Party.San Open Air 2025 – Triptykon, Dark Angel, Gorgoroth uvm
Flugplatz Obermehler (Schlotheim, DE)Immer wieder anfangs August
Das zweite August-Wochenende steht bevor. Also heisst es für die Extreme Metal-Szene Europas: Zelt bereit machen, Schlafsack einpacken und ab nach Thüringen ans Party.San Open Air! Denn auch bei der 29. Ausgabe haben sich die Veranstalter, was das Line-up angeht, alles andere als lumpen lassen.
Seit 2016 gehört das Party.San bei mir fix in die Jahresplanung, als einziges Camping-Festival der Saison. Auch auf Metalinside wurde fleissig über die letzten Ausgaben des Open Airs berichtet. So gibt es hier diverse Berichte von Dutti und mir nachzulesen. 2025 gibt es nun aber eine Premiere für unser Fanzine: Da bei meiner Reisegruppe Kollege Ramsi relativ kurzfristig abgesagt hat, wurde ein Platz bei uns im Auto und Camp frei. Röschu war glücklicherweise sofort Feuer und Flamme und so können wir 2025 endlich einmal Text UND Bild liefern.
Los geht es bei uns wie gewohnt am Mittwochmorgen. Normalerweise treffen wir uns mit den üblichen Verdächtigen, mit welchen wir seit Jahren das Camp teilen, vor der Einfahrt. Dieses Jahr sind aber alle etwas später unterwegs – inklusive uns. Kurz nach 20 Uhr fahren wir dann aufs Gelände. Mit drei Autos und dem Auftrag, Platz für zwei weitere PKWs und Zelte zu reservieren. Dies gelingt erstaunlich gut und obwohl wir etwas später dran sind als 2024, bekommen wir einen Platz weiter vorne zugeteilt.
Durch die eher späte Ankunft müssen wir uns allerdings ranhalten, damit wir Zelt und Pavillon noch im hellen aufbauen können. Dies gelingt gerade so knapp und kaum wird das erste Bier geöffnet, treffen auch schon die Nachzügler aus Berlin – diesmal allerdings mit Anreise aus dem Urlaub in Italien – ein. Nach einer herzlichen Begrüssung begibt sich ein Teil unserer Gruppe noch in die kultige Metal-Disco im Zelt. Wir von der Schweizer Fraktion begnügen uns hingegen mit einer ersten Runde Grillieren.
Danach heisst es, sich warm einzupacken. Wie von anderen Jahren schon gewohnt, kann es zu später Stunde verdammt kalt werden hier in Thüringen. Gemäss Wetterbericht soll die erste Nacht die mit Abstand kälteste werden. Und im Moment bleibt echt nur zu hoffen, dass es nicht noch kälter wird. Viel mehr warme Klamotten als ich mir gerade anziehe, habe ich drum gar nicht mitgenommen.
Party.San Open Air 2025 – Tag 1 (Donnerstag, 07. August)
Trotz relativ frühem Feierabend ist die Nacht für mich viel zu kurz. Neben eisigen Temperaturen machen auch sehr laute Nachbarn das Schlafen etwas schwer. Da darüber hinaus meine Luftmatratze ganz offensichtlich nicht dicht ist, fühle ich mich gar nicht erholt, als das Zelt durch die Morgensonne aufgeheizt wird. Aber ich will nicht jammern, schliesslich geht es nun endlich los.
Weil ich bisher immer ohne Fotografen unterwegs war und meine Notizen komplett analog festhalte, habe ich keine Ahnung von einem eigentlichen Pressebereich. Ich kenne nur die Bar und die Festbänke hinter der Bühne. Röschu wäre nun natürlich froh um einen Aufbewahrungsplatz für die zweite Kamera und eine Gelegenheit, zwischenzeitlich Akkus zu laden. Also machen wir uns extra früh auf den Weg nach vorne. Wie sich herausstellt, gibt es das beides nicht.
Andere anwesende Fotografen erzählen schulterzuckend, man müsse hier halt einfach genug Akkus mit dabeihaben. Kennen wir von den Schweizer Festivals so nicht. Mich persönlich stört fast noch mehr, dass der Durchgang vom Camping zum besagten «Pressebereich» (also Bar mit Festbänken) dieses Jahr mit dem Pressebändchen nicht mehr möglich ist. Man kommt nur noch von innerhalb des Festivalgeländes in das Areal und steht dann da zwanzig Meter hinter dem Eingang, bei dem man gerade eben nicht reingelassen wurde. Keine Ahnung, was der Sinn dahinter sein soll. Aber egal, wird schon irgendwie gehen, also ab vor die Bühne.
Rotpit
In der üblichen kurzen Begrüssung durch den Veranstalter wird bereits darauf aufmerksam gemacht, dass die das Festival eröffnenden Rotpit eigentlich alles verbinden, für was das Party.San steht. Guten Schwedentod mit deutscher Beteiligung. Nun, zum Glück ist nicht das komplette Line-up nur so ausgerichtet. Aber wenn Ralf Hauber (Revel In Flesh) seine Finger im Spielt hat, darf durchaus eine ordentliche Ladung HM2-Sound erwartet werden.
Und diese kriegen wir auch geboten. Hauberson und seine schwedischen Mitstreiter erfinden das Rad wahrlich nicht neu, bieten aber den perfekten Soundtrack zur Festival-Eröffnung. Ab dem zweiten Song ist der Platz vor der Bühne auch schon richtig gut gefüllt. So richtig viel Action gibt es während der Show zwar noch nicht, aber es werden zumindest jede Menge Fäuste gen Himmel gereckt. Obwohl mir Revel In Flesh noch ein kleines bisschen besser gefallen, liefern Rotpit einen guten Start in den Tag und sollten bei Liebhabern von schwedischem Todesmetall definitiv auf dem Zettel stehen.
Die Fotos – Rotpit
Extermination Dismemberment
Nach dem doch eher traditionellen Death Metal von Rotpit folgt nun mit Extermination Dismemberment fast so etwas wie das Gegenteil. Der Brutal Death Metal der Belarusen kommt sehr modern daher und hat definitiv den einen oder anderen Core-Einfluss. Wir haben die Band zuletzt vor einer Woche am Dortmund Deathfest gesehen und da war das Drum sowas von getriggert, dass es wohl allen Oldschool-Death-Metallern die Fussnägel hochgerollt hätte. Heute wurde der Einsatz des Triggers zum Glück etwas zurückgeschraubt und das Schlagzeug tönt somit wieder mehr wie ein Instrument als wie ein Computer.
Obwohl es ein kleines bisschen weniger Leute vor der Bühne hat als noch bei der Eröffnung direkt vorher, ist diesmal ab dem zweiten Song einiges an Bewegung vorhanden. Der Aufforderung nach einem Circle Pit wird sofort Folge geleistet und dieser dreht dann auch während praktisch der ganzen Show seine Runden. Zwischendurch bringen ED wieder ihr etwas elektronischeres Material, welches mich auf sehr unangenehme Weise an eine krassere Version vom Rammstein erinnert.
Schade, ohne diese Songs hätte mir der Auftritt noch viel besser gefallen. Es wirkt fast ein bisschen so, als versuche die Gruppe vergiftet, unbedingt ihre Zielgruppe noch etwas zu vergrössern. Mir persönlich gefallen die älteren, slammigen Sachen aber viel besser.
Die Fotos – Extermination Dismemberment
Servant
Röschu will sich als Neuling sogleich auch mit den Lichtverhältnissen im Zelt vertraut machen, also schauen wir da bei der ersten Band Servant ebenfalls kurz rein. Wobei ich persönlich mit dem hier gebotenen 08/15-Black Metal wie gewohnt nicht viel anfangen kann. Die musikalische Raserei zuerst wäre nicht mal schlecht, das Geschrei nervt dann und der generische «muss man halt einfach haben»-Atmospheric-Part treibt mich endgültig in die Flucht.
Da das Programm später für mich fast keine Pause mehr bietet und Röschu zudem gerne seine zweite Kamera aufgrund fehlender Deponier-Möglichkeit zurück ins Camp bringen möchte, entscheiden wir uns bereits für einen ersten Ausflug zurück Richtung Campingstühle und eigenem Grill. … And Oceans klingen beim Weglaufen zwar gar nicht sooo schlecht, aber richtig fesseln tuts mich dann halt doch auch nicht.
Die Fotos – Servant
Grand Magus
Die Pause hat, wie so oft, etwas länger gedauert als geplant. So verpasse ich zwar Dool, welche mich irgendwie interessiert hätten. Aber wenigstens für die zweite Hälfte der Show von Grand Magus bin ich zurück vor der Hauptbühne. Die Schweden sind mit ihrem doomigen Heavy Rock schon eher so etwas wie die Exoten des Festivals, gefallen mir aber erstaunlich gut. Besonders wenn JB Christoffersson und Fox Skinner zweistimmig singen, hat das irgendwie etwas sehr Fesselndes.
Stilistisch kommen mir immer mal wieder Black Sabbath in den Sinn, das Trio aus Stockholm ist aber alles andere als ein lauer Abklatsch und bringt viel Eigenständigkeit mit in den Sound. Dadurch wird das Ganze auch nicht zu einer reinen Retro-Veranstaltung, sondern ist durchaus im Hier und Jetzt verhaftet. Obwohl ich die Band bisher nicht wirklich kannte, kommt mir das abschliessende «Hammer Of The North» sehr bekannt vor. Ob das eventuell auch schon hier in der Metal-Disco zum Einsatz gekommen ist? Durchaus möglich. Grand Magus liefern genau einen dieser Farbtupfer, die ich hier am Party.San so liebe. Starker Auftritt. Jetzt aber schnell ins Zelt.
Karg
Röschu ist natürlich bereits im Fotograben, denn mit Karg ist die Reihe nun an der zweiten Band von Harakiri For The Sky-Frontmann J.J. alias V. Wahntraum. Oder erste Band, gibt es Karg doch schlussendlich länger als die von meinem fotografierenden Kollegen so verehrten HFTS. Bei mir ist grundsätzlich Black Metal eher schwierig und wenn dann noch ein «Post» davorsteht, bin ich normalerweise direkt raus. Aber irgendwie gefallen mir Karg heute ziemlich gut. Und dies trotz viel zu heissen Temperaturen und stickiger Luft im prall gefüllten Zelt.
