Thomas Raggi - Masquerade (Cover-Artwork)
Fr, 5. Dezember 2025

Thomas Raggi – Masquerade

Bluesrock, Hardrock, Pop Rock, Rock, Rock 'n' Roll, ...
16.12.2025
Thomas Raggi - Masquerade (Cover-Artwork)

Vom Teenie-Schwarm zum Musiker

Thomas Raggi, der Gitarrist der Rock-Nachwuchsgrösse Måneskin, veröffentlicht gemeinsam mit Tom Morello «Masquerade» – alles andere als ein Soloalbum.

Dass die junge italienische Rockkombo Måneskin nach ihrem Eurovision-Song- Contest-Sieg 2021 ihren Erfolg noch steigern konnte, ausgedehnte Welttourneen spielte, Stadien füllte und an Festivals Headlinerplätze belegte, liess die Hoffnung aufkommen auf eine Neuentdeckung des Rocks bei der heranwachsenden Jugend. Nach den, für die Band vermutlich viel zu straffen und langen, Tourneen begannen einzelne Bandmitglieder, an Soloprojekten zu arbeiten, die mehr enttäuschten als überraschten. Sänger Damiano vertiefte sein kantenloses «Emotionaler good Boy»-Image und säuselte etwas ins Mikrofon, was Justin Bieber und Harry Styles Jahre zuvor bereits besser umgesetzt hatten. Victoria «Vic» De Angelis ersetzte den Bass durch zwei Turntables und präsentierte sich als «sexy DJ», wie man es bereits bei Paris Hilton gesehen hatte. Die Fans zogen dennoch mit, dem Anschein nach den Personenkult über die Kunst stellend.

Derweil blieb es um den Rest der Band eher still. Thomas Raggi, der Gitarrist, sah man vereinzelt mit anderen, gestandenen, Musikern auf der Bühne, wie Slash und insbesondere Tom Morello (Rage Against The Machine), der wenige Jahre zuvor erstmalig gemeinsam mit Thomas auf der Måneskin-Single «Gossip» als Feature zu hören war.

Aus dieser Freundschaft und diversen Studiosessions kam nun das Collabo-Album «Masquerade» heraus, bei dem Morello den Löwenanteil der Produktion übernahm.

Bis auf eine Abweichung…

Fernab vom Erfolgsgedanken

Es ist nicht zu leugnen, dass bei Måneskin, mit wenigen Ausnahmen, stets herauszuhören war, dass man, respektive die Produzenten, den hauptsächlich jugendlichen Fans den ungeschliffenen Rock nicht zutraute. Die Musik war nahbar für Hörer, die nie zuvor mit ähnlicher in Berührung kamen oder ihr gar abgeneigt waren, mit der Konsequenz, dass das meiste in der Intensität zurückhaltend klang.

Raggis «Masquerade» tritt deutlich rauer auf, trotzdem kommt man nicht darum herum, zumindest in Ansätzen, einige Parallelen zu Måneskin zu ziehen. Ein Fluch, dem Thomas’ Soloprojekte noch lange ausgesetzt sein werden. Wobei sich die Ähnlichkeiten mehr im, durch den Einsatz diverser Verzerrer gezeichneten, Gitarrenspiel und weniger in Massentauglichkeit zeigen. Ein Teenager, der bisher nur zeitgenössische Popmusik hörte, wird einiges an Toleranz für Musik ausserhalb seines Kosmos aufbringen müssen, um an «Masquerade» Gefallen zu finden.

Spass am Spielen

Der naheliegendste Berührungspunkt für Genre-Fremde ist sicherlich die Ballade des Albums. «For Nothing» ist eines der Stücke, in denen Thomas Raggi selbst das Mikrofon in die Hand nimmt. Sein Gesang klingt ähnlich identitätslos wie die Ballade an sich. Schnell wird klar, weshalb er bei Måneskin an der Gitarre steht.

Erwähnenswerter, selbst bei der Ballade, sind die Gitarrensolos, klar erkennbar die Stärken und der Schwerpunkt des Albums. Besonders interessant sind hierbei die Gitarrenduelle, die sich Morello und Raggi liefern (etwa auf «Keep The Pack»): zwei unterschiedliche Spielweisen, zwei unterschiedliche Musik-Generationen, zwei Geschichten, die gemeinsam eine Einheit bilden. Meister mit Schüler – Karate Kid konnte es nicht besser erzählen.

Doch auch für die restlichen Stimmen lud man die unterschiedlichsten Künstler, aus aller Herren Länder, ins Studio ein. Ein Unterfangen, das zeigt, dass Bands sich nicht nur durch den Sänger von anderen unterscheiden. «Masquerade» schafft es zu verdeutlichen, welchen erheblichen Einfluss Instrumentalisten auf den Klang eines Songs haben: Während Chad Smith (Red Hot Chili Peppers) den Schwerpunkt auf das Verprügeln der Trommeln legt, lässt Matt Sorum (Velvet Revolver, ehem. Guns N’ Roses) deutlich öfter die Cymbals erklingen.

Warum Rock wie Rock klingt

Tom Morello setzt auf eine möglichst simpel gehaltene Produktion, bei der die Instrumente als solche erkennbar sind und der Mix den jeweiligen Sängern und Musikern zugutekommt. Auf den Einsatz von Samples wurde verzichtet, die Instrumente klingen roh, so wie sie eingespielt wurden, ohne dass dabei Qualität eingebüsst wird.

