Metalinside.ch - All Star Jam - Swiss Glam Rock Fest 2018 - Hall of Fame - Foto Friedemann
Sa, 27. Oktober 2018

1st Swiss Glam Rock Fest 2018 – Haïrdrÿer, Van Arx, Smoke ‘N’ Flame, Rusted Guns, Dizzy Fox

Hall of Fame (Wetzikon, CH)
/ 30.11.2018

«A hooker horny evening!» 

Leggins mit Raubkatzenmuster, jede Menge Glitzer und toupierte Mähnen prägten am Samstagabend die Szenerie in der Wetziker Ruhmeshalle. Grund dafür war das 1st Swiss Glam Rock Fest 2018. Wie die Erstausgabe dieser neuen Veranstaltung abgelaufen ist, könnt ihr den Zeilen des nachfolgenden Berichts entnehmen. 

In der Schweiz sind wir bekanntermassen in Sachen Konzertveranstaltungen und Festival eigentlich ziemlich verwöhnt. Die härtesten Kritiker würden wohl sogar von einer Übersättigung sprechen. Nichtsdestotrotz gilt die Glam-Sparte in unserem Land eher als Nischenprodukt. Smoke ‘N’ Flame-Frontmann und Visionär Crazy Harry Jetzer wollte dies nicht hinnehmen und rief aufgrund dessen gemeinsam mit zahlreichern Helfern – und auch dem Knowhow von Hall Of Fame-Chef Pasquale Salatino – das 1st Swiss Glam Rock Fest ins Leben. Einen Abend lang sollen die Besucher mit Hilfe von musikalischen Mitteln in die 80er-Jahre zurückkatapultiert werden – so der Plan. Verantwortlich dafür sind die folgenden Truppen: Dizzy Fox, Rusted Guns, Smoke ‘N’ Flame, Van Arx und Haïrdrÿer. Auf Facebook wurden die Fans im Vorfeld des Events regelmässig über den aktuellen Stand der Dinge informiert. Dank Interviews und Zeitungsartikeln versuchte man noch mehr Besucher zu gewinnen. Mein persönliches Highlight waren die äusserst amüsanten Vorstellungsvideos der einzelnen Bands. Haïrdrÿer und Dizzy Fox versuchten sich beispielsweise an einem schweisstreibenden Völkerball-Duell. Von einem solch intensiven Rühren der Werbetrommel könnten sich andere Veranstalter ruhig einmal eine Scheibe abschneiden.

Ich treffe circa um 18.15 Uhr am Ort des Geschehens ein. Heute Abend gibt es allerdings nicht bloss musikalische Darbietungen zu bestaunen. Die Kollegen von Metal Factory sind mit ihrem CD-Stand am Start. Wer interessante Scheibchen erwerben möchte, sollte somit ganz klar bei ihnen vorbeischauen. Des Weiteren haben Besucher die Möglichkeit, sich mit diversen Glam-Artikeln einzudecken. Die Rede ist hierbei von mit Haarspray getränkten Perücken, Glitzerarmbändern, selbst designten Jacken oder den markanten Leoparden-Leggins. Nach dem gestrigen Black Metal-Gig in Winterthur werde ich heute somit einen echten Kulturschock erleben. So etwas kann auch nur ich mir antun – vielseitiger Musikgeschmack im Rock und Metal-Bereich sei Dank! Hall Of Fame-Technikmeister Mac fertigt mir dann noch meine eigene «Dutti’s Place»-Markierung an. Vielleicht entdeckt ihr sie ja bei eurem nächsten Besuch im HoF. Kleiner Tipp: Werft einmal einen genauen Blick auf die Gitter vor der Bühne.

Während ich versuche, die ganze Sache in Worten festzuhalten, kümmert sich Kollege Friedemann um das Bildmaterial. Bereits vor dem eigentlichen Showbeginn hüpfen ihm ein paar ablichtenswerte Sujets vor der Linse. Von wegen prüde – diverse Besucher haben tatsächlich die Glam-Klamotten montiert. Das sieht man gerne. Die Optik passt. Kurz vor 19 Uhr bahnt sich Crazy Harry einen Weg ans Mikro, um den Konzertreigen mit ein paar Worten offiziell ins Rollen zu bringen. Er verspricht uns eine «hooker horney show». Dies soll im Laufe des Abends zum Leitspruch der heutigen Veranstaltung mutieren. Vergleichbar wäre an dieser Stelle das «Isch das öpis gsi?» vom Ice Rock-Festival.

