Rock Out - Stand Together (Cover Artwork)
Sa, 12. Dezember 2020

Rock-Out – Stand Together

Bluesrock, Hardrock, Rock, Rock n' Roll
06.12.2020
Rock Out - Stand Together (Cover Artwork)

Grosses, geboren aus Kleinem

Und aus grosser Kraft folgt grosse Verantwortung. Moment, falscher Film, falscher Ort. Denn wir befinden uns weit weg von New Yorks klebrigen Spinnennetzen, in einer fast schon besinnlichen Region namens Emmental. Genauer gesagt in Lützelflüh, einer rund 4200 Einwohner beherbergenden Gemeinde, deren höchster Punkt mit 918m über Meer doch gehörig höher ist als das Empire State Building oder das neue World Trade Center. Unter diesen 4200 Personen befinden sich mit Florian Badertscher, Luca Gfeller, Severin Held und David Bärtschi auch vier aufstrebende Sterne des Rock-Himmels, die zusammen als Rock-Out die nationalen und mit „Stand Together“ im Gepäck bestimmt auch bald die internationalen Bühnen unsicher machen.

Dies alles gesagt: Rock-Out, deren zweites Album „Stand Together“ wir hier gerade unters Messer nehmen, haben spätestens am Ice-Rock 2018 den Beweis angetreten (siehe Review), dass man sich nur in seltenen Fällen auf den ersten Eindruck verlassen sollte. Denn als die Jungs damals den Festival-Samstag eröffneten, dachte ich zugegebenermassen erst, welcher Schulklasse die denn entflohen seien. Beim Teutates – es hat keine Minute gedauert, bis die Band, speziell mit Goldkehlchen Florian an der Front, mein Eis zum Schmelzen gebracht hat. Schon damals brillierte die Band mit vertraut wirkendem, aber dennoch frischem Blues-/Hard Rock, der immer wieder durch flotte Sprüche aufgelockert wurde – und liess nicht nur mich mit dezent offenem Mund zurück.

Über die folgenden Monate und Jahre hinweg war es eine wahre Freude, der Band beim Wachsen zuzusehen. Die Auftritte wurden routinierter und professioneller, ohne dabei auch nur einen Deut an rebellischem Flair und motivierter Passion verloren zu haben. Mittlerweile hat die Band auch ihr erstes Musikvideo (zu sehen weiter unten) produziert und wird das dazugehörige Album am 12. Dezember 2020 mit allem drum und dran veröffentlichen.

Rock-Out – Stand Together

Der Titel des Albums könnte wohl den aktuellen Zeitgeist härter nicht treffen. Aber ohne hier vom „C-Wort“ all zu oft Gebrauch machen zu wollen: Zusammenstehen kann man schliesslich gegen alles. Gegen …orona (verflixt), gegen sozialen Zerfall, gegen den Tag danach, gegen … ihr versteht schon. Und Rock-Out haben mit dem gleichnamigen Song auch die passende Hymne dazu. Da ich beim Videodreh zugegen war, habe ich erst befürchtet, dass mir der Song beim Rezensieren der Platte auf die Eier gehen könnte – doch auch dieser Eindruck vermochte zu täuschen. Der Track war damals klasse, flutscht auch heute noch angenehm durch die Gehörgänge und wird auch künftig dank Mitmachgarantie für Stimmung sorgen. So simpel der Song sein mag, so spassig ist er.

Doch Rock-Out können auch anders. Eine Spezialität des Trupps scheint es zu sein, Songs mit Spannung aufzubauen, um sie dann irgendwann in sich selbst zu entladen. Das ist ihnen schon zuvor mit „7 Minutes In Paradise“ auf Platte #1 gelungen und klappt auch mit „Living On The Limit“ auf Auskopplung #2 bestens. Beinah schon gemächlich bauscht sich der Track auf und enwickelt sich zu einem kleinen stampfenden Monster, welches von Uriah-Heep-mässigen Orgelklängen im Hintergrund an der Leine gehalten wird. Das hat rein von der Struktur her schon fast Maiden-eske Züge, ohne natürlich wie Iron Maiden zu klingen. Persönlich mag ich diese Art Song einfach enorm.