Schon der Gesang, welcher so auch bei einer Hardcore-Band passen würde und auf hohes Gekreische verzichtet, trifft meinen Geschmack ziemlich gut. Und die Backings von Christopher Pucher gefallen ebenfalls. Schlussendlich passen hier aber vor allem die Texte im Dialekt irgendwie perfekt. Wäre nur der Sound nicht so hallig und fast schon matschig, man würde sogar wohl noch etwas mehr verstehen. Trotzdem, ich bin überrascht, wie gut mir das gefällt. Muss ich zuhause definitiv einmal in Ruhe reinhören. Doch jetzt geht es erst einmal zurück vor die Hauptbühne.
Die Fotos – Karg
Fleshgod Apocalypse
Bis und mit dem Album «King» von 2016 war ich ein richtiger Fan von Fleshgod Apocalypse. Sämtliche Releases seither haben mich nicht mehr so richtig gepackt. Dementsprechend hoffe ich auf ein Oldschool-Set, welches ich aber – Spoiler – leider nicht bekomme. Als Sopranisitin Veronica Bordacchini pünktlich auf die Sekunde mit ihrem «Ave Maria»-Intro loslegt, ist der Platz vor der Bühne zudem noch praktisch leer. Also das komplette Gegenteil zum sehr gut gefüllten Zelt vorher bei Karg.
Beim Bühnenaufbau haben die Italiener Eugene Ryabchenko mit seinem Schlagzeug nicht im hinteren Teil versteckt, sondern auf der linken Seite. Rechts auf praktisch derselben Höhe steht Chef-Orchestrator Francesco Ferrini mit seinem Piano. Das wirkt optisch alles sehr stimmig und auch der Sound verlässt die Lautsprecherboxen gut gemischt. Aber irgendwie kommt das hier und heute gar nicht an beim Publikum. An der von Frontmann Francesco Paoli geforderten Wall of Death beteiligen sich zwar ein paar Nasen, wahrscheinlich aus Mitleid. Aber direkt danach flacht die Stimmung wieder ab.
Am meisten los ist eigentlich noch bei «The Fool», doch an den neusten beiden Scheiben scheint der Rest der Party.Sanen wohl genauso wenig Gefallen gefunden zu haben wie ich. Der Band ist eigentlich gar nicht viel vorzuwerfen, ausser eventuell bei der Songauswahl. Der Auftritt ist nicht an und für sich schlecht oder so. Aber hier kommt das gar nicht an. Eventuell passen FA auch unterdessen einfach schon besser an ein Wacken oder Summer Breeze als hier nach Thüringen.
Die Fotos – Fleshgod Apocalypse
Chaos Invocation
Das Programm auf der kleineren Bühne wird heute übrigens vom Label AOP Records präsentiert. Dementsprechend schwarzmetallisch geht es zu und her. Aber hey, geben wir auch Chaos Invocation eine Chance. Wobei ich mich frage, wieviel Kollege Röschu von der Band aus Rheinland-Pfalz überhaupt auf Fotos gebannt kriegt. Das Bühnenbild wird von blauem Licht und Rauch dominiert, was die Sache für die Fotografen erfahrungsgemäss nicht einfacher macht.
Ich persönlich finde den Hall auf der Stimme wieder sehr mühsam. Der Gesang ist, wenn ich das von meiner Position aus richtig mitbekomme, teilweise zweistimmig. Und besonders in diesen Momentan tönt das dann wie ein komischer Chor. Zuerst tippe ich noch auf Backtracks, aber nach einem Standortwechsel bin ich mir ziemlich sicher, dass dies an der Abmischung liegt. Eventuell ist das ja sogar so gewollt, mir gefällt es jedenfalls nicht.
Harakiri For The Sky
Post Black Metal, die zweite. Hatten mich Karg vor etwas mehr als einer Stunde positiv überrascht, bin ich nun effektiv ebenfalls auf Harakiri For The Sky gespannt. Sehr schnell gibt es aber bereits einen kleinen Abzug von mir: Wieder einmal ist ein sehr dominantes Keyboard zu hören, auf der Bühne jedoch nicht zu sehen. Scheinbar sind auch die österreichischen Exemplare der Live-Keyboarder vom Aussterben bedroht. Schade.
Und im Gegensatz zu Karg sind mir die Lieder von HFTS einfach zu ausufernd. Normalerweise dürfen die Fotografen am Party.San, wie allgemein üblich, drei Lieder im Graben bleiben. Als hier die Knipser vertrieben werden durch die Security, sind erst zwei Songs gespielt worden – aber fast zwanzig Minuten vorbei. Grundsätzlich passiert musikalisch nichts, was mich in die Flucht treibt. Die Vocals sind ok, die Melodien teilweise richtig gut. Mich packt das halt einfach nicht.
Der Platz vor der Bühne ist hingegen ziemlich gut gefüllt und ganz vorne sind die richtigen Fans auch am In-den-Songs-Versinken. Hier weiter hinten ist die Musik aber mehr Hintergrundbeschallung für Gespräche bei einem Bier. Und dabei stört die Mucke der Österreicher definitiv nicht. Zum Ende driftet das Ganze dann Richtung Alternative ab: Das Radiohead-Cover «Street Spirit (Fade Out)», welches gemeinsam mit Groza performt wird, macht den Abschluss. Ich fand das Original, welches damals in den Neunzigern an jeder Studi-Feier gelaufen ist, total nervig. Da hat die jetzt performte Version wenigstens ein bisschen mehr Bumms. Zum Harakiri-Fan geworden bin ich nun aber trotzdem nicht. Sorry, Röschu!
Die Setlist – Harakiri For The Sky
- Keep Me Longing
- Fire, Walk With Me
- Heal Me
- Without You I’m Just A Sad Song
- Sing For The Damage We’ve Done
- Lungs Filled With Water
- Street Spirit (Fade Out) feat. Groza (Radiohead Cover)
Die Fotos – Harakiri For The Sky
Napalm Death
Nach den ein bisschen verträumten und sehr langen Songs von Harakiri For The Sky kommt nun das perfekte Kontrastprogramm: schnelle Kurz-Attacken direkt auf die Fresse. Und keine Gruppe wäre dafür besser geeignet als Napalm Death. Die «Noisy band from Birmingham has a lot of noisy stuff”, wie uns Barney Greenway in seiner ersten Ansage nach drei Songs wissen lässt. Allerdings erst, nachdem er das Publikum auf Deutsch begrüsst hat.
Barney ist und bleibt definitiv ein Unikat. Je älter er wird, desto dünner wirkt er, und seine Hose trägt er auch immer weiter oben. Was sich aber wohl nie ändert, sind seine unglaublichen Verrenkungen. Kaum zu glauben, dass der Typ mittlerweile 56 Jahre alt ist. Sein Bewegungsdrang auf der Bühne ist jedenfalls nach wie vor absolut unglaublich. Shane Embury, sein kongenialer Partner am Bass, ist diesmal hingegen leider nicht mit dabei.
Neben den starken Songs aus praktisch der kompletten Diskografie bringen die Grindcore-Pioniere auch einen angenehmen Hauch Politik mit nach Schlotheim. Schon während der Show wird zwischen zwei Songs im Publikum «Alerta, Alerta, Anitfascista» skandiert, was Barney erfreut zur Kenntnis nimmt. Und vor dem obligatorischen Dead Kennedy-Cover «Nazi Punks, Fuck Off» ruft der Frontmann mehrmals «Fick die AfD» ins Publikum. Ja, ich weiss, viele Leute stören sich generell an Politik in der Musik. Nun, dann geht man definitiv besser nicht zu Napalm Death. Und dass sie auch hier in Thüringen, wo die als gesichert rechtsextrem eingestufte AfD bei der letzten Bundestagswahl fast vierzig Prozent der Stimmen erhalten hat, Stellung beziehen, finde ich absolut richtig. Zumal auf dem Festival leider immer mal wieder Gestalten mit NSBM-Shirts rumlaufen…
Aber auch ohne die politische Komponente liefern Napalm Death einen regelrechten Abriss. Der Platz vor der Bühne ist nicht nur so gut gefüllt wie noch nie am heutigen Tag, ebenso ist die Stimmung vorne absolut grossartig. Jede Menge Moshpits und Crowdsurfer beweisen wieder einmal, dass die Herren aus Birmingham nicht nur nach wie vor sehr relevant sind, sondern ebenso ein Garant für schweisstreibende Live-Shows. Und dies ganz ohne Feuereffekte oder ähnliches. Stark!
Die Fotos – Napalm Death
Dark Angel
Eigentlich waren Napalm Death ja «nur» die Co-Headliner. Den längsten Slot des Tages erhalten hingegen Dark Angel. Das freut mich umso mehr, da meiner Meinung nach der Thrash Metal in den letzten Jahren hier immer ein bisschen zu kurz gekommen ist. Und weil die kalifornische Kult-Band generell seit vielen Jahren nicht mehr sehr oft auf europäischen Bühnen gespielt hat, ist das meine Live-Premiere der Truppe. Umso gespannter bin ich, was mich nun erwartet.
Leider ist der Platz vor der Mainstage nun aber doch um einiges leerer als noch bei Napalm Death zuvor. Scheinbar hat der Thrash Metal hier wirklich auch beim Publikum einen etwas schwereren Stand als die härteren Stilrichtungen. Erfreulicherweise lassen sich aber Sänger Ron Rinehart und seine Mitstreiter davon absolut nicht beeindrucken. Ab Beginn wird hier richtig viel Energie auf der Bühne freigesetzt. Und zwar seitens Band und Stagecrew. Offensichtlich wird die gesamte Feuershow, welche Napalm Death nicht benötigt haben, nun zu Dark Angel abgefackelt.
Nach dem Titelsong vom Debütalbum «We Have Arrived»(1985), zwei Tracks von «Leave Scars» (1989), sowie dem neuen Song «Extinction Level Event» aus diesem Jahr, folgt der Einstieg in ein spezielles Set. Obwohl vom Party.San nicht explizit so angekündigt, spielt die Truppe nun ihr Opus Magnum «Darkness Descends» in voller Länge. Ich hatte schon mitbekommen, dass in Europa teilweise solche Sets gespielt wurden. Meine Hoffnung, dies nun auch selbst erleben zu dürfen, wird tatsächlich wahr.