Dizzy Fox

Eine Runnig Order wurde im Vorfeld nicht bekanntgegeben. Sämtliche Gruppen sollen die gleiche Chance auf eine anständigen Besucherandrang haben. Alles haben zudem eine Spielzeit von rund 40 Minuten zur Verfügung. Den Auftakt machen Dizzy Fox aus Bülach. Die Sleaze/Hard Rocker zelebrieren am 1st Swiss Glam Rock Fest erst den zweiten Auftritt ihrer jungen Bandkarriere. Als Intro dröhnt der Soundtrack der US-amerikanischen Fernsehserie Magnum aus den Boxen. Mit den Bildern von Tom Selleck und seinem Schnäuzer im Kopf unternimmt man effektiv eine Reise zurück in die 80er-Jahre.

Der Fünfer schreitet mit viel Spielfreude zur Tat. Von Nervosität fehlt jede Spur. Rhythmusgitarrist Freddy plagen zu Beginn zwar ein paar technische Probleme, aber glücklicherweise kriegt er diese bald in den Griff. Lead-Klampfer Luke – den man unter anderem ebenfalls für sein Engagement bei Hysteria kennt – trägt durchgehend ein Grinsen im Gesicht. Dies könnte daran liegen, dass sich in den  Publikumsreihen einige Angehörige tummeln. Sänger Dariolicious verfügt über ein sehr geiles Stimmorgan. Ich neige ja dazu, häufig die Growls zu loben. Allerdings würde jemand, der die hohen Töne so locker meistert, eigentlich strenggenommen genau so viel Respekt verdienen. Zudem ist der junge Mann ein waschechter Sprücheklopfer. Unterhaltung für die Lachmuskeln ist garantiert.

Neben eigenen Nummern lassen die beduselten Füchse mit «It’s So Easy» zudem ein Guns N’ Roses-Cover in ihr Set einfliessen. Scheinbar darf heute Abend jede Band einen ausgewählten, fremden Song verwenden. Mit «First Bite» hat der Fünfer erstes Scheibenmaterial zum Verkauf mitgebracht. Mit den T-Shirts hat’s offenbar jemand versaut, aber die Jungs möchten niemanden anschwärzen. Ab der zweiten Gig-Hälfte wirkt dann auch die Zuhörerschaft ein bisschen aktiver. Dizzy Fox erweisen sich als guter Opener. Ich freue mich bereits jetzt auf ein baldiges Wiedersehen mit den Füchsen.

Setliste – Dizzy Fox

  1. Seems So Real
  2. Spirit
  3. Bite It
  4. Sweet Delight
  5. It’s So Easy (Guns N’ Roses-Cover)
  6. Wicked
  7. Outta Here
  8. Over The Top

Rusted Guns

Den verrosteten Knarren aus Aarau bin ich schon einmal am einem Swiss Metal Masters-Festival über den Weg gelaufen. Damals konnten mich die Herrschaften voll und ganz überzeugen. Ob ihnen dies abermals gelingen wird? Leider nicht ganz. Erst im zweiten Showteil nehmen Rusted Guns so richtig Fahrt auf. Lucas Clay Widmer darf seine Stimmbänder jedoch nicht überstrapazieren und muss diese mit einer Dosis Tee pflegen. Glücklicher verrät uns der Vierer den Namen des Heilmediziners für alle Problemchen auf dieser Erde: «Dr. Glam». Ein bärenstarker Track! Das von mir bei der letzten Begegnung gefeierte «Juicy Lucy» gibt’s dieses Mal leider nicht auf die Lauscher. Dafür brillieren die Jungs mit ihrer Version von Kenny Loggins’ «Danger Zone». Ausgezeichnete Wahl für ein Cover. Da Lucas unglücklicherweise zu viel quasselt hat, reicht’s am Ende nicht mehr für eine Zugabe. Von der Leistung her waren Dizzy Fox besser, aber in Sachen Outfits macht den Knarren so rasch keiner etwas vor.

Setliste – Rusted Guns

  1. Shit On The Wall
  2. Cock your Guns
  3. Never Die
  4. Liar
  5. Dr. Glam
  6. Space Invaders
  7. She’s On Fire
  8. Danger Zone (Kenny Loggins-Cover)

Smoke ‘N’ Flame

Eine coole Geste folgt mit dem Auftritt der nächsten Kapelle. Wer geglaubt hat, dass sich Organisator Crazy Harry den finalen Slot gesichert hat, wird nun eines Besseren belehrt. Smoke ‘N’ Flame gehen nämlich bereits jetzt an den Start. Wie bereits erwähnt wird es heute Abend keinen Headliner geben. Dies hindert die vier Glam Rocker jedoch nicht darin, eine grandiose Show vom Stapel zu lassen. Um sich zusätzlich austoben und in Szene setzen zu können, stehen den Herrschaften ein paar Podeste zur Verfügung.

