, musst du nicht den gleichen Drum-Rhythmus spielen wie es Bill Bruford 1974 gespielt hat. Robert Fripp hat auch gesagt, dass er möchte, dass ich jeden Song so behandle, als sei es ein neuer. Egal, wann er geschrieben wurde. Spielst du etwas komplett anders, bin ich genauso glücklich. Es ist komplette Freiheit. Du kannst machen, was dir in den Sinn kommt, wenn du das spielen kannst. Hast du die Band gesehen?

MI: Nein leider noch nicht, aber ich werde sie in Stuttgart sehen.

GH: Also wirst du genau dieses Setup sehen, es ist sehr ungewöhnlich. Aber so ist King Crimson, das ist keine normale Rock Band. Die waren immer ungewöhnlich und es ist immer eine Überraschung. Du wirst noch nie ein Konzert wie das gesehen haben.

MI: Hast du King Crimson schon gesehen, Bruce?

BS: Nein, ich gehe nächstes Jahr. Meine Frau und ich haben noch ein Kind bekommen dieses Jahr. Da blieb nicht viel Zeit übrig. Das war eigentlich gar nicht geplant, aber es war eine nette Überraschung. Die ganze Band wird nächstes Jahr nach London zum Auftritt von King Crimson gehen.

GH: Eigentlich dieses Jahr…

BS: Oh ja wir haben ja schon 2019. Ja genau, diesen Sommer.

GH: Wir spielen drei Vorstellungen in der Royal Albert Hall. Es wird ein schöner Ort sein, um die Band zu sehen.

31.03.2019
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