Rhapsody of Fire - The Eighth Mountain (Cover Artwork)
Mi, 18. November 2020

Rhapsody of Fire – Interview mit Alex Staropoli

Symphonic Power Metal
18.11.2020
Rhapsody of Fire - The Eighth Mountain (Cover Artwork)

Jedes Album ist etwas Besonderes für mich

Einen besonderen Anlass gab es nicht, es war schlicht und einfach mal Zeit ein Interview zu führen mit der Band, die mich zum Metal gebracht hat: Rhapsody of Fire. Keyboarder, Komponist und Gründungsmitglied Alex Staropoli hat sich per Mail geduldig meinen Fragen zu heute und früher gestellt. Nachfolgend lest ihr die übersetzte Version, in der er sogar noch einige Dinge von morgen durchschimmern lässt.

Metalinside.ch (Raphi): Danke, dass du dir Zeit nimmst. Wie geht es dir?

Alex: Danke, dass ich zu diesem Interview eingeladen wurde! Mir geht es grossartig, ich arbeite an den endgültigen Orchesterarrangements für das neue Studioalbum.

MI: Schön zu hören. Letztes Jahr habt ihr ja ein neues Album veröffentlicht: The Eighth Mountain. Welches ist im Rückblick dein Lieblingssong darauf?

Alex: Das sind die üblichen unmöglichen Fragen, haha! Heute würde ich „The Legend goes on“ wählen.

MI: Auf der Tournee habt ihr The Eighth Mountain in voller Länge gespielt. Das sieht man sonst praktisch nur bei Geburtstagsshows von Klassikeralben. Weshalb habt ihr euch dazu entschieden?

Alex: Die Aufregung der Band darüber, ein neues Album veröffentlicht und eine neue Saga begonnen zu haben, an die wir zu hundert Prozent glauben, hat uns leicht zu der Entscheidung gebracht, das Album in seiner Gesamtheit aufzuführen! Das wurde von unseren Fans sehr begrüsst und es hat viel Spass gemacht, es zu spielen.

MI: Da ihr euch an die Tracklist des Albums haltet, kommen die beiden eher ruhigen Songs „White Wizard“ und „Warrior Heart“ direkt nacheinander. Funktioniert das an den Konzerten gut?

Alex: Es hat einfach magisch funktioniert. „White Wizard“ ist tatsächlich einer meiner Lieblingstracks.

MI: Mit der aktuellen Setlist spielt ihr ja jeweils 100 Minuten oder mehr. Ist da für Rhapsody of Fire ein Maximum erreicht oder würdet ihr lieber noch länger spielen?

Alex: Wir haben in der Vergangenheit bereits 120 Minuten gespielt, aber es kommt immer auf den Anlass an. Es kann für alle Bandmitglieder ein bisschen anstrengend sein, jeden Abend so lange zu spielen. Im Falle der aktuellen Tournee war es klar, dass wir ausgiebiger spielen würden als sonst.

MI: Wenden wir uns mal dem Drumherum auf der Bühne zu. Bevorzugst du eher eine schlichte Show mit dem Fokus auf die Musik oder hast du Freude an vielen zusätzlichen Elementen?

Alex: Ich mag beides. Ich habe kein Problem damit, in Clubs zu spielen, in denen die Bühne nicht so gross ist, weil wir in diesen Fällen sehr nah am Publikum sein und eine intime Verbindung mit ihm herstellen können. Auf der anderen Seite sind grössere Bühnen, Requisiten, Pyros, weite Räume, sehr aufregend für die Band und auch für die Fans.

MI: Wie würde denn deine Traumshow für Rhapsody of Fire aussehen, wenn du ein unlimitiertes Budget hättest?

Alex: Bei einem unbegrenzten Budget sind der Fantasie und den Ideen keine Grenzen gesetzt, es wäre sicher verrückt, aber das Wichtigste wäre immer noch, die richtige Atmosphäre und den richtigen Sound für unsere Fans zu schaffen. Ich würde sicherlich Orchester und Chor mit einbeziehen.

MI: Bleiben wir noch etwas beim aktuellen Album. Welche Bedeutung hat die Zahl 8 im Titel?

Alex: Die horizontal platzierte Zahl 8 steht für das unendliche Symbol. Roby (De Micheli, Gitarrist, Anm. d. Red.) mochte es, die Geschichte damit zu beginnen. Zahlen im Allgemeinen sind für die Saga aber ohnehin nicht so speziell relevant.

MI: Stichwort Saga – ihr habt euch erneut für eine Fantasy-Geschichte entschieden. Bist du selbst ein Fantasyfan?