Obwohl es während der ganzen Show eindeutig weniger Leute vor der Bühne hat als noch zuvor, kommt vorne doch etwas Stimmung auf. Die ganzen Thrasher gehen nun richtig steil. Und dies völlig zurecht: Die gesamte Band zeigt sich in hervorragender Form. Aber besonders, was Schlagzeug-Legende Gene Hoglan mit 57 Jahren hier an der Schiessbude abliefert, ist schlicht sensationell. Obwohl ich langsam, aber sicher etwas müde bin, hätte der Auftritt für meinen Geschmack ruhig noch länger dauern dürfen. Ein absolut würdiger Headliner, trotz etwas weniger Publikum als auch schon.
Die Setlist – Dark Angel
- We Have Arrived
- Time Does Not Heal
- No One Answers
- Extinction Level Event
- Darkness Descends
- The Burning Of Sodom
- Hunger Of The Undead
- Merciless Death
- Death Is Certain (Life Is Not)
- Black Prophecies
- Perish In Flames
Die Fotos – Dark Angel
Nach einem Abstecher an den Merchstand, geht es nun endlich zurück Richtung Camp. Meine Füsse sind definitiv froh, geniesse ich die letzten beiden Biere des Abends (oder der Nacht, wie man es nimmt) im Sitzen und nicht mehr stehend. Wir sinnieren noch etwas über die Highlights des Tages, wo aus meiner Sicht besonders die beiden Headliner Dark Angel und Napalm Death zu nennen sind. Aber auch Grand Magus und Karg fand ich überraschend gut. Zu einer richtig ausgelassenen Zeltplatz-Party kommt es nicht mehr, da scheinbar die meisten schon am Schlafen sind. Umso besser, ich kann die Energie für morgen definitiv brauchen.Party.San Open Air 2025 – Tag 2 (Freitag, 08. August)
Mit neuer Luftmatratze, weniger eisigen Temperaturen und müden Nachbarn schläft es sich eindeutig etwas besser. Ich würde zwar ein Hotelzimmer dem Zelt nach wie vor vorziehen, und sechs Stunden sind für einen Langschläfer wie mich definitiv noch nicht zu viel, aber immerhin etwas erholter als gestern am Morgen fühle ich mich. Besser so, denn es geht heute zwei Stunden früher los.
Party Cannon
Freitag, 12:00 Uhr. Der erfahrene Party.San-Gänger weiss, was das bedeutet: Es ist Zeit für spassigen Party Slam oder Goregrind. Während in den letzten Jahren Acts wie Stillbirth, Gutalax, Brutal Sphincter oder die Kadaverficker für Spass bei den vielen bunt verkleideten Anwesenden gesorgt haben, übernehmen diese Aufgabe 2025 Party Cannon aus Schottland. Als Extra-Anheizer haben sie einen Roadie dabei, welcher oben ohne und in knallblauer Totenkopfmaske immer mal wieder mittels grosser Pappschilder zu mehr Bewegung animiert.
Das wäre allerdings gar nicht nötig, der grosse Circlepit aus grösstenteils verkleideten Partywütigen ist sowieso permanent am Kreisen. Das von der Band ins Publikum geworfenen Gummiboot wird ebenfalls rege genutzt, diverse Personen wagen darin eine kurze Ausfahrt über die Köpfe der Leute. Für einen zusätzlichen Spassfaktor sorgt der wirklich sehr schottische Akzent von Sänger Daryl Boyce bei den Ansagen zwischen den Songs. Diese sind natürlich alles andere als hochstehend, erfüllen aber ihren Hauptzweck: Sie sorgen für gute Laune. Party Cannon machen alles richtig und somit wird auch die diesjährige halbe Stunde Fasnachtswahnsinn wieder zu einem unterhaltsamen Farbtupfer des Festivals. Mitsamt zünftiger Fitnesslektion, inklusive Push-ups im Publikum vor dem letzten Song. Jetzt sind definitiv alle Anwesenden wach.
Die Fotos – Party Cannon
Hyperdontia
Fast so traditionell wie die verkleideten Circlepits bei der ersten Band, ist der Fakt, dass es die Gruppe direkt danach um einiges schwieriger hat. Dies muss dieses Jahr auch die internationale Truppe von Hyperdontia merken. Als die mit Mitgliedern aus Dänemark und der Türkei besetzte Death Metal-Mannschaft die Bühne betritt, hat es noch ungefähr einen Drittel der Leute im direkten Vergleich zu Party Cannon.
Und irgendwie ist der Oldschool Death welcher nun geboten wird auch fast etwas zu wenig zwingend, um die noch Anwesenden wirklich zu begeistern. Das ist definitiv gut gemacht, klingt aber irgendwie etwas gleichförmig und monoton. Erst als beim dritten Song erstmals etwas das Tempo gedrosselt wird, kommt wenigstens ein bisschen Abwechslung rein. Handwerklich wirklich gut gemacht, doch zu wenig fesselnd – besonders, wenn man den Rest des Tagesprogramms bereits vor Augen hat. Wir entschliessen uns deswegen für eine kurze Pause beim Camp, bevor dann die ganzen Pflichtkonzerte anstehen.
Heretic Warfare
Eigentlich wollte ich bei Crypt Sermon noch kurz reinschauen. Reicht leider nicht mehr wirklich, also direkt vor die zweite Bühne, wo Heretic Warfare den Tag eröffnen. Das Zelt ist bereits wieder ziemlich gut gefüllt und zudem schon ordentlich aufgeheizt. Aber zum Glück kennen Insider wie ich ja die beiden grossen Lüftungsschläuche auf der hinteren Seite, welche die direkt Danebenstehenden mit etwas angenehmer kühler Luft versorgen. Und diese wird auch dringend benötigt, denn die Band tut alles, um dem Publikum ab Beginn noch mehr einzuheizen.
Geboten wird ein Death-Thrash-Gemisch, welches ausserdem immer mal wieder eine ordentliche Crust-Kante aufweist. Zusammen mit den herrlich angepissten Vocals von Frontmann Jan erinnert das ein kleines bisschen an Wolfsbrigade, was definitiv nicht die schlechteste Assoziation ist. Mir gefällt das richtig gut, definitiv ein weiterer Kandidat, welcher künftig auf meinem Radar landen wird. Die Stimmung im vollen Zelt ist zwar eher verhalten, dies liegt aber weniger an der Band als an den hohen Temperaturen und der frühen Uhrzeit. Ein wirklich starker Auftritt!
Die Setlist – Heretic Warfare
- Apotheosis
- Of Gods And Men
- Perpetual Fire
- The Eightfold Path
- The New Divine
- Hedonistic Perfection
- Hell On Earth
Auf dem Weg zur Hauptbühne, quatsche ich jemanden auf seine geilen Endseeker-Badehosen an. Ich hatte die online schon gesehen, live sehen sie aber noch besser aus. Auf die Nachfrage – mehr an mich selbst – was der Versand in die Schweiz wohl kostet, schaltet mein Gesprächspartner seinen Kollegen ein. Diesen erkenn ich dann doch, es ist Sänger Lenny. So kommt man natürlich ins Plaudern, zum Beispiel über die 70’000 Tons Of Metal, wo Endseeker 2024 (Bericht gibt es hier) genauso abgerissen haben wie am Party.San 2023 (hier nachlesen).
Lenny wirkt effektiv vor der Bühne genauso sympathisch, wie wenn er darauf einen Auftritt hat. Nachdem ich ihm bestätigt habe, dass ich auch 2026 auf der Cruise dabei sein werde (Infos für Interessierte gibt es übrigens hier), bittet er mich noch ausdrücklich darum, die Badehosen nicht nur zu bestellen, sondern da auch zu tragen. Wird selbstverständlich erledigt! Beim Schreiben dieses Berichtes, befindet sich das gute Stück bereits in meinem Besitz und wartet nur auf seinen Einsatz in der Karibik.
Wayfarer
Nun aber fix vor die Hauptbühne, wo Kollege Röschu längst im Fotograben ist. Nicht, dass die nun folgende Band grundsätzlich allzu hoch auf meiner «Must see»-Liste gewesen wäre. Aber wenn mich mein geschätzter Kollege Raphi nach dem Lektorat des Rotten Rock-Reviews (gibt es übrigens hier) schon eindringlich dazu aufruft, mir die Gruppe anzuschauen, dann leiste ich dem Wunsch selbstverständlich Folge. Obwohl die Stilbezeichnung Folk Black Metal nicht unbedingt nach einem Auftritt tönt, welcher meinem Gusto entspricht.
Aber Überraschung: Das tönt über weite Strecken viel besser als erwartet. Wie ich ehrlich zugeben muss, war mir die Gruppe bisher gar nicht bekannt. Und so habe ich bei Folk auch irgendwelche Dudelsäcke, Flöten oder ähnlich nervende Instrumente erwartet. Da die Herkunft der Band aber in Denver, Colorado liegt, beziehen sich die Folk-Einflüsse eher auf Americana und Country. Also auf Musik, mit der ich dank meinem Vater aufgewachsen bin und die mir definitiv gar nicht so schlecht gefällt. Da zudem der Black Metal-Anteil von Wayfarer sehr wenige nervig-gekeiften Vocals enthält, lässt sich das durchaus aushalten.
Mir sind zwar gewisse Parts zu repetitiv und atmosphärisch, aber im Grossen und Ganzen ist das auf jeden Fall eine Entdeckung. Nicht, dass ich mich am Merch gleich mit dem kompletten Sortiment der Gruppe eindecken werde. Aber in der richtigen Stimmung muss ich mir die Band zuhause definitiv nochmals in Ruhe reinziehen. Merci für den Tipp, Raphi!
Die Fotos – Wayfarer
Hellbutcher
Da mir Naxen beim ganz kurz Reinhören im Zelt gar nicht gefallen, geniesse ich die paar Minuten bis zum nächsten Act auf der Hauptbühne mit ein bisschen Rumsitzen und Biertrinken. Bereits beim Soundcheck wird aber klar, was nun folgt. Obwohl es musikalisch nicht genau in die Richtung geht gleich, wird vor allem Iron Maiden-Zeugs angespielt. Kein Wunder, ist doch Per «Hellbutcher» neben seinem Bruder Erik «Tyrant» wohl einer der grössten Fans der Eisernen Jungfrauen unseres Kontinents. Da sich die Gustavsson-Zwillinge aber mittlerweile offenbar zerstritten haben, sind sie nun nicht mehr gemeinsam als Nifelheim unterwegs, sondern Per mit seiner neuen nach seinem langjährigen Alias benannten Kapelle.
