
Das Metalinside-Konzertknigge-ABC
Konzerte geniessen von A bis Z
Live-Erlebnisse sind ein Teil der Metal-DNS. Metalheads auf der Bühne, Metalheads vor der Bühne – eine bessere Ausgangslage für einen gelungenen Abend gibt es kaum. Zwischenmenschliche Interaktionen sind da natürlich vorprogrammiert und damit diese für alle Anwesenden angenehm verlaufen, hat Metalinside augenzwinkernd ein kleines Konzertknigge-ABC zusammengestellt. Zeit, die guten Manieren rauszukramen.
A wie Alkohol
Du kennst dein Limit? Cool! Noch besser ist der Genuss beim so genannten «Betreuten Trinken». Mit Freunden. Trink nicht allein. Achte auf dein Umfeld. Du kennst dein Limit nicht? Dann lass dir gesagt sein, dass übermässiger Konsum noch selten zu besseren Mosh-Moves geführt hat. Du wirst ausserdem dazu tendieren, andere mit deinem unverständlichen Gesülze vollzulabern. Glaube uns, niemand interessiert sich dafür, dass du vor 23 Jahren eine Strassenlaterne mit einem Schaf verwechselt hast.
B wie Bier (und Becherwerfen)
Wer mag es schon nicht? Und weil du es magst, so begehre nicht deines Nächsten Bier. Oder so. Ernsthaft, du hältst flüssiges Gold in der Hand. In manchen Gegenden gilt es gar als Grundnahrungsmittel. Es nährt Vegetarier und Karnivoren gleichermassen. Verschütte es nicht. Den so genannten «Anstandsrest» gibt es nicht – runter damit! Geniesse es zudem am besten ausserhalb des Moshpits. Dort schüttest du weniger auf deine Mitmenschen und hast mehr vom Becherinhalt. Und trotz der allgemeinen Verehrung vom Hopfengetränk: Es ist völlig in Ordnung innerhalb der Rebellion zu rebellieren und etwas Alkoholfreies an der Bar zu bestellen (Siehe: A wie Alkohol). Nach dem die ganze Portion deinen Rachen hinuntergerollt ist, sollst du deinen Becher bei dir behalten, entsorgen oder im Falle eines Depotbechers gegen Bargeld eintauschen. Den einen Becher an den Kopf bekommen, den du geworfen hast, mag niemand (und das am allerwenigsten, wenn der Becher nicht leer ist).
C wie Crowdsurfing
Würden wir an deiner Stelle nur wagen, wenn du weisst, ob du respektvoll aufgefangen wirst. Und wenn du willst, dass dir wildfremde Vögel an den Popo fassen. Wenn du dich von anderen tragen lässt, mach es ihnen leichter mit ein wenig Körperspannung. Nichts gibt sich über dem Kopf schlechter weiter als ein nasser Sack. Grabschen beim Tragen ist ein absolutes No-go! Jeder will das Konzert geniessen können und sich nicht die Erinnerung daran trüben lassen, weil Drecksäcke die Grenzen anderer überschreiten. (Das gilt natürlich über das Crowdsurfen hinaus.) Solltest du beobachten, wie eine Drittperson ihre Hände nicht bei sich behalten kann, ist es angebracht, Zivilcourage zu zeigen und sie mit ihrem Fehlverhalten zu konfrontieren.
D wie Drängeln (und Doors)
Doors – die bekannteste Vorband der Welt. Beginnt meist pünktlich, man muss sie aber natürlich nicht immer sehen. Es reicht auch mal, ein paar Minuten später zu kommen. Trotzdem ein unerlässlicher Hinweis darauf zu erfahren, wann dein nächster unvergesslicher Konzertabend beginnt. Unbekanntere (Vor-) Bands freuen sich ausserdem, wenn du ihnen die Chance gibst, sich dir präsentieren zu können. Wenn du dich an die Doors hältst, musst du dich nicht knapp vor Konzertbeginn an Leuten, die bereits ihren Platz ergattert haben, vorbeidrücken, falls du weit vorne stehen möchtest. Auch ein oder mehr Bier in der Hand ist eigentlich kein Garant dafür, dass die Leute dich durch das Gedränge zurück zu deinen Freunden am Top-Spot lassen, die du in der Rolle als Getränkelieferant verlassen hast. Wer zuerst kommt, hat freie Platzwahl – wer dann wieder geht, muss damit rechnen, dass dieser Platz bei der Rückkehr neu besetzt ist.
E wie Etikette
Wir sind Menschen. Wir stehen uns auf die Füsse, wir verschütten des Nachbars Bier oder rempeln andere auf unangenehme Weise beim ungestümen Versuch, die erste Reihe zu erreichen, an. Ein kurzer Blick zum Geschädigten, ein Schulterklopfer, ein französisches Pardon – es ist nicht zu viel verlangt. Ja, Metal kann roh und wild sein. Du darfst das auch sein. Bedenke dabei, dass deine Freiheit dort aufhört, wo du die Freiheit der anderen einschränkst. Ganz einfach.