Ganz gut passen mir auch so kleine Reminiszenzen wie zum Beispiel bei den ersten Tönen von „Hard Rock’n’Roll Tonight“, die, bewusst oder unbewusst, an AC/DCs „Shoot To Thrill“ oder auch „That’s The Way I Wanna Rock’n’Roll“ erinnern. Klasse! In der breiten Song-Palette befinden sich auch verspielte (Upper-)Mid-Tempo-Bomber wie etwa „Rolling Thunder“ oder „Whiskey Keeps The Doctor Away“ (müssen es denn immer Äpfel sein?), die den Zuhörer wunderbar bei Stange halten. Und überhaupt sollten die Jungs Bekanntschaft mit Spieleentwickler Double Damage Games schliessen, die vor kurzem den zweiten Teil ihrer recht dreckigen Weltraum-Cowboy-Oper „Rebel Galaxy“ veröffentlicht haben. Sowohl der unbequem drückende Finger-am-Abzug-Song „Heaven’s On Fire“ (der wohl gleich das Coverart vertont) wie auch der Liebesbrief an Rock-Out selbst, „We Are Rock-Out“, würden hervorragend zum Soundtrack des Spiels passen.

Sogar hoffnungslose Romantiker kommen auf ihre Kosten. Gleich zwei Songs, die letzten, die wir hier besprechen, können geneigte Buchhalter auf die entsprechende Kostenstelle verbuchen. „Miss You“ und „Let You Go“ – und ja, die Songs klingen so klischeehaft kuschelig, wie sie benannt wurden. Perfekt, um es sich mit seiner Verabredung vor einem Kamin gemütlich zu machen und damit verbundene Absichten akustisch zu untermauern. Die Songs könnten auch live in einem kerzenlichterleuchteten und zigarrenrauchdurchfluteten Saloon ihre volle Wirkung entfalten, aber letztlich werden diese Zeilen von einem bärtigen Wikinger geschrieben, der zwar durchaus seinen weichen Kern hat, aber nach aussen seine harte Schale wahren muss. Und an genau jener prallen solch schwulstigen Balladen manchmal ab wie Granaten an einer Panzerung. Was mit einem Augenzwinkern zu verstehen ist.

Das Fanzit Rock-Out – Stand Together

Vor dieser jungen Truppe darf man getrost den Hut ziehen. Was Rock-Out mit „Stand Together“ abgeliefert haben, darf man frei von Bedauern als einen Wurf bezeichnen, der sich vor den Grössen des Genres keineswegs zu verstecken braucht, auch wenn er jetzt nicht unbedingt in allen Belangen mithalten kann. Nicht dass genau das ein Qualitätsmerkmal wäre. Rock-Out bewahren sich durch und durch ihre Eigenständigkeit, ihren Charakter, selbst wenn zwischendurch AC/DC oder Bullet nachgeeifert wird. Aber genau dieser Eifer, diese Energie verleihen der Band im Zusammenspiel mit ihrem Gespür für feine Melodien und kurzweiligem Songwriting eine Note, die mehr als nur das Fundament für weitere Taten legt. Persönlich kann ich nur hoffen, dass „Stand Together“ die Band durchstarten lässt, auch wenn die derzeitigen Rahmenbedingen speziell bezüglich Live-Auftritten etwas ungünstig sind. Vielleicht klappt es ja – wenn wir alle zusammenstehen.

Trackliste Rock-Out – Stand Together

01. Hard Rock’n’Roll Tonight
02. Stand Together
03. Miss You
04. Rolling Thunder
05. Heaven’s On Fire
06. Living On The Limit
07. Let You Go
08. Whiskey Keeps The Doctor Away
09. We Are Rock-Out

Line-Up Rock-Out

Florian Badertscher – Gitarre, Gesang
Severin Held – Gitarre
David Bärtschi – Drums
Luca Gfeller – Bass

Videoclip Rock-Out – Stand Together


Album Review Bewertung

Autor Bewertung: 8/10



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06.12.2020
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