Ich bin ganz ehrlich, in meiner Sammlung steht keine einzige Scheibe von Nifelheim. Und auch das selbstbenannte Hellbutcher-Debüt von 2024 hat es da noch nicht rein geschafft. Aber live ist Per schlicht eine sichere Bank – sei es mit seiner eigentlichen Hauptband oder mit dem neuen Projekt. Der Black-Thrash ist irgendwie einfach für die Bühne gemacht. Diese wird geprägt von viel Leder, Nieten und ordentlich Feuer. Trotz der doch eher frühen Spielzeit sind die entsprechenden Säulen am Bühnenrand bereits im Dauereinsatz. Klar, würde im Dunkeln noch mehr wirken, aber passt auch so bestens zum Höllensound.
Gespielt wird effektiv ein reines Hellbutcher-Set – jedenfalls soweit ich das beurteilen kann. Die Songs kommen mir jedenfalls alle bekannt vor vom Debüt. Scheinbar verzichtet Per bewusst darauf, aus seinem neuen Ding eine Nifelheim-GedenkVeranstaltung zu machen. Eigentlich absolut lobenswert, nur wird das Material auf Dauer etwas eintönig. Abgesehen davon gefällt mir der Auftritt aber gut. Trotzdem wechsle ich ein bisschen vor dem Ende ins Zelt.
Die Fotos – Hellbutcher
Mass Worship
Denn da folgt nun eine Dampfwalze, die ich auf keinen Fall verpassen will. Mass Worship geniessen schon länger einen ziemlichen Hype im Untergrund, nun will ich mich selbst einmal davon überzeuge, ob da etwas dran ist. Und verdammt: Ja, definitiv! Die Schweden bringen einen Mix aus Hardcore-Einflüssen, Death Metal, Crust Punk und kleinen Black Metal-Einschüben. Das klingt erstens verdammt eigenständig und geht zweitens voll auf die Zwölf.
Das Zelt füllt sich zwar erst ungefähr ab dem zweiten Song und auch dann wirkt das Publikum zuerst fast etwas geplättet von der Soundwelle, die hier aus den Boxen kommt. In der zweiten Hälfte drehen dann aber die Zuschauer endlich ebenfalls ein wenig auf und es kommt zu den heftigen Moshpits, welche die Band schon lange verdient hätte. Unterdessen ist es hier richtig voll und stickig, das passt eigentlich gerade perfekt zum Sound. Definitiv nichts für schwache Nerven, aber mir gefällts sehr gut.
Als einziges kleines Manko am Auftritt sind die etwas lauten Interludes ab Band zu nennen. Auf Kommunikation mit dem Publikum verzichtet die Gruppe praktisch komplett, was nicht weiter störend ist. Aber die schrägen Zwischenstücke nehmen immer etwas den Schwung aus der ganzen Sache raus. Dies bleibt aber mein einziger Kritikpunkt an einer ansonsten grossartigen Show.
Die Setlist – Mass Worship
- Constructive
- Dunes Of Bone
- S.I.B
- Spiritual Destitution
- Communion
- Scorched Earth
- Portal Tombs
- Empyrean Halls
- Celestial
Die Fotos – Mass Worship
Defleshed
Nun aber schnell nach draussen. Den hier steht jetzt eine weitere Premiere für mich an, auf die ich mich freue: Defleshed aus Uppsala waren zwischen 2005 und 2021 gar nicht mehr unterwegs und auch seit der Reunion hatte ich noch nie die Chance, einer Show beizuwohnen. Das Comeback-Album «Grind Over Matter» von 2022 fand ich ziemlich stark und zu meiner Freude kommen ganze vier Songs davon heute zum Zug. Aber natürlich werden auch die Klassiker, welche die Band rund um die Jahrtausendwende zweifellos veröffentlicht hat, gespielt. Und um möglichst viele Lieder zumindest kurz anspielen zu können, werden mehrmals zwei Stücke geschickt aneinandergehängt.
Stilistisch fand ich Defleshed nie so ganz einfach einzuordnen. Thrash trifft auf Death Metal und teilweise noch eine Prise Grindcore. Sänger und Bassist Gustaf Jorde bezeichnet das Ganze bei seiner ersten Ansage ganz «einfach» als Speed-Thrash-Heavy-Death-Doom. Ich stelle mir an der Stelle schon Raphis Reaktion vor, wenn ich dies auf Metalinside.ch so als Genre anlegen würde. Herrlich, fast so gut wie die Band. Diese kann auf gut gefüllte Zuschauerreihen blicken und vorne kommt auch tatsächlich schon einiges an Stimmung auf.
Die Schweden nutzen ihre Dreiviertelstunde wirklich praktisch perfekt aus. Sie liefern gut gelaunt einen sehr starken Auftritt mit einer richtig toll zusammengestellten Setliste. Ich muss mir dringend die alten Alben der Herren wieder einmal etwas genauer zur Brust nehmen. Stark!
Die Setlist – Defleshed
- Stripped To The Bone
- Hand Over Fist
- Grind Over Matter
- The Return Of The Flesh / Entering My Yesterdays
- Heavy Haul
- Fast Forward
- Fire In The Soul / Speeding The Ways
- Thorns Of A Black Rose
- Metalloc Warlust / One Grave To Fit Them All
- Nigh Vision
- Under The Blade
Die Fotos – Defleshed
Suffocation
Da mich mit Friisk auch die nächste Zeltband nicht in den Bann zieht, warte ich dann doch lieber draussen auf die Show von Suffocation. Nach all den Premieren geht es jetzt wieder auf für mich gewohntes Terrain, schliesslich ist das heute bereits schon meine fünfte Suffocation-Show – und zwar nicht total, sondern allein 2025. Nach zweimal auf der Cruise, dem Züri Gmätzlets Vol. IV und dem Heidelberg Death Fest nun also hier am Party.San. Und das Krasse daran ist: Die Jungs werden einfach nie langweilig.
Heute haben Terrance Hobbs und seine Mitstreiter zwar zuerst fast zehn Minuten Verspätung und danach auch zwei Songs lange mit kleineren technischen Problemen zu kämpfen. Das hindert sie aber nicht daran, auch hier eine klasse Show rauszuhauen. Es ist immer wieder krass, auf welchem technischen Niveau die Band agiert, ohne allzu verkopft zu wirken. Und das Publikum trägt ebenfalls seinen Teil zum Gelingen bei. Es sind nicht nur mehr Leute vor der Bühne als bei allen anderen Auftritten heute bisher. Die Anwesenden sorgen darüber hinaus für den grössten Pit des heutigen Tages – Party Cannon natürlich einmal ausgenommen.
Egal wie oft ich Suffocation schon gesehen habe, sie haben mich noch absolut nie enttäuscht. Daran ändert sich auch heute nichts, eher im Gegenteil. Der Auftritt packt mich sogar noch ein bisschen mehr als derjenige in Heidelberg. Nur leider folgt jetzt die für mich ärgerlichste Überschneidung des Festivals. Gutslit legen im Zelt gemäss Spielplan fünf Minuten vor dem Ende der Show auf der Hauptbühne los. Und durch die leichte Verspätung wird das wohl erst recht nicht reichen. Schade, aber so verabschiede ich mich schliesslich etwas vor dem Abschluss. Und freue mich umso mehr auf das nächste Aufeinandertreffen. Ob es wohl 2025 noch für eine Nummer sechs reicht?
Die Fotos – Suffocation
Gutslit
Aufgrund von leeren Bechern und langer Schlange an der Bar, verpasse ich den Anfang von Gutslit leider trotz meinem frühen Verschwinden bei Suffocation. Ich bin aber gerade noch rechtzeitig, um links ziemlich weit nach vorne zu kommen. Das Zelt ist praktisch ab Beginn sehr gut gefüllt und auf der rechten Seite kreist sofort ein grosser Pit. Der leicht grindige Brutal Death Metal der Inder hat schon vor einer Woche beim Dortmund Deathfest die volle Halle zum Kochen gebracht und dies gelingt auch heute mit Leichtigkeit.
Ungefähr in der Mitte des Sets bittet der charismatische Frontmann Aditya Barve den langjährigen Supporter Christian mit seiner Freundin Claudia auf die Bühne. Dieser macht dann seiner Partnerin vor vollgestopftem Zelt einen Heiratsantrag und die grosse Frage wird unter Jubel mit Ja beantwortet. Die kleine Verschnaufpause scheint vielen im Publikum gerade recht gekommen zu sein, denn als es weiter geht, ist der Pit nochmals grösser und heftiger unterwegs.
Zudem steigt nun die Crowdsurf-Kadenz auf ein für die Zeltbühne rekordverdächtiges Level. Die nicht sehr zahlreichen Security hier im Bühnengraben haben jedenfalls alle Hände voll zu tun – im wahrsten Sinne des Wortes. Beim obligatorischen Abschluss «Necktie Party» lässt sich dann auch der künftige Bräutigam Christian über die Leute tragen und der riesige Circle Pit sorgt nun für eine richtig heftige Staubwolke. Obwohl ich Gutslit jederzeit noch länger auf der Bühne sehen würde, man ist nun definitiv froh, wieder an die frische Luft zu kommen. Was für ein Abriss!
Die Setlist – Gutslit
- Intro
- Matriarch
- Blind Torture Kill
- Atrophic Cranial Disintegration
- Blood Eagle
- Son Of Sam
- I, Berserker
- Scaphism
- Necktie Party
Die Fotos – Gutslit
Brujeria
Zurück an der frischen Luft fängt gerade der Auftritt von Burjeria an. Ein weiterer Act, den ich bereits am letzten Wochenende in Dortmund live erleben durfte. Ich war fast etwas erstaunt, dass die Band so kurz nach den tragischen Verlusten der beiden Gründungsmitglieder Juan Brujo und Pince Peach 2024 bereits wieder auf grosser Tour ist. Die LA-Mexico-Truppe macht diese aber genau in Gedenken an die beiden verstorbenen Brüder. Speziell Juan fehlt ehrlich gesagt schon ein bisschen, besonders hier auf der riesigen Bühne. Der nun alleinige Sänger El Sangron wirkt da manchmal fast etwas verloren.
Trotzdem liefert auch die übrig gebliebene Besetzung einen guten und würdigen Auftritt ab. Der Platz vor der Bühne ist wohl etwas weniger voll als noch bei Suffocation direkt zuvor, aber immer noch ganz ordentlich gefüllt. Und zumindest vorne ist ausserdem die Stimmung ganz offensichtlich sehr gut. Vor «Consejos Narcos» fragt der Frontmann wie üblich nach Gras – und bekommt gleich einen ganzen Sack auf die Bühne geworfen. Diesen gibt er lachend und Happy Birthday-singend direkt an den Drummer weiter, welcher wohl der grösste Kiffer der Band ist. Zum Sofortverzehr hätte El Sangron dann aber doch gerne noch einen bereits fertigen Joint und auch diesen erhält er brav geliefert. Also alles bereits für das gute alte «Marijuana – Si, El polvo – No»-Spiel.
