Transatlantic

Progressive Rock
05.03.2014

Zum Frühstück mit Neal Morse

Auch wenn es gut 5 Jahre gedauert hat, bis die Hippie Prog Veteranen Transatlantic ein neues Studio Album auf den Markt gebracht haben, kann man sicher nicht von einer all zu langen Ruhepause sprechen. Roine Stolt hat zwischenzeitlich mit seiner Stammband „The Flower Kings“ zwei Studio Alben veröffentlicht, Pete Trewavas war u. a. mit Marillion sowie Edison`s Children beschäftigt, der berühmt berüchtigte Ex-Dream Theater Schlagzeuger Mike Portnoy ist so oder so immer und überall involviert, Neal Morse schrieb an seiner Biographie „Testimony“ und widmete sich nicht nur musikalisch intensiv christlichen Themen. Alles aufzuzählen was die Herren mal so „nebenbei“ noch aus der Hüfte geschossen haben, würde wohl hier den Rahmen sprengen.

Wir konzentrieren uns auf den Transatlantic Besuch im heimischen Z7, bei dem der aktuelle Release „Kaleidoscope“ vorgestellt wurde. Das Album schaffte es bereits in der ersten Woche auf Platz 13 der Schweizer Album Charts. Wir hatten die Gelegenheit mit Neal Morse ein paar Takte zu plaudern. Ganz entspannt klinkten sich ab und an auch Mike Portnoy und Ted Leonard in das Gespräch ein und sorgten für ein paar grossartige Lacher. Ted Leonard (Spock`s Beard, Enchant) übrigens, ersetze den kranken Daniel Gildenlöw (Pain of Salvation), welcher als fünftes Mitglied musikalisch die Band auf der Tour unterstützen sollte.

Metalinside (Liane – MI): Ihr kommt gerade aus Italien soweit ich informiert bin. Hattet ihr eine gute Zeit dort?

Neal Morse (NM): Ja, das war ganz grossartig. Wir spielten in Rom und Mailand. Aber ich muss sagen, es freut mich ausserordentlich, schon wieder hier im Z7 zu sein. Es ist alles so familiär hier und wir kennen das Personal mit dem Vornamen. Ich weiss gar nicht wie oft ich schon hier gewesen bin. Mit Spock`s Beard natürlich ein paar Mal, dann mit Flying Colors. Ich glaube seit den 90er Jahren kehre ich hier ein und aus. Die Leute hier unterstützen meine Arbeit schon seit etlichen Jahren. Das freut mich sehr. Ich habe sogar das Frühstück in Italien sausen lassen, weil das Essen hier so fantastisch ist. Übrigens ich müsste dringend mal was essen. Stört es dich, wenn ich während dem Interview hier frühstücke?

MI: Nein gar nicht. Sag jedoch ruhig, wenn du noch etwas Zeit benötigst. Wir können das Interview auch später fortsetzen.

NM: Ach nein, kein Problem. Ich finde es noch entspannend hier mit dir zu plaudern und nebenbei zu essen.

Gesagt, getan und schon stand ein saftiges Omelett mit frischen Tomaten vor ihm.

MI: Dann erzähl mal, wie waren die Konzerte im heissblütigen Italien?

NM: Oh es war fantastisch. Es ist immer aufregend in Europa zu sein, wo du innerhalb kürzester Zeit von A nach B fährst und dich plötzlich in einer total anderen Umgebung befindest bzw. auf andere Kulturen triffst. Die Italiener sind vielleicht emotionaler als die Schweizer aber ich bin sicher, auch wenn sich die Leute hier während einem Konzert eher ruhig verhalten, sie hören dir ganz genau zu.

MI: Es ist wohl mit Respekt und Aufmerksamkeit verbunden. Transatlantic spielt jedoch auch nicht unbedingt Musik, zu der man total ausrastet bzw. tanzt. Wie du sagst, man steht eher da und ist am Staunen.

NM: Obwohl, wir haben zwar schon den einen oder anderen rockigen Part in unseren Songs aber…mmhh…ich denke nicht, dass es unbedingt zum Tanzen einlädt. Hey Ted (Ted Leonard) was meinst du, haben wir tanzbare Musik? Hast du im Hotel heimlich zur Musik getanzt?

Ted Leonard (TL): Also, ja…

Und schon übertönt Mike Portnoy bevor Ted Leonard überhaupt etwas sagen kann

Mike Portnoy (MP): Ja klar, absolut! Da sind ein paar Parts im Song „Kaleidoscope“. Das fetzt. Wir könnten ein paar Einspieler auf die Leinwand projizieren! (lacht)

MI: Apropos Ted. Er ist für Daniel Gildenlöw von Pain of Salvation eingesprungen, der mit einer hartnäckigen Infektion kämpft.

NM: Ja, leider ist Daniel krank geworden und konnte uns nicht begleiten. Das ist wirklich schade, aber Ted ist ein hervorsagender Ersatz und unterstütze uns bereits auf der Tour durch Amerika. Ahm, Ted, hey Ted, kannst du mir etwas Ketchup rüber reichen? Oder was hat es da noch für Saucen?

