Metalinside.ch – Fire Cult – Bruch Brothers Luzern 2024 – Sandro
Sa, 6. April 2024

Hendricks The Hatmaker, Fire Cult

Bruch Brothers (Luzern, CH)
19.04.2024

Feuerhut

Am Samstag, 6. April 2024 gaben sich die beiden Punk-Formationen Hendricks The Hatmaker und Fire Cult in Luzerns wohl kultigster Punk/Rock/Metal-Bar – dem Bruch Brothers – die Ehre. Erstgenannte durfte ich bereits letzten November anlässlich ihrer Plattentaufe im Live-Gewand erleben, letztere stellten eine Neuentdeckung dar.

Stylisch ist die altehrwürdige, leicht versteckt zwischen Kasernenplatz und Gütsch-Bahn gelegene Live-Music-Bar allemal. Allein schon die Blümchentapete im hinteren Bereich der nicht überdimensionierten, aber ausreichend grossen Bühne versprüht viel Vintage-Charme. Nettes Personal an der Theke sowie genügend Sitzgelegenheiten runden den positiven Eindruck ab.

Die Running Order des als Doppel-Headliner-Event ausgeschriebenen Anlasses sieht Fire Cult in der (zeitlichen) Pole-Position, während die Lokalmatadoren von Hendricks The Hatmaker als Zweite ins Rennen gehen.

Fire Cult

Bei der ersten der beiden aufspielenden Kapellen handelt es sich um die im Jahre 2020 in Genf gegründeten Fire Cult. Ihr – ich nenn’s mal –  alternativer Indie-Punkrock hat durchaus etwas Verspielt-Beschwingtes an sich, auch wenn Songs wie die Self-Naming-Nummer „We R Fire Cult“ im YouTube-Gewand doch noch nen Tick dynamischer, zwingender daherkommen.

Onneca (Gesang, Gitarre), Jérémie (Gitarre; Gesang – wobei die beiden gerne mal während des Auftritts die Instrumente tauschen) sowie Thibault am Schlagzeug nutzen den ihnen zur Verfügung stehenden Raum gekonnt aus, auch wenn das Energielevel innerhalb der Band etwas einseitig verteilt zu sein scheint. Denn: Läck Bobby, was hat die quirlige Frontfrau doch Pfupf [dt: sie bietet keine Bierdeckel-Performance]! Ich vermute mal, sie hat es die ganze Woche nicht ins Fitnessstudio geschafft und will das Versäumte nun komprimiert nachholen (inklusive Kickbox-Einlage, Bodenturnen und sonstigen Eskapaden). Erinnert sich noch jemand an Marty McFlys „Johnny B Goode“-Eskalation bei der „Verzauberung unter’m See“-Tanz (aus dem Film „Back To The Future“)? Dann könnt ihr euch ungefähr ausmalen, was da abging.

Erstaunlicherweise wirkt das Ganze aber auch leicht statisch, was wohl mit der zumindest auf mich etwas repetitiv wirkenden Klangwelt des Feuerkults zusammenhängen dürfte. Vielleicht geht es aber nur mir so, denn nach anfänglichem Zögern (Schweiz halt) kommt doch recht bald Bewegung in die Menge vor der Bühne (und auch Ramona und Nicolas von HtH lassen sich zu einem Tänzchen hinreissen). Natürlich darf während des 13 Tracks umfassenden Sets ein Hinweis auf das anfangs des Jahres offiziell erschienene Debütalbum nicht fehlen: „The Very Edge Of The Sea“ nennt sich das Teil und wartet mit einem recht speziellen Cover-Artwork auf.

Die Ansagen erfolgen auf Englisch und haben in ihrer gemächlich vorgetragenen Art aus meiner Sicht durchaus noch etwas Luft nach oben (bzw. dürften gerne mehr von der ansonsten spürbaren Power in sich tragen), und auch die instrumentale Überlänge gegen Ende des vorletzten Songs „Killer Shark“ könnte man allenfalls überdenken. Mit dem melodiösen „Static World“ findet man dann aber doch noch einen ganz wunderbaren Abschluss, der mich mit einem wohligen Gefühl im Magen auf den zweiten Headliner des Abends warten lässt.

Setlist Fire Cult

  1. The Runaway
  2. Back to Amoeba
  3. Lost Pirates
  4. Red Is Best
  5. Satellite Control
  6. We R Fire Cult
  7. Blooming Circles
  8. No One Tells You
  9. Do Or Not Do
  10. Go To Hellelele
  11. Play Dead
  12. Killer Shark
  13. Static World

Hendricks The Hatmaker

Nach einer kleinen Umbaupause geht’s mit Hendricks The Hatmaker ebenso charmant wie punkig weiter. Doch irgendetwas scheint heute Abend zu fehlen, so sagt mir zumindest mein Bauchgefühl. Einen kurzen gedanklichen Kassensturz später wird mir klar, dass das fast schon traditionelle Intro zu den Klängen von Monty Python irgendwie verlustig gegangen ist. Ob da doch etwas mehr Nervosität mit im Spiel ist, als man sich vorab selbst eingestehen wollte?

Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Truppe heute zum ersten Mal mit einem In-Ear-System spielt, wie Leadsänger Nicolas stolz verkündet? „Wenn wir uns ab und zu komisch irritierte Blicke zuwerfen, dann heisst das, dass wir uns fragen, was der andere da wieder spielt.“ Charmant und immer zu einem Scherz aufgelegt, wie man die Hutmacher kennt. Gleichzeitig appelliert er an die bestens gelaunte Menge vor der Bühne, doch bitte etwas lauter zu klatschen, denn die Dinger würden naturgemäss einiges an Schall schlucken …

Da das Trio konsequent alle alten Lieder aussortiert hat, bietet sich im heutigen Set, das grösstenteils aus Stücken der aktuellen Langrille «Back In Style» (zur Review) besteht, auch noch Raum für eine neue Nummer namens «Jimmy». Nun, so ganz vertraut scheint zumindest dem Frontherren das Teil noch nicht zu sein, muss er sich doch zu Beginn kurz sammeln: «Remember the song – loading …» (Gelächter). Ich bin gespannt, in welche Richtung sich Hendricks The Hatmaker nach ihrer abgeschlossenen Vergangenheitsbewältigung nun musikalisch bewegen werden.

Nebst Gitarrist Nicola ist ja auch Bassistin Ramona zunehmend gesanglich zu hören – heute aber leider eher in homöopathischen Dosen. Was weniger an gewissen Reglern am Mischpult (welches direkt neben dem doch ziemlich gut versteckten Merchstand platziert ist) liegt, als vielmehr an der etwas zu grossen Distanz zwischen ihr und dem Mikrofon (was in gewisser Weise ebenfalls der Premiere der In Ear – Dinger geschuldet ist). So fehlt gerade bei Titeln wie «From The Cities» oder auch «Violet» dieser eigentlich klangprägende stimmliche Kontrapunkt, der dem Sound der Modisten diesen ganz besonderen Wiedererkennungswert verleiht. Aber denken wir positiv und freuen uns schon auf die nächsten Gigs der Hendricks, wo es dann wieder wie gewohnt passt!

Ohnehin ist die Darbietung der drei ein absolutes Heimspiel, bezeichnen sie das Bruch Brothers fast schon als ihr zweites Zuhause. Was man ihnen auch deutlich anmerkt, agieren sie doch sichtlich entspannt. Und Ramona wagt mit ihrem viersaitigen Arbeitsgerät sogar einen kleinen Ausflug in die Menge.

Neben den Eigenkompositionen werden heute Abend zudem zwei Coverversionen von Nirvana zum Besten gegeben (oder haben die amerikanischen Grunge-Rocker gar bei unseren Luzerner Punkies abgekupfert? Wenn ich da an „Back To The Future“ denke…). Der Hintergrund: Am Vortag fand in der Luzerner Schüür mit «Smells Like Grunge Spirit» eine Art Gedenkkonzert zum 30. Todestag von Kurt Cobain statt, zu dem HtH mit «Molly‘s Lips» und «Tourette’s» zwei Songs beisteuerten. Vielleicht lehne ich mich jetzt etwas gar weit aus dem imaginären Fenster, aber im Vergleich zu den restlichen Nummern zählten diese beiden Stücke rein songwriterisch eher zu den Lowlights in der ebenfalls rund dreiviertelstündigen Vorstellung. Will heissen: Hut ab vor den Hutmachern!

Alles in allem ein souveräner, unterhaltsamer und wie immer sehr sympathischer Auftritt, der zu Recht gebührend gefeiert wird.

Die Setlist – Hendricks The Hatmaker

  1. All my Friends
  2. Jimmy
  3. Violet
  4. All We‘ve Got
  5. From The Cities
  6. Why So Serious?
  7. Molly‘s Lips (Nirvana Cover)
  8. Tourette’s (Nirvana Cover)
  9. Metamorphosis
  10. Hendricks the Hatmaker (mit kurzem Offspring Teil)
  11. Government*

* Zugabe

Das Fanzit – Hendricks The Hatmaker, Fire Cult

Ein cooler Abend in einer tollen, trendigen Location mit zwei rockig-punkigen Bands, von denen mich speziell Hendricks The Hatmaker zu begeistern vermochten. Zudem gute Stimmung und viele freudestrahlende Gesichter in den doch recht gut gefüllten Publikumsreihen. Mein Ausflug ins Bruch Brothers hat sich definitiv gelohnt!

Fotos – Hendricks The Hatmaker, Fire Cult


Wie fandet ihr das Konzert?

19.04.2024
Weitere Beiträge von

Fire Cult, Hendricks The Hatmaker