Greenfield Festival 2025 – Electric Callboy, Avenged Sevenfold, Slipknot u.v.m.
Flugplatz Interlaken (Interlaken, CH)
Heisse Fete im Berner Oberland
Vom 12. bis 15. Juni fand auf dem Flugplatz in Interlaken einmal mehr das Greenfield Festival statt. Die über drei Dutzend Acts sorgten gemeinsam mit den festivalhungrigen Besuchern für eine ausgelassene Stimmung.
Obwohl dies reine Geschmacksache ist: Mich persönlich gelüstete das diesjährige Line-up deutlich mehr als diejenigen gewisser vergangener Jahre. Zudem “musste” ich 2023 und 2024 reisebedingt aussetzen. Höchste Zeit also, dem Greenfield Festival 2025 einen Besuch abzustatten (und in unserem geliebten Fanzine darüber zu berichten). Mit von der Partie waren zudem Marcel und Röschu als Fotografen, Larry als Social-Media-fütternde Metalinsiderin und Mittexterin sowie einige weitere bekannte Gesichter.
Greenfield Festival 2025 – Tag 0 (Mittwoch, 11. Juni)
Entgegen anderen Jahren können Larry und ich es uns 2025 nicht einrichten, schon tagsüber anzureisen und einen coolen Platz zu besorgen. Dies erledigt eine Delegation unseres Camps, vielen Dank dafür! So reisen wir gegen Abend an, holen unser Pressebändchen am entsprechenden Stand und kämpfen uns vollbepackt und bei ein paar Grad zu warmen Temperaturen über die Hauptmeile des Campingplatzes. Es ist – wie immer – ein grosses Wiedersehen mit Leuten, die man quasi wöchentlich antrifft und anderen, mit denen man sich die Ehre eher einmal jährlich in Interlaken gibt.
Camp aufgebaut, Stuhl ausgepackt, Dose geöffnet. Heute stehen keine Pflichttermine an und das ist irgendwie, was den Anreisetag an vielen Festivals ausmacht. Ob man bei gemütlichen Gesprächen im Camp rumhängen, die Atmosphäre inklusive Feuershow und kleinen Musikkapellen auf dem Mittelaltermarkt geniessen, in der Partymeile die Sau rauslassen oder einfach nur das Festivalcamping-Feeling aufsaugen will: Jeder kommt auf seine Kosten und die Zeit reicht sogar für alles.
Greenfield Festival 2025 – Tag 1 (Donnerstag, 12. Juni)
Der erste Festivaltag wird traditionell von den Alphornbläsern eröffnet. Auf dem Tagesprogramm stehen unter anderem Sickret, Subway To Sally, die Sex Pistols sowie die beiden Headliner Powerwolf und Electric Callboy.
Neues Einkaufskonzept
Vorerst steht für uns jedoch eine Exkursion ausserhalb des Festivalgeländes an. Nach mehreren Experimenten im Lebensmittelversorgungskonzept haben sich die Veranstalter dieses Jahr entschieden, erneut mit Denner zu kollaborieren, jedoch ohne provisorische Filiale auf dem Festivalgelände. Stattdessen bringt ein Shuttlebus Einkaufswillige vom Haupteingang zur Filiale und zurück. Zudem kann man mit einer Bestätigung von Denner auch über die Limite von sechs Litern hinaus Getränke aufs Gelände bringen.
Wie das in der Praxis funktioniert? Nun, erst einmal ist etwas Wartezeit angesagt. Zwar soll der Bus regelmässig fahren, jedoch gestaltet sich das Warten im sehr spärlichen Schatten als etwas mühsam. Die Fahrt zum Denner verläuft okay, vor Ort stellt man sich dann in die Warteschlange, um den Denner zu betreten. Gleich nebenan gäbe es noch konkurrierende Anbieter, jedoch ist ja die Idee, auch etwas Bier und andere Getränke aufs Festival zu bringen – und das geht eben nur, wenn man die Getränke im Denner kauft funktioniert auch mit “fremden” Dosen, solange man sich ein Kärtchen vom Denner besorgt. Bei der Rückfahrt haben wir Glück: Die Busse kommen schneller und da wir keinen Bollerwagen mitgenommen haben, finden wir noch Platz in einem schon fast vollen Gefährt.
Alles in allem hat der Einkauf gut funktioniert, jedoch knapp zwei Stunden in Anspruch genommen. Das macht man höchstens einmal pro Festival! Dass es keine Filiale mehr auf dem Platz selber gibt, finde ich schade, verstehe aber, dass andere Lösungen für die Veranstalter rentabler sind. Trotzdem frage ich mich, ob man nicht einfach die Getränkelimite aufheben möchte (was ja de facto geschehen ist)?
Die Fotos – Impressionen Greenfield Festival 2025 (Marcel)
Alphornbläser
Nach einer kleinen Stärkung im Camp geht es zum ersten Mal ins Infield. Dort zeigt sich ein für Metalfestivals ungewohntes, fürs Greenfield jedoch sehr bekanntes Bild: Insgesamt vierzehn AlphornbläserInnen stehen in Reih und Glied auf der Jungfrau Stage und bespassen das feierhungrige Publikum. Dieses löhnt den alljährlichen Auftritt mit einem Circle Pit auf der jungfräulichen, noch sehr grünen Rasenfläche. Insgesamt ist dieser Opening-Act zwar nichts Herausragendes, gehört aber zum Greenfield einfach dazu.
Larry: Für alle, die noch nie an einem Greenfield Festival waren, soll hier noch angefügt werden, dass bereits nach wenigen Alphorntönen ein grosser Circle Pit entsteht, der mit bekannten Gesichtern gefüllt ist. Genauso wie die Alphornbläser gehören eben auch Circle Pits zu ihrer Ehre dazu. Eine schöne Tradition!
Die Fotos – Alphornbläser (Marcel)
Betontod
Deutscher Punkrock gefällig? An einem warmen Frühsommernachmittag kann da selten etwas schief gehen, oder? Als erste Band der härteren Gangart lassen Betontod die Stimmung von Anfang an hoch kochen. Dazu trägt nicht nur die gute Abmischung, sondern auch die visuelle Untermalung bei. Auf der Bühne findet sich nämlich ein auf dem Dach liegendes Polizeiauto, auf welchem Sänger Meister gekonnt posiert. Man merkt: Die Jungs haben mächtig Bock, was sich schlagartig aufs Publikum überträgt. Schon bald gibt es eine (von Meister geforderte) Wall of Death! Wenn die anderen Bands mit einer ähnlichen Motivation in den Ring steigen, steht drei Tagen Feierlaune nichts im Wege!
Larry: Ich finde die getroffene Wahl des Openers ebenfalls sehr passend! Die Stimmung ist sofort da und die Hits von Betontod tragen dazu bei, dass das Publikum in Nostalgie schwelgend (die Band gibt es doch schon 35 Jahre und gewisse Fans unterstützen Betontod auch schon genau so lange) mitsingt und schunkelt.
Die Fotos – Betontod (Marcel)
Sickret
Der Zeitplan ist einmal mehr so ausgelegt, dass man alle Bands sehen kann, wenn man will – jedoch nicht komplett. Die Acts auf den beiden Bühnen überschneiden sich jeweils ein wenig, was zwar die Besucherströme gut verteilt, aber bei einigen Konstellationen für persönliche Running-Order-Dilemmas sorgen kann.
Nun, bei Sickret muss man auf jeden Fall vorbeischauen. Die Truppe aus Sursee gibt ihren an Limp Bizkit erinnernden Nu Metal einmal mehr gekonnt zum Besten. Zwar ist die Stimmung vor der Eiger Stage nicht ganz so ausgelassen wie zuvor noch vor der Jungfrau Stage. Trotzdem darf der Vierer auf einen angenehmen Besucherauflauf zählen, in welchem auch nicht wenige Sickret-Shirts auszumachen sind. Die Performance auf der von einem bunten Backdrop mit Sickret-Krake gesäumten Bühne macht viel Spass; ich verabschiede mich zugunsten der nächsten Band jedoch frühzeitig.
