Black Knight (Promobild)
Do, 26. November 2020

Black Knight – Interview mit Gertjan Vis, Ruben Raadschelders, Rudo Plooy und David Marcelis

Heavy Metal
10.12.2020
Black Knight (Promobild)

Wenn der Verstärker auf Jet-Level dröhnt…

Black Knight spielen Heavy Metal – nicht mehr, aber auch nicht weniger, wie die niederländische Band unlängst auf ihrer neusten Scheibe „Road To Victory“ sehr gekonnt unter Beweis gestellt hat (siehe Review). Aber wie unterscheidet sich ihr aktuelles Werk vom eben erst neu aufgelegten Erstling „Tales From The Darkside“, wie haben sie die letzten Monate genutzt – und wie zum Geier kommt man als gestandener Holländer dazu, eine Drei-Pässefahrt über Susten, Furka und Grimsel zu unternehmen ???

Die beiden Gitarristen Gertjan Vis und Ruben Raadschelders, Sänger David Marcelis sowie Schlagzeuger Rudo Plooy haben sich abwechslungsweise meiner Fragen auf dem (elektronischen) Postweg – schön Corona-konform und zu 100 Prozent Social Distancing-approved – angenommen, und dabei bewiesen, dass Antworten nicht zwingend langatmig und wortreich, sondern primär prägnant, informativ und à Point sein sollten.

Metalinside (Sandro): Zuallererst, vielen Dank, dass ihr mir auf diesem momentan schon beinahe zur Gewohnheit gewordenen Weg Rede und Antwort steht. Wie geht es euch, und womit seid ihr gerade beschäftigt (mal abgesehen davon, meine Fragen zu beantworten)?

Gertjan: Auch von unserer Seite ein grosses Dankeschön! Uns geht es momentan sehr gut. Aufgrund der ganzen Corona-Sache verbringe ich zum Beispiel viel Zeit in meinem Studio – und um ehrlich zu sein ist es genau das, was mir am meisten Spass bereitet, in einer Band mit dabei zu sein.

MI: Gab es sonst noch positive Aspekte, die ihr der aktuellen Situation abgewinnen konntet?

Ruben: Bei uns in den Niederlanden sagen wir: „Nach dem Regen scheint die Sonne“, also haben wir nie die Hoffnung verloren. Die meisten geplanten Auftritte wurden auf kommendes Jahr verschoben, und wenn man so will, so gibt uns Corona so auch die Möglichkeit, uns auf das Schreiben neuer Songs zu stürzen und dabei auch herauszufinden, wie wir auch auf andere, speziell nun digitale Weise zusammen arbeiten können. Gerade jetzt sind wir zu Hause und mit Songwriting beschäftigt – und verwenden auch recht viel Zeit auf den Umgang mit Sozialen Medien, da wir noch nicht so viel Erfahrung damit haben.

MI: Wie habt ihr die auftrittsfreie Zeit genutzt? Habt ihr vielleicht ein neues Hobby für euch entdeckt?

Gertjan: Als uns klar wurde, dass sämtliche Shows gestrichen werden, haben wir beschlossen, unsere gesamte Energie in ein neues Album zu stecken. Neue Hobbys lagen da nicht drin – ich bringe es einfach nicht fertig, meine Gitarre für längere Zeit aus der Hand zu legen.
So bestehen unsere Tage denn aus: Kreieren, Aufnehmen, Proben, Facebook, Instagram – einfach alles ausser dem, was für uns wirklich im Zentrum steht. Aber wir wissen, dass auch diesbezüglich wieder bessere Zeiten kommen werden!

MI: Nun, wenn eine Band innerhalb eines Jahres gleich zwei Alben veröffentlicht, so denkt man automatisch „Sind die Tag und Nacht mit Songwriting beschäftigt“.

Gertjan: Absolut richtig! Aber Live-Auftritte haben bei uns nach wie vor höchste Priorität. Und Platten aufzunehmen ist ein aufwändiger Lernprozess, den du über die Jahre hinweg erlernen musst.

MI: Wie waren die Reaktionen auf euer letztes Werk „Road To Victory“? Von meiner Seite gab es ja auch nur lobende Worte.

David: Vielen Dank für dein positives Feedback! Ja, man kann sagen, die Kritiken dazu waren wirklich gut – überwältigend, um ehrlich zu sein! Die Reviews kamen aus der ganzen Welt, und ein Grossteil bedachte uns mit acht oder gar neun von zehn möglichen Punkten. Aber auch die Reaktionen aus unserer bestehenden Fangemeinde waren sehr gut. Nahezu alle meinten, dass „Road To Victory“ unser bisher stärkstes Werk gewesen sei. Man muss allerdings auch bedenken, dass sie dreizehn Jahre auf ein Album von uns warten mussten (lacht).

MI: Wie schreibt ihr eure Songs? Wer ist für was zuständig, geschieht es individuell oder als gemeinsam Band?