Mit «Raza odiada (Pito Wilson)» und «Matanda Güeros» folgen anschliessend die anderen beiden grossen «Hits» (wenn man dem in diesem Genre so sagen kann) der Gruppe und als Abschluss das obligatorische «Marijuana»-Macarena-Remake ab Band. Auch wenn Brujeria durch die vielen Personalwechsel und die beiden Todesfälle im letzten Jahr nicht mehr dieselbe Gruppe sind wie vor zehn Jahren, live garantieren sie nach wie vor für beste Stimmung. Und ich hoffe, sie bleiben uns noch lange erhalten.
Die Setlist – Brujeria
- Brujerizmo
- El desmadre
- Hechando chingasos (Greñudos locos II)
- Vayan sin miedo
- La migra (Cruza la frontera II)
- Chingo de mecos
- Cristo de la roca
- Desperado
- Colas de rata
- La ley de plomo
- Revolución
- Consejos narcos
- Raza odiada (Pito Wilson)
- Matando güeros
- Marijuana (Outro)
Die Fotos – Brujeria
Rotting Christ
Während der Umbaupause auf der Hauptbühne nach Brujeria lasse ich das Zelt für einmal links liegen und widme mich stattdessen dem Essensstand mit dem feinen Gulasch. Hatte ich bisher in diesem Jahr noch nie, also wird es höchste Zeit. Eigentlich hatte ich mir sogar überlegt, kurz zurück zum Camp zu gehen. Aber für eine Band Pause lohnt sich das halt doch nicht so richtig. Also gebe ich Rotting Christ wieder einmal eine Chance. Ich bin aber generell gar kein grosser Fan der Griechen, auch wenn mir Sakis Tolis eigentlich sympathisch ist.
Es geht los mit einem ewig langen Intro, welches vor der Bühne ungefähr gleich viele Leute miterleben wie die Show von Brujeria zuvor. Bei der ersten Ansage von Sakis ist das Mikro dermassen verhallt, dass man abgesehen vom witzigen Dialekt praktisch nichts mitbekommt. Und die Songs sind genauso, wie ich Rotting Christ in Erinnerung hatte: sehr repetitiv und eher langweilig. Zusammen mit der Dämmerung und den Feuereffekten hat das zwar eine gewisse Wirkung. Mich packen die Griechen aber auch heute nicht.
So statte ich nun endlich einmal dem Pub auf der rechten Seite der Bühne einen Besuch ab, in welchem Yvonne, Meier und Tom schon seit längerem sitzen und sich einmal quer durch die Karte von exquisiten Whiskys trinken. Ein durchaus sympathischer Zeitvertrieb, aber ich bleibe vorerst einmal beim Bier… Als ich dann doch nochmals vor die Bühne komme, ist der Platz nun um einiges besser gefüllt als noch zu Beginn. Mich packt aber auch das Finale von Rotting Christ nicht, also beschliesse ich, der letzten Band des Tages im Zelt einen Besuch abzustatten.
Die Fotos – Rotting Christ
Imperial Triumphant
Diese heisst Imperial Triumphant und wird auf The Metal Archives als Avantgarde Black Metal bezeichnet. So richtig viel kann ich mir darunter nicht vorstellen, für Begeisterung sorgt diese Stilbezeichnung aber bei mir definitiv nicht. Die drei Musiker betreten mit auffälligen, goldenen Masken die Bühne. Und ich bereue gerade ein bisschen, dass Röschu im Pub-Zelt sitzt und nicht im Fotograben steht. Denn rein optisch hätte das schon ein bisschen was hergegeben.
Musikalisch allerdings ist das eher verstörend als begeisternd. Es klingt fast ein bisschen so, als würde eine Free-Jazz-Band versuchen, Black Metal zu spielen. Der Rhythmus tönt immer leicht verschoben, der «Gesang» ist mehr gesprochen und auch die Gitarre spielt so ein bisschen am Takt vorbei und ist weit von einer eigentlichen Melodie entfernt. Das Zelt ist zwar nicht so voll wie bei Gutslit, aber doch ordentlich gefüllt mit Leuten, welche in diese Kakophonie abtauchen. Mir hingegen ist nach zwei Songs halb schwindlig und ich verabschiede mich wieder Richtung Pub.
I Am Morbid
Nun folgt endlich die Gruppe, wegen der ich immer noch hier stehe. Letztes Jahr hat mich David Vincent mit Vltimas und Terrorizer begeistert (hier nachlesen), nun folgt also der Auftritt mit I Am Morbid. Unter diesem Namen spielt David «seine» Morbid Angel-Songs. Und auch wenn er das ohne Gitarrist Trey Azagthoth macht, sein Drummer Pete «Commando» Sandoval hat die meisten dieser Alben mit eingespielt. Somit ist immerhin die Hälfte der damaligen Besetzung mit dabei. Also Vorhang auf für Songs aus den besten Jahren der Band, inklusive einem der ganz grossen Sänger des Death Metal.
Der Platz vor der Bühne ist aber bei Beginn doch um einiges leerer als bei Rotting Christ zuvor. Und obwohl schnell etwas mehr Leute hier sind, will am Anfang nicht so richtig Stimmung aufkommen. Liegt sicher auch daran, dass die ersten Songs vom «Dominantion»-Album von 1995 stammen, welches nicht mehr zu den ganz grossen Frühwerken der morbiden Engel gezählt werden kann. Immerhin ist Davids erste Ansage vor «Dawn Of The Angry» richtig geil: «Tonight, you’ll be drinking some beers with a lot of metalheads. But if you drink too much, tomorrow will be the dawn of the angry”. Aber ganz ehrlich: Mr. Vincent könnte mit dieser Stimme auch das lokale Telefonbuch vorlesen und ich würde trotzdem an seinen Lippen hängen. In den kurzen Wortmeldungen zwischen den Songs kommt sein Bass fast noch besser zur Geltung als während der Lieder.
Als er aufgrund des schönen Wetters fragt, wer denn letzte Woche an der Wasserschlacht in Wacken war, erntet er anstatt Begeisterung eher ein paar Buh-Rufe. Das Publikum hier unterscheidet sich von der Klientel in Wacken halt schon wesentlich. Abgesehen davon bietet die Truppe einen mehr als nur soliden Auftritt ab. «Rapture» von meinem ewigen Lieblingswerk «Covenant» macht mich sehr glücklich, während viele der anderen Anwesenden eher zu «Blessed Are The Sick» oder «Chapel Of Ghouls» steilgehen.
Vorne kommt nun tatsächlich auch etwas Stimmung auf. So ganz springt der Funke aber nie auf den gesamten Flugplatz über. An der Band kann es aus meiner Sicht nicht liegen, denn diese liefert einen astreinen Auftritt mit jeder Menge Klassiker ab. Aber eventuell empfinden gewisse Leute I Am Morbid doch eher als Tribute-Band. Oder es sind viele schlicht und einfach schon müde. Ich persönlich bin aber froh, viele Songs nochmals live erleben zu dürfen mit dem grossartigen David am Mikrofon. Starker Auftritt, welcher etwas mehr Resonanz verdient hätte.
Die Fotos – I Am Morbid
Triptykon plays Celtic Frost
Nun kommt diejenige Tribute-Band, auf die eindeutig noch mehr Leute gewartet haben als auf I Am Morbid. Tom G. Warrior bringt die Songs der legendären Celtic Frost zusammen mit Triptykon nochmals auf die Bühne. Mir ist absolut bewusst, dass Celtic Frost der wohl einflussreichste Schweizer Metal-Act aller Zeiten waren. Keine andere Gruppe aus unserem Land hat so viele andere, jüngere Kollegen beeinflusst. Erst recht nicht im extremen Metal. Trotzdem muss ich gestehen, dass ich selbst nie ein riesiger Fan war. Aber zumindest den Anfang des Auftritts will ich definitiv noch mitnehmen, wenn ich schon hier bin – trotz schweren Füssen und allgemeiner Müdigkeit.
Der Platz vor der grossen Hauptbühne ist nun schon bei Beginn etwa so gefüllt, wie bei I Am Morbid zuvor ganz am Schluss. Und vorne ist schnell viel Bewegung zu sehen. Tom macht alles richtig und haut mit «Circle Of The Tyrants» ganz zu Beginn einen DER grossen Hits von Celtic Frost raus. Und auch «Return To The Eve» steigert die Stimmung nochmals merklich. Kluger Schachzug, so hat man das Publikum definitiv gleich komplett im Sack. Nach den ersten vier Liedern folgt dann die erste Ansage von Tom. Er freut sich, zum vierten Mal hier zu sein, dreimal davon mit Triptykon. Und er erklärt, dass es ihm eine Freude ist, auf Wunsch der Veranstalter eine reine Celtic Frost-Setliste zu spielen.
Mit «Procreation (Of The Wicked)» folgt dann nochmals ein alter Kracher, bevor es mit «Ground» etwas vom letzten Album «Monotheist» von 2006 zu hören gibt. Der doomige Song eröffnet nun ein bisschen den Reigen der eher experimentellen Sachen, welche mir nicht so ganz zusagen. Und da zudem die Müdigkeit jetzt voll zuschlägt, beschliessen Röschu und ich, uns langsam Richtung Camp zurückzuziehen. Von ganz hinten sieht man nochmals eindrücklich, wie voll das Gelände wirklich ist. Und beim Zurücklaufen hören wir noch den Rest der Show. Triptykon liefern einen wirklich guten Auftritt ab, welcher die echten Celtic Frost-Fans sicher begeisterter zurücklässt als mich. Aber auch ich fand es alles andere als schlecht und bin froh, die Songs einmal live erlebt haben zu dürfen.