Die Fotos – Sickret (Marcel, Röschu)
Subway To Sally
Den Start des nächsten Acts übernimmt ein als Phönix mit roten Federn verkleideter Tänzer. Ob es das bei einem eh schon kurzen Festivalset braucht, lässt sich wohl debattieren. Auf jeden Fall jubelt das Publikum deutlich mehr, als Subway To Sally selbst die Bühne betreten. Mit kleinen Pyro-Vulkanen und Rauchsäulen wird der Gig auch visuell untermalt. Obschon die Potsdamer langsam älter werden, wissen sie auch ein durchmischtes Festivalpublikum zu unterhalten. Mit einer bunten Anhäufung einiger neuer Songs sowie alter Pflichtnummern ist für jeden etwas dabei. Einige der Evergreens werden jedoch «nur» zu einem kurzen Medley arrangiert. Der typische Subway-Sound mit schweren Metalklängen, verschiedenen Folkeinflüssen und der alles begleitenden Geige passt interessanterweise sogar an einem sonnigen Nachmittag ins Bild, und nach einem viel zu kurzen Auftritt muss ich sagen: Doch, das war definitiv ein erstes Highlight!
Die Fotos – Subway To Sally (Marcel, Röschu)
Annisokay
Auf der Eiger Stage geht es mit Annisokay aus Sachsen-Anhalt weiter. Der gespielte Metalcore hebt sich zwar nicht allzu sehr von dem vieler anderer Bands ab, doch sind Annisokay immer wieder Garanten für eine coole Warm-up-Party. Zuletzt hatten wir die Truppe als Vorband von Avenged Sevenfold in Basel gesehen, doch auch sie wissen einen Outdoorauftritt zu meistern. Diesen geniessen wir jedoch eher am Rande, da es die verschiedenen Stände im Bereich der Eiger Stage mal zu erkunden gilt. Und weil die Hitze uns inzwischen etwas ausgelaugt hat.
Die Fotos – Annisokay (Röschu)
Spiritbox
Wieder zurück vor der Hauptbühne stellen wir uns in die Schlange für Trinkwasser. Dieses ist zwar kostenlos verfügbar, jedoch muss man jeweils einen Moment warten, bis man vorne an einem der zwei Hähne ankommt.
Larry: Vielleicht nehme ich da schon etwas vorneweg, aber die Trinkwassersituation hat sich während des Greenfields immer wieder verändert. Es stehen zwar stets zwei Behälter mit Wasser dort, zwischendurch läuft jedoch zusätzlich Wasser aus einem dritten, externen Hahn und zu anderen Zeiten wird man von oben mit einem Schlauch nassgespritzt. Man weiss nie, was einen erwartet. Dementsprechend steht auch zeitweise niemand beim dritten Hahn an.
Die nun anstehenden Spiritbox kenne ich als ersten der Programmpunkte noch nicht live. Irgendwie habe ich im Kopf, dass die Band in den letzten Jahren einen starken Hype erfuhr. Leider kann ich diesen hier und jetzt nicht wirklich nachvollziehen. Seit Betontod zeigten alle Acts eine gewisse Spielfreude, die ich nun bei den Alternative Metallern etwas vermisse. Ich glaube sofort, dass derselbe Auftritt in einer dunklen Halle einen ganz anderen Eindruck hinterlassen würde. Mich überzeugt jedoch leider weder das Musikalische so richtig noch der visuelle Auftritt. Dafür werden die Hochformat-Screens sowie der grosse Backdrop-Screen mit viel zu vielen Animationen bespielt.
Wir entscheiden uns daher für einen kurzen Rückzug ins schattige Camp…
Die Fotos – Spiritbox (Marcel, Röschu)
Sex Pistols feat. Frank Carter
… und kommen auf die Sex Pistols zurück. Diese sind mit viel Abstand die älteste Band im Line-up und fanden seit ihrer ersten Auflösung 1978 unzählige Male für Reunions neu zusammen. Aktuell sind sie seit 2024 in Fast-Originalbesetzung unterwegs. Lediglich am Gesang ist mit Frank Carter ein neues Gesicht mit von der Partie.
Dieser zieht mit seiner Bühnenpräsenz einerseits einen grossen Teil der Aufmerksamkeit auf sich und macht schon relativ bald einen Abstecher in den Moshpit. Andererseits ist er sich der Ehre bewusst, gemeinsam mit den legendären Sex Pistols aufzutreten. So hält er dann auch fest: «Without these three gentlemen on the stage, many bands at this festival would never have existed». In der Tat war der Einfluss der britischen Punkband auf die Musikgeschichte enorm. Einen Teil dieser Geschichte nun live miterleben zu können, ist für eine ganze Generation eine neue Gelegenheit. So finden sich im Publikum Besucher aller Altersklassen. Wer bereits zu Me First And The Gimme Gimmes abrauschen möchte, tut dies natürlich, aber das verbleibende Publikum blickt gebannt auf die Bühne und lässt sich vom Auftritt der Punklegenden verzaubern.
Larry: Genau wegen solchen Auftritten bin ich Fan des Greenfield Festivals. Wo sonst würde ich die Chance bekommen, die Sex Pistols live zu sehen? Die sympathische Art von Frank, die bekannten Evergreens und das sonnige Wetter machen den Auftritt ganz besonders.
Die Setlist – Sex Pistols feat. Frank Carter
- Holidays In The Sun
- Seventeen
- New York
- Pretty Vacant
- Bodies
- Silly Thing
- Liar
- God Save The Queen
- Satellite
- No Fun
- No Feelings
- Problems
- E.M.I.
- My Way
- Anarchy In The U.K.
Die Fotos – Sex Pistols feat. Frank Carter (Marcel, Röschu)
Me First And The Gimme Gimmes
Die Punkrock-Supergroup Me First And The Gimme Gimmes ist bekannt für spassige Auftritte, während welchen sie Popsongs covern. Wenn man sowohl die Sex Pistols zu Ende sowie Powerwolf von Anfang an schauen will, bleibt einem jedoch nicht viel Zeit bei der Eiger Stage. So ist der Gig für uns eher ein «Pausenprogramm», das wir dann auch eher hinten, beim grossen Pavillon von Red Bull, schauen. Unterhaltsam, für mich nicht überragend. Zurück zur Hauptbühne.
Larry: Ja, da hast du recht. Aber für die Pause zwischen den beiden Bands und als Hintergrundmusik beim Anstossen mit Freunden ist die Musik der US-amerikanischen Band genau das richtige.
Die Fotos – Me First And The Gimme Gimmes (Marcel, Röschu)
Powerwolf
Powerwolf. Eine Band, die man über Jahre alle paar Monate irgendwo zu sehen bekam. Ein Rudel, dessen etwas zu starres Set einem irgendwann zum Hals raushängt. Ein Act, dessen viele fast schon überdrüssig sind. Und doch: Ich sage zwar nicht, dass der Fünfer weniger fleissig unterwegs ist, aber ich habe es geschafft, Attila Dorn und seine Mannen über eine längere Zeit nicht zu sehen und freue mich jetzt auf den heutigen Gig.
Dabei bin ich nicht der Einzige. Es ist inzwischen Abend und das Infield ist auch am ersten Tag nicht schlecht voll. Das Wolfspack schart eine grosse Truppe Anhänger um die Bühne und lohnt das Erscheinen mit einer von Anfang an packenden Show. An Bühnenpräsenz mangelt es den Herren keineswegs und dass Fronter Dorn und Keyboarder Schlegel die geborenen Unterhalter sind, ist in der Metalwelt längst kein Geheimnis mehr. Zudem ist der Sound angenehm klar – wie auf der Hauptbühne übrigens schon den ganzen Tag.
Der einzige, von dem meine Augen heute nichts mitbekommen, ist Schlagzeuger Roel van Helden. Das ist ein kleines persönliches Manko, von dem mich aber nur eine kurze Umpositionierung trennt. Doch es passt gerade alles, zumal die Stimmung äusserst gemütlich ist. Und zu sehen gibts ja genug: Die Gebrüder Greywolf, Tastenmann Falk Maria und Oberpriester Attila sind in ihrer Gesamtheit auch so ein Hingucker.
