AC DC – Power Up (Cover Artwork)
Fr, 13. November 2020

AC/DC – Power Up

Bluesrock, Hardrock
12.11.2020
AC DC – Power Up (Cover Artwork)

Malcolms Vermächtnis

Als am 18. November 2017 die Nachricht kam, dass Malcolm Young seiner Krankheit erlegen sei (siehe die damalige News), starb in mir ein ganzes Stück Kindheit und Jugend mit. Dieser stille und unscheinbare Kerl, der sich wegen seiner Körpergrösse nicht nur hinter seiner gross erscheinenden Gitarre verstecken konnte, sondern auch generell im Schatten seines charismatischen Bruders Angus stand. Dabei war gerade er der Riffschmied und das Metronom jenes simplen, bluesig unwiderstehlichen Sounds von AC/DC, der tausendfach kopiert und dennoch nie auf den Punkt gebracht erreicht wurde.

Allerdings kam für Angus Young nach dem gesundheitlichen Rücktritt seines Bruders eine Bandauflösung nicht in Frage, auch dann nicht, als Brian Johnson an Gehörverlust litt und während der «Rock Or Bust»-Tour 2015/16 von seinen Aktivitäten als Sänger zurücktreten musste. Vetter Stevie Young und Axl Rose füllten die leeren Posten und hielten so die Stromjungs weiterhin am Leben. Nach der Tour war nach wie vor nicht klar, wie die Zukunft aussehen würde, da nun auch der langjährige Bassist Cliff Williams das Handtuch warf, nachdem Drummer Phil Rudd ebenfalls ausgestiegen war. Ende September 2020 kam dann aber via offizielle AC/DC Website die erfreuliche Nachricht: Cliff Williams, Phil Rudd und Brian Johnson sind wieder zurück an Board und obendrauf ist ein neues Album im Kasten.

AC/DC – Power Up

Doch wie klingen AC/DC ohne ihren Hauptsongwriter? Merkt man was davon? Immerhin wurde bereits das letzte Album «Rock Or Bust» ohne Malcolm eingespielt, obwohl er bei jedem Song als Songwriter aufgelistet ist. «Power Up» geht da denselben Weg. Und auch wenn es sich lediglich um Gerüchte handelt (aber wo Rauch ist, ist bekanntlich auch Feuer), so seien die Songs der letzten beiden Alben aus einer Sammlung von Ideen, die Malcolm archiviert haben soll und bis ins 2003 zurückreichen. Doch Recycling ist bei AC/DC bekanntlich kein Verbrechen, sondern von den Anhängern sogar erwartungsvoll erwünscht. Nur: der Unterschied zu den früheren Werken ist hörbar und vor allem fühlbar. Das mag dem langjährigen Fan vermutlich eher auffallen als dem Gelegenheitshörer.

Wohlverstanden, bereits beim Eröffnungstrack ‹Realize› dauerts genau 15 Sekunden, bis man elektrisiert in den Sitz gedrückt wird. (Und einfach so nebenbei als Tipp: Hört euch das auf keinen Fall laut während dem Fahren auf der Autobahn an, es sei denn, ihr seid der Polizei gegenüber in Spendierlaune). Aber auch ‹Rejection›, ‹Demon Fire›, ‹Wild Reputation›, ‹No Man’s Land› oder die Vorabsingle ‹Shot In The Dark› sind echte Reisser, die jeden Fan und gestandenen Rocker mit einem breiten Grinsen zurücklassen werden. Dafür verzeiht man sogar Stücke, die den Stromjungs einfach nicht gut zu Gesicht stehen, wie das seichte ‹Through The Mists Of Time› oder das zähe ‹Kick You When You’re Down›.

Die Mängel kommen dann aber bei Füllerware wie ‹Money Shot› und ‹Code Red› an die Oberfläche. Und spätestens bei ‹Witch’s Spell› und ‹System Down› wird man den Eindruck nicht los, dass hier rhythmisch das Essentielle fehlt, damit aus einer einfachen Nummer ein Hit geworden wäre. Besonders ‹System Down›, das vom Groove her an ‹Big Jack› oder ‹Spoilin’ For A Fight› aus «Black Ice» erinnert, aber unerklärlich in einer unspektakulären Banalität eingesperrt bleibt. Als positives Gegenbeispiel sei hier ‹Demon Fire› erwähnt, das eindeutig an ‹Safe in New York City› aus «Stiff Upper Lip» angelehnt ist. Das wiederum macht klar, dass Malcolm zwar die Songs mitgeschrieben hat, er sie aber eben auch selbst spielen muss, damit es am Ende exakt so klingt, wie er es gewollt hätte. Auch Angus beteuert diesbezüglich, dass selbst seine Ideen jeweils durch Malcolm abgesegnet werden mussten. Das wiederum unterstreicht eben eindrücklich, dass er einer der grössten und einflussreichsten Rock-Rhythmusgitarristen aller Zeiten ist.

Das Fanzit AC/DC – Power Up

Dass «Power Up» Malcolm Young gewidmet ist, erklärt sich von selbst. Auch wenn seine Absenz für die Eingeweihten an allen Ecken und Enden zu hören ist, so haben es AC/DC selbst im 2020 geschafft, mit ihrem bluesigen Hardrock einen ordentlichen Tritt in den Hintern zu verpassen. Zwar kein Überwerk und es fehlt der eine oder andere Top-Hit, aber «Power Up» ist allemal ein mehr als ordentliches und solides Spätwerk von fünf Herren, auf die – musikalisch gesehen – Verlass ist und die wohl noch im Altersheim abrocken werden. Rock on!

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Trackliste AC/DC – Power Up

  1. Realize
  2. Rejection
  3. Shot In The Dark
  4. Through The Mists Of Time
  5. Kick You When You’re Down
  6. Witch’s Spell
  7. Demon Fire
  8. Wild Reputation
  9. No Man’s Land
  10. Systems Down
  11. Money Shot
  12. Code Red

Line Up AC/DC

  • Brian Johnson – Vocals
  • Angus Young – Lead Guitar
  • Stevie Young – Rhythm Guitar
  • Cliff Williams – Bass
  • Phil Rudd – Drums

 

Video AC/DC – ‹Shot In The Dark›

 

 


Album Review Bewertung

Autor Bewertung: 7.5/10



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AC/DC
12.11.2020
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