Greenfield Festival 2024 - Band Contest
Mi, 13. März 2024

Greenfield Band Contest – All To Get Her, Polar Shift, Sons Of Coherence

Dynamo Werk 21 (Zürich, CH)
28.03.2024
Greenfield Festival 2024 - Band Contest

Der Nachwuchs ist sichergestellt!

Am 13. März spielten drei junge Bands um den ersten Platz des Greenfield Band Contests. Namentlich kamen die zahlreichen Besucher in den Genuss von All To Get Her, Polar Shift und Sons Of Coherence. Doch nur eine Band kann gewinnen und das Greenfield Festival eröffnen…

Wer beim Spektakel mit von der Partie sein wollte, musste spontan noch Zeit haben. Weniger als eine Woche vor dem Event wurde dieses kurzfristig angekündigt. Auch die Bands hatten anscheinend nicht ewig Vorlaufzeit, doch glücklicherweise hat alles gut geklappt. Die drei Finalisten, die aus vielen Bewerbungen ausgesucht wurden, sind ready to rock. Rock gibt es auch einige Stockwerke weiter oben im Saal des Dynamos : Spidergawd spielen auf; unter anderem unser Dutti zählt sich dort zu den Gästen.

Unten im Werk 21 kostet der Eintritt lediglich einen Fünfliber. Wohl ein Mitgrund, wieso das Werk 21 schon kurz nach Türöffnung relativ voll wirkt, obwohl der Event wie erwähnt eher kurzfristig angekündigt  wurde. Ein weiterer Grund dürfte das allgemeine Interesse am Contest sein. Wohin man schaut, sieht man bekannte Gesichter aus der Szene, unter anderem auch viele Mitglieder anderer Bands.

Der A4-Zettel am Eingang verrät, wie der Abend ablaufen wird: Jede Band erhält eine halbe Stunde Spielzeit, dazwischen sind jeweils zwanzig Minuten für den Umbau einberechnet. Die Kandidaten spielen in aufsteigendem Härtegrad: Zuerst All To Get Her, dann Polar Shift und zuletzt Sons Of Coherence. Die Jury wird sich anschliessend weitere zwanzig Minuten für die Beratung nehmen und schlussendlich um 23 Uhr den Gewinner des Greenfield Band Contests bekanntgeben.

All To Get Her

Der spannende Teil des Abends geht los. Wie legen sich die Bands ins Zeug? Wer wird das Publikum am meisten überzeugen, und vor allem: wer die Jury? Nun, in der Kategorie «ins Zeug legen» kann man All To Get Her kaum Punkte abziehen. Mit ihrem rockig angehauchten Pop Punk legt das Quartett einen Auftritt hin, der das Publikum ab der allerersten Sekunde packt. Das ist für «Opener»-Verhältnisse absolut ungewöhnlich!

Klar, eine sehr wichtige Rolle spielt hier der Fanclub, den die Band zum Besuch animieren konnte. Wie gewohnt stehe ich relativ weit vorne, und hier bin ich tatsächlich umgeben von Leuten, die die Songtexte auswendig können und lautstark mitjohlen. Doch über die Fans hinaus ist es vor allem Fronter Andy, der mit seinem ungeschlagenen Charisma für Stimmung sorgt. Wie ein Lagerfeuer versprüht er jene Funken, die sprichwörtlich aufs Publikum überspringen. Klar, da wurde der eine oder andere Trick vorbereitet: Schon nach dem ersten Song lockt die Band zum Beispiel mit T-Shirts, wenn das Publikum genügend mitspringt. Es gibt direkte, unzensierte Ansagen, das Publikum wird zum Mitsingen aufgefordert, Musiker verirren sich ins Publikum und nebenbei bezeichnen All To Get Her sich – im Vergleich zu den beiden anderen Kapellen – als Kuschelrock.

