Metalheadz Open Air 2025 (Flyer)
Fr–Sa, 30.–31. Mai 2025

Metalheadz Open Air 2025 – Tankard, Midnight u.v.m.

Oberndorf am Lech (Bayern, DE)
11.06.2025
Metalheadz Open Air 2025 (Flyer)

Von Freunden für Freunde

Die weiten Felder der bayrischen Landschaft ziehen vorüber, während es voller Vorfreude auf Oberndorf am Lech zugeht. Der Frühling sorgt für eine blühende Natur, die Bavarian Metalheadz HMF e.V. für eine krachende Soundkulisse. Es wird Zeit für das Metalheadz Open Air 2025.

Letztes Jahr haben die lokalen Freunde der verzerrten Gitarrenklänge mich mit offenen Armen willkommen geheissen (was ihr hier nachlesen könnt, solltet ihr es verpasst haben), wen wundert es da, dass es mich heuer erneut ans Metalheadz Open Air zieht. Es ist eines dieser Festivals, an denen der Underground brodelt, diese Ursuppe, welche die Metalszene nährt, am Leben erhält und mit Treibstoff versorgt. Eine charmante Veranstaltung also, um die Tage über Auffahrt zu verbringen. Zum dreizehnten Mal findet sie bereits statt und wieder ist sie ausverkauft. Offensichtlich machen die Bavarian Metalheadz vieles richtig. Dass einige Freunde einen Verein gründen, um in ihrer Region Konzerte und ein Festival zu organisieren, ist ja grundsätzlich Ausdruck des Metal-Spirits (der zum Glück weit verbreitet ist). Doch dass besagtes Festival derart cool wird, das setzt dem Ganzen einfach nochmals einen obendrauf.

Metalheadz Open Air 2025 – Tag 0 (Donnerstag, 29. Mai)

Mit diesen Gedanken im Kopf vergeht die rund dreidreiviertelstündige Reise wie im Flug und so biege ich vor Mittag des Eröffnungstages in das Festivalgelände ein. Im Gegensatz zum letzten Jahr habe ich heute ein klares Ziel auf den Campingflächen: die Ecke ganz hinten links. Dort stosse ich zu der Truppe aus Stammgästen (aus den berühmten fünf Kilometern entfernten Ortschaften), die mir damals einen so einladenden Empfang bereitet hat und damit massgeblich zu einem gelungenen Erlebnis beitrug. Heute haben sie mir mit vereinten Kräften extra einen Platz freigehalten, denn obwohl der Zeltplatz nicht mal seit zwei Stunden geöffnet ist, sind schon viele Begeisterte eingetroffen und richten sich ein. Die Wiedersehensfreude ist gross und so geniessen wir den wolkenverhangenen Nachmittag bei amüsanten Gesprächen, bis wir bloss noch ein Käseplättli davon entfernt sind, unsere Festivalbändchen in Empfang zu nehmen. Für dieses stehen an der Kasse übrigens neben einer Schere extra Feuerzeuge für das Abflammen der abgeschnittenen Kante (ihr wisst, was ich meine) bereit. Die ganze Akkreditierungsgeschichte geht zudem unkompliziert über die Bühne, womit mehr Zeit für weitere herzliche Begrüssungen hier am Eingang bleibt. Schliesslich sind alle ausgerüstet und es kann losgehen: Ab aufs Infield.

Dort steht der Eröffnungsabend an. Im Zelt legt ein Gast-DJ diverse Klassiker aus der Welt der verzerrten Gitarrenmusik auf, während die Leute sich mit den Bonmarken, die hier als Zahlungssystem verwendet werden, eindecken. Der Einsatz ebendieser Marken fördert schliesslich eine Neuigkeit zutage: Es gibt bedruckte Festivalbecher. Für die Sammler ein gefundenes Fressen und für alle anderen eine nützliche Gedankenstütze, wer denn alles auf dem Line-up steht. Dieses Jahr sind es insgesamt siebzehn Bands, die uns in den kommenden zwei Tagen mit schwermetallischen Spurenelementen versorgen werden. Um dafür genügend fit zu sein, beschliesse ich, mich zu einer vernünftigen Zeit ins Bett zu verziehen. So lasse ich die fröhliche Runde hinter mir und lasse mich bald darauf von erholsamer Dunkelheit einhüllen.