Alex: Ich bin und werde mich immer von der Fantasiewelt angezogen fühlen, und zwar insgesamt in Bezug auf Geschichten, Filme und Bilder. Ich kann einfach nicht anders. Ich habe einen Film wie Der Herr der Ringe so sehr genossen! Die Zusammenarbeit mit Sir Christopher Lee ist der beste Beweis dafür, wie sehr ich epische Fantasy-Geschichten liebe und wie stark all diese Elemente in Verbindung mit Rhapsody of Fire stehen und immer stehen werden.

MI: Mir ist übrigens aufgefallen, dass das Albumcover nicht symmetrisch ist. Das gefällt mir, denn in letzter Zeit waren viele Cover symmetrisch. Habt ihr das bewusst gewählt?

Alex: Unsere vorangehende Veröffentlichung, Legendary Years, hatte ein sehr symmetrisches Cover, manchmal macht es wirklich Sinn. Für das neueste Artwork brauchten wir ein bestimmtes Bild, und das ist meiner Meinung nach wunderbar gelungen dank Alex Charleaux.

MI: Hast du ein Lieblingscover aus eurer bisherigen Diskografie? Oder auch allgemein, also von anderen Bands?

Alex: Nun, Legendary Tales und Symphony of Enchanted Lands Pt.2 gehören meiner Meinung nach zu den besten. Ich bin kein Fan mehr von dieser Art von Artwork, mittlerweile bevorzuge ich etwas raffiniertere und realistischere Bilder. Ich kann mich nicht an bestimmte Cover anderer Bands erinnern, die meine Aufmerksamkeit erregt haben, aber ich bin sicher, dass es ein paar sehr gute gibt. Manchmal kann das einfachste Artwork oder sogar ein künstlerisches Foto ein Album so ansprechend machen. Früher war ich es gewohnt, in Musikgeschäfte zu gehen und Alben zu kaufen, indem ich mir nur die Cover-Artworks ansah. Was für eine grossartige Zeit das war!

MI: Ich würde gerne auch noch einige Fragen zu euren älteren Sachen stellen. Aus aktuellem Anlass natürlich zu Dawn of Victory, dessen 20 Jahre Jubiläum ihr feiert. Gefallen dir immer noch alle Songs darauf?

Alex: Sicher, einige davon gefallen mir. Diejenigen die wir noch immer live spielen, sind unsere Favoriten.

MI: Abgesehen von „Holy Thunderforce“ habt ihr auf der Tournee genau die erste Hälfte des Albums komplett gespielt…

Alex: Die Lieder, die wir aufführen wollten, sind auf dem Album tatsächlich schön nacheinander angeordnet und das hat mir wirklich gefallen, muss ich sagen. Das hat einen weiteren besonderen Moment in unseren letzten Shows geschaffen!

MI: Wieso ist Dawn of Victory eigentlich bisher euer einziges Album ohne Ballade?

Alex: Dawn of Victory sollte ein sehr kraftvolles Metal-Album sein, und zu dieser Zeit beschlossen Luca und ich ganz einfach, keine Ballade aufzunehmen. Power-Balladen sind sehr spezielle Momente für mich. Sie erlauben es, Musikalität auszudrücken, die man normalerweise nicht ausdrückt. Für jedes Album eine Ballade zu komponieren, wurde in unseren letzten Studioalben ganz normal.

MI: Bei der näheren Betrachtung eurer Diskografie (siehe Bandchronik) ist mir eine Art „Rhapsody-Struktur“ aufgefallen, die auf vielen eurer Alben vorkommt. Sie besteht aus einem Intro, einem folkigen Song, einem dramatischen Song oder einer Ballade sowie einem Longtrack und umfasst so um die zehn Songs. Hast du darüber schon mal nachgedacht?

Alex: Nun, im Allgemeinen glaube ich, dass jeder Komponist und jede Band bestimmte Richtlinien und Wege haben, denen sie gerne folgen. Im Falle der Musik, die ich komponiere, strebe ich das nicht unbedingt an, aber am Ende passiert es eben doch, hahaha! Für das neue Album an dem ich arbeite, gibt es zum Beispiel nicht die übliche lange Suite. Ich freue mich so sehr darauf, dass das Album veröffentlicht und auf der ganzen Welt gehört wird, aber es ist noch ein langer Weg, bis ich das endgültige Master-Tape in den Händen halte.

MI: Ebenfalls ist mir aufgefallen, dass sich die Orchestrierung im Laufe eurer Karriere verändert hat. Für welches Register im Orchester schlägt dein Herz?

Alex: Ich entscheide mich nicht vor dem Komponieren oder bevor ich eine Idee habe, welche Instrumente ich benutze. Es sind die Musik und die Lieder, die nach diesem oder jenem Instrument verlangen. Für The Eighth Mountain habe ich nur eine schöne Streichergruppe und eine Blechbläsergruppe aufgenommen. Das war, was ich benötigt habe. Natürlich ist der Einsatz eines kompletten Orchesters, wie wir es in der Vergangenheit getan haben, immer eine Option.