Doch dieser Kuschelrock, wenn wir bei diesem Wort bleiben wollen, macht Laune! Das bunte Licht passt wie abgestimmt zum Pop Punk, der Fanclub sorgt wie ein Katalysator für den einen oder anderen hüpfigen Pit und nicht zuletzt präsentieren All To Get Her einige sehr eingängige Songs. Nach dreissig Minuten ist klar: Wenn die anderen beiden Bands eine Chance haben wollen, müssen sie mächtig Gas geben.

Setlist – All To Get Her

  1. We Are Liars
  2. Get Away
  3. Plastic
  4. Sweet Dopamine
  5. Mess
  6. Disaster

Polar Shift

Nach einer kurzen Umbaupause geht es etwas düsterer und vor allem härter weiter. Für Polar Shift ist das heutige Finale ein Heimspiel. Die sechs Herren spielen eine Art Metalcore mit jeder Menge Djent-Elementen und der einen oder anderen elektronischen Note. Musikalisch finde ich die jetzt präsentierten Songs um ein Vielfaches spannender (und sie sind auch abwechslungsreicher), doch das Publikum vermögen Polar Shift vor allem anfangs weniger gut abzuholen als zuvor noch All To Get Her. Dafür ist der Auftritt schlicht zu statisch, die Musik zu wenig greifbar, und ja: die Lust der Musiker, den ersten Platz zu ergattern, anscheinend ein bisschen weniger ausgeprägt.

Das alles sind jedoch minimale Kritikpunkte an einem ansonsten sehr überzeugenden Auftritt! Auch jetzt gibt es Pits: und zwar, der härteren Musik geschuldet, richtige Moshpits, nicht nur «Hüpfpits» wie noch zuvor. Geheadbangt wird bis in die hinteren Reihen, und dass der progressive Touch der Songs die Besucher auf eine andere Art begeistert als Pop Punk, ist völlig klar. Spätestens ab «Shapeshifter» haben die Anwesenden zudem erfolgreich den richtigen Gang eingelegt und der Pit reicht teilweise fast bis zu den seitlichen Wänden. Zudem wird eine mächtige Wall Of Death zelebriert, die unter dem gewölbten Kellerdach bis weit nach hinten reicht.

Ja, müsste ich mich zwischen einem Auftritt von Polar Shift oder All To Get Her entscheiden, würde ich wohl erstere besuchen. Doch – ohne die Kriterien der  Jury zu kennen – vermute ich, dass im objektiven Direktvergleich All To Get Her wohl die Nase vorne haben… Aber halt, ein Act fehlt ja noch!

Setlist – Polar Shift

  1. Defeatist
  2. In Spite Of You
  3. Shapeshifter
  4. Inheritance
  5. Cerca Trova

Sons Of Coherence

Für den Gig der Sons Of Coherence schnappe ich mir ein Plätzchen seitlich in der Front Row. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass es sich zu ihrem «Groovecore», wie ihr Stil zuweilen bezeichnet wird, hervorragend headbangen lässt. Mit diesem Eindruck bin ich nicht der Einzige: Wenn ich nach links blicke, sehe ich jede Menge Mähnen durch die Luft wirbeln.

Musikalisch wird es nochmals eine Spur düsterer als noch zuvor. Die vier Musiker an Schlagzeug, Bass und Gitarre sorgen für eine rhythmische – das Wörtchen «Groove» in der Stilbezeichnung ist keineswegs zu hoch gegriffen – Unterlage, über die Fronter Sanji seine bösen Vocals legt. Der Vokalist, der während dem ersten Song vom Publikum her die Bühne betritt, erstaunt mit seinem Krächzen und Growlen nicht nur ab Platte, sondern jetzt eben auch live. Mit über die Nase laufendem Blut (er hat sich während dem Gig den Kopf angestossen und eine Wunde zugezogen) führt er gekonnt durch die Songs.

Die Aktivität in der Menge erreicht derweil den Höhepunkt des Abends. Circle- und Moshpits dominieren das Geschehen in der vorderen Mitte, auch Sanji verschlägt es zwischendurch in den Publikumsbereich. Eine Wall Of Death steht ebenfalls auf dem Programm; diese geht zwar weniger weit nach hinten, wirkt jedoch etwas intensiver als die andere zuvor bei Polar Shift. Allgemein scheinen die Pits heftiger und das Publikum ausdauernder als beim zweiten Act.