Metalheadz Open Air 2025 – Tag 1 (Freitag, 30. Mai)

Sonnenstrahlen wecken mich auf, bevor kurz darauf das Knacken eines Lautsprechers ertönt und unsere Zeltplatznachbarn musikalisch ihrer Liebe zu Metallica Ausdruck verleihen. Passt, denn bereits gestern waren diese neben Dio und Black Sabbath der Dauerbrenner in allen möglichen Camps auf dem Platz. Dann wollen wir den Schwung doch gleich mal mitnehmen und machen uns bereit für Konzerte bei bester Witterung. Der heutige Tag des Metalheadz Open Air hält ausschliesslich Livepremieren für mich bereit, bis auf Triumpher und Midnight besteht das Programm sogar komplett aus Neuentdeckungen. Also Sonnencrème aufgetragen, Sonnenbrille montiert und ab aufs Gelände!

Blitzer

Um eins erklingt eine Viertelstunde später als geplant der Startschuss. Das Metalheadz Open Air 2025 läuten Blitzer ein, die sich trotz ihres Bandnamens für lange Autofahrten empfehlen. Ihr Heavy Metal gemischt mit Hardrock sorgt nämlich für gute Laune und verbreitet Road-Trip-Stimmung. Davon profitieren konnten die Augsburger selber nur bedingt, sind sie doch mehr oder weniger von um die Ecke hergefahren. Als jüngste Band auf dem Line-up kann das Quintett noch nicht auf einen überwältigenden Bekanntheitsgrad zählen und muss die Anwesenden mit musikalischer Leistung vor die Bühne locken. Wie sich herausstellt, haben die Jungs überhaupt kein Problem damit. Mit einem professionellen Auftritt, der vor Energie strotzt, schaffen sie es spielend, den Zuschauerbereich anständig zu füllen. An sich bereits eine gute Leistung, umso mehr unter Berücksichtigung der Tatsache, dass wir es hier mit dem Opener zu tun haben. Aber mit Songs wie «Thunderbolt» im Gepäck kann ja kaum etwas schiefgehen. Oder etwa doch?

Wie aufs Stichwort verweigert plötzlich die Soundanlage den Dienst und wir hören bloss noch leise die Bühnenmonitore. Dabei war die Abmischung so gut bisher. Zum Glück schafft es die Soundcrew das Problem zu beheben, und zwar bevor die nächste Ansage folgt. In dieser lässt uns der Frontmann nach einem dezenten Hinweis auf das Backdrop – welches bloss aus einem winzigen Aufkleber besteht – wissen, dass sie nur ein dreissigminütiges Debütalbum aus dem Jahr 2023 im Repertoire hätten. Dieses zweimal durchzuspielen wäre affig und sie würden deshalb nun ein Cover bringen. Und da ist er ja schon wieder, der Herr Dio: «Stand Up And Shout» lautet die Parole und das lassen sich die Fans nicht zweimal sagen. Da schafft es auch der zweite kurze Ausfall der Soundanlage nicht, die Stimmung zu trüben, bevor Blitzer schliesslich nach insgesamt rund vierzig Minuten pünktlich zum Abschluss kommen (aufgrund des verfügbaren Songmaterials haben sie ja bereits später begonnen). «Ich weiss nicht, wies euch geht, aber ich muss am Montag wieder in meinen Hurensohn-Job und will mich an diesen Moment erinnern», lässt uns der Sänger wissen, bevor er um ein gemeinsames Foto bittet. Erinnern werden wir uns ebenfalls, und zwar an einen sackstarken Eröffnungsauftritt.