Viel zu schnell beendet die Saarbrückner Band dann ihr Set, welches abgesehen von wenigen Neuerscheinungen noch immer aus denselben Hits besteht wie noch kurz vor der Pandemie. Auszusetzen gibt es quasi nichts. Nun, okay: Die Animationen der Cover-Artworks sind ein Graus und werden von Bild zu Bild eher schlimmer als besser. Aber wenn das alles ist, darf man wirklich nicht klagen.
Die Fotos – Powerwolf (Marcel, Röschu)
Die Fotos – Thrice (Marcel)
Electric Callboy
Den letzten Act auf der Eiger Stage schenke ich mir. Viel Zeit bleibt sowieso nicht und ich bin gerade nur mässig gewillt, mich für Thrice durch die bereits fliessende Menschenmenge zu bewegen. So stehen wir aber früh genug bereit, um das Video-Intro des heutigen Headliners zu sehen. Es handelt sich um das genauso geniale wie dumme Video zu «Elevator Operator». Bereits jetzt, dann aber über die gesamte Spiellänge greifen Electric Callboy tief in die Showkiste. Pyro, Laser, Konfetti, Vulkane, wildes Licht. Es gibt nichts, was man hier vermissen möchte.
Genauso aufbauschend wie die Effekte ist die Musik der nordrhein-westfälischen Truppe. Titel wie «Spaceman» oder «Pump It» dürften den meisten Festivalbesuchern bekannt sein, egal wie sehr sie Electric Callboy hassen. Auch heute werden die Meinungen über den Headliner auseinanderdriften. Doch müssen selbst Kritiker eingestehen, dass Electric Callboy es wie keine andere heute aufgetretene Band verstehen, das Publikum weit bis nach hinten so stark zu fesseln.
Bemängeln könnte man allenfalls auch das Einstreuen ganzer vier Covers. Jedoch ist gerade jenes des Sum 41-Tracks «Still Waiting» mehr als gerechtfertigt, sitzt doch aktuell deren Drummer als Ersatz auf dem Hocker. Zudem sorgten die Veröffentlichungen vieler Covers gerade auch für den Erfolg des immer weiter aufstrebenden Quintetts, was die Herren immerhin zum einzigen europäischen Headliner des diesjährigen Greenfields macht.
Ganze neunzig Minuten dürfen Electric Callboy das Interlakner Publikum unter dem sich langsam abkühlenden Himmel bespassen. Dies mag sich lange anfühlen, doch ist man von A bis Z unterhalten. Gute Nacht!
Larry: Ich muss sagen, dass ich bei der Ankündigung des Headliners Electric Callboy etwas skeptisch war, haben wir sie am Greenfield 2022 doch noch deutlich früher den Tag durch spielen sehen. Aber an dem Auftritt gibt es nichts zu bemängeln. Eine absolut headlinerwürdige Show mit allem Drum und Dran (eventuell zu viel, wenn man sich über die Auswirkungen von Konfetti an einem Open-Air-Festival Gedanken macht; so als Nebenbemerkung). Ich habe mich bestens amüsiert und freue mich, dass ich diesen Auftritt miterleben durfte.
Die Setlist – Electric Callboy (Marcel, Röschu)
- Elevator Operator
- MC Thunder II (Dancing Like A Ninja)
- Spaceman
- Still Waiting (Cover: Sum 41)
- Hypa Hypa
- Revery
- Hate/Love
- Arrow Of Love
- Castrop X Spandau
- Everytime We Touch (Cover: Maggie Reilly)
- Pump It
- Crawling (Cover: Linkin Park)
- I Want It That Way (Cover: Backstreet Boys)
- Hurrikan
- Mindreader
- MC Thunder
- RATATATA
- Tekkno Train
- We Got The Moves
Die Fotos – Electric Callboy (Marcel, Röschu)
Greenfield Festival 2025 – Tag 2 (Freitag, 13. Juni)
Es passiert ein bis drei Mal pro Jahr und trotzdem ist es jedes Mal ein grosses Thema: Wir schreiben heute einen weiteren Freitag, den Dreizehnten. Doch in Interlaken ist das egal. Es herrscht Festivalzeit und ist schlicht und einfach Tag zwei. Heute stehen unter anderem Versengold, Alligatoah, Heaven Shall Burn und Avenged Sevenfold auf dem Programm. Und: Noch wärmere Temperaturen als gestern.
Selbstbedienung
Diese sind um halb zwei, bei der ersten Band, bereits sehr deutlich spürbar. Mein einziger Berührungspunkt mit den Punkrockern war am Greenfield 2022, als sie am Samstag die Hauptbühne eröffneten. Wie ich damals im Nachgang lernen musste, kommen Selbstbedienung gar nicht aus unserem nördlichen Nachbarland, sondern aus Aarau. Davon ist aber auch heute wieder nicht viel zu merken. Hochdeutsche Ansagen und Deutschpunk, dessen Herkunft man kaum von demjenigen anderer Bands unterscheiden kann.
Auf jeden Fall aber drücken Selbstbedienung das Gaspedal am heutigen Tag voll durch. Nicht in Sachen Speed, aber bezüglich der Energie, die sie inszenieren. Ich wähle bewusst dieses Verb, denn zuweilen wirkt es ein wenig, als ob die Bühne für das Trio leicht zu gross wäre und es dies überspielen müsste. Der Stimmung schadet dies zum Glück kein bisschen (eher im Gegenteil) und auf dem sonnigen Fleck Dreckboden (Wiese war gestern…) tummeln sich viele Festivalbesucher, die ihrem von der Musik stimulierten Bewegungsdrang freien Lauf lassen. Bei El Tony und Wasser – für Bier ist es schlicht zu heiss – lassen auch Larry und ich uns von der heiteren Musik berieseln, bevor wir uns vorzeitig zur Nebenbühne wegschleichen.
Die Fotos – Selbstbedienung (Marcel)
Polar Shift
Dort ist nämlich ein Act an der Reihe, den wir 2024 am Bandcontest kennenlernten – wo sie dieses Jahr nochmals antraten und prompt den heutigen Slot gewannen. Zudem durfte ich im März Zeuge ihrer starken Darbietung in der Metbar werden, im Rahmen welcher Fronter Marcello vor lauter Eskalation gar seinen Ehering verlor. Doch zurück nach Interlaken: Wie sich Polar Shift auf der «grossen» Eiger Stage schlagen?
Die Antwort ist einfach: saugut! Zwar springt die Energie in einer kleinen Location eher aufs Publikum über als an einem heissen Festivaltag, doch ist der Enthusiasmus des Sextetts deutlich zu spüren. Musikalisch verwöhnen Polar Shift die Zuhörer mit progressivem Metalcore, dessen rhythmische Verschiebungen meine Kinnlade immer wieder mal ein bisschen runterhängen lassen. Ganz gut kommt auch der Moment an, in welchem Gitarrist Gino sich als zweite Stimme hinter sein Mikro klemmt und mindestens die vordere Reihe wegbläst. Doch, der Tag hat gut gestartet! Wir müssen aber wieder los, drüben spielen Versengold.
Anmerkung: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Review ist Sänger Marcello nicht mehr Teil von Polar Shift. Die Band veröffentlichte ein Statement, wonach sie vorläufig zu fünft weitermachen und Gino die Vocals übernehmen wird (Anm. d. Red.: Wir hoffen jetzt mal, das hat nichts mit dem Ehering zu tun …).
Die Fotos – Polar Shift (Marcel)
Versengold
Willkommen im Pub! Das Backdrop auf der Jungfrau Stage zeigt nun eine riesige Alkoholsammlung in einem alten Holzschrank. Passend dazu unterhalten uns Versengold mit jeder Menge Gefiedel und folkigem Rock. Es sind die üblichen tanzbaren und schunkeligen Kompositionen, welche die Bremer Musikanten auf das Schweizer Publikum loslassen, und diese funktionieren genauso gut wie immer. Trotz Hitze ist die Menge sehr empfänglich für die Folk-Party und macht alles mit, was die Band von ihr verlangt.
