The HU - Komplex 457 Zürich 2020 (Plakat)
Fr, 31. Januar 2020

The HU, Fire From The Gods

Komplex 457 (Zürich, CH)
19.02.2020
The HU - Komplex 457 Zürich 2020 (Plakat)

«HU, HU, HU!» 

Das wohl aktuell heisseste Eisen aus der Mongolei zog dank Veranstalter Mainland Music am Freitagabend die Zuhörerschaft im Komplex 457 mit einem Mix aus Hunnu Rock und Heavy Metal erfolgreich in seinen Bann. Details zur musikalischen Reise in den zentralasiatischen Raum mit The HU entnehmt ihr den nachfolgenden Zeilen. 

Die mongolische Hauptstadt Ulaanbaatar hat ein Phänomen hervorgebracht: The HU (nicht zu verwechseln mit den Briten von The Who). Urplötzlich tauchte der Name der 2016 gegründeten Truppe immer häufiger immer häufiger in unserer Szene auf. Printmedien, die sozialen Netzwerke und sogar Festival-Billings – die Hunnen setzten wahrhaftig zu Eroberungsfeldzügen an – und ein Ende scheint momentan nicht absehbar zu sein. Ihr letztjähriger Gig hierzulande im Zürcher Moods war restlos ausverkauft. Und auch für den heutigen Event in Altstetten bekommt man an der Abendkasse keine Tickets mehr.

Das ganze Projekt muss also eine gewisse Art von Flair haben. Oder geniessen The HU einfach den sogenannten Exoten-Bonus, in dem sie mit Instrumenten und Melodien arbeiten, die in unserer Umgebung gänzlich unbekannt sind? Kapellen wie Orphaned Land oder Myrath bedienen sich ja ähnlicher Mittel. Mit ihren orientalischen Klängen können sie in Europa durchaus Erfolge feiern. An dieser Stelle sei ebenfalls Heilung erwähnt. Die schamanistischen Wikinger-Rituale und Zeremonien dieser Truppe muss man zweifelsohne einmal live erlebt haben. Doch speziell bei diesem letzten Beispiel stellt sich die Frage, ob Mehrfachbesuche solcher Shows überhaupt notwendig oder wünschenswert sind. Hat man nach einem Mal nicht bereits alles gesehen? Im Falle von The HU wird sich wohl erst noch herausstellen, ob sie als Eintagsfliegen enden werden oder sich längerfristig in der Industrie halten können.

Trotz «Sold Out»-Status kann ich mich glücklicherweise ziemlich frei durch die Location bewegen. Das war vor einer Woche bei Dimmu Borgir und Amorphis definitiv eine engere Angelegenheit. Das Publikum ist bunt gemischt: Vom Metallschädel bis zum Gelegenheitskonzertbesucher hat sich alles versammelt. Einige Landsleute des Headliners sind samt Flagge anwesend. Immerhin braucht man keine Schutzmaske wegen des Coronavirus’ (jep, natürlich haben wieder einige dumme Sprüche dazu abgegeben), da dieser bisher primär in China wütet. Selbstverständlich hofft auch der Autor dieses Artikels, dass die betroffenen Fachkräfte diese Seuche bald in den Griff bekommen.

Fire From The Gods

Korrekt, das heutige Programm beinhaltet ebenso eine Vorgruppe. Diese trägt den epischen Namen Fire From The Gods und stammt aus den USA. Ob ihr Metalcore wirklich zu diesem Abend passt, ist dann wieder eine komplett andere Geschichte. Abermals eine Tour-Zusammenstellung, die bei mir Stirnrunzeln auslöst. 1 – 2 Stücke klingen gar nicht einmal sonderlich übel, aber das Gesamtbild wirkt am Ende zu wenig berauschend. Der dunkelhäutige Sänger AJ Channer schrammt gelegentlich an den korrekten Tönen vorbei. Der Ansatz, eine Soul-Stimme bei gewissen Passagen einfliessen zu lassen, ist zwar interessant, allerdings sollten sie dies lieber Gruppen wie Zeal & Ardor überlassen. Die Sprechgesang-Abschnitte müssten auch nicht unbedingt sein. Mangelnden Einsatzwillen kann man den springfreudigen Jungs hingegen keinesfalls vorwerfen. Wegen seiner deutschen Wurzeln darf Drummer Richard Wicander mehrheitlich die Ansagen übernehmen. Die Besucher gehen – genau wie der Roadie am Bühnenrand – brav ab. Schickt die Texaner beim nächsten Mal mit Killswitch Engage (oder etwas in der Art) auf einen Rundreise – dann klappt’s sicherlich besser.

