Metalinside.ch - Dave & the Dudes - Böröm Pöm Pöm 2024 - Foto Nicky
Sa, 9. März 2024

Dave & The Dudes, Voltage Arc

Böröm Pöm Pöm (Oberentfelden, CH)
/ 17.03.2024

Sackdrachen und ignorierte Setlists

Im Böröm Pöm Pöm in Oberentfelden stehen die Zeiger auf «Hardrock». Dafür sorgen die vielversprechenden Acts Dave & The Dudes und Voltage Arc.

«Welcome To The Jungle», «You’ve Give Love A Bad Name», «Rainbow In The Dark» und andere Hits, die nicht lauter 80s schreien könnten, beschallen den Besucher, als er das Böröm Pöm Pöm in Oberentfelden an diesem Abend betritt. Er begibt sich an die Bar, sich auf das Ambiente einstellend, das Ambiente einer Zeit in der Männer, die sich schminken und Haare toupieren, nicht zwingend mit Dragqueens assoziiert wurden. Gegebenenfalls wird er nostalgisch, bestellt sich ein Bier und wartet auf die erste Band des Abends.

Auf dem Programm stehen Voltage Arc und Dave & The Dudes. Beides Acts, mit denen die 80er-Beschallung harmoniert, die sich aber nicht in diesem Jahrzehnt verloren haben und es vollbringen, trotz hörbarer Inspiration von zu Legenden herangewachsenen Künstlern, frischen Sound, dem Publikum zu servieren. Dieses scheint zu einem Grossteil bereits im Vorhinein irgendwann, irgendwo überzeugt worden zu sein, dass mindestens eine der beiden Bands dem eigenen Geschmacksprofil entspricht, sind doch einige Dave & The Dudes und Voltage Arc Shirt Träger auszumachen.

Ehe man es sich versieht, wird das Licht im Besucherraum gedimmt, die Bühnenbeleuchtung aufgedreht und die Jungs von Voltage Arc quetschen sich am Publikum vorbei, über die frontal angebrachte Treppe auf die Bühne.

Voltage Arc

„Konzert“ wird im Lexikon als „Aufführung musikalischer Werke […]“ bezeichnet, „Aufführung“ als „Darstellung, Gestaltung auf der Bühne […]“. Und in der Darstellung ihrer musikalischen Werke auf der Bühne sind Voltage Arc wahrlich Meister! Das beinhaltet Schwyzerörgeli spielen und Schweizer Fahnen schwenken, deren Kreuze zusätzlich mit dem Schriftzug „Voltage Arc“ geschmückt wurden, aus Gitarrist, Bassist und Sänger Menschenpyramiden bauen, sich und Mitmusiker mit Wasser übergiessen, obszöne Handlungen mit einer Gurke imitieren, diese zum Spielen seines Instrumentes verwenden und sie anschliessend angebissen in das Publikum zu werfen (nach dem Konzert wurde sie anständigerweise von der Band mittels eines Robidogsacks entfernt) … Selbst die einheitliche Kleidung ist an ihre, deutlich von Hair-Rockern inspirierte Show angepasst: gewelltes Haar, das durch aufgedrehte Ventilatoren fliegen gelassen wird, athletischer Körperbau, der durch Oberkörperfreiheit zur Schau gestellt wird und zerrissene Jeanshose, die gerade genug weit unten hängt, um den ebenfalls mit „Voltage Arc“ bedruckten Unterhosenbund freizulegen.

Die dargestellten musikalischen Werke sind, wie die Show, im Bereich des Hair-Rocks einzuordnen, sind in diesem Genre aber nicht verfahren, wie beispielsweise der Song „Never Forget To Drink“ beweist, der Spuren von Irish-Folk enthält. Live machen die Lieder von Voltage Arc sicherlich Spass, bringen das Publikum gleich von Anfang an zum Klatschen, Tanzen, Springen, Nanana-singen, „Sackdrachen“ (Feuerzeuge) schwenken und so weiter. Doch rein objektiv reichen sie in ihrer Komplexität nicht an den darauffolgenden Act Dave & The Dudes heran, der an innovativen Instrumentalsolos und technischem Gesang Voltage Arc hörbar überlegen ist.

Doch Musik ist keine Mathematik, aber unterliegt dem Anspruch des Hörers zu unterhalten. So verwundert es nicht, dass auch beim ersten Auftritt des Abends der Zuschauerraum voll ist, voll mit Menschen die aktiv und begeistert das Geschehen auf der Bühne verfolgen und sich beim Merch-Tisch vielleicht eine CD oder ein T-Shirt holen.

Dave & The Dudes

Dave Niederberger, Fronter bei, wer hätte es gedacht, Dave & The Dudes, wollte im Vorhinein wohl jegliches Fehlerpotenzial ausmerzen. Dafür hatte er die Songtitel auf seinem Setlist-Zettel mit den dazugehörigen Ansagen ergänzt. Wie ein Schüler, der für die schwierige Geschichtsprüfung einen Spickzettel schreibt, diesen aber dann gar nicht braucht, scheint der Zettel während des Auftritts bald vergessen worden zu sein. Die Ansagen kommen dennoch, oder gerade deswegen, wie aus der Pistole geschossen, sind witzig und authentisch.