Vor «Haut mir kein’ Stein» holt Sänger Malte zu einer etwas detaillierteren Schilderung der Unfallgeschichte aus, die ihn zum Schreiben dieses Songs animierte, als er es bei vergangenen Konzerten tat. Während der Darbietung selbst wird es gewohnt emotional und an mehr als nur einer Stelle fliessen die Tränen. Komplett auf der anderen Seite des Stimmungsbarometers findet sich die Besucherschar jedoch bei Hits wie «Kobold im Kopp», «Thekenmädchen» und «Der Tag, an dem die Götter sich betranken». Diese Folkrocksongs fernab der ursprünglichen musikalischen Gefilde der Band sind es, die Versengold so bekannt und so erfolgreich machten.
Es ist zudem aber auch die Nahbarkeit, welche das Sextett noch immer ausstrahlt. Ganz exemplarisch finden sich Sänger Malte und Bassist Eike auch heute auf einer B-Bühne mitten im Publikum ein, performen dort unter anderem «Butter bei die Fische» und lassen sich von einem feierwütigen Publikum in einem orkanartigen Circle Pit umzingeln. Cool, das hat Spass gemacht!
Die Fotos – Versengold (Marcel, Röschu)
The Ghost Inside, oder: Abstecher auf die VIP-Tribüne
Einmal im Jahr muss man sich einen Ausflug auf die VIP-Tribüne gönnen, wenn das Pressebändchen einen schon dazu berechtigt. Dort gönne ich mir mal ein anderes Bier als Heineken und geniesse den Blick über das von Action nur so strotzende Infield. The Ghost Inside scheinen ihren Job gut zu machen und die Leute feiern, doch bis hier oben dringt die Stimmung irgendwie nicht ganz durch. Ich verbleibe dann trotzdem bis zum Ende hier, da ich auf unseren Knipser Röschu treffe und wir in gute Gespräche verfallen.
Larry: Bei The Ghost Inside bleibe ich vor der Bühne. Zusammen mit einem Freund befinde ich mich in dem Mosh, der sich über mehrere Reihen erstreckt. Die Meute feierts und das Konzert scheint fast schon zu schnell zu Ende zu gehen. Nun aber schnell nach vorne. Nach Motionless In White spielt bereits Alligatoah auf der Hauptbühne und ich habe ein Date mit der ersten Reihe. Auch wenn ich deswegen Talco verpassen werde, was ich sehr schade finde.
Die Fotos – The Ghost Inside (Marcel, Röschu)
Talco
Für Tanzwütige ist der nächste Act auf der Eiger Stage ein Pflichttermin. Der schnelle Ska Punk der italienischen Talco lässt Willigen die Beine nur so umherflitzen. Das Wetter, die fröhlich-wilde Musik und wohl auch die live gespielten Blasinstrumente versprühen eine schwer greifbare Stimmung. Zwei Jahrzehnte lang ziehen Talco dies schon durch, wie der Schriftzug “20th Anniversary” auf dem bunten Backdrop verrät. Die Zeit vergeht wie im Fluge und schon zieht es uns zurück zur Jungfrau Stage.
Die Fotos – Talco (Röschu)
Die Fotos – High Vis (Marcel, Röschu)
Motionless In White
Dort sind nun Motionless In White an der Reihe. Die Band lernte ich 2017 zufällig kennen, da sie gemeinsam mit Chelsea Grin das KiFF besuchten. Fun Fact: Diese wiederum entdeckte ich 2015 auf der Eiger Stage.
Ganze acht Jahre später treffe ich also zum zweiten Mal auf Motionless In White und bin ähnlich begeistert ob der Musik wie damals. Normalerweise deckt diese sich nicht zwingend mit meinem Geschmack, doch finde ich live durchaus Gefallen am Stil. Darin entdeckt man Spuren verschiedenster Einflüsse: Breakdowns treffen auf Blastbeats, Manson-artige Elemente auf komplexe Riffs. An Meister Marilyn erinnert auch das durch die schwarze Sonnenbrille geprägte Outfit von Sänger Chris Motionless. Die Truppe aus Pennsylvania gestaltet ihren Slot sehr kurzweilig und entsprechend schnell ist er vorbei. Zeit für ins Camp: Eine Stärkung und ein Outfitwechsel sind angesagt!
Larry: Auch für mich steht nach Motionless In White ein Kleidertausch an. Der Dresscode? Business. Doch zuerst spielen die Leute in der ersten Reihe links und rechts neben mir und ich einige Kartenspiele. So geht die Zeit schnurstracks vorbei.
Die Fotos – Motionless In White (Marcel, Röschu)
Alligatoah
Business? Ja, jetzt gehts ab ins Büro. Mit Krawatte um den Hals begebe ich mich wieder vor die Hauptbühne, wo ein gewisser Alligatoah nach einem kurzen Videocall jeden Moment aus dem Bühnendach fallen wird. Viele der kommenden Showelemente sind mir und anderen Fans bereits bekannt, da wir den deutschen Rapper vor wenigen Monaten in The Hall abfeiern durften.
Es kommt wie damals und nach dem kurzen «Stay In Touch»-Intro knallt Herr Gatoah auf die liebevoll zum Büro umgebaute Bühne. Der Sturz vom Mond bis auf den Flugplatz Interlaken hat der Showman zum Glück gut überlebt und legt mit einigen Tracks des 2024er-Albums «off» los. Als «Fuck Rock ‘n’ Roll» ertönt, spüre ich förmlich, wie einige erzürnte Rocker das Infield wütend verlassen, doch der tobenden Menge vor der Bühne ist das egal. Sie schaut dem Unikat auf der Bühne zu, wie es pure Zerstörung zelebriert. Papierstapel und Pflanzen werden umhergeworfen, in Büromaterial gekickt, ja gar ein Flachbildschirm mit einem Baseballschläger kurz und klein gehauen.
Als sehr originell empfinde ich erneut das Schreiben einer Karte an seine Oma. Es ist eine langgezogene Ansage, die in einem lauten “das geht dich einen Scheissdreck an” mündet. Ja, «Scheissdreck» verleitet das Publikum trotz maximal elektronischen Klängen zu wilden Circle Pits. Die Karte konnte man übrigens später in den sozialen Medien anschauen; das ist Teil eines sehr ausgeklügelt wirkenden Konzepts, das Alligatoah seit dem angeblichen Ende seiner Musikkarriere und der Flucht auf den Mond verfolgt.
Nach dem allbekannten «Willst du» hinterlässt der niedersächsische Künstler ein von Rap und Nu Metal verwöhntes sowie von den Pits geschundenes Publikum. Der Auftritt umfasste sieben Songs weniger als die Show in The Hall, brachte aber die essentiellen Bestandteile gut rüber. Damit hat sich Alligatoah wohl den einen oder anderen Fan, aber auch den einen oder anderen neuen Hater verdient.
Larry: Hach, welch Freude durch deine Worte wieder in den Erinnerungen des Konzerts zu schwelgen, Domi. Alligatoah ist einer der Künstler, auf die ich mich am meisten gefreut habe am Greenfield. Bereits 2022 hat er am Wacken Open Air eine Wucht von Liveauftritt hingelegt, die eine fast wahnhafte Wirkung auf das Publikum hatte. Zumindest in den ersten drei Reihen (inklusive mir in weissem Hemd und kitschiger Krawatte) fühlt sich das wie damals an. Die Stimmung ist ausgelassen und man wandelt die Energie von Herrn Gatoah in seine eigene um. Ich persönlich finde das Konzert sehr stark, sehe aber, dass es gewissen Personen zu theaterhaft erscheint. Alles ist bis ins kleinste Detail geplant und wirkt teils fast schon zu steril. Die gemischten Rückmeldungen, die Domi bereits angesprochen hat, erfahre ich auch. Gewisse Freunde können mit dem Auftritt leider gar nichts anfangen. Naja, die Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.