Rotting Empire

Nach diesem Start ziehen dunkle Wolken über Oberndorf und dem Metalheadz Open Air auf. Zumindest in musikalischer Sicht, denn jetzt ist Death Metal angesagt – das Wetter zeigt sich hingegen von seiner buchstäblichen Sonnenseite mit rund 25 Grad. Auch Rotting Empire haben ihre Heimat in der näheren Region, namentlich in Ingolstadt. Im Gegensatz zu Blitzer trifft aber das Adjektiv jung nicht mehr zu: Die Band feiert im Dezember ihr Jubiläum zum fünfundzwanzigjährigen Bestehen. Dennoch ziehen sie weniger Leute an als ihre Kollegen zuvor. Die Musik kann sich dabei durchaus sehen lassen: Der dargebotene Death Metal ist sehr melodisch gehalten. «Southside Terror» geht beispielsweise gut ins Ohr, ebenso wie «Kill To Survive» oder «Depression». In Sachen Auftreten haben die fünf Herren allerdings noch Luft nach oben. Die Instrumentalfraktion zeigt sich ziemlich zurückhaltend, was Bewegung angeht. Der Sänger nimmt es ebenfalls gemütlich. Irgendwann lässt er uns wissen, dass er gestern Abend nicht brav gewesen sei und deshalb ein wenig zu leiden habe. Das erklärt natürlich so einiges. Wobei es trotzdem schade ist, dass die Band das Potential, das ihre Songs bietet, nicht komplett ausschöpfen kann. Denn wenn sie ein wenig mehr Feuer auf der Bühne durchschimmern lässt, dann sollten locker weitere fünfundzwanzig Jahre drin liegen. So entlassen uns Rotting Empire nach einer Stunde mit einem soliden, doch unscheinbaren Auftritt in die zwanzigminütige Umbaupause.

Duel

Nun folgen zum ersten Mal am heutigen Abend aussereuropäische Gäste. Die Rede ist von Duel, die aus dem – dem Vernehmen nach – schönen Texas in den Vereinigten Staaten von Amerika herkommen. Zu viert sind sie über den Atlantik gereist, um uns mit einer Portion an Stoner Rock und Sludge zu versorgen. Im Gepäck haben sie insgesamt fünf Alben, von denen das jüngste noch kein Jahr alt ist. Anders als die vorherigen Bands werden Duel nicht vom Vorstandsmitglied Macho angesagt. Der ist gerade abkömmlich und hat diese Aufgabe während der Umbaupause hochoffiziell an sein Double übergeben. Tina heisst die Dame und sie meistert ihren Job hervorragend.

Duel erwischen auf diese Weise also einen optimalen Start und knüpfen problemlos daran an. Die Texaner kriegen von der Soundcrew einen wahnsinnig druckvollen Klang auf den Leib geschneidert. Wenngleich die Bassdrum ein wenig knallt: Es ist eine Freude zuzuhören und sich ganz der Atmosphäre der Lieder hinzugeben. Die riecht nach staubiger Wüste und einer gnadenlos niederbrennenden Sonne, was zumindest in Bezug auf letzteres hervorragend mit dem vorherrschenden Wetter zusammenpasst. Den Musikern läuft der Schweiss unaufhaltsam in Strömen vom Gesicht, während sie das Publikum mit einem professionellen Auftritt gut unterhalten. Der ist vom Fokus her etwas nach innen gerichtet, doch gibt man sich ganz den Kompositionen hin, vereinnahmt einen besagte Atmosphäre. Bis schlussendlich nach einer Stunde mit dem letzten Song die gedankliche Rückkehr aus der Wüste nach Oberndorf ansteht und Duel ihren verdienten Applaus entgegennehmen dürfen.