F wie Fötteli und Filmerei
Ist ja schon gut, jeder liebt sein zweites Kleinhirn. Es klebt an den Händen, ist überall mit dabei, du würdest damit sogar deinen Morgenfurz filmen, wenn du es könntest. Aber seien wir mal ehrlich: Kannst du die Anzahl der wirklich gelungenen, qualitativ hochwertigen Fotos und Filmchen noch in einer ernstzunehmenden Prozentzahl ausdrücken oder musst du schon beim Gedanken daran anfangen zu weinen? Falls letzteres (und das ist das wahrscheinlichere Szenario), dann haben wir einen Tipp für dich: Lass das Teil doch mal für ein paar Stunden in der Hosentasche (oder in den unendlichen Weiten deiner Handtasche) und geniesse lieber das Konzert, die Atmosphäre, die Stimmung. Und hey – niemand hat was gegen ein Foto mit deinen Liebsten hie und da. Aber wenn man vor lauter Bildschirmen die Band nicht mehr sieht… verstanden? Haltet Mass! Bitte. Und solltest du (hochwertige) Bilder vom Auftritt deiner Lieblingsband an einem bestimmten Abend sehen wollen, kannst du dies auf Seiten wie metalinside.ch.
G wie Gehörschutz
Wenns zu laut wird, Gehörschutz rein. Kann nicht schaden.
H wie Headbangen
Wir lieben ja den an uns herangetragenen Geruch von frisch gewaschenen Männerhaaren, die vor uns herumwirbeln, als würde sie deren Träger mit dem Propeller eines Flugzeugs verwechseln. Das kompensiert das Fehlen einer eigenen Haarpracht. Manchmal kommst du den Leuten damit aber zu nah und deine Haarspitzen fühlen sich wie zarte Peitschenhiebe ins Gesicht an. Und verfangen sich, wenns ganz dumm läuft, in den Augenbrauen der Gepeinigten. Noch schlimmer, du läufst Gefahr, dein Prachtshaar in den Bierbecher des hinter dir Stehenden zu tauchen. Behalte dein Umfeld nach Möglichkeit ein wenig im Auge.
I wie international, integrativ und integer
Die Band Heavysaurus spricht damit schon die jüngsten Heavy-Metal-Fans an – für die grossen gilt es daher nicht weniger: Ob du gross bist oder klein, ob du dünn bist oder etwas mehr Bauch hast. Ob du weiss, schwarz oder grün bist, ob Dino oder Drache oder mit Handicap – wir sind alle gleich. Solltest du ein Problem damit haben, musst du für die Ursache von diesem bei dir suchen und nicht bei anderen.
J wie «Jump! Jump! Jump!»
Es ist völlig in Ordnung, wenn du aus Müdigkeit nicht an den Übungen des Animators auf der Bühne teilnimmst. Aber du bist auf einem Metalkonzert! Ärgere dich also nicht, wenn es um dich herum ein wenig wilder zu- und hergeht. Zur Not bleibt immer noch die Flucht nach hinten.
K wie Kung-Fu und Körperkontakt
Das eine hat im Moshpit nix verloren und das andere lässt sich dort nicht vermeiden. Körperkontakt kann man der jeweiligen Situation anpassen.
L wie Lauch
Sowas in der Art bist du, wenn du den anderen Metalheads Drogen unterjubeln willst oder deine gute Kinderstube vergessen hast.
M wie Moshpit
Rein optional. Oft von Bands gefordert, nicht immer von Fans geliefert. Hier scheint es einfach passen zu müssen. Gehst du rein, mach dich bereit. Fällt einer um, hilf ihm auf. Niemand darf in einen Moshpit gezerrt oder gestossen werden. In der sich geöffneten kreisförmigen Fläche eines Circle Pits können akrobatische Kunststücke wie Purzelbäume und Handstände aufgeführt werden, einfach nur darin herumstehen in der Hoffnung (von der Band) mehr Aufmerksamkeit zu bekommen, gehört jedoch nicht zur feinen Art.
N wie Notdurft
Dafür gibt es Toiletten. Wirklich. Glaubs uns. Sei in der Schlange geduldig, auch wenn dir deine Blase etwas anderes sagt. Sitzpinkler und Stuhlgänger, egal welchen Geschlechts, freuen sich, wenn die Brille nicht bewässert wurde. Und alle anderen geniessen eine möglichst saubere Kabine ebenfalls.
O wie Oberkörper
Kontroverser Punkt: Dürfen Männer ihre Shirts ausziehen und ihren Schweiss an Umstehenden abreiben? Die Frage kann vermutlich nicht mit Ja oder Nein beantwortet werden, ein gesunder Verstand und ein grosses Fass voll Empathie können aber dabei helfen (siehe auch S wie Schweiss). Ebenfalls hilfreich ist sicherlich, zu schauen, WER neben einem steht. Der Vierzehnjährigen, die gerade ihr erstes Konzert besucht, willst du sicher nicht deinen nackten Bauch in den Rücken drücken.