Die Setlist – Alligatoah
- Stay In Touch (Intro)
- Niemand
- Weisse Zähne
- Wer lacht jetzt
- Fuck Rock n Roll
- Lass liegen
- Ein Problem mit Alkohol
- Ich Ich Ich
- Scheissdreck
- Fick ihn doch
- Musik ist keine Lösung
- So raus
- Du bist schön
- Daylight (Cover: No Angels)
- Willst Du
Die Fotos – Alligatoah (Marcel, Röschu)
The Warning
Zwischen Alligatoah und Heaven Shall Burn gönnen wir uns eine kurze Pausenunterhaltung auf der Nebenbühne. Es ist die letzte für heute, da wir Landmvrks zwischen den beiden Headlinern skippen und uns stattdessen in Wacken zu Gemüte führen werden. Hier vor der Eiger Stage haben sich zur Primetime ordentlich viele Leute versammelt. Wohl auch, aber nicht nur, weil es dem einen oder anderen auf der Hauptbühne zu Hip-Hop-lastig war und man stattdessen bei der ersten Gelegenheit die Flucht ergriff.
Der Rock von The Warning bietet sich entsprechend gut als “Auffangstation” an, ist er doch zugänglich für fast alle Arten von Greenfield-Besuchern. Die drei jungen Schwestern Villarreal Vélez aus Monterrey sorgen mit ihrem fröhlich klingenden, textlich aber ernsten Stil für gute Vorabendstimmung. Ihr guter Ruf scheint ihnen zurecht vorauszueilen, denn sie packen das Publikum bis weit nach hinten. So brauchen wir uns gar nicht nach vorne zu kämpfen und können rechtzeitig für Heaven Shall Burn wieder die Bühne wechseln.
Die Fotos – The Warning (Marcel, Röschu)
Heaven Shall Burn
Es ist weit nicht der erste Auftritt von Heaven Shall Burn am Greenfield, wohl aber einer der spezielleren. Kurz zuvor nämlich musste die Band ihren Auftritt am Rock am Ring nach einem einzelnen Song abbrechen, weil Marcus Stimme versagte. Er wurde ins Krankenhaus eingeliefert und bald war klar, dass er mehrere geplante Konzerte nicht dabei sein konnte. In Windeseile organisierten er und seine Kollegen Britta Görtz als Ersatz. Die Sängerin von Hiraes ist dem einen oder anderen ein Begriff, vielen jedoch unbekannt. Meinen Erstkontakt mit ihr hatte ich 2018 in der Galvanik, als ihre frühere Band Critical Mess für Sinsaenum eröffnete. Schon damals war ich ob ihren Death Metal-Vocals beeindruckt…
… und auch in Anbetracht ihres Schaffens bei Hiraes stellt sich die Frage, ob sie der richtige Ersatz bei HSB ist. Heute zeigt sich jedoch schnell: Sie ist es! Einerseits hat sie in nur wenigen Tagen viele Songs gelernt und performt diese richtig geil. Ihre tiefen Growls geben dem Songmaterial einen ganz anderen Vibe, als es Marcus Screams tun. Zusammen mit den Feuersäulen und der glasklaren Abmischung ergibt sich somit ein ungewohnt böses Klangbild. Andererseits mimt sie die Komikerin und hat das Publikum sehr schnell auf ihrer Seite. So hält sie zum Beispiel von Anfang an fest: «Das hier sind Heaven Shall Burn, und ich, ich bin nicht Marcus». Es gibt Witze über den ausgedienten Teleprompter von Udo Dirkschneider und über ihr Thüringisch, woran sie gemäss ihren neuen Bandkollegen noch arbeiten müsse.
Zugleich ist die Dankbarkeit von Britta und den Jungs gegenüber dem Festival (dieses hat einen provisorischen Proberaum eingerichtet!) und dem Publikum unglaublich gross und wird glaubhaft demonstriert. Das Greenfield sei ein ganz besonderes Festival, an dem die Menschen und die Stimmung genau so schön seien wie die Umgebung.
Zugegeben, durch die verschiedenen Ansprachen wird der Auftritt künstlich gebläht, da eben doch noch nicht ein ganzes Set einstudiert werden konnte. So wird am Ende «Black Tears» gleich ein zweites Mal zum Besten gegeben und Heaven Shall Burn verlassen die Bühne dann trotzdem etwas früher als geplant. Alles in allem war dies aber ein sehr gelungener Auftritt und alle Beteiligten können stolz darauf sein, diese sehr überzeugende Lösung ermöglicht zu haben.
Marcus Bischoff wünschen wir an dieser Stelle eine gute restliche Genesung. Es geht ihm inzwischen besser. Er stand bei anderen Festivals auch schon wieder kurz auf der Bühne, um hallo zu sagen. Und für kommendes Jahr ist eine grosse Tournee angekündigt! Die Schweiz ist am 8. März in der Halle 622 an der Reihe, vielleicht mit einem Gastauftritt von Frau Görtz?
Larry: Ein ganz starker Einsatz von Britta und den Jungs. Das ist nicht selbstverständlich, dass man in derart kurzer Zeit so einen Auftritt hinlegen kann. Chapeau! Und die Leute haben sich dankbar gezeigt. Wie bei allen Heaven Shall Burn-Konzerten wird sich auch heute viel bewegt. Circle Pits, Moshpits und Crowdsurfer findet man en masse. Besonders cool sind die beiden Circle Pits beim zweiten «Black Tears», die sich vereinen, so dass man nicht nur eine gewisse Strecke rennen muss, sondern zeitweise auch noch Pittern des zweiten Circle Pits ausweichen muss. Am Ende laufen wir in einer grossen Acht. Den Bewegungstest von HSB hat Britta als Sängerin auf jeden Fall bestanden.
Die Fotos – Heaven Shall Burn (Marcel, Röschu)
Die Fotos – Landmvkrs (Marcel)
Avenged Sevenfold
Nachdem viele Besucher entweder einen Abstecher zu den Landmvkrs oder zu den Foodständen gemacht haben, ist nun der heutige Headliner an der Reihe. Avenged Sevenfold waren zuletzt vor ziemlich genau einem Jahr in der Schweiz und legten an ihrem eigenen Konzert in der Basler St. Jakobshalle die Messlatte hoch.
Da wir auf Landmvrks verzichteten, ergattern wir uns einen Platz in der Front Row und merken dann erst während dem Konzert, wie beschissen dieser eigentlich ist. Hier stellt sich eigentlich ja niemand zwischen das eigene Gesicht und die Musiker – ausser eben der Kameramann, der die Live-Projektionen für die grossen Screens einfängt. Anfängerfehler!
Nun, man kann sich darüber aufregen, theoretisch auch den Platz wechseln, oder einfach geniessen. Der Auftritt lädt auf jeden Fall zu Letzterem ein, ist doch die Soundqualität von Anfang an überzeugend und die A7X-Show geradezu fesselnd. Dazu tragen bestimmt die vielen auf die Songs zugeschnittenen Videoanimationen ein. Doch ist es nicht zuletzt die Bühnenpräsenz von M. Shadows, die einen ein wenig in den Bann zieht. Da ist es gar nicht so tragisch, dass ich schon zum zweiten Mal an diesem Festival einen Drummer nicht sehe, den ich eigentlich ziemlich feiere… Sorry, Brooks!
Die Setlist führt querbeet durch die gesamte Diskographie. Am stärksten vertreten ist der neueste Silberling «Life Is But A Dream…» von 2023, doch finden Tracks von insgesamt sieben Alben ins Programm. Emotional wird es einmal mehr beim dem 2009 verstorbenen Drummer The Rev gewidmeten «So Far Away». Mit den verschiedensten Kompositionen (und damit, wie sie vorgetragen werden) habe ich durchgehend meinen Spass. Ich vernehme jedoch am nächsten Tag, dass die Kalifornier das Publikum gegen hinten nicht gleich begeistern konnten wie gestern noch Electric Callboy. Mit dem achtminütigen, textlich einmal mehr verstörenden und mit Animationen perfekt untermalten «A Little Piece Of Heaven» finden Avenged Sevenfold dann einen Abschluss, der sich gewaschen hat. Und entlassen das Publikum in die warme Sommernacht.
