Alice Cooper - Detroit Stories (Cover Artwork)
Fr, 26. Februar 2021

Alice Cooper – Detroit Stories

Hardrock, Rock
25.02.2021
Alice Cooper - Detroit Stories (Cover Artwork)

Hommage an die Stadt, wo alles begann

Drei Jahre nach „Paranormal“ macht sich Alice Cooper auf, dahin zurückzukehren, wo für ihn alles begann: „Detroit Stories“ ist eine Hommage an die Stadt, in der anno 1970 die unvergleichliche Erfolgsgeschichte ihren Anfang nahm. Mit seinem nunmehr 28. Studiowerk möchte der unangefochtene König des Shock-Rocks den Spirit der alten Tage erneut auferstehen lassen. Wir begeben uns auf Spurensuche.

Kaum eine andere Stadt der USA steht so sehr für den wirtschaftlichen Verfall einer einstigen Millionenmetropole wie der Geburtsort der amerikanischen Autoindustrie: Detroit, Michigan. Noch in den Fünfzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts das strahlende Zugpferd der amerikanischen Wirtschaft, begann mit der Ölkrise im Jahr 1973 der stetige Abstieg, hin zu einem Ort, die heute als gefährlichster Ort der USA gilt – statistisch gesehen geschieht hier ein Mord pro Tag, derweil die Aufklärungsrate wegen einer chronisch unterbesetzen Polizei allenfalls als marginal bezeichnet werden kann.

Im Jahre 1970, also noch etwas vor Detroits beginnendem Niedergang, suchte der aufstrebende Musikproduzent Bob Ezrin ein Farmhaus am Stadtrand von Detroit auf, um mit der Band um Alice Cooper zu arbeiten. Diese hatte Los Angeles hinter sich gelassen, da sie irgendwie nicht so wirklich in die dortigen Flower-Power- und Hippie-Szene mit ihren Idealen von Liebe und Frieden passen mochte. Was folgte, war viel harte Arbeit: Täglich 10 Stunden werkelte Ezrin zusammen mit der Band daran, deren Signature-Sound zu definieren. Sobald sie einen Song perfektioniert hatten, schallte lauter Applaus aus der Psychiatrie von der anderen Strassenseite. So entstand der klassische Alice Cooper-Sound, wie wir ihn heute alle kennen.

Zurück zu den Wurzeln

Und nun, rund ein halbes Jahrhundert später, besinnt sich Alice Cooper auf seine Anfänge und kehrt zusammen mit Produzent Bob Ezrin, den überlebenden Original-Bandmitgliedern sowie weiteren Gästen wie Wayne Kramer von MC5, zu seinen musikalischen Wurzeln zurück.

Dabei entstanden ist ein bunter Mix aus Eigen- sowie Fremdkompositionen, die trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft homogen ineinander greifen und ein in sich stimmiges Bild vermitteln. Den Anfang macht ein Titel, dessen Name Programm ist – „Rock’n’Roll“, ein cooles Cover des aus der Feder von Lou Reed stammenden Velvet Underground Songs, das speziell im Refrain Fahrt aufnimmt und trotz leicht poppig wirkender Elemente in der Bridge schön – genau – rockt. „Go Man Go“ schlägt in dieselbe Kerbe, ist aber noch ein, zwei Gänge härter ausgelegt und vermag mit etwas Punk-Attitüde sowie einem zum Mitgrölen einladenden Hauptteil zu gefallen. Ebenfalls für raue Kehlen dürfte der reinrassige Rocker „Independence Dave“ sorgen. Auch „Social Debris“ zählt zu dieser Kategorie, wobei gerade hier die Gitarrenfraktion mit griffigeren Riffs überzeugt.

Wer’s lieber etwas bluesiger mag, ist bei Titeln wie „Drunk And In Love“ oder auch „$1000 High Heel Shoes“ sicher gut aufgehoben. Speziell der letztgenannte Song gehört zu den smoothesten Tracks des Albums. Mit „Our Love Will Change The World“ liefert Alice dann den typischen einen Song je Album ab, der sich einfach nicht so richtig ins Gesamtbild einreihen lassen will – eine sehr poplastige, eingängige Nummer, die im Original von der psychedelischen Punkband Outrageous Cherry stammt.

Fluffig aber nicht minder ernst

Mitnickfeeling kommt dafür bei „Hail Mary“ auf, das sich refraintechnisch vielleicht irgendwie auf eine Scheibe wie „Constrictor“ hätte mogeln können. Gewiss kein Schwermetall, aber doch mit gesunder Härte und jeder Menge Groove versehen. Apropos Punk: „I Hate You“ vermittelt ein leicht anrüchiges F**k-You-Feeling und transportiert damit wohl auch ein wenig Detroit-Spirit der Neuzeit. Die Stimme des Altmeisters ist übrigens wie gewohnt klar, sehr frisch und prägnant – es wird wohl kaum jemanden geben, der dem Sänger die unterdessen 73 Jahre anmerken würde.