P wie Paffen
Die Tabakindustrie hat alles gegeben, um Nikotinsucht bis heute gesellschaftsfähig zu halten. Nebst Elefantenfurz riechen die Krebsbringer in der neueren Form «Vape» nun auch nach Zuckerwatte oder Kaugummi. Ob Dampfmaschine oder Glimmstängel, benutze zur Stillung deines Suchtdrucks vorgesehene Raucherbereiche oder achte zumindest darauf, den entstehenden Rauch nicht direkt ins Gesicht deines Gegenübers zu pusten.
Q wie Quatschen
Die herrlichsten Diskussionen, das können wir bezeugen, finden in den Umbaupausen oder nach dem Konzert statt (nicht immer haben sie was mit dem eigentlichen Thema zu tun, und wie oft wollen wir eigentlich noch über den besten oder schlechtesten Iron-Maiden-Song palavern?). Solange die Künstler spielen oder sich ans Publikum wenden, haben jene deine Aufmerksamkeit und deine Mitmenschen einen ungestörten Musikgenuss verdient.
R wie Respekt
Ok, ein totgenudelter Begriff, aber grundsätzlich immer angebracht. Und wenn du mit einem Rucksack durch die Bühnenbetrachter wandelst und dich umdrehst, bedenke, dass du hinten raus an Umfang zugelegt hast. Rollstuhlfahrer und Menschen mit Behinderung haben übrigens IMMER Vortritt. Ausserdem soll bei jeder Hilfeleistung, sei sie noch so gut gemeint, erst gefragt werden, ob diese überhaupt erwünscht ist. Niemand will kontrolllos herumgeschoben oder gezerrt werden.
S wie Schweiss
Sommer, Sonne, Schweiss. Ganz einfach. Deodorants kommen an ihre Grenzen und wurden ganz sicher nicht an Metalkonzerten getestet. Ja, es kann unangenehm riechen. Und das ist auch ok, solange deine Achselhaare nicht in den Bechern der Umstehenden landen. Wie sagt man so schön bei uns Alpenmenschen? Echli stinke mueses. Und gerade zum Thema Achselhaare: Wusstet ihr, dass auch Männer diese abrasieren können?
T wie Tiefenentspannt
Solltest du genervt oder gar wütend sein – warum auch immer –, so kann dir die aggressive Musik helfen, deinen Ärger in ihr zu ertränken. Sieh aber vom Körperlichen ab: Pass beim Pogen auf deine Mitmenschen auf und verwechsle den Moshpit nicht mit einem Boxring. Solltest hingegen du im Pit ein wenig stärker angerempelt werden, so beachte, dass es sich hierbei in den meisten Fällen um einen wortwörtlichen Ausrutscher handelt, Rache ist sicherlich keine angemessene Antwort darauf.
U wie Unterstützung
Hat dir die gerade gesehene Band gefallen? Gab sie alles? Hat sie dich überzeugt? Dann kauf ein Shirt oder eine Platte am Merch-Stand. Zeig ihr aktiv deine Unterstützung. So kannst du deinen Teil zu einer lebendigen Szene leisten. Das soll aber keine Einbahnstrasse sein: Überhöhte Preise musst du nicht akzeptieren. Gier muss man nicht unterstützen.
V wie Verlassen
So kannst du durchaus wirken, wenn du gehst. Ok, zugegeben, der war ziemlich schlecht. Aber das Verlassen eines Konzerts sagt oftmals viel über Schwarmintelligenz aus. Nicht immer ist die beim Menschen besonders ausgeprägt. Drängeln nützt niemandem. Oft ist man zudem schneller, wenn man antizyklisch, fünf Minuten später als der Schwarm die Halle verlässt. Diese fünf Minuten können zudem genutzt werden um Selfies oder Gruppenfotos als Erinnerung zu schiessen, Platz dafür hat es jetzt schliesslich genug.
W wie Wall of Death
Klingt brutal und kann es auch sein. Und kann in einer Wall of Umarmung enden. Geschieht auf Ansage der Band und funktioniert nur, wenn jeder vorsichtig ist. Die Regeln, um allen ein schönes Erlebnis zu ermöglichen, unterscheiden sich hier nicht vom Moshpit.
X wie (Luft-) Xylophon
Genauso wie Luftgitarre oder Luftschlagzeug ein (mehr oder weniger) weitherum beliebtes Instrument, um seine Begeisterung für die gerade zu hörende Musik auszudrücken. Denke bei der Luftgitarre daran, sie je nach Song herunterzustimmen…
Y wie YEEEEEEEEEAAAAAAH
Weniger lapidar kann man seine Zustimmung an einem Konzert kaum zum Ausdruck bringen. Gepaart mit «HEY! HEY! HEY!»-Rufen und den zu Hörnern gekrümmten Fingern sind das mehr oder weniger die drei Musketiere der Publikumsinteraktion.
Z wie Zusammenhalt
Wir sitzen im gleichen Boot. An Amon-Amarth-Konzerten nehmen wir das manchmal sogar wörtlich. Wir sind eine Gemeinschaft, verstehen uns weltweit auf Anhieb. Wir wissen, dass der unbekannte Metalshirt-Träger uns gegenüber im Supermarkt eine geile Sau sein muss. Haben wir zusammen auch eine geile Zeit.