Larry: Da gibts nichts mehr hinzuzufügen. Ein geiler Auftritt, der headlinerwürdig ist.
Die Setlist – Avenged Sevenfold
- Game Over
- Mattel
- Afterlife
- Hail To The King
- Buried Alive
- The Stage
- So Far Away
- Nobody
- Nightmare
- Bat Country
- Unholy Confessions
- Cosmic
- A Little Piece Of Heaven
Die Fotos – Avenged Sevenfold (Marcel)
Greenfield Festival 2025 – Tag 3 (Samstag, 14. Juni)
Der Samstag beginnt für uns wie so oft mit der Pressekonferenz, bevor dann Mindcollision das musikalische Programm eröffnen. Für mich stehen zweifelsohne Jinjer, Lord Of The Lost und Slipknot auf dem Plan, von weiteren Programmpunkten lasse ich mich sehr gerne auch mitreissen.
Morgens erreicht uns im Camp leider die Nachricht, dass Adam Angst den Auftritt absagen müssen. Ersetzt werden sie von Bluthund, die so etwas wie “Wutrap” spielen sollen. Doch dazu später…
Pressekonferenz
… da wir zuerst mal beim Sachlichen bleiben. Für die Konferenz werden wir beim Eingang abgeholt und in den unteren Teil der VIP-Zone gebracht, welche bereits entsprechend eingerichtet ist. Dort wird den Anwesenden von den 75’000 Besuchern erzählt, von Neuerungen wie dem Einkaufskonzept, vom Wetter (“Petrus ist ein Metalhead”) sowie munter aus dem Booking-Nähkästchen geplaudert. So seien Avenged Sevenfold zum Beispiel schon lange auf der Wunschliste gestanden. Adam Angst hätten sich beim Rock am Ring eine Grippe zugezogen (der aufmerksame Leser merkt, dass RAR gefährlich sein muss – dort traten ja auch die Stimmprobleme von HSB-Molle zum ersten Mal auf). Während der Fragerunde wird zudem über die Entwicklung von Bands wie Powerwolf und Electric Callboy diskutiert sowie ein “sehr überzeugendes Bandpaket” für 2026 versprochen.
Nach der Konferenz reicht es noch für ein kurzes Schwätzchen mit Pressekollegen. Schliesslich sieht man diese als Schreiberling weniger oft, im Gegensatz zu den Fotografen, welche sich regelmässig im Graben treffen. Und dann dauert es auch schon nicht mehr lange, bis es auf der Jungfrau Stage wieder los geht.
Mindcollision
Rap Metal aus dem Kanton Zug gefällig? Könnt ihr haben! Mindcollision drehen ab dem ersten Moment voll auf und haben wohl den Anspruch, vor der Bühne eine staubende Stampede zu verursachen. Dies gelingt nicht schlecht: Während jedem einzelnen Song gibt es irgendwelche Publikumsaktivitäten, und der von Hitze und trampelnden Füssen strapazierte Boden staubt bei jedem einzelnen Aufprall.
Doch nicht nur in der Intensität, auch musikalisch holen mich Mindcollision heute richtig ab. Die verschiedenen Einflüsse aus Djent und Hip-Hop kulminieren in einem schönen, aufputschenden Brei, bei dem sich Band und Publikum gegenseitig aufstacheln. Bei der bereits wieder herrschenden Hitze sind dies optimale Voraussetzungen für starkes Schwitzen und viel Durst. Geil!
Larry: Was für ein musikalischer Auftakt in den Tag! Es wird gemosht, gefeiert, geschwitzt. Eine grosse Metalparty halt. Auch hier sieht man wieder wahrlich viele bekannte Gesichter. Beim Ins-Camp-Zurückbringen des gefangenen Drumsticks kann ich gleich in trockene Kleider wechseln und den Flüssigkeitshaushalt auffüllen. Was für ein schweisstreibendes Konzert das war!
Die Setlist – Mindcollision
- 100
- War Of Words
- Insanity
- My Own Prison
- A Corward’s Tale
- Mindcollisions
- Alpha Dogs
- Loyal Society
- Fight Night
- Rise Of The Fallen
Die Fotos – Mindcollision (Marcel)
Dry And Shattered
Die Nebenbühne wird, wie gestern schon, von Gewinnern des Bandcontests eröffnet. In der lateinischen Schweiz haben diesen die Waadtländer Dry And Shattered für sich entschieden. Auf der Eiger Stage sorgen sie nun für gute Unterhaltung: Das Publikum lässt sich auch hier zu Pits animieren und staunt nicht schlecht, wenn Sänger Yann in seinem orangen Hemd eine Kloschüssel über die Bühne trägt oder singend ein Bühnengerüst hochklettert.
Nur die Abmischung will noch nicht so richtig: Aus den Boxen dröhnt etwa das, was sich nichtsahnende Metalverhasser beim Anblick des verschnörkelten Bandlogos vorstellen könnten. Etwas schade für die Band… Wir lassen uns davon aber nicht gross stören, denn für Jinjer muss man eh gleich wieder den Rückzug antreten.
Die Fotos – Dry And Shattered (Marcel)
Jinjer
Seit ich sie kenne, waren Jinjer immer ein Garant für coole Live-Konzerte, bei denen man nie weiss, wo der staunende Blick genau hinschweifen soll. In den letzten Jahren haben sich die Ukrainer bei mir zudem zu einer DER Bands schlechthin gemausert, und mit Vlad haben sie wohl den ästhetischsten Drummer der Welt. Zudem erschien im Februar das aktuelle Album «Duél», welches schwere Melancholie und jede Menge Groove mit sich bringt. Vielversprechende Voraussetzungen für den anstehenden Auftritt.
Manchmal ärgert es mich, wenn zuviele neue Songs ins Programm aufgenommen werden. Heute freut es mich hingegen umso mehr, ist «Duél» schliesslich eine Anreihung von knallharten und durchgehend sehr groovigen Tracks. «Green Serpent» zum Beispiel funktioniert live genauso hervorragend wie im Studio. Es stimmt sowieso auch heute alles und es macht schlicht Spass, den vier Musikern bei ihren Zaubereien zuzuschauen. Da stört sogar der langsam einsetzende, wohl von vielen ersehnte und doch rasch wieder aufhörende Regen nicht. Nein, die Energie auf der Bühne und im Publikum scheint davon regelrecht zu katalysieren. Und all dies obwohl die Band, wie ich später aus einem Interview mit Basser Eugene erfahre, erst eine Stunde vor Changeover ankam und darum unter Zeitdruck geriet. Ich fasse mich kurz: Musikalisch ist das gerade (wenig überraschend) mein persönliches Festivalhighlight!
Die Fotos – Jinjer (Marcel, Röschu)
Die Fotos – Unified Move (Röschu)
Lord Of The Lost
Nachdem auf der Eiger Stage die Solothurner Hardcorer Unified Move zugange waren, steht nun auf der Hauptbühne der Auftritt von Lord Of The Lost an. Spätestens seit der ESC-Teilnahme in aller Munde, haben sich LOTL in den letzten Jahren auf den Festivalpostern ebenfalls gen oben gespielt. Heute dürfen sie zwar wieder mal am hellichten Nachmittag ran, doch rocken sie die Bühne, als wären sie (Sub-)Headliner. Speziell zu erwähnen ist an dieser Stelle die Widerstandsfähigkeit von Gitarrist Pi, der trotz Verletzung im Rollstuhl spielt – und immer wieder über die Bühne rollt.
Der zwischen Fröhlichkeit und Wehmut schwankende Sound der Dark Rocker vermag mich eigentlich nicht immer hundertprozentig zu fesseln, doch heute ist anders. Die Stimmung im Publikum ist gut, und trotzdem stehen wir seitlich etwas ausserhalb der Menge. Die abfallende Hitze, die super abgemischte Musik, die Vertrautheit mit den Songs, all das verleitet Larry und mich zu spontanen Freudentänzen auf dem staubigen Boden. Der wieder einsetzende, nun stärkere Regen rundet das Erlebnis genauso gut ab wie das wunderschön zum Besten gegebene «Drag Me To Hell» den Auftritt.