Doch bei aller melodischen Leichtigkeit serviert uns Mr. Cooper auf textlicher Seite mitunter eher schwere Kost, wie speziell in „Hanging On By A Thread (Don’t Give Up)“. Thematisch geht es darum, nicht aufzugeben, selbst wenn alles noch so düster ausschaut – wenn zum Schluss Alice folgenden Hinweis spricht: „This is Alice Cooper in Detroit…Let’s keep fighting, don’t give up. Call the Suicide Prevention Hotline 1-800-273-8255.“ – dann läuft es einem schon etwas kalt den Rücken herunter. Und ja, die genannte Nummer ist authentisch…

Passend zur Thematik kommt das Artwork recht finster und bedrohlich daher. „Detroit Stories“ wird als CD, CD+DVD Digipak, CD Box Set (inklusive CD, Blu-ray, T-Shirt, Gesichtsmaske, Taschenlampe und 3 Aufkleber) sowie als 2LP Gatefold erhältlich sein.

Das Fanzit Alice Cooper – Detroit Stories

Mein Erstkontakt mit der von Vincent Damon Furnier erschaffenen Kunstfigur Alice Cooper muss irgendwann so um das Jahr 1986 herum erfolgt sein, als Jason in „Freitag der 13. Teil VI“ zu „He’s Back (The Man Behind the Mask)“ auf Teenie-Jagd ging – also just zu Beginn seiner Hair-Metal-Phase, welche uns Hits wie „Prince Of Darkness“, „Hey Stoopid“, „Feed My Frankenstein“ oder „Poisoin“ bescherte und für mich nach wie vor irgendwie den Sound des Altmeisters definiert (ohne dabei die vielen legendären Überhits seiner früheren Schaffensphase ausser Acht zu lassen).

Von diesen Klängen ist „Detroit City“ natürlich schon aufgrund des zugrunde liegenden Konzeptes zu diesem Album meilenweit entfernt. So regieren zumeist Einflüsse aus den frühen siebziger Jahren – Blues, Soul, Pop, Garage Rock, Hard Rock und vieles mehr fliessen in diesen musikalischen Schmelztiegel mit ein. Das daraus entstehende Songmaterial ist dabei bestimmt nicht schlecht, erreichen mich jedoch nicht ansatzweise so stark, wie dies adäquate Frühwerke des Mr. Furniert (genannt seien hier exemplarisch „School’s Out“ oder „Billion Dollar Babies“) noch getan haben. Wahrscheinlich ist es wirklich so, wie Kollege Dutti dies in seiner Plattenkritik zu „Paranormal“ (siehe Review) festgehalten hat: „Die ganz grossen Hymnen wird er aber wohl nie mehr erreichen können. Diese sind alle bereits geschrieben.“

Alles in allem ein gutes, aber nicht überragendes Album von einer der wohl einflussreichsten und schillerndsten Persönlichkeiten im Rockzirkus. Und auch wenn „Detroit Stories“ zumindest für mich nicht zu den Top-10-Alben des Alice Coopers zählt, so freue ich mich doch bereits jetzt wie ein kleines Kind unterm Weihnachtsbaum darauf, diese lebende Legende hoffentlich bald einmal mehr in Concert erleben zu dürfen!

PS: Es werden noch Wetten entgegengenommen, welcher Song von „Detroit Stories“ es wohl ins Live-Set und somit auf die grosse Bühne schaffen wird (mein Tipp: das schmissige „Go Man Go“ oder aber „Independence Dave“).

Anspieltipps: Social Debris, Hail Mary, Hanging On By A Thread (Don’t Give Up)

Ab Release reinhören und CD mit DVD portofrei (vor-)bestellen

Trackliste Alice Cooper – Detroit Stories

  1. Rock ‘n’ Roll
  2. Go Man Go (Album Version)
  3. Our Love Will Change The World
  4. Social Debris
  5. $1000 High Heel Shoes
  6. Hail Mary
  7. Detroit City 2021 (Album Version)
  8. Drunk And In Love
  9. Independence Dave
  10. I Hate You
  11. Wonderful World
  12. Sister Anne (Album Version)
  13. Hanging On By A Thread (Don’t Give Up)
  14. Shut Up And Rock
  15. East Side Story (Album Version)

Line Up – Alice Cooper

  • Alice Cooper – Vocals
  • Wayne Kramer – Guitars
  • Johnny Badnajek – Drums
  • Paul Randolph – Bass
  • The Motor City Horns
  • + guests

Video Alice Cooper – Social Debris


Album Review Bewertung

Autor Bewertung: 7/10



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Autor Bewertung: 7.5/10