Nicht minder überzeugt Dave & The Dudes musikalisch. Gestartet wird mit „Selfmade Millionaire“, einem Stück, bei dem Dave zusätzlich zu den zwei E-Gitarristen auf seiner Akustischen schrummt: eine interessante Kombination. Im Anschluss wird vorerst die akustische Gitarre weggepackt. Dave konzentriert sich aufs Singen, bringt sich und seinen Mikrofonständer aber in den Hintergrund oder begibt sich über die frontal von der Bühne runter führende Treppe ins Publikum, wenn aufgrund eines eindrucksvollen Instrumentalsolos die Aufmerksamkeit der Zuschauer einem anderen Musiker gebührt.

Instrumente und Stimmbänder werden hier von Leuten genutzt, die wissen, was sie tun – und das ist gerade bei letzterem besonders eindrucksvoll, bedenke man, dass Dave 2020 mehrere operative Eingriffe an diesen Stimmbändern hatte. Davon zu hören ist nichts.

Nebst Songs vom neuen und bisher einzigen Album „Down For The Count“ der noch jungen Band, wird heute einiges an Cover-Songs aufgetischt. Ein Menu, bei dem die Gefahr gross ist, dass es fad schmeckt, gerade weil die präsentierten Lieder alles andere als unbekannt sind. Doch spätestens nach der aufgerockten, dave-and-the-dudes-personalisierten Version von „Jailhouse Rock“ sind diese Bedenken wie weggeblasen.

Ein Grossteil der Coversongs spielt Dave allein, ohne Band, bewaffnet mit der Gitarre vom Beginn des Konzertes und seiner Stimme. Der Setlist-Zettel wird weiterhin nicht beachtet und alles Mögliche in einer akustischen Version vorgetragen, ausser das, was auf dem Zettel steht. Unter anderem Stücke, die das Publikum sich wünschen darf. Dies führt dazu, dass „Achy Breaky Heart“ von Miley Cyrus‘ Vater gespielt wird, allerdings unter der Bedingung, dass die zwei Damen, die dieses doch sehr geschmacksabhängige Lied gewünscht haben, dazu tanzen. Auf der Bühne. Und erstaunlicherweise kommen sie sogar dieser Forderung nach.

Ebenso erstaunlich ist sicherlich Daves Spontanität und dessen dafür benötigtes musikalisches Können. Eine Spontanität von der Toni, Sänger von Voltage Arc, später überrumpelt wirkt, als er eingeladen wird mit Dave, wieder vereint mit seinen Dudes, „Summer Of 69“ zu singen. Allzu viel Zeit, dies zu proben scheint Toni nicht gehabt zu haben. Dennoch ist es eine Freude für das Publikum diese beiden Sänger, vielleicht einmalig, gemeinsam in Aktion zu erleben und laut den Refrain mitzugrölen.

Als krönender Abschluss wird eine Minderheit im Publikum mit „Basket Case“ von Green Day gewürdigt, inklusive Mini-Mosh mit Beteiligung von Dave Niederberger himself.

Das Fanzit – Dave & The Dudes, Voltage Arc

Voltage Arc konnten mich heute wie bereits einige Male zuvor, mit einer energiegeladenen, beinahe überdrehten Show überzeugen, wobei Show hier eigentlich fett geschrieben werden müsste.

Dave & The Dudes waren für mich vor diesem Konzert ein unbeschriebenes Blatt, das ich erwartungsgemäss eher unter „ruhig und sanft“ abgeheftet hätte. Eine falsche Erwartung wie der Auftritt im Böröm Pöm Pöm zeigte: Dave und seine Dudes haben, ähnlich wie Voltage Arc, einiges drauf, das dazu dient das Publikum sein Tanzbein schwingen zu lassen. Sicherlich eine der (unerwarteten) Entdeckungen der letzten Wochen!

Setlist – Voltage Arc

  1. Tonight
  2. Rockin‘ Man
  3. Break Free
  4. Sin City
  5. Upside Down
  6. Waiting To Get Wild
  7. If You Slow Down (You Lose)
  8. Hardrock Hotspot
  9. Apple Dream
  10. For Rock And Roll
  11. Never Forget To Drink
  12. Vogel-Lisi (ja wirklich)

Setlist – Dave & The Dudes

  1. Intro [Gerry Rafferty – Baker Street]
  2. Self Made Millionaire
  3. Man Enough
  4. Cliffhanger
  5. Running With The Boys
  6. Jailhouse Rock [Elvis Presley Cover]
  7. Thunderbolt & Lightfoot
  8. Get Over You
  9. Seafarer
  10. Acoustic-Solo-Part:
    1. Achy Breaky Heart [Billy Ray Cyrus Cover]
    2. Livin‘ On A Prayer [Bon Jovi Cover]
    3. Livin‘ La Vida Loca [Ricky Martin Cover]
    4. We Don’t Celebrate Sundays [Hardcore Superstar Cover]
    5. Don’t Stop Belivin‘ [Journey Cover]
  11. Only The Rich Survive
  12. Summer Of 69 [Bryan Adams Cover] feat. Toni von Voltage Arc
  13. Down For The Count
  14. Basket Case [Green Day Cover]

Fotos Dave & The Dudes, Voltage Arc (Nicky)


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/ 17.03.2024
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