Die Fotos – Lord Of The Lost (Marcel)
Bluthund
Ob wir kurz zurück ins Camp wollen oder doch eher schauen, was sich hinter dem Begriff Wutrap verbirgt? Die Neugier zieht uns zur Eiger Stage, wo der Adam Angst-Ersatz bereits spielt. Ich fragte mich noch, ob Wutrap chinesisch angehauchte Trap-Musik oder hässiger Rap sein soll, und merke schnell: Letzteres ist der Fall. Die drei (der eigentlich vier) maskierten Musiker haben das Publikum bereits voll im Griff, als wir drüben ankommen. Die Vocals und die harten Riffs machen schnell klar: In diesem Rap (Metal) ist jede Menge Hass enthalten!
Eine an Metalkonzerten allseits bekannte Tanzform benennen die Berliner kurzum in Wall of Scheisswut um, als sie den mir bis dato unbekannten, aber sehr geilen Track «Scheisswut» performen. Die Wut sei jetzt raus, es sei lediglich noch etwas Hass übriggeblieben. Es folgen weitere Einlagen wie Sänger Abraxas Abstecher ins Publikum, der einen Holzstuhl involviert, um welchen sich schnell ein Circle Pit formt. «Büro Until Rente» halt. Später wird dasselbe Bühnengerüst erklommen wie noch vor ein paar Stunden bei Dry And Shattered – einfach bis zuoberst!
Ich weiss nicht, wieviele der hier feiernden Leute mit Bluthund vertraut waren oder überhaupt schon mal von ihnen gehört haben. Aber: Das hier Gezeigte ist ganz grosse Klasse und das Publikum dreht durch. Daher entpuppt sich die Band für mich als Überraschung des Festivals, vielleicht gar des Jahres.
Larry: Das war echt überraschend und erfrischend anders. Das Bühnenbild, die Energie der Musiker, die Masken – das alles verleitet sofort zum Bewegen. Ich habe wohl die meiste Zeit des Konzerts in einer Wall of Death, einem Circle Pit oder einem Moshpit verbracht. Bluthund haben das Publikum voll im Griff.
Die Fotos – Bluthund (Marcel)
Grandson
Wo wir schon bei Überraschungen sind. Grandson kannte ich auch gar nicht, bin jedoch ob seiner Bühnenpräsenz überrascht. Ohne jegliche Hilfsmittel oder Effekte überzeugen er und seine Mitstreiter die (zugegeben erstaunlich wenigen) Besucher vor der Jungfrau Stage. Der US-kanadische Musiker rockt die Bühne, als würde er das schon dreissig Jahre tun (sprich, als hätte er im Kleinkindalter damit begonnen) und ich werde auch in den kommenden Monaten mehrfach in seine Musik reinhören. Textlich bewegt sich Grandson übrigens im gesellschaftskritischen Bereich, wozu auch seine Ansage zu den «No Kings»-Protesten in den USA passt.
Larry: Was den Auftritt von Grandson massiv unterstützt und unterstrichen hat, sind die grossen, dicken Regentropfen, die mit den dunklen Wolken mitgekommen sind. Die Atmosphäre verleiht dem Ganzen etwas Mystisches und trägt zu einem wahren Gänsehautmoment bei.
Die Fotos – Grandson (Marcel, Röschu)
Donots
Larry: Donots sind als die Liveband schlechthin bekannt. Und obwohl ich schon an unzähligen Festivals war, habe ich es noch nie zu einem ihrer Konzerte geschafft. Das soll heute anders werden. Dank einem stabilen Mobilnetzwerk kann ich mich mit Freunden verabreden. Zwei, drei Fotos des Publikums hin und her geschickt und schon habe ich sie gefunden. Auch sie wollen sich Donots auf keinen Fall entgehen lassen. Und so tanzen wir und springen zu fröhlichen Alternative Rock- und Punksongs. Das hält nicht einmal den Kumpel auf, der sich am Vorabend den Knöchel verknackst hat.
Während dem Konzert erzählt Sänger Jan, wie er letztes Mal in der Schweiz im Gefängnis landete, weil sie ohne Arbeitsbewilligung aufgetreten sind. Passenderweise spielen sie ein Cover von “We’re Not Gonna Take It”. Die Leute bewegen sich unentwegt und das bei strahlendem Sonnenschein. Alle scheinen Bock auf die Donots zu haben und singen auch tatkräftig mit. Lange nach ihrem letzten Song, der viel zu früh endet (nicht nur im übertragenen Sinne – sie haben ihre Spielzeit nicht ausgeschöpft), hallt ein Oh-oh-oh-Chor vom Publikum nach. Die Band hat es auf der Bühne richtig gesagt: “Das war u huere geil!”.
Die Fotos – Donots (Marcel, Röschu)
Die Fotos – Good Riddance (Marcel)
Starset
Domi the Stick: Etwas gefrustet ob dem vorzeitigen Ende der Donots bewege ich mich zur Eiger Stage, wo Starset bereits spielen. Die Menschenmenge, durch welche man sich kämpfen muss, ist bereits jetzt enorm. Vorne rechts bei Larry angekommen – hier hat es im Normalfall genügend Platz – verziehen sich mir jedoch die Trommelfelle, so sehr scheppert der Sound aus der Anlage. Igitt, igitt, schnell wieder weg… Ich beobachte den Auftritt von etwas weiter hinten und habe das Gefühl, dass der Einsatz von Livestreichern eigentlich Potenzial haben müsste. Doch der Funke springt gar nicht und so verschiebe ich bald wieder zurück zur Jungfrau Stage. Larry, ist dein Eindruck von Starset besser?
Larry: Ja, da kann ich leider bestätigen. Der Sound ist vorne echt übel. Und das obwohl gefühlt der grösste Teil des Tons ab Band kommt. Ich bleibe vor allem vorne, weil ich für Cemetery Skyline, ein weiteres meiner Highlights, vorne sein will. Für die Augen bietet der Auftritt von Starset jedoch einiges: Der Einsatz von viel Feuer, einer Fahne und den Gasmasken trösten ein wenig über den Sound hinweg.
Die Fotos – Starset (Marcel, Röschu)
In Flames
Den drittletzten Gig des diesjährigen Greenfields liefern dieses Jahr In Flames. Eine der prototypischsten Bands, wenn es um musikalische Wandlungen oder um die Absenz jeglicher Gründungsmitglieder geht, kommt in den Genuss einer enormen Zuschauerschar, die ich im Vergleich zu Heaven Shall Burn als deutlich grösser empfinde. Vielleicht deswegen ist die Band heute sehr gut gelaunt. Sie liefert einen Hit nach dem anderen und hat sichtlich Spass am eigenen Auftritt. «Is this the best night of your life?» fragt Fronter Anders Fridén zwischendurch mal. Nun, kaum – beneidenswerter Optimismus – aber euer Auftritt ist schon sehr stark!
Die Atmosphäre ist ebenso eindrücklich: In der Dämmerung steigt der weisse Rauch einer im Publikum gezündeten Petarde hoch, darunter tobt ein wilder Pit. Auf der Bühne hängt eine Rieseneule und weit gegen hinten werden die Schweden deutlich und bewegungsstark abgefeiert. Es ist ohne Zweifel eines der besseren In Flames-Konzerte, das ich gesehen habe!
Larry: Auch für mich ist das In Flames-Konzert etwas Besonderes: Ich höre es nämlich aus der ersten Reihe der Nebenbühne. Jeder, der bereits einmal an einem Greenfield Festival war, kennt den Aufbau der beiden Bühnen mit den Bars und Essensständen dazwischen. Trotz der Musik an den Bars höre ich die Lieder von In Flames gut und erlebe sie mit einer gewissen Ruhe und Entspannung. Eigentlich genau die richtige Atmosphäre, um danach in den Genuss von Cemetery Skyline zu kommen. Ich bin sehr gespannt!