Die Setlist – Triptykon plays Celtic Frost
- Circle Of The Tyrants
- The Usurper
- Return To The Eve
- Into The Crypts Of Rays
- Procreation (Of The Wicked)
- Ground
- Sorrows Of The Moon
- A Dying God Coming Into Human Flesh
- Dethroned Emperor
- Necromantical Screams
- Synagoga Satanae
Die Fotos – Triptykon plays Celtic Frost
Als wir bei einem allerletzten Bier über die Tageshighlights sinnieren, fallen viele Namen. Gutslit, Mass Worship, Suffocation, Heretic Warfare, Defleshed, I Am Morbid – die Höhepunkte sind zu zahlreich, um alle aufzuzählen.Party.San Open Air 2025 – Tag 3 (Samstag, 09. August)
Obwohl wir gestern nach der letzten Show nur noch ein letztes Bier getrunken haben und dann zeitig im Schlafsack verschwunden sind, fühle ich mich am Samstagmorgen wieder nicht so richtig erholt. Ich war immer wieder wach in der Nacht und am Morgen sorgt die Sonne auch schon früh für hohe Temperaturen im Zelt. Aber hey, so reicht es wieder für eine Dusche bevor sich die ganz langen Schlangen davor bilden. Und am Samstag stehen ja zudem schon Frühschoppen-Bands auf dem Programm, also eventuell gar nicht so schlecht, rechtzeitig auf den Beinen zu sein. Die Turbonegro-Coverband Ass Cobra lasse ich dann doch noch aus, aber pünktlich zu Macbeth um elf Uhr pilgern wir Richtung Zeltbühne.
Macbeth
Die nun auftretende Truppe kommt aus Erfurt und sie sind somit quasi local heroes. Bereits 1985 gegründet, waren sie eine der ersten Metalbands in der DDR und zum vierzigjährigen Jubiläum gibt es die Party.San-Premiere. Am Anfang will aber die Technik nicht so recht mitmachen und so versucht sich Sänger Oliver Hippauf vorerst einmal als Comedian. Er erklärt auch gleich die frühe Auftrittszeit: Aus seiner Erfahrung in der Altenpflege wisse er, dass Senioren am Morgen am agilsten sind. Deswegen sei der frühe Slot perfekt. Und er lässt das Publikum wissen, dass es zwar ewig gedauert hat bis zu ihrer Premiere hier, aber die Liste von Bands, die spielen wollen, sei halt sehr lange. Manche kommen erst nach ihrem Tod dran, bei Macbeth hat man das aber nun ein paar Jahre vorgezogen. Humor hat der Gute also definitiv und über sich selbst lachen kann er ebenfalls.
Musikalisch bieten Macbeth klassischen Heavy Metal, teilweise mit etwas Thrash-Einschlag. Dazu gibt es deutsche Texte, die meistens von Krieg handeln und etwas martialisch wirken. Im Grossen und Ganzen gefällt mir das aber gar nicht schlecht. Und das Publikum, welches beim Konzert nun wohl zu einem grossen Teil aus Leuten aus der Region besteht, zeigt sich erstaunlich textsicher. Scheinbar haben die Anwesenden einige der Songs definitiv schon gehört, als sie noch in die Hosen gekackt haben, wie es Oliver in seiner charmanten Art und Weise ausdrückt. Ein wirklich sympathischer Auftritt, der mich zwar musikalisch nicht komplett umhaut, aber doch für eine gute Eröffnung des letzten Festivaltages sorgt.
Die Fotos – Macbeth
Scalpture
Nach Macbeth reicht es gerade noch kurz an den Merchstand, wo wir nicht die einzigen sind, die bereits jetzt nach Fulci-Merch fragen. Danach heisst es aber fix vor die Hauptbühne zu wechseln, welche heute von Scalpture eröffnet wird. Die Bielefelder Death Metaller haben schon 2022 am Party.San gespielt, damals allerdings noch auf der Zeltbühne (Bericht dazu gibt es hier). Auf der kleineren Bühne haben mich die Jungs damals regelrecht weggeblasen, also mal schauen, was sie heute auf der grösseren Stage bieten.
Obwohl die Sonne gnadenlos vom Himmer brennt, ist der Platz ziemlich gut gefüllt für die Uhrzeit. Auch einige Scalpture-Shirts sind im Publikum zu sehen und die Band kommt tatsächlich schon als erster Act in den Genuss von Feuereffekten. Auch die Gruppe selbst wirkt top motiviert und liefert einen sehr starken Auftritt. Allerdings ist damals im Zelt zu späterer Stunde fast noch etwas mehr beim Publikum angekommen. Dieses beschränkt sich nun mehr oder weniger aufs Headbangen. Die Songs überzeugen mich aber wieder. Wie uns Frontmann Thorsten wissen lässt, kommen diverse Bandmitglieder seit fünfzehn Jahren jedes Jahr als Besucher hierhin. Und diese Leidenschaft und Freude merkt man während des gesamten Auftritts.
Beim abschliessenden «Flattened Horizons (Pounding Howitzers)» bekommen die sympathischen Bielefelder von den Veranstaltern sogar noch einen Schuss von der Dekorations-Kanone Esmeralda spendiert. Nicht schlecht, gibt es sonst eigentlich nur als Zeichen, dass das Gelände öffnet. Aber Scalpture haben sich das verdient und bedanken sich mit einem starken Auftritt. Und ich frage mich gerade, wieso sich noch kein Tonträger der Gruppe in meine Sammlung verirrt hat. Diesen Mangel gilt es bald einmal zu beheben.
Die Setlist – Scalpture
- The Fall
- Into Catastrophe
- Schwedentrunk
- Dam Busters
- Yperite
- Til Jeret Undergang
- Flattened Horizons (Pounding Howitzers)
Die Fotos – Scalpture
Blockheads
Nun folgt eine französische Band, von der ich bisher ausser dem Namen gar nichts kenne. Aber Grindcore am Morgen vertreibt ja bekanntlich Kummer und Sorgen. Ok, es ist zwar schon Viertel vor eins, aber irgendwie fühlt es sich immer noch wie Morgen an. Die Gruppe existiert bereits seit 1992, trotzdem haben sich unsere Wege bisher nie gekreuzt. Was, wie sich gleich herausstellt, ein Jammer ist. Fronter Xav hat nicht nur eine unglaubliche Energie, sondern ganz offensichtlich auch einen ordentlichen Dachschaden. Der Typ kann keine Sekunde stillstehen, singt crowdsurfend, begibt sich mit dem (kabelgebundenen!) Mikrofon in den Circlepit vor der Bühne und schmeisst sich auf der Bühne auch gerne einfach mal auf den Boden. Ich habe leider trotz Recherche nicht herausgefunden, wie alt der gute Herr ist. Jedenfalls sicher keine zwanzig mehr. Aber in diesem Alter noch so locker die hohe Bühne erklimmen zu können, dass muss ihm erst einmal jemand nachmachen.
Und auch der Sound drückt so richtig geil aus den Boxen. Hier wird richtig guter, schneller Grindcore geboten, welcher kaum Verschnaufpausen bietet. Ausser bei den Ansagen mit sympathischem Akzent zwischen den kurzen Songs ist hier dauernd Action angesagt. Es hat zwar etwas weniger Leute vor der Bühne als bei Scalpture zuvor, aber diejenigen, die hier sind, haben einen Mordsspass. Xav kündigt noch ein neues Album an, dieses muss ich bei Erscheinen unbedingt auschecken. Und eventuell ergibt sich dadurch auch die Chance, die Band wieder einmal live erleben zu können. Die Herren aus Nancy liefern einen absoluten Abriss, den so wohl die Wenigsten erwartet hätten. Die Shirts am Merchstand sind ruckzuck ausverkauft, und dies hochverdient.
Da der spätere Nachmittag beziehungsweise frühe Abend sehr kräftezehrend werden wird, legen wir nun eine kurze Pause beim Camp ein. Schliesslich soll nochmals der Grill angeschmissen werden, wir wollen das ganze Fleisch ja nicht wieder nach Hause mitnehmen. Und eine Pause kommt nach der intensiven Show sowieso ganz gelegen.
Die Setlist – Blockheads
- Face Yourself, Make Up Your Mind
- Awaken
- Bastards
- Conscience Cleaner
- Follow The Bombs
- Famine
- Borders
- Human Oil
- For Daggers To Dive
- Arrogant Piece Of Shit
- Pro-Lifers
- It’s Always OK
- Blind Machine
- Silent
- Sell Your Flesh
- Final Arise
- Flesh Furnace
- Black Heaps of Cinders
- You’re A Prey
- Hide Your Face
- Polymorphic Perdition
- Cages
- Walls
Die Fotos – Blockheads
Nightbearer
Für einmal schaffe ich es sogar, die Pause nicht allzu lange zu halten. Zwar sehe ich von Schizophrenia nur ein paar Minuten, aber die Belgier habe ich trotz allgemeinem Hype absichtlich ausgelassen, weil mich die letzten Aufeinandertreffen eher gelangweilt haben. Und so richtig viele Leute hat es auch nicht vor der Bühne. Im Zelt zwar vorerst ebenfalls nicht, aber hier gibt es zumindest eine Premiere für mich. Die diesjährige Nightbearer-Scheibe «Defiance» fand ich durchaus interessant, also ist es Zeit, die Band nun auch live zu erleben. Die Truppe kommt «aus dem wunderschönen Paderborn» (O-Ton Sänger Michael Torka) und spielt leicht schwedisch beeinflussten Death Metal. Genau mein Ding also.
Frontmann Michael lässt uns auch noch Wissen, dass er sonst immer viel zu viel labert, dies aber heute etwas bremsen wird, damit mehr Zeit für Songs übrigbleibt. Nun, so ganz kann er es dann doch nicht lassen und bringt immer mal wieder eine witzige Ansage. Im Grossen und Ganzen regiert aber definitiv die Musik und die weiss durchaus zu gefallen. Die Dynamik ist sehr abwechslungsreich, doomigere Parts und Vollgas-Geballer wechseln sich ab. Und obwohl die ganz grossen Helden wohl Dismember und Konsorten sind, klingt der Sound doch genügend modern und eigenständig. Dies sieht das unterdessen ziemlich zahlreiche Publikum ebenso und feiert die Band ordentlich ab. Die Stimmung ist nun wirklich grossartig, auch dank der sympathischen Performance. Guter Auftritt!
