

Eine Hymne an die Livemusik
Die Met-Bar ist beinahe leer. Trotzdem legen sich Head Smashed und PnB mächtig ins Zeug, um Pop Punk auf die Bühne zu bringen.
„Jede Woche mindestens ein Konzert? Wie kannst du dir das leisten?“ werde ich immer wieder gefragt, wenn ich von meinem Konsum dieser Form der passiven Unterhaltung erzähle.
Das immer heller leuchtende Popsternchen Chapell Roan gastiert im August dieses Jahres im Hallenstadion. Wer dieses Event erleben möchte, muss bereit sein, mindestens einen Hunderter hinzulegen; Servicegebühren und was Ticketcorner sonst noch an Maschen zur fraglichen Gewinnmaximierung in der Tasche hat, sind dabei nicht eingerechnet. Dieser Hunderter gilt im Rahmen der populären Musik – fern von Subkulturen – als akzeptabel oder, verglichen mit anderen Künstlern, gar als günstig. Parasoziale Beziehungen, vermeintliche Nahbarkeit oder schlicht und einfach, weil einem die Musik gefällt, führen dazu, dass die Leute den Preis bezahlen und die Konzerte trotzdem ausverkauft sind. Taylor Swift soll laut Hochrechnungen mit einer einzigen Tour eine Milliarde (nein, nicht „nur“ eine Million) erwirtschaftet haben. So funktioniert der Kompromiss von Angebot und Nachfrage. Doch jede Woche vermag kaum jemand nach diesem Angebot zu fragen.
Aber die Rock-Subkultur ist doch besser?
Im Grunde ist diese Masche unabhängig von der Musik-Stilrichtung überall zu beobachten. Wir, die Metalheads oder zumindest Fans von lauterer Musik, können jedoch stolz sein, dass unsere Acts und ihr Management so etwas wie ein kleines bisschen Moral haben: Generell werden die Konzerte zwar teurer, sind aber bezahlbar, redet man sich ein.
Es dauerte nur ein paar Minuten, bis die Metallica-Show in Zürich von 2026 ausverkauft war. Bei Rammstein oder AC/DC sah es nicht anders aus. Bei der hohen Nachfrage kriegt die Maschinerie hinter der Kunst auch hier den Hals nicht voll: Die Taylor Swifts der E-Gitarren sind ebenso eine Gelddruckmaschine wie die Radio-Stars. Die günstigsten Tickets kosten bei diesen Stars gut und gern 90–140 Franken, Tendenz steigend.
Geht es nicht anders?
Konzerte sind etwas Wunderschönes. Fernab von dem, was sich auf der Bühne abspielt, sind sie Orte, an denen man Leute kennenlernt, Interessen teilt oder schlicht und einfach Anlässe, um sich mit seinen Freunden zu treffen. „Third places“ werden solche Orte mittlerweile genannt. Auf Social Media schwärmen Menschen zwischen 15 und 30 von diesen Plätzen, an denen man sich physisch trifft, als wäre deren Existenz nicht mehr selbstverständlich und vielleicht sind sie das im Verständnis der genannten Personen tatsächlich nicht.
Ein gar nicht mal so kleiner Teil von Besuchern von Konzerten von Taylor Swift, Chapelle Roan oder Lady Gaga nennen als einen Grund des Besuchs, dass diese Events ein Freiraum für Frauen und queere Personen, frei von Belästigung und Beschimpfung sei. Doch müssen Eintritte in solche „Safe Spaces“ wirklich so teuer sein?
Ein Blick in die Musiklandschaft der Schweiz sagt klar: „Nein“, doch finanzieren sich die meisten günstigen Angebote durch viel Freiwilligenarbeit – in vielen Fällen nicht, da das Angebot zu billig ist, um rentabel zu sein, sondern da es von vielen nicht genutzt wird. Es wird eben lieber gefressen, was der Bauer frisst, und einem Ort, der nur spärlich besucht wird, möchte man nicht seine Freizeit schenken Schliesslich möchte man von Leuten umgeben sein. Paradoxerweise der Grund, weshalb kleinere Veranstaltungsstätten mit einem nischigeren Programm kaum besucht werden.
Zurück in die Met-Bar
Wie um diese These zu beweisen, ist die Met-Bar am Konzertabend der Bands Head Smashed und PnB beinahe leer. Knapp zwanzig Leute stehen im Raum oder sitzen am Tresen, die jeweiligen Mitglieder der gerade nicht auftretenden Band mitgezählt. Nicht sonderlich verwunderlich zeigt an diesem Abend das Publikum nicht gerade ausschweifende Emotionen, abgesehen von Mitleid für die Musiker in Form von erzwungener Beteiligung bei Aufrufen zum Springen, Mitsingen oder Klatschen: Spielchen, die die Acts fordern, als würden sie in einem ausverkauften Stadion stehen, deckungsgleich mit ihren „Shows“.
PnB
Vermutlich in der Hoffnung, dass einige Leute verspätet die Met-Bar erreichen, warten PnB eine Viertelstunde länger, bis sie das Konzert eröffnen. Dieses ist solide: Die Band bringt viel Energie auf die Bühne und bemüht sich, Stimmung in den Saal zu tragen, scheitert aber am müde wirkenden Publikum. Die Musik erinnert an eine Mischung aus den ersten Alben von Green Day, den „simpleren“ mit weniger Produktion, und dem Skate Punk von Sum 41, die sich im vergangenen Jahr aufgelöst haben (Review und Fotos zum letzten Konzert in der Schweiz). PnB wären ein würdiger Nachfolger, doch dass es 2025 einen neuen Pop-Punk-Senkrechtstarter geben wird, ist eher unrealistisch.