TL: Nimm die extra scharfe Sauce hier, die wird dir sicher gefallen.

NM: Mensch, ich liebe Sauce vor allem zum Omelett. Du siehst, wir kennen uns hier sehr gut aus und wissen wo wir was finden. Das ist wie zu Hause.

MI: Ja, das Z7 ist unter vielen Musikern bekannt und beliebt. Neal, lass uns mal über die legendäre Kreuzfahrt reden, die soeben stattgefunden hat: Progressive Nation at Sea. Erzähle uns ein paar Impressionen. Wurdest du etwa seekrank?

NM: (lacht) Oh nein, es war ungewöhnlich ruhig da auf hoher See. Ich war schon auf einigen Kreuzfahrten, da meine Familie diese Art von Reisen sehr gerne hat. Meine Eltern haben uns schon auf diverse Kreuzfahrten mitgenommen und ich muss sagen, das Schiff auf dem Progressive Nation at Sea stattgefunden hatte, war unglaublich ruhig. Ich musste keine zusätzlichen Medikamente nehmen, da es absolut keinen Grund gab, seekrank zu werden. Es war ein Segen mit all diesen grossartigen Künstlern zusammen zu sein, die Fans waren toll und die Stimmung fantastisch. Für mich war es die bessere Variante zu einem regulären Festival. Dort bist du an einem Ort gefangen. Ob es regnet oder stürmt, du kannst da nicht weg. Auch die Verpflegung auf Festivals ist nicht gerade gut und du musst essen was auf den Tisch kommt. Zudem kann es sehr ungemütlich sein, da du wenig Rückzugsmöglichkeit hast oder immer auf der Suche nach einem ruhigen Plätzchen bist. Der Lärmpegel ist recht gross, da es meist unterschiedliche Bühnen gibt und aus allen Ecken Musik aus den Boxen dröhnt. Auf einem Kreuzfahrtschiff kannst du dich immer wieder mal auf dein Zimmer zurückziehen und das ist wirklich toll und vor allem sehr komfortabel. Die Bühnen sind in unterschiedliche Räumlichkeiten verteilt. Da gab es zum Beispiel das kleine Theater oder die Bühne draussen an Deck. Es war wirklich etwas Besonderes.

MI: Ein Drama, dass ich nicht kommen konnte. Wie viele Besucher waren denn dort?

NM: Oh das ist eine Frage für Mike. Hey Mike, kannst du sagen wie viele Besucher auf dem Schiff waren?

MP: Es waren 1500 Leuten da und Neal, habe ich da was gehört von wegen, es war das ruhigste Schiff auf dem du je gewesen bist? Das Schiff hat gewackelt und gerockt ohne Ende, Mann! Ach so, du hast vom Meer gesprochen…

MI: Wie kam die geheime Beatles Session dort zustande?

NM: Oh, die geheime Beatles Jam. Die war so extrem geheim, dass es jeder auf dem verdammten Schiff herausgefunden hatte. (lacht) Das war eine absolut coole Aktion. Ich wollte mich mit Mike in einer Art privaten Bereich treffen, um mit ihm ein paar Sachen zu besprechen. Er rief „Hey komm mal rüber, hier sind noch ein paar hundert Leute“. Das war alles ganz spontan und Damon Fox (Bigelf), Mark Mikel (The Pillbugs), Adrian Belew (King Crimson), Jimmy Keegan (Spock`s Beard) und Alan Morse (Spock`s Beard) kamen auch dazu. Hat wahnsinnig Spass gemacht.

MI: Das Line up auf „Progressive Nations At Sea“ war enorm und sicher auch für alle beteiligten Musiker eine grosse Bereicherung und vielleicht sind sogar dadurch neue Projekte für die Zukunft entstanden?

NM: Oh ja das war es. Wir hatten die Chance mit Jon Anderson (Ex-Yes) und Adrian Belew (King Crimson) zu spielen. Die Proben mit ihnen waren fantastisch und wir konnten dabei über die Bahamas schauen. Das war eine aussergewöhnliche Erfahrung.

MI: Mike, wird es diesen Event auch nächstes Jahr wieder geben?

MP: Wir hoffen, dass es nächstes Jahr nochmals stattfinden wird und müssen jetzt erst mal die Resultate mit den Leuten besprechen, die an der Organisation beteiligt waren. Vielleicht machen wir dann einen jährlichen Event daraus, wir werden es sehen.

MI: Es wird jedoch sicher schwierig werden, dieses Line Up zu toppen.

MP: Das ist wohl war, aber ich habe bereits schon genügend Ideen für das nächste „Progressive Nation At Sea“ gesammelt.

MI: Dann werde ich sicher mit dabei sein!

MP: Was du bist nicht dort gewesen? OK, das habe ich gehört. Du versprichst also, das nächste Mal mit dabei zu sein? Ich zähle auf dich! Weisst du, viele haben gesagt, dass sie dieses Mal nicht kommen, aber das nächste Mal mit dabei sind. Das Problem ist jedoch, wenn so viele beim ersten Mal nicht mit kommen, gibt es vielleicht kein weiteres Mal.