David: Black Knight folgen in vielerlei Hinsicht einem wohl eher traditionellen Ansatz, ohne dabei allzu sehr auf moderne Technologien wie Heimstudios oder Software zurückzugreifen. Das meiste davon entsteht bei uns gemeinsam. Natürlich werden die Grundgerüste für neue Songs von unseren Gitarristen resp. Bassisten entworfen, und obendrauf füge ich dann als nächstes meine Gesangslinien und Texte hinzu. Aber der Grossteil geschieht bei uns noch immer im Proberaum, wo aus groben Ideen, einzelnen Melodiefragmenten und Riffs Lieder entstehen. Seit COVID-19 haben jedoch auch wir vermehrt Möglichkeiten genutzt, um uns von zu Hause aus austauschen zu können.

MI: Einige Songs eures aktuellen Albums „Road To Victory“ haben einen historischen Hintergrund – „Crossing The Rubicon“ zum Beispiel, „Pendragon“ oder auch der Titeltrack „Road To Victory“. Interessiert ihr euch generell für geschichtliche Ereignisse oder war das eher Zufall?

David: Geschichte ist in der Tat etwas, das mich persönlich sehr interessiert – insbesondere im Zusammenhang mit der Kriegsführung. Ich lese sehr gerne historische Romane und spiele auch oft historisch Brettspiele, welche Schlachten und so zum Thema haben. Zeiten, in denen man sich im Krieg befindet, gehören zu den extremsten Situationen, in der sich eine einzelne Person respektive eine ganze Bevölkerung befinden kann. Es ist etwas, das sowohl das Beste als auch das Schlechteste in einem Menschen zum Vorschein bringen kann. Dies macht es zu einer interessanten Szenerie für dramatisch entworfene Kompositionen. Nebst den von dir erwähnten Songs basiert auch „My Beautiful Daughters“ auf historischen Ereignissen. Schaut euch doch auf YouTube unseren Videoclip (siehe Video unten) zu diesem Track an und versucht zu erraten, um was es in diesem Lied geht.

MI: Welche Bedeutung verbirgt sich hinter dem Artwork von „Road To Victory“?

Ruben: Achtet auf all die verschiedenen Elemente, die sich auf oder neben der Fahrbahn befinden. Jeder Song steuert ein Element dazu bei. Unser Ziel war es, eine Art surrealer Strasse zu kreieren, auf der alle Lieder zusammenfinden – einfach, weil es cool ist!

MI: Welches ist euer Lieblingssong auf eurem neusten Werk?

Gertjan: Ganz klar der Titeltrack „Road To Victory“ – dieser Song hat einfach alles – und wir haben auch einen grossartigen Videoclip dazu gedreht, auf den wir wirklich alle sehr stolz sind!

MI: Gibt es eine Anekdote über die Entstehung von „Road To Victory“, die es wert wäre, erzählt zu werden?

Ruben: Als wir auf der Nordseeinsel Texel Aufnahmen für einen Videoclip gemacht haben, war es ein grauer, regnerischer Tag. Meine Jackson Flying V wurde dadurch sehr nass und begann schliesslich zu rosten. Wie ich erst Wochen später herausfand, klingt sowas dann verdammt stark nach Rock ’n Roll (lacht)!

MI: Ihr habt erwähnt, dass ihr die Zeit während des Lockdowns genutzt habt, um neue Songs zu schreiben. Dürfen wir uns demzufolge schon bald auf ein neues Album freuen?

Gertjan: Yessss! Wir haben in den letzten sieben Monaten zehn neue Songs kreiert, denen wir jetzt im Proberaum respektive dann im Studio den letzten Schliff verpassen werden. Ich denke, innerhalb eines Jahres werden wir das gebacken bekommen. Aber wir möchten uns dabei keinen unnötigen Stress auferlegen – die Qualität kommt ganz klar an erster Stelle!

MI: Wie seid ihr überhaupt auf die Idee gekommen, euer ursprünglich 1999 veröffentlichtes Debutwerk „Tales From The Darkside“ neu aufzulegen?

Rudo: Die Erstpressung von „Tales From The Darkside“ mit einer Auflage von 1500 CDs war dank unserer Fans in Japan, Deutschland und Griechenland sehr schnell ausverkauft. Da die Nachfrage nach diesem Album aber gerade in den letzten Jahren ziemlich stark gestiegen ist, hatte Metal Warriors Records die Idee, die Scheibe 2019 auf Vinyl wieder zu veröffentlichen – was wir natürlich als grossen Erfolg werten durften. Als wir mit unserem neuen Label Pure Steel Records daran gingen, an „Roads To Victory“ zu arbeiten, wollten sie den Longplayer auch auf CD nachlegen. Die Scheibe wurde neu geremastert und enthält zusätzlich sechs tolle Live-Tracks, die etwas ganz Besonderes darstellen!

MI: Wie wichtig ist es eigentlich für euch als Band, ein Label wie Pure Steel Records im Rücken zu wissen?

David: Ohne Pure Steel Records wären wir nicht in der Lage gewesen, durch Albumbesprechungen, Interviews sowie Airplay so viele neue Fans zu erreichen. Ausserdem wären die Alben wohl in vielen Ländern nicht in physischer Form in den Handel gekommen. Die Zusammenarbeit war und ist hervorragend!