Für Pop Punk unerlässlich, man denke nur an „Wake Me Up When September Ends“, findet natürlich ein als Ballade angekündigter Song seinen Weg in die Setlist. Die Definition von Ballade ist nicht in Stein gemeisselt, ob viele „It Hurts“ ohne entsprechende Ansage als solche identifiziert hätten, ist fraglich.
Mit eigenen Punk-Coverversionen von Popsongs, wie sie bereits vor dem Konzert aus den Lautsprechern schallten, verabschiedet man sich von der Bühne. „Cotton Eyed Joe“, „All The Small Things“, über das man Diskussionen eröffnen könnte, ob es sich dabei um mehr Pop als Punk handelt, „Angels“ von Robbie Williams und „Hey Jude“. Lieder, die andernorts gern, als Alternative zu den Backstreet Boys, als Rausschmeisser eingespielt werden.
Mit einer Livedarbietung „herausgeschmissen“ zu werden, ist eine schöne Abwechslung.
Das Konzert ist zu Ende, es läuft eine Justin-Bieber-Punk-Coverversion und andere verpunkte Popsongs für Leute, die Punk hassen. Ich frage mich, wer diese Playlist zusammengestellt hat, und beschliesse, mal nach draussen unters Vordach zu stehen und dem Plätschern des Regens zu lauschen bis Head Smashed auftreten. Gefällt mir gerade besser als einfallsloser Pop in einem Pseudo-Punk-Gewand, das den Song noch anstrengender zu hören macht.
Doch für solche, die heute auf Radiomusik verzichten wollten, sollte es noch ärger kommen.
Head Smashed
Sonderlich lange dauert der Umbau nicht, obwohl Head Smashed Einiges auf die Bühne tragen. Dies unter anderem, da man auf einen weiteren Soundcheck verzichtet, was sich im Verlauf des Auftritts erstaunlicherweise nicht bemerkbar macht. Ein Grund mag vielleicht sein, dass man auf ein akustisches Schlagzeug verzichtet und anstelle eines solchen ein elektrisches aufbaut, was für den Mixer sicherlich erfreulich, aber auch hörbar ist. Es ist nicht der einzige stilistische Unterschied zu PnB. So ergänzt man die Live-Instrumente etwa durch Playback, was in den Eigenkompositionen nicht sonderlich heraussticht und deshalb als entbehrlich erscheint, aber bei diversen, oft exotischen Covern durchaus nachvollziehbar ist. Eines dieser Cover ist beispielsweise Dragostea Din Tei (der Majahi-Majahoo-Song), das ungefähr so qualvoll tönt wie die Version von Feuerschwanz. Die eigenen Kreationen sind deutlich angenehmer.
Dazu gehört beispielsweise eine leicht auf diverse Konzerträume anpassbare Hymne auf Veranstaltungsstätten. An diesem Konzert propagiert diese im Refrain:
D Met-Bar die isch gail
D Met-Bar die isch gail
Hüt Obig gömmer steil
D Met-Bar die isch gail
Wahrlich ein „lyrisches Meisterwerk“.
Um den Menschen im Raum das Mitsingen zu erleichtern, wird der Chorus auf den links und rechts neben dem Schlagzeug stehenden LED-Screens eingeblendet. Diese werden allgemein rege genutzt. Zu jedem Lied hat man, zur Trauer der Kunst vermutlich mit AI, zeitlich abgestimmte Animationen erstellt. Dies ist allerdings nicht das einzige visuelle Highlight auf der Bühne. Spezielle Scheinwerfer, Nebelmaschinenfontänen und weitere Spielereien aus der Veranstaltungstechnik, allesamt perfekt auf die Lieder programmiert, lassen die Frage aufkommen, ob es das alles überhaupt braucht.
Und natürlich braucht es das nicht, aber Spass macht es trotzdem. Genauso wie man es eigentlich nicht braucht, für nur 15 Franken Eintritt sich zwei einem unbekannte Bands in der Met-Bar anzusehen, aber Spass macht es trotzdem!
Das Fanzit – Head Smashed, PnB
Es war eine Woche, in der für mich kein Besuch eines Konzertes einer Band anstand, die ich unbedingt besuchen wollte. Also beschloss ich relativ kurzfristig, mir das anzusehen, was auch immer in der Met-Bar auf der Bühne steht, eine Form der Freizeitgestaltung, wie ich sie nicht das erste Mal anwendete.
In der Hoffnung dadurch das Interesse am Unbekannten zumindest ein kleines bisschen zu fördern und die Schönheit von „Third places“ zum Ausdruck zu bringen, beschloss ich eine Review über mein Erleben dieses entspannten Konzertabends zu schreiben und habe dafür vom netten Met-Bar-Team gar eine Akkreditierung bekommen. Eine Akkreditierung für die ich mich hinsichtlich des geringen Eintrittspreises im Nachhinein ein wenig schäme.
Zu den aufgetretenen Bands kann ich nicht viel mehr sagen als bereits geschrieben. Anhören lohnt sich allemal und insbesondere bei Head Smashed auch anzuschauen.