Triumpher

Weiter geht es jetzt mit einer Band, die Ende letzten Jahres mit ihrer zweiten Veröffentlichung, Spirit Invictus, viel Lob einheimsen konnte. Triumpher ist ihr Name und nun wollen wir mal sehen, ob es der Namen zum Programm zu werden schafft. Abgesehen von der immer noch knalligen Bassdrum ist der Sound einmal mehr gut abgemischt, sodass die coole Mischung aus Power und Heavy Metal der Griechen sich entfalten kann. Sänger Antonis Vailas bezieht von Beginn weg das Publikum stark ein und lässt uns immer wieder Stellen mitsingen, allen voran natürlich bei «Athena (1st Chapter)» mit seinem dafür prädestinierten Refrain. Hinter ihm drischt Agis Tzoukopoulos auf sein Schlagzeug ein, als ob es kein Morgen gäbe. Ihm stehen unter anderem fünf Toms zur Verfügung, die er auch tatsächlich sinnvoll einzusetzen weiss.

Doch irgendetwas scheint im Argen zu liegen. Die vier Bandmitglieder machen einen angespannten, ja gereizten Eindruck. Anstelle von Ansagen treffen sie sich immer wieder hinten beim Schlagzeug und diskutieren miteinander. Während der Songs nehmen sie ebenfalls immer wieder Kontakt zueinander auf und Antonis verschwindet mehrmals von der Bühne, was dem Ganzen einen genervten Anstrich verleiht. Was ist denn bloss los da oben? Hier im Publikum ist alles im grünen Bereich und die nach der Band betitelte Hymne «Triumpher» vom letztjährigen Album entpuppt sich gleich mal als totales Highlight. Nach ihrem Ausklingen trifft sich das Viergespann nochmals am Schlagzeug und verabschiedet sich danach mit trauriger Miene, obwohl nach wie vor eine Viertelstunde Zeit übrig wäre. Einzig der knappe Verweis auf technische Probleme liefert den Ansatz einer Erklärung, weshalb dieser Auftritt so seltsam herausgekommen ist und das Ende wie ein Abbruch wirkt. Mal schauen, ob ich da noch was herausfinden kann.

Doch erst einmal muss ich meinen Hunger stillen. Das lässt sich im Zelt ganz rasch erledigen: Kaum bestellt, steht das Essen vor einem auf der Theke und das Bezahlsystem mit den Bonmarken beschleunigt den Bezahlvorgang extrem. An der Bar ist es dasselbe Bild: In beeindruckender Geschwindigkeit werden die Getränke vom Barpersonal geliefert, so dass niemand Durst leiden muss. Die Preise sind dieselben wie letztes Jahr: 3.50 Euro für das Bier, 2 Euro für Wasser und zwischen 3.50 und 7 Euro für das Essen. Dafür kriegt der hungrige Metalhead grosse Portionen in sehr guter Qualität. Vom Steak und der Wurst im Brötchen über Gyros mit Tsatsiki und Reis bis hin zum Metalheadz Eintopf – wahlweise in einer veganen Variante – schmeckt alles gut, dass die Auswahl wirklich schwerfällt. Mein Favorit bleibt dennoch der jeweils in der Früh frisch zubereitete Kartoffelsalat, der mich wieder mit Energie versorgt, während ich auf einem der Sitzbänke im Aussenbereich meinen Blick über das Festivalgelände wandern lasse.

Die verschiedenen Merch- und CD-Stände sind gleich geblieben, doch die Shotbar gleich neben dem Mischpult kommt in einem neuen Gewand daher. Die Form eines Ausschankwagens, der seinem sonstigen Aufgabenbereich entsprechend mit «Bierhimmel» beschriftet ist, lässt zwar den einen oder anderen Besucher vergeblich zu ihm pilgern, doch mit der Zeit haben schliesslich alle begriffen, wie es läuft: Bier gibts drinnen im Zelt, draussen an der Bar Cocktails und Shots. So, genügend in der Gegend herumgeschaut, mein Teller ist leer und Tina sagt die nächste Band an. Ab gehts vor die Bühne.

