Metalinside.ch - Myles Kennedy - Dynamo Zürich 2018 - Foto Steve
Di, 3. April 2018

Myles Kennedy, Tobias Carshey

Dynamo (Zürich, CH)
/ 16.04.2018

Intimer Club-Abend mit Myles Kennedy 

Am Dienstagabend verzückte der Alter Bridge-Frontmann das Zürcher Publikum mit einem sympathischen Solo-Auftritt. Der Dynamo-Saal hätte sogar beinahe den «Sold Out»-Status vermelden können. Im Vordergrund stand die Promotion seiner Platte «Year Of The Tiger». Nichtsdestotrotz kamen auch Anhänger seiner restlichen Diskographie auf ihre Kosten. Die weiteren Details entnehmt ihr dem nachfolgenden Metalinside-Bericht. 

Nach dem knüppelharten Dark Easter Metal Meeting-Wochenende in München freue ich mich heute Abend auf ein paar ruhigere Klänge. Gehörgänge und Nackenwirbel werden es mir danken. Anfang März hat Myles Kennedy mit «Year Of The Tiger» sein langerwartetes Solo-Debüt veröffentlicht. Um dieses einer breiten Masse schmackhaft zu machen, muss natürlich eine Tour her. Diese führt ihn nach den Osterfeiertagen zu uns in die Schweiz. Die Popularität des Alter Bridge-Frontmanns scheint ungebrochen zu sein, denn vor den Toren des Dynamo tummelt sich eine ansehnliche Warteschlange. Könnte ziemlich voll werden. Veranstalter Good News Productions AG wird’s freuen.

Nach dem Treppenaufstieg befinde ich mich schliesslich im Bühnensaal. Beim Abstecher an die Bar kommt’s zur Begegnung mit ein paar Medien-Kollegen. Bei der anschliessenden Diskussion spürt man deutlich, dass alle sehr gespannt auf den heutigen Auftritt von Mister Kennedy sind. Anschliessend schaue ich noch rasch bei der Merchandise-Ecke vorbei. Neben ein paar Shirts kann hier auch die neue CD käuflich erworben werden. Eine lange Bedenkzeit ist kein Thema. Sofort wird das Portemonnaie gezückt und ein bisschen erleichtert. «Year Of The Tiger» ist somit das neuste Mitglied in meiner persönlichen Plattensammlung. Bevor der Meister selbst zu seiner Schicht antritt, gilt es jedoch zuerst noch einen Support-Act zu überstehen.

Tobias Carshey

Um Punkt 20 Uhr eröffnet der Schweizer-Songwriter Tobias Carshey den Abend. Mit Gitarre und Mundharmonika bewaffnet stellt er sich dem Publikum im Wissen, dass eigentlich alle hier im Saal auf den nach ihm spielenden Act warten. Man möchte beinahe ein bisschen Mitleid mit dem Künstler haben. Mit sympathischen Ansagen versucht er das beste aus der Situation zu machen. Seine Stimme kann sich ebenfalls hören lassen. Nichtsdestotrotz ist die Mehrheit der Zuhörerschaft nach diesem 35-minütigen Auftritt der Meinung, dass es für die heute Veranstaltung eigentlich keinen Support-Act benötigt hätte. Langeweile kommt bei Tobias aber kaum auf. Direkt nach seinem Gig geht’s für ihn ein paar Häuser weiter zum «Songcircle»-Event, wo er einen weiteren Auftritt aufs Parkett legen wird.

Myles Kennedy

Fast kein Durchkommen. Eine schier unüberwindbare Menschenwand. Und doch schaffe ich es irgendwie, mir ein Plätzchen ganz rechts vorne zu ergattern – mit dem Rücken zur Wand und toller Sicht auf die Bühne. Die Stimmung ist ausgezeichnet. So gut, dass sogar der Roadie von Mister Kennedy etwas davon zu spüren bekommt. Muss ein tolles Gefühl sein, wenn man beim Einstimmen der Gitarren des Meister ausgiebig bejubelt wird. Er kann sich jedenfalls ein Lächeln nicht verkneifen. Doch dann heisst es: «Feld räumen!». Der Roadie verschwindet wieder in den Schatten. Währenddessen bahnt sich auf der gegenüberliegenden Seite Myles seinen Weg zur Bühne und wird von einer riesigen Applauswelle begrüsst. Klampfe, Takt-Pedal und ein Mikrofon – mehr braucht der Alter Bridge-Fronter nicht, um uns während den nächsten 100 Minuten beste Unterhaltung zu servieren.