The HU

Auf die Amis folgen die Mongolen – und oha, da bläst effektiv eine kleine Armee zum Angriff. Insgesamt stehen acht Personen auf der Bühne. Das ist im ersten Moment etwas verwirrend, da auf Plakaten etc. lediglich mit den Mitgliedern Gala, Enkush, Jaya und Temka die Werbetrommel gerührt wird. Das dürften dann wahrscheinlich die Hauptprotagonisten sein. Der Fokus liegt hauptsächlich auf dem Debütwerk «The Gereg», welches Mitte September des vergangenen Jahres veröffentlicht wurde. Nummern wie «Yuve Yuve Yu» oder «Wolf Totem» (beziehungsweise die dazugehörigen Videoclips) jagen auf YouTube munter Klickrekorde. Vom zweiten Track existiert ja bereits eine alternative Version, bei der Jacoby Shaddix von Papa Roach mitmischt.

Und im Live-Gewand? Kann diese Musik da irgendwie überzeugen? Die klare Antwort: Hell yeah!!! Die atmosphärischen und mythischen Aspekte laden umgehend zum Eintauchen und Geniessen ein (exakt wie bei Heilung). Somit ist die Darbietung nix für nach Tempo lechzenden Mähnenschüttler. Die zum Einsatz kommenden Instrumente üben freilich eine unglaubliche Faszination aus. Die Maultrommel und die Pferdekopfgeigen (Apocalyptica lassen grüssen) haben es mir besonders angetan. Die Kehlkopfstimmen sorgen ebenfalls für Hühnerhaut «en masse». Bedauerlicherweise werden die zahlreichen ruhigen Momente durch unverbesserliche Quasselstrippen in den Besucherreihen jäh gestört… Da würde ich glatt am liebsten die gekauften Tickets dieser Leute zu Knäueln zusammenfalten und ihnen damit die Mäuler stopfen. Ihr Pflöcke ruiniert die Stimmung!

Die Musikliebhaber im Saal machen dafür stets fleissig und in passendem Masse mit. Besonders beliebt sind die ständigen «HU, HU, HU!»-Rufe. Wobei diese eigentlich in unseren Gefilden bereits durch die isländische Fussballnationalmannschaft salonfähig gemacht wurden. Als Powerwolf geschädigter Mensch denkt sich mein Gehirn auf das «HU!» logischerweise umgehend das eigentlich zwingend folgende HA!». Schön zusehen, dass es meinem Kollegen ähnlich ergeht.

Gegen Ende packt die Truppe das fetzigere Liedgut aus, was von vielen überaus wohlwollend angenommen wird. «This Is The Mongol» punktet beispielsweise durch verdammt mitreissende Riffs, die fraglos an Metallica erinnern. Den Song selbst findet man allerdings nicht auf dem Album. Hören wir hier etwa schon Material für die nächste Scheibe? Das wird sich allem Anschein nach irgendwann zeigen. Im Zugaben-Block folgt eine Wiederholung des Wolftotems und anschliessend hat das mongolische Oktett nach 90 Minuten Feierabend – und der ist absolut verdient!

Das Fanzit – The HU

Während die Vorgruppe Fire From The Gods nicht sonderlich umwerfend waren und im Billing eher fehl am Platz wirkten, konnten die nach ihnen aufspielenden The HU dafür etliche Begeisterungsstürme auslösen (da hat möglicherweise sogar Dschingis Khan höchstpersönlich in seinem Grab applaudiert). Ob die Location wirklich ausverkauft war, ist wohl Ansichtssache. Man konnte sich jedenfalls ziemlich frei und ungehindert durch die Gegend bewegen (was ich völlig goutiere). Genervt haben eindeutig die zahlreich vertretenen Plappermäuler. Bleibt beim nächsten Gig besser gleich zu Hause, ihr Störenfriede!

Wer The HU auch einmal Live in Aktion erleben möchte, sollte allenfalls in diesem Jahr einen Besuch des Greenfield Festivals in Erwägung ziehen. Die Hunnu Rocker wurden nämlich vor kurzem für ein Gastspiel in Interlaken gebucht und bestätigt.

Setlist – Fire From The Gods

  1. Intro
  2. The Voiceless
  3. Composition
  4. Another Level
  5. Truth To The Weak (Not Built To Collapse)
  6. In Spite Of Doubt
  7. End Transmission
  8. Fight The World
  9. Right Now
  10. Excuse Me

Setlist – The HU

  1. Intro
  2. Shoog Shoog
  3. The Same
  4. The Gereg
  5. The Song Of Women
  6. The Legend Of Mother Swan
  7. Uchirtai Gurav
  8. Shireg Shireg
  9. Bii Biyley
  10. Yuve Yuve Yu
  11. Wolf Totem
  12. The Great Chinggis Khaan
  13. Black Thunder
  14. This Is The Mongol
  15. Wolf Totem*

*Zugabe


Wie fandet ihr das Konzert?

19.02.2020
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