Hellish Crossfire

Es ist ein stetiges Auf und Ab, was den Härtegrad hier am Metalheadz Open Air 2025 angeht. Nach den letzten zwei eher beschwingten Auftritten, kehren Hellish Crossfire zu den düsteren Klängen zurück. Leicht angeschwärzter Thrash Metal ist angesagt, die Abwechslung kommt folglich beileibe nicht zu kurz heute. Wir steigern uns zudem in halbstündigen Schritten, was die Anreisezeit der deutschen Bands angeht. Hellish Crossfire kommen nämlich aus Nürnberg und können daher durchaus noch als regionale Band bezeichnet werden. Die vier machen ihre Sache trotz der Hitze auf der Bühne prima und punkten mit viel Undergroundcharme, obwohl die Herren nun bereits seit über zwanzig Jahren aktiv sind. Besonders ins Auge sticht mir der Drummer. Der spielt zwar heftige Fills und ist präzise bei der Sache, macht dabei aber einen derart lässigen Eindruck, als ob er gerade einfach ein wenig entspannen würde. Coolness hoch zwei, würde ich sagen.

Während mein Blick gerade auf dem Schlagzeug verweilt, nehme ich im Augenwinkel wahr, wie in der ersten Reihe ein Fan eine Pyrofackel zündet. Nachdem er sie enthusiastisch geschwenkt hat, brennt sie aus und aus unerfindlichen Gründen hält er es für eine gute Idee, den heissen Überrest einfach über die Schulter zu werfen. Dieser fliegt in hohem Bogen in meine Richtung und trifft den Herrn direkt neben mir, der seine Aufmerksamkeit in diesem Augenblick verständlicherweise auf die Band gerichtet hat, voll am Kopf. Sofort vergewissern wir Umstehenden uns, ob es ihm gut geht, was zum Glück der Fall ist, während ein Mitglied der Bavarian Metalheadz wutentbrannt nach vorne stürmt, um dem Fackelwerfer die Leviten zu lesen. Hellish Crossfire haben davon gar nichts mitbekommen und spielen ihren Gig schliesslich unbehelligt (und mit einigen Verweisen auf ein neues Album) zu Ende, wobei der Sänger selbst noch auf einen Pyroeffekt setzt, als er den Auftritt zu «Night Of The Possessed» mit einer flammensprühenden rostigen Sense abschliesst.

Da es meinem Nebenmann gut geht, kann ich ihn reinen Gewissens sich selber überlassen und mich aufmachen, um mehr über den Auftritt von Triumpher herauszufinden. Eine der Helferinnen bietet mir eine Tour durch den Backstagebereich an, was ich natürlich gerne annehme. Dort klärt sich schliesslich im Gespräch mit dem Bühnentechniker, was passiert ist. Der Sänger von Triumpher hatte seit dem Aufwachen schwere Stimmprobleme und war darüber ebenso frustriert wie seine Bandkollegen. Sie haben den Auftritt aber dennoch durchziehen wollen und zwischen den Songs immer wieder versucht, die angeschlagenen Stimmbänder mit diversen Hausmitteln über die Runden zu bringen, bis irgendwann alles nichts mehr genutzt hat und sie sich dem Schicksal geschlagen geben mussten. Das erklärt natürlich die spürbare Anspannung und vor allem auch die Traurigkeit beim Verlassen der Bühne. Aber liebe Triumpher, falls ihr das hier lest, sei euch gesagt, dass diejenigen Songs, die ihr gespielt habt, trotzdem sehr hörenswert waren. Nachdem dieses Rätsel gelöst wäre, flitze ich nun wieder zurück vor die Bühne, denn wir liegen voll im Zeitplan und der sagt, dass es jetzt dann gleich weitergeht.

