Metalinside.ch - Imperial Age - Hall of Fame Wetzikon 2022 - Foto Friedemann
Sa, 17. September 2022

Imperial Age, Dead Venus

Hall of Fame (Wetzikon, CH)
/ 04.12.2022

«Mini-Therion» beehren die Ruhmeshalle

Imperial Age gastierten am Samstag im Wetziker Hall Of Fame-Club und verzauberten die leider verdammt überschaubare Besucherschar mit ihrem opernhaften Symphonic Metal. Support erhielten sie von Seraina Telli – dem Farbtupfer der helvetischen Rock-Szene – und ihrer Kapelle Dead Venus. Schande über all diejenigen, welche diesen ansprechenden Abend verpasst haben.

Weshalb spreche ich als Autor im Titel von «Mini-Therion»? Fehlen mir jetzt effektiv sämtliche Tassen im Schrank? Nicht wirklich, denn Imperial Age und Therion sind in der Tat miteinander verknüpft. Einerseits figurieren die Schweden für die Russen als deren grosse Idole. Zudem glaubte Mastermind Christofer Johnsson damals an das Potenzial von Imperial Age und nahm die Truppe unter seine Fittiche. Sie konnten sich dann wiederum mittels guten Leistungen und der Vermittlung eines höchstwichtigen Arzttermins zur Linderung von unsäglichen Nackenbeschwerden bei ihm revanchieren. Ein weiterer Beweis dafür, wie wichtig gute Freundschaften und Kontakte sein können.

In der Gegenwart liegen allerdings eher stürmische Zeiten hinter Gründungsmitglied Alexander «Aor» Osipov und seinen Mitstreitern. Wegen des Ukraine-Konflikts und der Tatsache, dass man nicht hinter den Handlungen der Regierung steht, haben sich Imperial Age zur Flucht aus Russland entschieden. Mit Sack und Pack sind die Musiker Anfang März dieses Jahres in die Türkei migriert, um dort alles selbständig neu aufzubauen. Auf der faulen Haut herumzuliegen war für die Arbeitsbienen jedoch kein Thema. Man begab sich beispielsweise auf die Suche nach neuen Live-Musikern an der Gitarre und den Drums und hat Ende August mit «New World» Studioalbum Nummer drei auf die Menschheit losgelassen.

Die frisch verfassten Kompositionen wollen nun logischerweise im Rahmen einer ausgiebigen Tour der breiten Masse schmackhaft gemacht werden (obschon im Vorfeld überraschend sämtliche Vorgruppen abgesprungen sind…). Dank gelungener Improvisation konnten zumindest für den heutigen Gig in Wetzikon Dead Venus (notabene mit meinem Metalinside-Kollegen Mike Malloth hinter der Schiessbude) als Opener gewonnen werden. Unser Magazin ist an diesem Abend übrigens generell äusserst prominent im Hall Of Fame vertreten. Neben Mike und meiner Person tummeln sich ebenfalls noch Liane, Dani und Friedemann in den Räumlichkeiten von Capo Pasquale.

Dead Venus

Punkt 20 Uhr dürfen wir in die Welt des Progressive Rock eintauchen. Frontröhre Seraina, Trommler Mike und Aushilfs-Basser Marco Rohrbach schlüpfen in die Rolle unserer Reisebegleiter. Da alle drei im Alltag Kinder unterrichten, wissen sie schon, wie man sich Aufmerksamkeit verschafft. Humor kommt ebenfalls nicht zu kurz. Das Frontmädel hofft zum Beispiel, dass ihre Frisur niemanden verärgert (ein frecher Seitenhieb gegen die aus meiner Sicht völlig unnötig aufgebauschte Thematik der kulturellen Aneignung…). Eine besondere Ehre wird Mit-Metalinsiderin Liane zuteil. Sie erhält von der Band und der anwesenden Zuhörerschaft ein exklusives Geburtstagsständchen vorgetragen (was ihr «fast» nicht peinlich ist).