Die Fotos – Nightbearer
Analepsy
Nun aber schnell nach draussen, wo wieder ein eher härterer Act auf dem Programm steht. Analepsy aus Portugal habe ich am Rock The Hell 2022 zum ersten Mal live erlebt, und da hier Slam und Brutal Death Metal doch etwas weniger häufig anzutreffen sind als im Werkhof in Alt St. Johann, war ich doch etwas erstaunt, dass der Auftritt auf der Hauptbühne stattfindet und dazu noch eine gar nicht so frühe Spielzeit ausgerufen wurde. Durch die etwas mehr als fünf Minuten Verspätung bei Beginn, verpasse ich fast gar nichts, obwohl ich bei Nightbearer etwas länger geblieben bin als vorerst geplant. Der Platz vor der Bühne ist – wie von mir insgeheim erwartet – nicht allzu voll. Aber dies könnte auch der immer noch brennenden Sonne geschuldet sein.
Und die Anwesenden sitzen definitiv nicht nur im Schatten. Als die Band mit ihrem wuchtigen Slam loslegt, gibt es hier vorne gleich etwas Bewegung. Der Sound ist zentral vor der Bühne wieder einmal erste Sahne und so drückt das richtig geil aus den Boxen. Deshalb ist es kein Wunder, das der sonst schon gut gefüllte Platz schnell noch voller wird und ein grösserer Circle Pit seinen unermüdlichen Betrieb aufnimmt. Irgendwie scheinen die Anhänger der Slam-Szene auch das Party.San immer fleissiger zu bevölkern. Die Stimmung ist ausgezeichnet, natürlich vor allem dank einem guten Auftritt von Analepsy. Sogar ein rollstuhlfahrender Crowdsurfer gibt es zu verzeichnen. Und die Wall Of Death gelingt ebenfalls ziemlich gut. Für uns ist es nun aber leider schon Zeit für einen Wechsel ins Zelt. Auch die Analepsy-Avulsed-Überschneidung hat mich im Vornherein sehr geärgert und wird nun Tatsache. Ich habe aber definitiv genug gesehen, um dem Quartett aus Lissabon einen guten Auftritt attestieren zu können.
Die Fotos – Analepsy
Avulsed
Wieso die legendäre Band aus Spanien auf die Nebenbühne verbannt wurde, ist mir ehrlich gesagt ein ziemliches Rätsel. Aber nicht das einzige heute, später mehr dazu. Es hilft nichts, Frontmann Dave Rotten und seine ziemlich neu zusammengestellte Mannschaft müssen definitiv im Zelt ran. Und dieses ist ganz am Anfang gar nicht einmal so überfüllt, wie ich das erwartet hätte. Liegt aber wohl auch am immer noch laufenden Auftritt von Analepsy. Aber Avulsed sind bereit und legen gleich Vollgas los.
Die Bühne ist dekoriert mit zwei grossen Stellern auf den beiden Seiten – «Death» links und «Metal» rechts, analog zu den Tattoos auf den Unterarmen von Dave. Neben dem beeindruckenden Propeller-Headbanging des Fronters, zieht vor allem die Doppelhals-Gitarre von Alejandro Lobo alle Blicke auf sich. Das Ritual mit dem Kunstblut aus dem Totenschädel finde ich zwar etwas albern und aus der Zeit gefallen, das ist aber mein einziger kleiner Kritikpunkt. Ansonsten liefern die Spanier einen gewohnt geilen Auftritt ab.
Das unterdessen sehr gut gefüllte Zelt feiert die Show schon bald ordentlich ab. Die geforderte Wall of Death verfehlt ihre Wirkung nicht, danach ist gleich ein grösserer Pit in Bewegung, welcher nicht mehr endet. Neben zwei Songs vom starken neuen Album «Phoenix Cryprobiosis» kommen auch einige Klassiker zum Zuge. Aber natürlich ist die Spielzeit von 35 Minuten sowieso viel zu kurz für eine Band, welche seit 1991 aktiv ist und auf eine entsprechend umfangreiche Diskografie zurückgreifen kann. Ich hoffe, bald einmal in den Genuss einer Headlinershow der Madrilenen zu kommen, bei welcher sie sich zeitlich nicht ganz so einschränken müssen. Und bei einem allfälligen nächsten Auftritt hier wünsche ich mir, dass die Gruppe den Hauptbühnen-Slot erhält, welchen sie verdient hat.
Die Setlist – Avulsed
- Lacerate To Dominate
- Breaking Hymens
- Blood Monolith
- Stabwound Orgasm
- Phoenix Cryptobiosis
- Gorespattered Suicide
- Devourer Of The Dead
Die Fotos – Avulsed
Night In Gales
Da mich Ereb Altor erwartungsgemäss nicht begeistern, ist es Zeit für eine kurze Pause, bevor es wieder im Zelt weiter geht. Night In Gales aus Voerde (Nordrhein-Westfalen) sind mir dem Namen nach zwar schon länger ein Begriff, so richtig gut kenne ich die Band aber nicht, obwohl sie bereits seit 1995 besteht. Die gesamte Saitenfraktion besteht aus Gründungsmitgliedern und am Mikrofon steht mit Christian Müller ebenfalls ein Mann der ersten Stunde, welcher sich allerdings zwischendurch eine längere Auszeit genommen hat.
Besonders seine Stimme ist es, die mich immer mal wieder an At The Gates erinnert. Aber auch sonst scheint der Melodic Death Metal aus Göteborg bei der Gruppe grösseren Eindruck hinterlassen zu haben. Wobei glücklicherweise eben eher die klassischen Sachen, und nicht moderne In Flames. Mir gefällt das dementsprechend gut und das bestens gefüllte Zelt feiert die Band genauso ordentlich ab. Auf Dauer fehlt mir zwar ein ganz kleines bisschen die Abwechslung, abgesehen davon aber definitiv ein Act, welchen ich künftig auf dem Zettel haben werde, obwohl ich hier nicht ganz bis am Ende bleibe.
Die Fotos – Night In Gales
Skeletal Remains
Der Grund für meinen etwas verfrühten Abgang aus dem Zelt kommt aus Kalifornien und beehrt nun als nächste Gruppe die Hauptbühne. Mein letztes Aufeinandertreffen mit Skeletal Remains liegt ein paar Jahre zurück. Kurz vor dem Party.San wurde die Band aber zu meiner grossen Freude für die 70’000 Tons Of Metal 2026 bestätigt (Infos gibt es hier) und ich habe bereits jetzt die Chance auf einen Vorgeschmack. Chris Monroy (Vocals und Gitarre) beehrt mit seiner in letzter Zeit stetig durchgewechselten Mannschaft Schlotheim und das will ich mir nicht entgehen lassen.
Der Platz vor der Bühne könnte zwar etwas voller sein, aber die Sonne drückt auch immer noch erbarmungslos vom fast wolkenlosen Himmel. Der Soundmann braucht zwar einen Song, um sich hier richtig zurechtzufinden, mixt dann aber eine richtig drückende Wand, welche die Anwesenden gleich auch einem ordentlichen Circlepit vor der Bühne animiert. Musikalisch denke ich bei Skeletal Remains ja trotz Herkunft von der Westküste immer sowieso ein bisschen an Florida, dies ist auch heute so. Besonders wenn die sonst oft ungezügelte Raserei etwas zurückgeschraubt wird, schauen immer mal wieder Obituary um die Ecke.
Wer grosse Ansagen oder ausuferndes Stage-Acting erwartet hat, ist hier hingegen komplett an der falschen Adresse. Die Band wirkt ein wenig statisch, wie es noch oft der Fall ist, wenn ein Sänger zusätzlich ein Instrument bedient. Und mit einem eingestreuten Instrumental nimmt man leider zusätzlich etwas die Stimmung raus. Abgesehen davon liefern aber Sekeletal Remains genau das, was von ihnen erwartet wird: eine richtig geile Death Metal-Show!
Die Fotos – Skeletal Remains
Pig Destroyer
Dödsrit wissen mich im sehr vollen Zelt nicht so richtig zu begeistern und so warte ich draussen auf mein nächstes Highlight: eine ordentliche Portion Grindcore aus Alexandria, Virginia. Pig Destroyers Frühwerke – besonders «Prowler In The Yard» von 2001 – sind bei den Kennern der Materie über jeden Zweifel erhaben. Die letzten Auftritte haben aber teilweise ein paar Fragezeichen hinterlassen. So beschrieb der sonst sehr geschätzte Kollege Dutti den Aufritt beim Züri Gmätzlets Vol. III (hier nachzulesen) sogar mit den Worten «Napalm Death, aber in schlecht». Wenigstens Domi The Stick und Larry haben den Auftritt damals fast so sehr abgefeiert wie ich.
Und soviel sei verraten: Auch der heutige Auftritt spaltet die Meinungen. Klar, in Alex Cha einen Typen auf der Bühne zu haben, welcher nur irgendwelche Samples auf seiner komischen Keyboard-Konstruktion abspielt und gelegentlich Backgroundvocals beisteuert, ist im Genre eher unüblich. Aber irgendwie passt das zu Pig Destroyer. Ich verlasse relativ schnell unsere Position in den sehr lichten Reihen weiter hinten, um Richtung früh tobendem Moshpit zu wechseln. Und hier scheinen die Leute – inklusive Xav, dem durchgeknallten Sänger von Blockheads – definitiv ihren Spass zu haben.
Mir gefällt der Auftritt ebenfalls, wie schon der vorher erwähnte im Dynamo. Irgendwie finde ich einen Typen auf der Bühne, welcher nur Knöpfe drückt und dazu maximal abgeht, definitiv weniger schlimm, als wenn der ganze Scheiss einfach ab Band kommen würde. Dazu kommen kurze und knackige Songs, die dir schlicht und einfach mit maximaler Aggressivität auf die Fresse hauen. Ganze neunzehn Songs bringen Pig Destroyer in ihrem 45 Minuten dauernden Set unter. Und dazu gibt es noch die gewohnt witzigen bis leicht dämlichen Ansagen von Fronter J.R. Hayes. Nein, ich habe noch nie einen Handstand mit einer offenen Flasche Jack Daniels in meinem Hinterteil probiert. Aber danke der Nachfrage. Während viele die Nase rümpfen – auch von meiner Gruppe – finde ich den Auftritt sehr geil.