Tyrant

Wir bleiben regional, wenden uns aber wieder den melodischeren Ausprägungen des Metals zu. Tyrant kommen aus Ulm und spielen klassischen Heavy Metal. Klassisch passt als Begriff genauso für die Band selbst, denn sie war bereits während der 80er-Jahre fast eine Dekade lang aktiv. Seit 2020 hat sich das Quintett wieder zusammengerauft, um Konzerte zu spielen, wobei beachtliche vier Mitglieder von damals mit dabei sind. Bloss Ingo Autenrieth an der Gitarre ist erst im Rahmen der Reunion an Bord gekommen. Neues Material erwartet uns jedoch nicht, das letzte der vier Studioalben stammt aus dem Jahr 1988. Doch darum gehts in diesem Fall nicht. Die Fans wollen den ursprünglichen Sound der metallischen Evolutionsgeschichte und den kriegen sie von Tyrant, die gleich mal mit ihrer selbstbetitelten Bandhymne loslegen. Damit sind ihnen laute «Tyrant, Tyrant»-Rufe natürlich sicher, doch irgendwie werde ich noch nicht ganz warm mit dem Auftritt. Die Darbietung wirkt ein wenig lau und lässt mich mehr Energie vermissen. An den Songs liegt es nicht, denn die sorgen eigentlich für gute Laune und ziehen weitere Proklamierungen des Bandnamens durch die zahlreich aufmarschierten Fans nach sich. Vielleicht brauchen die fünf Ulmer ja einfach ein wenig Aufwärmzeit.

Und tatsächlich: Nach ungefähr dreissig Minuten wirkt es, als ob sich ein Knoten geöffnet hätte. Die zu Beginn vorhandene Steifheit ist verschwunden und Tyrant spielen gelöster, schwungvoller und die Publikumsanimationen von Bassist Chris Peterson fügen sich natürlicher in das Geschehen auf der Bühne ein. So bleibt «Grapes Of Wrath», um nur ein Beispiel zu nennen, schön in Erinnerung und «Making Noise And Drinking Beer» sowie «Wanna Make Love» können den Auftritt nach siebzig Minuten versöhnlich beenden.

Praying Mantis

Als nächstes wären Kev Riddles’ Baphomet auf dem Plan gestanden, doch Herr Riddles musste vor zwei Tagen gesundheitsbedingt absagen. Als Ersatz konnte das Metalheadz Open Air innert einer solch kurzen Frist doch tatsächlich Praying Mantis auftreiben. Hut ab vor dieser Leistung, da wird einem allmählich klar, weshalb der Booker Animal heisst. Das musikalische Programm bleibt dementsprechend in der traditionellen Ecke. Es wird sogar noch eine Spur traditioneller, denn die Briten haben 1973 zusammengefunden und waren dabei, als die New Wave of British Heavy Metal über die Musiklandschaft zu rollen begann. Sie selbst haben sich allerdings den Hardrock als Hauptmetier ausgesucht. Also alle einsteigen, wir unternehmen eine Zeitreise.

«Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen», heisst es doch so schön und Praying Mantis sorgen gerade dafür, dass wir jede Menge zu berichten haben. Da wäre zuerst und zuvorderst einmal der Spass an der ganzen Sache. Alle Bandmitglieder machen einen mehr als vergnügten Eindruck und grinsen über beide Ohren, dass es ansteckend ist. Überhaupt ist die Band voller Elan bei der Sache, ihr Alter lassen sich die Herren keine Sekunde lang anmerken. Instrumental und stimmlich sitzt jeder Ton, unterstrichen von einer wachen Bühnenpräsenz. Die wird neben dem perfekt abgemischten Sound zusätzlich verstärkt durch eine fantastische Ausleuchtung. Wer auch immer an den Lichtreglern sitzt, macht einen hervorragenden Job und taucht vor allem «Captured City» in eine Augenweide von rot-blauem Licht. Songtechnisch entpuppen sich daneben «Borderline» und «Letting Go» als die grössten Highlights in dieser lauen Frühlingsnacht.