MI: Vergleicht man Kontext und Zeit, in welcher „Tales From The Darkside“ und „Road To Victory“ aufgenommen wurden, so hat sich doch einiges geändert – erwähnt seien hier nur mal die Änderungen im Line-Up. Inwiefern hat sich der Sound von Black Knight zwischen diesen Werken verändert?

Gertjan: Ich denke, die Art und Weise, wie wir Lieder schreiben, hat sich überhaupt nicht verändert – da sind wir uns über die Jahre hinweg treu geblieben. Die beiden Alben liegen zeitlich gesehen 25 Jahre auseinander – und logischerweise hat sich der Sound über die Zeit hinweg kontinuierlich verbessert. Damals, als wir „Tales From The Dark Side“ aufgenommen haben, hatten wir keine Ahnung, wie sowas von statten geht – wir haben einfach Bier getrunken und den Verstärker auf Jet-Level hochgeschraubt, whahahahaha!!!

MI: Der Sound von Black Knight orientiert sich meines Erachtens stark an Bands wie Judas Priest oder Iron Maiden. Gibt es noch weitere Einflüsse, und wie denkt ihr darüber, auch modernere Elemente mit einfliessen zu lassen?

Rudo: Black Knight entstand in den 80er Jahren, also der Blütezeit des NWOBHM. Als Gründungsmitglied wollte ich nicht mehr, als dass unsere Band nach Metal-Göttern wie Judas Priest, Saxon oder Iron Maiden klingen sollte. Und ja, Priest standen da natürlich ganz weit oben auf meiner Liste (lacht). Im Laufe der Jahre kamen dann noch weitere Einflüsse wie Primal Fear oder Queensrÿche hinzu. Wer sich unsere neue CD aufmerksam anhört, wird merken, dass auch diese Bands Spuren in unserem Sound hinterlassen haben. Für mich – quasi als Hüter des Black Knight-Sounds – gibt es zudem nach wie vor genügend neue Elemente, um unsere Musik frisch und trotzdem sehr NWOBHM-like klingen zu lassen.

MI: Ihr kommt aus den Niederlanden, wo sich bekanntermassen eine ganze Reihe von Metal-Combos tummeln. Wie schafft ihr es, die Aufmerksamkeit auf euch zu ziehen. Oder in anderen Worten: Was ist das Besondere an „Black Knight“, was unterscheidet euch von anderen Bands?

Rudo: Es gibt in Holland nicht wirklich viele andere Bands, die so sind wie Black Knight. Viele verwenden modernere Elemente in ihrer Musik, wodurch sie sich vom klassischen Heavy Metal entfernen. Zudem besticht Black Knight gerade auf der Bühne durch einen grossartigen Sound – speziell bei den Gitarren muss es genau so sein, wie ich es will: Kraftvoll und allumfassend! Wir stellen sehr hohe Ansprüche an uns, wenn es um den Sound geht! Nicht alle Bands nehmen das so ernst wie wir es tun, und das dürfte wohl auch der Grund sein, wieso Black Knight oft auffallen und herausstechen!

MI: Gibt es andere Musik-Gruppen, die euch momentan beeindrucken?

Gertjan: Nichts Spezielles, je nach Stimmung gefällt mir mal dieses oder jenes. Twelve Foot Ninja zum Beispiel, oder die australische Combo Voyager. U.D.O. finde ich auch genial. Diese Bands haben ich zuletzt live gesehen und sie haben einen grossartigen Job gemacht!

MI: Was wärst du geworden, wenn nicht Musiker? Welche Berufswünsche hattest du als Kind?

Gertjan: Puhh, eine schwierige Frage! Hmmm, ich denke, als Toningenieur in einem grossen Studio zu arbeiten war lange ein Traum von mir. Aber als das Internet aufkam, liefen die Dinge anders.

MI: Wird es eventuell mal eine Gelegenheit geben, euch live in der Schweiz zu sehen? Gibt es bereits Pläne für eine Tour – wann auch immer sowas wieder möglich sein wird?

David: Ich habe bisher zwei Mal mit anderen Bands in der Schweiz gespielt. Einmal 2005 im Z7 in Pratteln und 2016 in der Met-Bar in Lenzburg. Beide Male waren unvergesslich! Mit Black Knight würde ich auf jeden Fall gerne wiederkommen! Für 2021 haben wir bereits einige Clubshows und Festivals in den Niederlanden und in Deutschland geplant. Wir werden schauen, dass wir auch den einen oder anderen Gig in der Schweiz einstreuen können.

MI: Habt ihr noch eine spezielle Nachricht an eure Fans hier in der Schweiz?

Rudo: Yes! Ich war letztes Jahr in der Schweiz und habe mit meinem Sohn in seinem Audi TT RS einen Ausflug in die Berge unternommen. Daher mein Tipp aus erster Hand: Steigt in euer Auto, fahrt die Drei-Pässe-Tour Susten-Furka-Grimsel und hört dabei unsere CD (wahlweise auch via Spotify). Drive fast – but keep it safe, please…

Herzlichen Dank für die Beantwortung meiner Fragen – und hoffentlich bis bald einmal!

 

Video Black Knight – My Beautiful Daughters

Autor
10.12.2020
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