Metalinside.ch - Halocene - Komplex Klub Zürich 2023 - Foto pam
Di, 21. November 2023

Halocene, Hawxx

Komplex Klub (Zürich, CH)
/ 05.12.2023

Vom Internet auf die Bühne

Die US-amerikanische Rock-Formation Halocene gastierte am Dienstagabend im Zürcher Komplex Klub. Mit Cover-Versionen von populären Hymnen aus der «gitarrenlastigen» Mucke und eigenen Kompositionen brachte sie ihre Anhängerschaft zum Ausflippen. Mit dabei war auch ein Special Guest, der mich überaus positiv beeindrucken konnte. Das Einheizen wurde derweil von den Mädels von Hawxx übernommen.

«Sherlock Dutti» ist wieder einmal einem Phänomen auf der Spur. Der Fokus liegt auf den Amis von Halocene. Seit 2008 frönen die Ehepartner Addie Nicole Amick und Bradley Amick der gemeinsamen Leidenschaft für Musik. Diese üben sie gänzlich im Rahmen der «Do It Yourself»-Kultur aus. Sprich, es wird ohne Label geackert und somit alles selbst produziert. Im Zuge dieses Prozesses hat sich das Duo insbesondere in den Weiten des «World Wide Web» einen Namen gemacht. Auf Streaming-Videoportalen wie twitch sind die Künstler mittlerweile eine beachtliche Instanz und konnten eine riesige Fanschar generieren. Wie haben sie das angestellt? Tja, indem das Zweiergespann fleissig gelungene Cover-Versionen von diversen Rock- und Pop-Stücken ins Netz gestellt hat. Dieses offenbar äusserst wirkungsvolle Erfolgsrezept hat dem Ehepaar (und ihrem Kumpel an den Drums) sogar schon Auftritte mit Grössen wie Fall Out Boy oder Blink 182 eingebracht. Da mir ihr Material doch ziemlich unbekannt ist, bin ich freilich gespannt, wie Halocene auf meine Wenigkeit wirken werden. Aber Organisator Mainland Music beweist bei der Auswahl seiner Akteure glücklicherweise oftmals ein goldenes Händchen.

Meine Befürchtungen bezüglich eines leeren Saales werden vor Ort rasch zerschlagen. Da haben mich die bescheidenden Zusagen in der Facebook-Veranstaltung ganz hinterhältig in die Irre geführt. Oder liegt es einfach daran, dass ich langsam wohl oder übel ebenfalls zu den «Social Media»-Dinosauriern gehöre? Das «Fratzenbuch» ist bei der jüngeren Generation sowieso out. Da spielt sich das Leben bloss noch auf Instagram oder – primär – TikTok ab. Booking-Maestro Umi teilt mir mit, dass heute Abend mit rund 200 Nasen zu rechnen ist. Damit dürfte der Komplex Klub also ziemlich voll werden. Unter den Besuchern ist übrigens auch Ober-Metalinsider pam unterwegs. Habe ich gar nicht gewusst! Aber dann darf ich ja auf fotografische Rückendeckung hoffen. Grossartig! Dann wollen wir den Fokus doch mal auf die Vorgruppe Hawxx lenken.

Hawxx

Die punkigen Alternative-Metallerinnen sind ein bunt zusammengewürfelter Haufen und stammen aus Griechenland, Italien, Wales und England. Ihr Hauptquartier befindet sich allerdings in London. Ihre halbstündige Darbietung ist solide, aber kein bahnbrechendes Erlebnis. Meine Favoritin ist die blauhaarige Saitenhexerin Hannah. Die hat ihr Instrument problemlos im Griff. In den Ansagen von Frontdame Anna, die ebenfalls mit einer rotzfrechen Frisur ausgestattet ist, taucht mir persönlich hingegen etwas zu viel «Queer- und Regenbogenfahne»-Thematik auf… (aber dazu darf ja jeder seine eigene Meinung haben). Die Zuhörerschaft wirkt nichtsdestotrotz begeisterungsfähig und leistet beispielsweise den Aufforderungen zum munteren Herumhüpfen vorbildlich Folge. Gegen Ende des Sets wagt sich Anna obendrein kurz hinunter zu den Fans und erntet für diese Aktion tonnenweise Applaus.