Die Setlist – Pig Destroyer
- Gravedancer
- Scarlett Hourglass
- Thumbsucker
- Pretty In Casts
- Crippled Horses
- The Gentleman
- Sis
- The American’s Head
- Eve
- Valley Of The Geezers
- Loathsome
- The Dicksophat
- Thought Crime Spree
- Starbelly
- Cheerleader Corpses
- Scatology Homework
- Trojan Whore
- Piss Angel
- Junkyard God
Die Fotos – Pig Destroyer
Grave
Die nächste Zelt-Band lasse ich gleich komplett aus. Mit der Stilbezeichnung «Post Black Metal / Shoegaze» ist das sowieso nichts für mich. Aber was nun auf der Hauptbühne folgt, nimmt mich doch Wunder. Ich muss zugeben, ich war nie ein grosser Fan von Grave. Die aus ungefähr derselben Epoche stammenden Landsmänner – Dismember, Entombed, Unleashed – haben mich allesamt mehr gepackt. Aber heute soll es ein Set mit Songs ausschliesslich von den ersten drei Alben und in Originalbesetzung geben. Das sollte als Ansporn reichen, obwohl ich vom Auftritt unter denselben Vorzeichen im Südpol Kriens im April dieses Jahres Zwiespältiges gehört habe.
Und zwiespältig ist gleich das richtige Stichwort für heute: Die Band um Ola Lindgren liefert grundsätzlich einen guten Auftritt ab und wirkt sehr sympathisch. Jörgen darf auch «seine Songs» von früher selbst singen und in jeder einzelnen Ansage ist die Freude spürbar, hier in diesem Line-up auftreten zu dürfen. Nur: Insgesamt finde ich das Songmaterial der Truppe nach wie vor etwas gar langweilig. Sogar die ersten drei Alben, welche bei vielen Schwedentod-Jüngern zu den absoluten Göttergaben zählen. Mich catcht das einfach weniger als andere vergleichbare Acts und dies ist auch heute so. Eventuell liegt es ebenso daran, dass ich mich mit Grave nie so genau auseinandergesetzt habe wie mit vergleichbaren Gruppen, mich lässt das aber nach wie vor eher kalt.
Der Stimmung zufolge, welche vorne während praktisch des gesamten Sets herrscht, bin ich damit eher allein. Hier gibt es Circlepits, Crowdsurfer und sogar ganz hinten werden zumindest die Köpfe fleissig geschüttelt. Und ehrlich, schlecht ist das ja wirklich alles nicht. Zum kompletten Fan werde ich trotzdem wieder nicht. Sorry, Ola.
Die nun folgenden Acts – Mol im Zelt und Tiamat auf der Hauptbühne – beachte ich eher so nebenbei. Tiamat haben mich wirklich nie gepackt, ich fand das immer irgendwie zu weinerlich, sogar beim noch etwas härteren Frühwerk der Schweden. Und auch heute scheint der Gothic Rock eher weniger Leute in seinen Bann zu ziehen als noch die Gruppen zuvor. Aber hey, mein absolutes Highlight folgt ja erst. Also halte ich mich weiterhin auf meinen schmerzenden Füssen und ignoriere die Müdigkeit komplett. Denn der heimliche Headliner folgt jetzt.
Die Fotos – Grave
Die Fotos – Tiamat
Fulci
Achtung: Wer nicht auf Superlativen steht, sollte nun besser scrollen. Denn es folgt die meiner bescheidenen Meinung nach nicht nur heisseste Band im momentanen Death Metal, sondern auch die beste. Fulci haben letzte Woche das Dortmund Deathfest komplett zerlegt. Da waren die Italiener am Nachmittag an der Reihe, aber immerhin auf der Hauptbühne. Und vor dieser versammelten sich trotz der sehr frühen Uhrzeit so vielen Menschen, wie sonst nur beim Headliner Dying Fetus am späten Abend. Hier am Party.San hat man den generellen Hype wohl etwas unterschätzt, die Gruppe der Stunde muss tatsächlich im Zelt ran. Aber immerhin als Samstagsheadliner.
Der Merchstand weisst bereits Stunden vor dem Auftritt nur noch Restbestände auf und der Platz vor der Nebenbühne ist folgerichtig schon vor Beginn des Konzerts bis ganz hinten picke-packe voll. Tiamat ist jetzt definitiv auch keine Band, welche die Massen vor der Hauptbühne hält. Und so sind alle froh, die sich bei der Begrüssung von Gitarristen und Bandleader Dome einen Platz mit einigermassen guter Sicht auf die Bühne gesichert haben. Ab dem «Glass»-Intro steigt die Spannung, die Videosequenzen von Giallo-Grossmeister und Namensgeber Lucie Fulci auf der behelfsmässigen Leinwand hinter den Musikern werden gespannt verfolgt. Vom technischen Standard her ist das eher auf dem Niveau meiner ersten Fulci-Show im Werk 21 Ende Juni dieses Jahres als auf dem Level des grossen LED-Screens in Dortmund vor einer Woche. Aber eigentlich egal, es zählt die Musik.
Und der Einstieg mit «Rotten Apple» könnte nicht besser gewählt sein. Den Opener «Vile Butchery» des letztjährigen Wahnsinnsalbum «Duck Face Killings», welches mich erst zum Fulci-Jünger gemacht hat, spart man sich für den allerletzten Track auf. Aber auch der jetzige Starter bringt die Essenz der Gruppe gleich auf den Punkt. Das vollgestopfte Zelt tobt bereits nach wenigen Sekunden. Natürlich, auf der Leinwand laufen Filmausschnitte, welche die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Doch verdammt, der Sound ist so extrem drückend, dass man einfach abgehen muss.
Frontmann Fiore ist einer der momentan besten Growler im Geschäft und seine Hintermannschaft steht dem in nichts nach. Kombiniert mit dem durchwegs schlicht und einfach genialen Songmaterial steht einem Triumphzug absolut nichts mehr im Weg. Die sehr gut gewählte Setlist, welche trotz gefühltem Newcomer-Status bereits aus verschiedenen Alben zusammengestellt werden kann, überzeugt auf der ganzen Linie. Die Band existiert ja doch bereits seit 2013 und hat ein paar Releases in der Hinterhand, zum Durchbruch ist es aber trotzdem erst in den letzten beiden Jahren gekommen.
Eventuell bleibt die Frage, wieso erst so spät? Warum genau Fulci momentan der heisseste Scheiss sind, wird hingegen wohl praktisch niemand fragen, der die heutige Show gesehen und vor allem gehört hat. Ein moderner Sound mit Wurzeln in vielen Sub-Genres (Slam, Brutal-, Technical Death Metal und Oldschool-Stuff mit einer Prise Thrash-Riffs und Core-Gewitter), welcher mit absolut zwingendem und vor allem sackstarkem Songwriting verbunden wird. Dazu die Video-Einspieler, die perfekt auf die Musik abgestimmt sind. Besser gehts im Moment wirklich nicht.
Obwohl das alles mit grosser Fanbrille geschrieben ist: Die vielen erschöpften und glücklichen Gesichter nach der Show geben mir Recht. Man ist nach wirklich VIEL zu kurzen vierzig Minuten zwar froh, wieder einmal an die frische Luft zu kommen. Trotzdem wären wohl praktisch alle Anwesenden gerne auch noch länger im stickigen Zelt geblieben. Fulci legen als letzter Zelt-Act des Festivals schlicht und einfach alles in Schutt und Asche. Was für ein totaler Abriss!
Die Setlist – Fulci
- Glass
- Rotten Apple
- Uman Scalp Collection
- Matul Tribal Cunt
- Apocalypse Zombie
- Lonely Hearts
- Maniac Unleashed
- Voodoo Gore Ritual
- Tropical Sun
- Splatter Fatality
- Nightmare
- Tomb
- Eye Full Of Maggots
- Among The Walking Dead
- Vile Butchery
Die Fotos – Fulci
Gorgoroth, Bloodbath und Abschluss
Ich muss ehrlich zugeben: Nach Fulci und mit zwei Tagen Festival in den Knochen bin ich dermassen geplättet, dass ich wohl sogar wenn Bloodbath in der Running Order zuerst dran gewesen wären, den Rückzug zumindest erwogen hätte. Da nun aber zuerst die in meinen Ohren furchtbaren Gorgoroth folgen, verzichte ich heute auf beide Headliner – zumal mich Nick Holmes und seine schwedische Allstar-Truppe bisher noch nie überzeugen konnten.
Zurück im Camp finde ich dann tatsächlich Leute, die den Fulci-Auftritt nicht ganz so sensationell gefunden haben wie ich. Nun, Musik ist ja Geschmackssache und ich habe meine Fanbrille explizit erwähnt. Als grösste Überraschung werden oft die überragenden Blockheads genannt, dem kann ich mich nur anschliessen. Aber auch Scalpture, Avulsed, Skeletal Remains und Pig Destroyer haben gefallen. Ansonsten geniessen wir den letzten Abend bei uns im Camp mit ein paar letzten Dosenbier. Das Fanzit der ganzen Runde: Es war wieder einmal wunderschön hier!
Die Fotos – Gorgoroth
Das Fanzit – Party.San Open Air 2025
Diesem Fanhliessen! Nicht nur, dass wir unterdessen eine absolute Top-Truppe zusammen haben beim Campen, auch die Organisation ist im Grossen und Ganzen nach wie vor hervorragend. Als bezahlender Besucher fehlt es einem hier an gar nichts: Essensauswahl, Händlermeile, kurze Wege, saubere Klos – es stimmt so gut wie alles. Ja, das Köstritzer schmeckt mir nach wie vor nicht, aber damit lässt sich leben…
Mein absolutes Highlight in diesem Jahr waren die alles überstrahlenden Fulci. Aber auch weitere Höhepunkte waren zahlreich: Napalm Death, Suffocation, Gutslit, Scalpture, Avulsed, I Am Morbid und Pig Destroyer waren alle zumindest so gut wie erwartet. Dazu gab es als Überraschungen für mich sehr starke Auftritte von Dark Angel, Heretic Warfare, Mass Worship, Defleshed sowie Blockheads. Darüber hinaus haben viele weitere Acts für gute Stimmung gesorgt. Das Line-up 2025 war definitiv nicht von schlechten Eltern.
Alles in allem bleibt das Party.San mein liebstes grösseres Extreme Metal-Festival in Europa – und dazu das einzige, bei welchem ich im Zelt schlafe. Durch diesen Fakt und den Umstand, dass ich mich nach Pausen hinten beim Camp manchmal fast etwas zurück vor die Bühne quälen musste, überlege ich mir, nächstes Jahr wieder einmal «nur» als privater Besucher ohne Akkreditierung anzureisen. Dann bekomme ich auch endlich wieder mal einen schönen Stoffbändel anstelle der Papier-Teile, die sich nach zweimal Duschen bereits aufzulösen beginnen. Aber wie auch immer es kommt: Dem Festival werde ich mir grosser Wahrscheinlichkeit treu bleiben. Eben halt immer wieder anfangs August…