MI: Über eure ersten fünf Alben (Rain of a Thousand Flames mitgezählt) korreliert die Zunahme an Blechbläsereinsätzen mit der zunehmenden Dramatik der in den Texten erzählten Geschichte. War das so beabsichtigt?

Alex: Ich mag Blechbläser sehr gerne. Es gibt viele Instrumente, die dramatische Texte und musikalische Momente definieren und unterstreichen können, aber Blechbläser – Trompeten, Hörner, Posaunen und vor allem Tuben – sind die bekanntesten und mit Sicherheit die epischsten Instrumente dafür.

MI: Ebenfalls scheint es, als ob die Chöre zahlreicher werden, je weiter die Geschichte über die Alben hinweg fortschreitet?

Alex: Wir haben in unserer Musik immer gerne Chöre, epische Rockchöre und Opernchöre. Seit dem ersten Album haben wir diese Klänge angestrebt. Es gibt nichts Besseres als grosse Chöre; sie können mit voller Kraft singen oder ganz sanft und es ist immer ein Vergnügen, sie aufzunehmen und einzumischen.

MI: Ihr habt zwar nach wie vor Erzählerstellen auf euren Alben, aber die sind im Verlauf der Zeit etwas zurückgegangen. Hat sich dieses Stilmittel etwas abgenutzt?

Alex: Erzähler zu haben, war eine sehr tolle Phase. Es wurde von der Saga vorgegeben, die wir zu dieser Zeit schufen. Ich denke, dass es etwas ist, das wir nicht wiederholen müssen. Im Moment ziehe ich es vor, mich auf das Schreiben von Liedern zu konzentrieren und einen gewissen Fluss über ein Studioalbum zu erzeugen.

MI: Wenn du nun auf alle Alben von Rhapsody of Fire zurückblickst, würdest du irgendwo etwas ändern aus heutiger Sicht?

Alex: Nein, ich würde nichts ändern. Diese Lieder sind etwas Besonderes, so wie sie geschaffen und veröffentlicht wurden.

MI: Welches eurer Alben magst du denn am wenigsten von allen?

Alex: Jedes Album ist etwas Besonderes für mich. Wenn ich wirklich eines nennen müsste, würde ich wahrscheinlich „From Chaos To Eternity“ sagen. Es ist ein sehr gutes Album, das einige sehr coole Songs enthält, aber es überzeugt mich nicht zu hundert, sondern nur zu neunzig Prozent. Der Unterschied zu den anderen Alben ist also nicht sehr gross. Es geht mehr darum, wie ich persönlich es empfinde und wahrnehme, als darum, wie du oder die Fans es wahrnehmen würden.

MI: Kommen wir zum Schluss doch nochmals auf Konzerte zurück. Gibt es Songs in eurem Backkatalog, deren Live-Aufführung schlicht unmöglich ist?

Alex: Ich glaube, jedes Lied ist spielbar. Es hängt alles davon ab, ob die Band es spielen will oder ob das Publikum es hören will. Unser Backkatalog ist ziemlich gross, deshalb neigen wir dazu, die relevantesten Lieder zu spielen. Bei der letzten Tournee wollten wir das ändern, indem wir The Eighth Mountain komplett spielen.  Wir wollten der Welt zeigen, dass wir auch neue aufregende Musik für unsere Fans haben. Ich sage dir, die Resonanz unserer Fans auf die neuen Songs war unglaublich. Wir haben unseren Augen und Ohren nicht getraut! Das Album kam kurz vor Beginn der Tournee heraus, und der Grossteil unserer Fans kannte die Lieder und Texte bereits! Das war wirklich erstaunlich und inspirierend für uns.

MI: Das ist schön zu hören. Kannst du dir auch eine Rhapsody of Fire-Show ohne euren traditionellen Abschlusssong „Emerald Sword“ vorstellen?

Alex: Ich kann. Ob die Fans das ebenfalls können, bin ich mir nicht sicher. Wenn das Publikum es verlangt, werden wir „Emerald Sword“ für immer spielen, bis ans Ende der Zeit!

MI: Bis dahin dauert es hoffentlich noch eine ganze Weile, aber unser Interview ist nun zu Ende. Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast und weiterhin alles Gute und viel Erfolg mit eurer Musik!

Alex: Nochmals vielen Dank für deine sehr netten Fragen! Keine langweiligen darunter, haha! Ich grüsse alle auf Metalinside.ch und hoffe, euch bald zu sehen! Bleibt gesund und unversehrt!

18.11.2020
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