Auf «Year Of The Tiger» verarbeitet der US-Amerikaner ein tragisches Ereignis aus seiner frühen Kindheit – den Verlust seines Vaters. Die Songs der Scheibe sind hauptsächlich geprägt durch Elemente aus den Bereichen Blues und Country.  «Devil On The Wall», mit welchem Myles sein Set eröffnet, ist gleich ein tolles Beispiel hierfür. Doch der Rocksänger baut auch Material aus all seinen anderen Projekten (The Mayfield Four, Slash Feat. Myles Kennedy & The Conspirators etc.) in die Show mit ein. Die lautesten Jubelrufe ernten jedoch die Alter Bridge-Hymnen. «Addicted To Pain», «Watch Over You» oder «Rise Today» überzeugen auch im akustischen Gewand. Myles’ Rockröhrenstimme ist sowieso überragend und löst bei der gesamten Zuhörerschaft massenhaft Hühnerhautmomente aus. Roadie «Timmy» darf bei zwei Nummern mit einer zweiten Gitarre aushelfen und beweist, dass er ebenfalls mit Saitenköniginnen umzugehen vermag.

Zwischen den einzelnen Songs punktet Myles mit witzigen Anekdoten aus seiner Kind- und Jugendzeit. Alles wirkt überaus authentisch. Nichts ist «fake». So erfahren wir beispielsweise, dass am Berufstag in der Schule alle Knirpse Feuerwehrmänner werden wollten. Ausser «Klein-Kennedy». Der interessierte sich eher für die Tätigkeit als Pantomime. Kaum gesagt gibt er uns gleich noch eine Kostprobe seiner Mimik-Künste. Schwierigkeiten des Songschreiber-Alltags werden ebenfalls thematisiert. Nächste Weisheit gefällig? Ein zu rasch geschriebener Song klinge in den meisten Fällen kacke. Myles schätzt die intime Atmosphäre des Dynamo-Saals. Er will die Diskussionen offen gestalten. Wir können ihm zurufen, was mir möchten. Selbst mit einem «Kennedy you suck!» hätte er keine Probleme. Vom Versagen ist der Alter Bridge-Frontmann heute Abend glücklicherweise meilenweit entfernt. Wir werden Zeugen einer durch und durch souveränen Show, die ordentlich Laune macht. Wiederholungsbedarf ist definitiv vorhanden.

Das Fanzit

Dass es einen Abend lang auch ohne Mark Tremonti und Co. funktionieren kann, hat Myles Kennedy heute eindrücklich bewiesen. Er servierte dem Publikum eine sympathische und authentische Akustik-Show. Die Stimmung im ziemlich vollen Dynamo-Saal war ausgezeichnet. Einmal mehr darf im Nachhinein zurecht von einem ganz speziellen Konzerterlebnis gesprochen. Den Support-Act Tobias Carshey hätten die Veranstalter allerdings weglassen können. Gegen ein bisschen mehr «Kennedy-Zeit» hätte wohl niemand etwas einzuwenden gehabt.

Cheers

Dutti \m/

Setliste – Myles Kennedy

  1. Devil On The Wall
  2. Standing In The Sun (Slash feat. Myles Kennedy & The Conspirators-Cover)
  3. Lover (Alter Bridge-Song)
  4. Eden (The Mayfield Four-Cover)
  5. Addicted To Pain (Alter Bridge-Song)
  6. Starlight (Slash-Cover)
  7. Haunted By Design
  8. Life Must Go On (Alter Bridge-Song)
  9. Blind Faith
  10. Losing Patience (Alter Bridge-Song)
  11. Mars Hotel (The Mayfield Four-Cover)
  12. You Will Be Remembered (Alter Bridge-Song)
  13. Travelling Riverside Blues (Robert Johnson-Cover)
  14. World On Fire (Slash feat. Myles Kennedy & The Conspirators-Cover)
  15. Superstition (Stevie Wonder-Cover)
  16. All Ends Well (Alter Bridge-Song)
  17. Watch Over You (Alter Bridge-Song)
  18. Year Of The Tiger
  19. Love Can Only Heal*
  20. Rise Today (Alter Bridge-Song)*

*Zugabe

Fotos Myles Kennedy, Tobias Carshey im Dynamo Zürich 2018 (Steve)


Wie fandet ihr das Konzert?

/ 16.04.2018
Weitere Beiträge von

Myles Kennedy, Tobias Carshey