Der Frontmann trägt zweifelsohne das bisher erotische Beinkleid des Abends. Seine geballte Manneskraft wird dank diesen überaus auffallend betont. Stabil sind die Hosen zudem auch noch – denn sie überstehen die regelmässigen Sprünge des Sängers, ohne zu reissen. Mister Crazy verfügt über ein freches Mundwerk, aber dies scheint im Glam-Bereich wohl einfach dazuzugehören. Unter anderem gibt er grinsend an, dass sexuelle Belästigung sein Hobby sei (Ironie lässt grüssen). Das scheint auf einige Damen etwas abschreckend zu wirken, denn trotz liebgemeinter Aufforderung möchte keine zur Erweiterung seiner Büstenhalter- und String-Sammlung einen Beitrag leisten. Nicht einmal die Aussicht auf ein Gläschen Prosecco kann die Ladies umstimmen. Harrys Mutter befindet sich übrigens ebenfalls im Publikum und wird von ihrem Sohnemann freundlich gegrüsst.

Die Truppe hat einige ansprechende Tracks im Repertoire. Bei einer Nummer wirkt dann eine Gastsängerin mit, die allerdings zuerst ein funktionierendes Mikro finden muss. Glücklicherweise bekommen wir ihre hammermässige Stimme doch noch zu hören. Helferlein verteilen anschliessend Leuchtstäbchen in den Publikumsreihen. Die Party kann ungebremst weitergehen. Dass ausgerechnet Harry beim Stück «I Love Beautiful Girls» ein kleiner Texthänger unterläuft, sei ihm an dieser Stelle verziehen. Wie kompensiert man das? Tja, der Fronter lässt sich kurzerhand zu einer Crowdsurfing-Aktion hinreissen und wird auf Händen bis zur Bar getragen. Kann man schon einmal so machen. Mit einem Konfettiregen beendet der Vierer schliesslich sein Set. Da dürfte wohl nach den Festivitäten einiges an Arbeit auf die Putzequipe zukommen.

Setliste – Smoke ‘N’ Flame

  1. Why Should I
  2. Dirty & Sweet
  3. Call My Crazy
  4. Take All You Need
  5. Unskinny Bop (Poison-Cover)
  6. I Love Beautiful Girls
  7. You Rock My Heart

Van Arx

Hmm, an wen erinnert mich Van Arx-Leadgitarrist Tyler String? Ah, jetzt fällt es mir wieder ein. Ohne Bart könnte er glatt als ungeschminkte Version von KISS-Fronter Paul Stanley durchgehen. Stimmlich liegen die beiden ebenfalls nahe beieinander. Mister String teilt sich die Bühne mit Brewster Kickass am Bass und Sticky Martin an den Drums. Während des Auftritts schnappe ich so nebenbei erstmals die Nennung der heutigen Besucheranzahl auf. Rund 250 Nasen sollen sich in die Ruhmeshalle verirrt haben. Das ist zweifelsohne alles andere als eine schlechte Ausbeute für das 1st Swiss Glam Rock Fest. Der Auftritt des Trios scheint die Mehrheit der Leute allerdings nicht zu interessieren. Im Vergleich zu Smoke ‘N’ Flame müssen die Basler mit einer überschaubaren Zuhörerschaft auskommen. Nichtsdestotrotz legen sie einen souveränen Auftritt hin. Einzig Brewsters Mikro hätte ruhig von Anfang an lauter eingestellt sein dürfen.

Setliste – Van Arx

  1. Make My Day
  2. Stand Together
  3. Rock Battle
  4. Stay Tonight
  5. Rock And Roll Master
  6. Heatstrokes (Krokus-Cover)
  7. Crazy
  8. Bang Your Head
  9. You Like To Party

Haïrdrÿer

Die Nidwaldner Haartrockner lassen sich beim Soundcheck ziemlich viel Zeit. Insbesondere bei Felix Commerells Keyboard will man irgendwie auf keinen grünen Zweig kommen. Schliesslich klappt’s dann glücklicherweise doch noch. Strom an und los! Der Fünfer zieht das Publikum, welches nun wieder zahlreich vor der Bühne versammelt ist, in seinen DeLorean («Back To The Future» lässt grüssen) und braust auf direktem Weg zurück in die 80er-Jahre. Sänger David Niederbergers Frisur nach zu urteilen, muss er sich wohl kurz vor Showbeginn mit einer Steckdose vergnügt haben. Entweder das – oder im Backstage-Bereich stehen jetzt bloss noch leere Haarspraydosen herum. Genau so beeindruckend wie seine Mähne, ist auch sein Stimmorgan. Problemlos schwingt sich der Sänger von einer zu nächsten hohen Note.