Stimmlich ist Madame Telli schlichtweg eine Wucht. Ich könnte ihrem «Geträller» locker stundenlang lauschen (werft übrigens unbedingt auch einmal einen Blick auf ihr Solo-Projekt. Hundertprozentig empfehlenswert! Auf unsere Homepage solltet ihr den einen oder anderen Artikel dazu finden können). Einzig die ständigen Rhythmuswechsel lassen mich beim Headbangen häufig wie ein totaler «Bewegungs-Idiot» aussehen. Das ist wohl ein Risiko, welches der – von der Truppe so bezeichnete – «Progressive Jazz Metal» mit sich bringt.

Nach der Show schauen wir noch rasch an der Merchandise-Ecke vorbei. Für den Artikel-Verkauf ist Mama Telli verantwortlich. Sozusagen ein kleiner Familienbetrieb. Wer braucht schon die Kelly Family? Wir haben schliesslich die Telli Family!

Imperial Age

Ab 21.15 Uhr gehört die Bühne ausschliesslich dem Headliner. Ich habe Pasquale Imperial Age schon diverse Male empfohlen und bin froh, dass es mit dem Auftritt endlich geklappt hat. Bleibt zu hoffen, dass sie meinen Vorschusslorbeeren gerecht werden. Andernfalls wird der Hall Of Fame-Boss künftig wahrscheinlich auf meine Ratschläge verzichten…

Mit Ausnahme von kleineren, zu Beginn auftretenden Soundschwierigkeiten kann man die Performance glücklicherweise von A bis Z geniessen. Sowohl Aor als auch seine beiden Ladies Jane und Anna – die nebenbei erwähnt echte Augenweiden sind – verfügen über imposante Stimmorgane. Ausserdem überrascht der Sänger mit unerwartet guten Deutschkenntnissen. Optisch ähnelt er dafür einem Elb aus dem «Herr der Ringe»-Universum. Elrond, der Gebieter von Bruchtal, lässt grüssen. Er erklärt uns unter anderem, dass sie nie erwartet hätten, dass die Lyrics ihres neuen Albums eines Tages zur Realität werden würden. «New World» wird sowieso in seiner ganzen Pracht durchgezockt und dürfte später wahrscheinlich nicht bloss bei meiner Wenigkeit zu einem absoluten Pflichtkauf werden. Diese Hymnen sind nämlich bockstark! Wow!

Abschliessend möchte ich einen wichtigen Punkt zur Sprache bringen: Bei aller Solidarität für die Ukraine sollte niemals vergessen werden, dass auch viele russische Bands auf unsere Unterstützung angewiesen sind. Es sind längst nicht alle davon mit den Handlungen ihrer Regierung einverstanden. Aber aus Angst vor allfälligen Konsequenzen wird tendenziell lieber geschwiegen. Ruft euch dies bitte einfach ab und an in Erinnerung, merci!

Das Fanzit – Imperial Age, Dead Venus

Der heutige Abend wurde durch einen angenehmen Auftritt von Dead Venus lanciert und im Anschluss durch die überragende Darbietung aus dem Hause Imperial Age vollendet. Einziger Wermutstropfen war die katastrophale Besucherdichte (aber ehrlich gesagt bin ich es langsam leid, diese immer und immer wieder zu kritisieren…). Alle anwesenden Gäste haben die Shows und die darauffolgenden Möglichkeiten für Plaudereien mit den Künstlern dafür umso mehr geschätzt.

Setliste – Dead Venus

  1. Flowers & Pain
  2. Anna Moll
  3. Lily Of The Valley
  4. Revelation Of Hate
  5. Kiss Of The Muse

Setliste – Imperial Age

  1. Intro
  2. Windborn
  3. Death Guard
  4. The Monastery
  5. The Awakening
  6. To The Edge Of The Known
  7. Distant Shores
  8. Life Eternal
  9. The Wheel
  10. Turn The Sun Off!
  11. Shackles Of Gold
  12. The Way Is The Aim
  13. Legend Of The Free
  14. And I Shall Find My Home
  15. Anthem Of Valour
  16. The Legacy Of Atlantis
  17. Call Of The Towers*

*Zugabe

Fotos Imperial Age, Dead Venus (Friedemann)


Wie fandet ihr das Konzert?

/ 04.12.2022
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