Die Songs leben davon, dass sie von einem einzigen (Haupt-)Produzenten produziert wurden. So dass sie zumindest durch dessen Stil eine gewisse Einheit ergeben. Ansonsten klingt das Album nach Musikern, die sich in verschiedenen Sessions im Studio treffen, um ihr Können zu vereinen, wie man es bereits in ähnlichen Projekten, etwa von Slash, gehört hat.

Das gefällt mal mehr, mal weniger. Experimentiert wurde in viele Richtungen: softe Pop-Rock-Singer-Songwriter, die auf härtere Auswüchse ihres Genres stossen («Lucy»), Cross-over-Sprechgesang («Cat Got Your Tongue») oder ein funkiges Cover von Dead Or Alive (selbstverständlich «You Spin Me Round (Like A Record)»).

Der Ausrutscher, oder: Wie man es nicht macht!

Ein Haar in der Suppe findet man auf «Masquerade» nicht. Vielmehr schwimmt da ein ganzes Büschel in der Brühe. «Fallway» ist der Track des Albums, den man vom Rest ausklammern muss. Es ist der einzige, an dem Tom Morello nicht mitgewirkt hat – und das hört man. Viel zu viele Köche haben ihre fettigen Finger in den Brei getaucht und an diesem herumgedoktert, bis er total versalzen war. Drei Produzenten, darunter Erfolgsgaranten aus dem Pop, die sich bereits an Måneskin-Veröffentlichungen beteiligten, brauchte es, um das Gericht möglichst fade klingen zu lassen. Die potenzielle Authentizität des Sounds ging hier in unnötigen Effekten und ergänzenden Synths verloren. Warum solche Entscheidungen getroffen wurden, lässt sich nur mutmassen. Vermutlich ist es ein verzweifelter Versuch, das Publikum von Måneskin für Thomas Raggis Soloprojekt anzuwerben.

Am Lied an sich scheitert es nicht. Der deutsche Schmusesänger Maxim versucht sich mit gepresster Stimme am Rock ’n’ Roll und leistet dabei erstaunlich solide, wenn auch nicht sonderlich herausstechende, Arbeit, was dank der niedrigen Anforderung an den Gesang nicht sonderlich ins Gewicht fällt.

Am Ende sind es eben nicht nur die Musiker, die durch ihre Visionen einen Song unterschiedlich beeinflussen – die Produzenten haben auf einen solchen mindestens so viel Einfluss.

Das Fanzit zu Thomas Raggi – Masquerade

Die Beteiligung von Tom Morello an «Gossip» hielt ich bislang für einen PR-Move, um nebst eines heranwachsenden auch ein älteres Rock-Publikum aufhorchen zu lassen. Dass daraus mehr entstand, ist, betrachtet man das vorliegende Album, erfreulich.

Probiert wurde Verschiedenes – gefallen muss nicht alles. Deshalb ist es bedauerlich, dass die Veröffentlichung gerade mal acht Tracks und eine Spielzeit von 27 Minuten umfasst, womit sie knapp an der Bezeichnung «EP» vorbeirauscht. Abgesehen von möglichem Druck des Labels auf einen möglichst baldigen Release könnte ein Grund für das kurze Album das auf Streamingdiensten dominierende Konzept von Playlists und das schwindende Verständnis von Gesamtwerken sein. So kann jeder die Teile auswählen, die ihm gefallen, und den Rest vergessen. Leider geht so die Möglichkeit verloren, durch mehrmaliges Hören Gefallen an einem Song zu finden.

Am Ende spreche ich eine Kaufempfehlung aus, mit Verweis darauf, dass womöglich aufgrund einiger Stilschwankungen innerhalb des Albums einige Tracks übersprungen werden müssen, je nach Geschmack des Hörers.

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Die Tracklist – Thomas Raggi – Masquerade

  1. Getcha!
  2. Keep The Pack
  3. Lucy
  4. Cat Got Your Tongue
  5. For Nothing
  6. You Spin Me Round (Like A Record) (Dead Or Alive Cover)
  7. The Ritz
  8. Fallaway

Alle mitwirkenden Musiker und Sänger in alphabetischer Reihenfolge

  • Alex Kapranos (Franz Ferdinand) – Vocals
  • Billy Mohler – Bass
  • Chad Smith (Red Hot Chili Peppers) – Drums
  • Donald Renda – Drums
  • Enrico Brun – Synths
  • Eric Gardner (Dot Hacker) – Drums
  • Gabriele Cannarozzo – Bass
  • Hama Okamoto (Okamoto’s) – Bass
  • Matt Sorum (Velvet Revolver) – Drums
  • Maxim Richarz (Maxim) – Vocals
  • Nic Cester (Jet) – Vocals
  • Sergio Pizzorno (Kasabian) – Vocals
  • Taylor Upsahl (Upsahl) – Vocals
  • Thomas Raggi (Måneskin) – Guitar, Vocals
  • Tom Morello (Audioslave, Rage Against The Machine) – Guitar

Video Thomas Raggi – GETCHA! (feat. Nic Cester) Live at Whisky a Go Go


Album Review Bewertung

Autor Bewertung: 7.5/10



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16.12.2025
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