MI: Hoffen wir mal, dass es nicht so sein wird. Neal, deine Kinder haben sich geweigert mit auf die Kreuzfahrt zu kommen. Warum denn das? Du musst sie besser erziehen.

NM: (lacht) Nun, die Kinder haben Rollen in einem Theaterstück an der Schule. Dafür mussten sie jeden Tag üben und da sein. Wenn sie mitgekommen wären, hätten sie dort nicht teilnehmen können. Das Theaterstück war ihnen sehr wichtig und daher wollten sie nicht mitkommen. Es gibt Regeln an der Schule, dass man eine bestimmte Anzahl an Abwesenheitstagen nicht überschreiten darf. Es ging also aufgrund der Schulpflicht leider nicht. Aber meine Frau konnte mit dabei sein.

MI: Am 22./23. März in diesem Jahr wird ein „Get Closer“ Meeting im Gemeinschaftsraum Sportpark Kelsterbach (bei Frankfurt, Deutschland) stattfinden, wo auch du mitwirken wirst. Kannst du mir ein wenig mehr darüber erzählen?

NM: Im Jahr 2005 habe ich gebetet und hatte das Gefühl, dass Gott möchte, dass ich meine Gedanken und Geschichten teilen sollte und zwar in Europa und speziell in Deutschland. Das war seine Nachricht an mich. Seit dieser Zeit, komme ich mit meiner Familie 2-3 Mal pro Jahr nach Europa zu diesen Veranstaltungen. Meine Kinder wurden anfänglich zu Hause unterrichtet und wir waren dadurch sehr flexibel was die Reiserei anging. Später haben wir jedoch entschieden, dass es besser wäre, wenn sie eine gute reguläre Schule besuchen würden. Ab dann konnten wir nicht mehr so viel reisen. Mir gefällt es nicht, zu lange von meiner Familie getrennt zu sein, daher konnte ich nicht mehr so oft zu den Veranstaltungen kommen. Wir haben sehr viele christliche Freunde dadurch dazugewonnen was eine Bereicherung ist. Die Leute kommen von überall her, aus ganz Europa, um mit uns zu singen und den Herren zu lobpreisen. Wir tauschen uns über christliche Themen aus, musizieren gemeinsam und haben 2 Tage lang einfach eine gute Zeit. Die Veranstaltungen sind öffentlich und es kann jeder kommen, der das Bedürfnis dazu hat.

MI: Ich hoffe du nimmst es mir nicht übel, wenn ich sage, dass ich nicht sehr gläubig bin. Daher interessiert mich deine Meinung. Ist es deine Mission die Leute zum Glauben zu bekehren?

NM: Ach nein, das ist absolut ok. Ich finde jeder muss für sich den richtigen Glauben oder was auch immer finden. Etwas, das einem Kraft und Liebe gibt. Die Erfahrungen die ich mit Gott habe, sind für mich sehr wertvoll und ich bin unglaublich dankbar dafür. Ich verurteile niemanden, der das vielleicht nicht so sieht oder spüren kann. Meine Erfahrungen mit dem Schöpfer sind jedoch fantastisch.

MI: Lass uns nochmals auf die Musik zurückkommen. Gibt es Projekte für die Zukunft die du noch realisieren möchtest?

NM: Oh, ja ich arbeite gerade an ein paar Dingen. Es gibt ein Singer/Songwriter Soloalbum an dem ich gerade dran bin. Dann kommt das neue Flying Colors Album. Ich habe gerade heute die Rough Mixes angehört. Das wird toll. Es wird ein neues Neal Morse Prog Album kommen (lacht). Oh, es gibt so viele grossartige Projekte die ich am Start habe. Ich kann es kaum abwarten bis ich wieder zu Hause bin und weiter daran arbeiten kann. Ich habe so viele Ideen in meinem Kopf und ich freue mich, das alles verarbeiten zu können bzw. umzusetzen. Das wird mich noch eine ganze Weile auf Trab halten.

MI: Gibt es schon einen Zeitplan, was den Flying Colors Release betrifft?

NM: Leider können wir das noch nicht konkret sagen, aber wir hoffen stark, dass es Ende dieses Jahres noch auf den Markt kommen wird. Wir versuchen es zumindest.

MI: Neal ich danke dir recht herzlich für deine Zeit und freue mich extrem auf den heutigen Transatlantic Gig. Alles Gute!

Was danach im Z7 folgte, war ein Prog Schauspiel der besonderen Klasse. Drei Stunden spielten die Ausnahmemusiker für das Schweizer Publikum und boten neben Songs vom aktuellen Album „Kaleidoscope“ auch einige Leckerbissen von meinem Lieblingsalbum „The Wirlwind“. Da freut es mich doch um so mehr, die Band beim diesjährigen „Night Of The Prog“ an der Loreley (18./19. Juli 2014) in Deutschland nochmals erleben zu dürfen.

05.03.2014
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