Viel zu schnell ist auch der dritte Auftritt vorbei. Sons Of Coherence haben sich von der hohen Messlatte, die die beiden anderen Bands angesetzt haben, nicht einschüchtern lassen und sackstark nachgelegt. Und nun? Wer gewinnt den Contest und wird am Greenfield Festival spielen dürfen?

Setlist – Sons Of Coherence

  1. Lost
  2. Diazepam
  3. Nameless
  4. Coherence
  5. Into Black
  6. Obvious Fate

And the winner is…

Fassen wir nochmals zusammen: Alle drei Bands hätten den Sieg absolut verdient. Wir kamen in den Genuss dreier Auftritte, die einzeln für sich betrachtet einen solchen Titel mehr als nur rechtfertigen würden. Und doch kann nur eine Band gewinnen. Für die Jury, in der auch unser pam mitwirkt, bestimmt keine leichte Entscheidung…

Der vom Greenfield bekannte Pat, der heute durch den Abend führte und nun die Gewinner bekanntgeben darf, bläst ins selbe Horn: Es sei knapp gewesen und schlussendlich hätten Details entschieden. Die Publikumsrufe des Fanclubs nehmen seine Verkündung dann vorweg: Gewonnen haben All To Get Her. Die vier Musiker fallen sich in die Arme, die anderen Bands gratulieren, und mit etwas Musik und einigen Gesprächen lässt man den Abend im Werk 21 ausklingen.

…und ennet em Röschtigrabe?

Der diesjährige Greenfield Band Contest fand in zwei voneinander getrennten Runden statt. Auf der anderen Seite des Röstigrabens, genauer genommen in der Sunset Bar in Martigny, fand das zweite Finale am 23. März statt. Gewonnen haben dort die waadtländischen Modern Metaller Alchemists.

Das Fanzit – Greenfield Band Contest

Das Finale des Greenfield Band Contests hat sich als wahren Publikumsmagneten erwiesen. Das Werk 21 war gut besucht; im Nachhinein habe ich sogar etwas von «Sold Out» gehört. Die drei Finalisten haben gezeigt, dass sie zurecht für das Finale ausgesucht wurden. All To Get Her setzten mit ihrem Pop Punk ab der ersten Sekunde ein Zeichen und deuteten an, dass sie auch das Greenfield Festival rocken können. Metallischer und vor allem Djent-lastiger wurde es bei Polar Shift, die spätestens in der zweiten Hälfte ihres Gigs für Eskalation sorgten. Sons Of Coherence rundeten den Abend mit ihrem «Groovecore» daraufhin hervorragend ab.

Alle drei Bands haben enorm viel Potenzial gezeigt. Diese Demonstration, das Interesse am Anlass und die Anwesenheit vieler anderer Musiker stehen stellvertretend für die meiner Meinung nach sehr gesunde Schweizer Metalszene.

Dass All To Get Her das Finale gewonnen haben, ist angesichts ihrer Leistung im ersten Slot absolut gerechtfertigt. Vor meinem geistigen Auge sehe ich bereits, wie sie an einem sonnigen Nachmittag auf einer viel grösseren Bühne für gute Stimmung sorgen. Genretechnisch passt ihr Pop Punk hierfür wohl auch am besten, doch dürfte das bei der Jury das kleinste Argument gewesen sein (pam: Oh doch – zumindest bei mir. Es ging nicht drum die beste Band zu küren, sondern die die am besten den Slot am Donnerstagnachmittag beim Greenfield ausfüllen kann. Und ja, da hatten All To Get Her sehr gurte Argumente dazu. Doch mehr will ich jetzt aus der Jury nicht ausplaudern, ausser dass es wirklich kein einfacher Entscheid war).


Wie fandet ihr das Konzert?

28.03.2024
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