Bei der Wahl ihres Covers treffen die Jungs ebenfalls voll ins Schwarze: «Runaway» von Bon Jovi. Hammermässig vorgetragen. Diese Nummer passt einfach zu Haïrdrÿer. Damit sorgen sie bei der Zuhörerschaft für eine ausgelassene Fete. Ihre eigenen Stücke brauchen sich jedoch keinesfalls zu verstecken. «Grow Your Haïr» beginnt beispielsweise mit markanten Synthesizer-Klängen, die uns Felix entgegen schleudert. Direkt im Anschluss folgt mit «Fighter» ein brandneuer Track. Am dazugehörigen Album werkeln die Jungs bereits fleissig herum. Es kann somit sehr gut sein, dass wir uns 2019 an einer neuen Haïrdrÿer-Scheibe erfreuen werden. Bis dorthin sorgen weiterhin bestehende Kracher wie das mitreissende «Call Me At Midnight» oder «Backstage Pass» für Furore.

Dass man während Konzerten des Fünfers auch plötzlich einmal einen Besen in die Hand gedrückt bekommt, habe ich Mitte November des vergangenen Jahres erstmals erlebt. Allerdings wird damit nicht die Bühne gewischt, sondern an der Seite von Marco und Luca Troxler fleissig abgerockt. Für einen kurzen Augenblick mutiert man also zum sogenannten «Besisten». Meine Dienste werden heute leider nicht benötigt. Die Wahl fällt auf ein attraktives Mädel, das ebenfalls einen tollen Job macht. Hätte ich kaum besser hingekriegt. Die Haartrockner beweisen mit diesem grandiosen Auftritt abermals, dass sie zum Besten zählen, was unsere lokale Glam-Szene zurzeit zu bieten hat.

Setliste – Haïrdrÿer

  1. Can’t Stop The Rock
  2. My Lady Stood Me Up
  3. Runaway (Bon Jovi-Cover)
  4. Grow Your Haïr
  5. Fighter (neuer Song)
  6. Call Me At Midnight
  7. Backstage Pass
  8. Mrs. Whiskey

All-Star Jam

War’s das schon? Nö, denkste. Die Musiker haben noch ein Ass im Ärmel. Sämtliche Akteure des heutigen Abends versammeln sich auf der Bühne und performen nochmals zwei 80er-Klassiker: «Here I Go Again» (Whitesnake) und «You Give Love A Bad Name» (Bon Jovi). Beide Nummern werden mit einer unglaublichen Spielfreude vorgetragen. Das Publikum gibt ebenfalls ein letztes Mal Vollgas. Man hätte sich eindeutig keinen besseren Festivalabschluss vorstellen können.

Setliste – All Star-Jam

  1. Here I Go Again (Whitesnake-Cover)
  2. You Give Love A Bad Name (Bon Jovi-Cover)

Einer geht noch! Die Konzerte sind zwar vorbei, aber die Fete geht weiter. Der Kostümwettbewerb ist auf der Suche nach der Glam-Königin und dem Glam-König des Abends. Die Kandidaten werden von Harry auf die Bühne gebeten. Anschliessend übergibt er dem Publikum die Rolle der Jury. Bei den Herren steht der Sieger ziemlich rasch fest. Die Mädels sorgen dagegen für ein knappes Rennen. Das führt am Ende dazu, dass gleich zwei von ihnen den Titel der Königin einsacken. Meine Wenigkeit gönnt sich jetzt jedenfalls noch ein finales Feierabendbierchen.

Das Fanzit

Das 1st Swiss Glam Rock Fest war ein echter Erfolg. Gelungene Premiere und da freut man sich auch schon auf die nächste Ausgabe. Das Hall Of Fame hat sich als die passende Location für eine Veranstaltung dieser Art erwiesen und war gut besucht. Von den Bands konnten mich insbesondere Dizzy Fox, Smoke ‘N’ Flame und die bärenstarken Haïrdrÿer aus «Haïrgiswil» vom Hocker hauen.

Aber wo könnte man sich für die zweite Festivalausgabe noch verbessern? Ich persönlich hätte eine Idee für das Line Up. Weshalb nicht eine ausländische Glam Metal oder Rock Band in die Schweiz einladen? Es muss ja nicht eine Übergrösse sein, die gleich jedes Budget sprengt. Aber Truppen wie Reckless Love oder Crashdïet könnten durchaus einen zusätzlichen Anreiz darstellen und noch mehr Besucher anlocken.

Fotos Swiss Glam Rock Fest 2018 – Hall of Fame (Friedemann)


Wie fandet ihr das Konzert?

/ 30.11.2018
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