Halocene

Um 21.20 Uhr betritt dann der Headliner die Szenerie. Addie ist glücklich, dass sie es überhaupt erfolgreich nach Zürich geschafft haben. Denn wie uns die Blondine berichtet, gab’s offenbar Ärger am Schweizer Zoll («Your van weighs too much»). Ein bekanntes Problem. Unsere ehrenwerten Grenzkontrolleure sind und bleiben eben richtige «Tüpflischisser». Aber hey, am Ende ist ja alles gut ausgegangen. Nun steht dem Konzertgenuss definitiv nichts mehr im Weg!

Zu Beginn variiert das Trio noch zwischen eigenen Nummern und den zuvor bereits erwähnten Cover-Songs. Zweitgenannte Gattung sorgt in den Reihen der Besucher spielend leicht für Eskalationen. Egal, ob aggressive Rage Against The Machine-Rhythmen («Killing In The Name») oder emotionale Chester Bennington-Gedenk-Sequenzen («Numb»), die Auswahl ist alles andere als klein. Kollege Umi möchte sogar bereits die «Hit-Polizei» verständigen. Sonderlob muss zwingend auch in Richtung des Felle-Klopfers gehen. Was für ein begnadeter Stick-Jongleur! Und doch erzeugt das Gezeigte bei mir bisher keine gigantischen Euphorie-Schübe. Es ist stabiles Handwerk, welches aber effektiv noch Luft nach oben aufweist.

Eine gewisse Steigerung ist allerdings auszumachen, als der «Special Guest» auf die Bühne eingeladen wird. Lauren Babic gibt sich die Ehre. Eine kanadische Sängerin, die ebenfalls dank YouTube und Co. zum Erfolg gekommen ist. Ausserdem zählt sie zum engeren Freundeskreis der Halocene-Musiker. Zum Einstand darf das Mädel mit facettenreicher Stimme «Toxic» von Popsternchen Britney Spears zum Besten geben. Die Nummer wird gekonnt «metallisiert» und stellenweise obendrein mit Growls ausgestattet. Hat man so wohl noch nie gehört! Und Moshpits hat Madame Spears an ihren Shows garantiert ebenfalls niemals zu Gesicht bekommen.

Vielleicht werden mich die Halocene-Hardcore-Anhänger jetzt steinigen, aber für mich ist Lauren wirklich die talentiertere Sängerin. Da kann die gute Addie nur phasenweise mithalten. Zum Glück ist Metalinside-Mitstreiter Kaufi nicht vor Ort, denn der würde sich – wie ich finde für einmal völlig zurecht – heftig über die «Dauer-Handyfilmerei» aufregen, die von den Leuten hier zelebriert wird. Als Schlussbouquet wird schliesslich nach rund 70 Minuten der System Of A Down-Kracher «Chop Suey!» ins Rennen geschickt. Die Meute rastet ein letztes Mal aus, ehe sie danach zur Merchandise-Ecke pilgert und begierig auf Selfie-Orgien mit den Protagonisten wartet.

Das Fanzit – Halocene, Hawxx

Hawxx waren leider nicht wirklich mitreissend und auch von Halocene habe ich mir ehrlich gesagt aufgrund der zahlreichen Vorschusslorbeeren ein bisschen mehr erhofft. Dafür durfte ich in der Person von Lauren Babic eine ultracoole Sängerin und Rampensau entdecken. Ihre anderen Projekte (CrazyEightyEight oder Red Handed Denial) müssen unbedingt ausgecheckt werden!

Setliste – Halocene

  1. Maleficent
  2. Killing In The Name (Rage Against The Machine-Cover)
  3. Hold Me, Help Me
  4. Numb (Linkin Park-Cover)
  5. Repent
  6. Toxic (Britney Spears-Cover)
  7. Bring Me To Life (Evanescence-Cover)
  8. Devil Inside Me
  9. Lovely (Billie Eilish-Cover)
  10. Smells Like Teen Spirit (Nirvana-Cover)
  11. Peaches (Jack Black-Cover) / Drum Solo
  12. This Is Our War
  13. Closer (Nine Inch Nails-Cover)
  14. When Demons Come To Life
  15. Unholy (Sam Smith-Cover)
  16. Rage
  17. Chop Suey! (System Of A Down-Cover)*

*Zugabe

Fotos Halocene, Hawxx – Komplex Klub 2023 (pam)


Wie fandet ihr das Konzert?

/ 05.12.2023
Weitere Beiträge von

Halocene, Hawxx