Die Fotos – In Flames (Marcel, Röschu)
Cemetery Skyline
Den Abschluss auf der Eiger Stage machen Cemetery Skyline, zu deren Gunsten ich mich schon kurz vor dem Ende von In Flames wegschleiche. Hier hat mir Larry einen Platz in der Front Row freigehalten. Wenn ich mir die praktisch leere Fläche vor der Bühne so anschaue, wäre das definitiv nicht nötig gewesen (Larry: Ja, im Nachhinein hätte ich In Flames auch von weiter vorne sehen können – aber das weiss man im Vorhinein nie und ich wollte das Risiko nicht eingehen). So warten wir also die letzten Minuten vor dem Start, und los gehts!
Doch halt, wer ist eigentlich Cemetery Skyline? Es handelt sich hier um eine weitere Supergroup, und zwar mit Mikael Stanne (u.a. Dark Tranquilllity), Markus Vanhala (u.a. Insomnium), Santeri Kallio (Amorphis), Victor Brandt (Dimmu Borgir) und Vesa Ranta (Sentenced). Schaut man sich diese Namen so an, schliesst man auf einen innerhalb des Extreme Metals eher melodischen Stil, oder? Weit gefehlt. Mit Cemetery Skyline scheinen die fünf Musiker aus ihren üblichen Genres ausbrechen zu wollen und landen gemeinsam irgendwo im Gothic Rock. Das im Vorjahr veröffentlichte Debüt «Nordic Gothic» ist durchaus einen Hördurchlauf wert und auch live fliessen die Songs nur so ins Gehör. Keine Spur von Blastbeats, harten Riffs oder Stannes üblichen Growls. Nein, seine warme Stimme schwebt über dem atmosphärischen Sound. Es ist ein ungewöhnliches, keineswegs aber schlechtes Sounderlebnis, das Cemetery Skyline den Neugierigen hier bietet (Larry: Übrigens ist das der erste Auftritt, den die Band ausserhalb von Finnland spielt und das siebte Konzert überhaupt). Und doch… Slipknot warten, ich verziehe mich noch während dem Cover von «I Drove All Night». Tschüss!
Die Setlist – Cemetery Skyline
- Behind The Lie
- Torn Away
- The Darkest Night
- Anomalie
- The Coldest Heart
- Never Look Back
- When Silence Speaks
- In Darkness
- I Drove All Night
- Violent Storm
Die Fotos – Cemetery Skyline (Marcel)
Slipknot
Für mich ist es das vierte Slipknot-Konzert innert neun Monaten und ich bin trotzdem gespannt wie ein Flitzebogen. Bei den beiden Gigs am Knotfest Brasil im Oktober 2024 und beim Besuch im Hallenstadion im Dezember 2024 bestand das Publikum nämlich mehrheitlich aus Maggots, heute treffen wir aber ein viel diverseres Publikum an. Zudem ist die Meute um Welten ruhiger, als es die brasilianischen Fans waren.
Die Setlist unterscheidet sich ebenfalls deutlich von jener im Hallenstadion und von einer am Knotfest, denn: Bis vor Kurzem waren Slipknot mit einem Spezialprogramm unterwegs, im Rahmen dessen sie nur Songs spielten, die vor 1999 geschrieben wurden. Also Debüt und älter. Dass an einem normalen Sommerfestival ein Set besser zieht, das auch jüngere (wenn auch im Verhältnis zur Diskographie alte) Songs wie «Psychosocial» oder auch deutlich neueres Material wie «Nero Forte» enthält, ist hingegen klar, und so fällen Corey Taylor und Co. richtigerweise den Entscheid, wieder eine Reise quer durch die Diskografie zu bieten.
All diese Songs präsentieren Slipknot wie die perfekt geölte und getaktete Maschine, die sie sind. Wir haben es mit acht Musikern zu tun (wobei Clown aus familiären Gründen zuhause in den USA weilt) und trotzdem geht kein einziges Instrument unter. Auf den ersten Blick mögen Slipknot-Songs überfüllt klingen, doch lässt jede Stimme den jeweilig anderen den nötigen Platz. Ich finde immer wieder faszinierend, wie gut dies klappt. Es ist ein wildes, aber geordnetes Chaos. Blickfang für mich ist dabei einmal mehr der hinterste Mann: Seit 2024 ist dies Ex-Sepultura-Trommler Eloy Casagrande, der die Fussstapfen seiner beiden Vorgänger Joey und Jay problemlos ausfüllt. Mann, was für eine Wucht!
Ein wenig experimenteller als frühere Slipknot-Sets wird das heutige dann doch noch: Es umfasst zum Beispiel ein etwas längeres DJ-Solo und ganz zum Ende wird «Scissors» in voller Länge gespielt. Gerade Letzteres wird den einen oder anderen, der nur die ganz grossen Songs kennt, vielleicht ein bisschen verstören. Auf jeden Fall ist so für jeden Geschmack etwas dabei und einmal mehr stelle ich fest: Slipknot sind live einfach geil. Und waren am diesjährigen Greenfield definitiv der stärkste Headliner!
Die Setlist – Slipknot
- (sic)
- People = Shit
- Gematria (The Killing Name)
- Wait And Bleed
- Nero Forte
- Yen
- Psychosocial
- The Heretic Anthem
- The Devil In I
- Unsainted
- Duality
- Spit It Out
- Surfacing
- Scissors
Die Fotos – Slipknot (Marcel)
Partynacht und Abreise
Es soll Leute geben, die jede Nacht lange durchfeierten. Ich beschränke mich heuer auf diese letzte Festivalnacht. Mehrere Stunden später stelle ich fest: Auch nach zwei Jahren Abwesenheit sehen der Rockstr-Block, das Bravo-Zelt sowie die gesamte Partymeile immer noch genau gleich aus. In der Morgendämmerung legen wir uns müde, aber zufrieden ins Zelt. Am Morgen heisst es noch zusammenpacken und mit dem Zug nach Hause reisen.
Das Fanzit – Greenfield Festival 2025
Heiss, heisser, Greenfield! Zwar gab es, gibt es und wird es deutlich heissere Festivals geben. Aber: Gerade auf den asphaltierten Flächen und dank der zwar kostenlosen, aber spärlichen Wasserversorgung hat die Hitze unsere Körper schon etwas ausgelaugt. Nimmt man noch das lohnenswerte musikalische Programm dazu, grenzt es scheinbar an ein Wunder, dass wir ohne grössere Schäden durchkamen.
Persönliche Highlights im Programm waren die Auftritte von Versengold (Folk-Stimmung pur!), Alligatoah (so viel Blödsinn!), Heaven Shall Burn (welch genialer Ersatz!), Jinjer (musikalische Bestperformance!), Bluthund (Überraschung des Festivals!) und Slipknot (Überheadliner!). Abgesehen von Bluthund handelt es sich hier ausschliesslich um Hauptbühnenacts, und das kommt nicht von ungefähr. Will man nämlich ein Set auf der Jungfrau Stage komplett sehen, kompromittiert dies unweigerlich den vorangehenden und den nachfolgenden Slot auf der Nebenbühne. In Anbetracht der Platzverhältnisse in der Foodmeile macht dies wohl Sinn, und dies zu akzeptieren ist im Sinne kurzer Wege ein kleines Übel.
Larry: Ja, beim Greenfield Festival muss man sich immer entscheiden, ob man den einen Act ganz sehen will oder zu Gunsten des nächsten früher weggeht. Dieses Jahr hat das bei mir mit einer Ausnahme sehr gut funktioniert. Meine absoluten Highlights waren Alligatoah (dank 1A einstudierter Show), Cemetery Skyline (endlich einmal live gesehen!), Electric Callboy (absolut headlinerwürdiger Auftritt) und Mindcollision (die mit Abstand bewegungsreichste und nasseste Show für mich). Was man nicht vergessen darf, ist, dass das Greenfield Festival jedes Jahr wieder ein grosses Freundestreffen ist, weil sich dann gefühlt jeder auf dem Flugplatz in Interlaken befindet. Genau das macht das Festival aus.
Einmal mehr bot das Greenfield Festival die Gelegenheit, zusammen mit 25 000 Gleichgesinnten drei Tage lang Musik der härteren Sorte abzufeiern. Ein fettes Danke an die Veranstalter, alle Bands sowie die Besucher!