Doch bei aller Professionalität lassen Praying Mantis ihren Auftritt nie zur Routine oder gar Pflichterfüllung verkommen. Im Gegenteil: Das Quintett lässt seine gesellige Seite durchscheinen. Jeder übernimmt mal auf sympathische Art und Weise eine Ansage, witzelt herum, verwechselt den Freitag- mit dem Samstagabend oder nimmt zwischendurch mal ein Bandkollege aufs Korn. So sind Sänger John Cuijper die Lacher sicher, als er zum nächsten Stück mit einem Seitenblick in Richtung Bandgründer Tino Troy überleitet: «The next song is about losing everything. Losing your hope, losing your faith or losing… your hair.» Der angesprochene Gitarrist lacht, streicht sich über seine Glatze und bringt sogleich gut aufgelegt sein Instrument zum Klingen. Etwas später lässt er es sich nicht nehmen, unterstützt von den Fans ein Video mit Genesungswünschen für den erkrankten Kev Riddles aufzunehmen. Schliesslich nähern wir uns dem Ende der fünfundsiebzigminütigen Spielzeit und Praying Mantis sorgen mit einer Coverversion von Lynyrd Skynyrds «Simple Man» für Freude bei vielen Leuten vor der Bühne, bevor dann «Children Of The Earth» den definitiven Schlusspunkt dieses gelungenen Konzerts markiert.

Midnight

Nach diesem Doppelschlag an klassischem Heavy Metal präsentiert uns der mittlerweile zurückgekehrte (von einer Hochzeit, wie er uns zur Belustigung der Menge wissen lässt) Macho zum Abschluss des ersten Festivaltages des Metalheadz Open Air 2025 nochmals etwas anderes. Midnight sind mit über zwanzig Jahren auf dem Buckel zwar keine Newcomer mehr aber erstens jüngeren Datums als die vorangegangenen zwei Gruppen und zweitens in einer Mischung aus Black- und Speed Metal beheimatet. Zumindest was das Genre angeht. Geographisch ist es diesbezüglich Ohio in den USA, das den Ausgangspunkt der Band bildet. Oder soll ich besser Soloprojekt sagen? Denn eigentlich ist es Bandkopf Athenar, der sich auf den Aufnahmen um sämtliche Aspekte kümmert. Und derer gibt es viele, da der Herr einen grossen Fokus auf EPs und Split-Veröffentlichungen legt.

Für das Leben auf der Bühne hat er sich schliesslich Unterstützung an den Patronengurt angeschnallt und deshalb stehen mit einer kleinen Verspätung von zehn Minuten gerade drei Personen da oben und spielen sich die Seele aus dem Leib. Sofern sie diese noch nicht dem Leibhaftigen verkauft haben. Das animiert einen Teil der Menge zum ersten Moshpit des Tages, der gleich fröhlich weitertobt, je länger Songs wie «Black Rock ‘n’ Roll» oder «Lust Filth An Sleaze» praktisch ohne Unterbruch aus den Boxen erschallen. Ungefähr alle zehn Minuten nimmt sich Athenar aber doch Zeit, um den bereits während der Lieder ausgelebten physischen Kontakt zum Publikum zusätzlich sprachlich zu erweitern. Nettigkeiten tauschen andere aus, Midnight geben sich räudig und bissig. Da wird «Cleveland Metal» auch schon mal konsequent umgedichtet zu «Deutschland Metal» oder die Fans dazu angestachelt, Becher auf die Bühne zu werfen. Dieses Treiben dauert an, bis nach rund einer Stunde viel früher als geplant das Finale ansteht.

Da die Musik des Trios mit der Zeit mangels Abwechslung die Spannungskurve nicht mehr hochzuhalten vermag, kommt das Ende dramaturgisch im rechten Moment, obwohl es natürlich schade ist, wenn ein Headliner volle dreissig Minuten ungenutzt verstreichen lässt. Während die Anlage also brummt und kreischt vor Feedback, fängt Athenar an, seinem Bass die Saiten runterzureissen, um sie ins Publikum zu werfen. Dem Mann sind Plektren wohl zu wenig. Die Setlisten finden selbstverständlich ebenfalls ihren Weg zu den Anwesenden. Als schliesslich nichts mehr übrig ist, zieht der Frontmann doch tatsächlich einem der Ventilatoren neben den Monitorboxen den Stecker und wirft sogar diesen noch in die vorderen Reihen, bevor er von der Bühne stürmt. Ziemlich wild und damit die perfekte Überleitung zur Aftershowparty im Zelt. An der verweile ich jedoch nur ganz kurz, um genügend Energiereserven für den morgigen Tag zu haben. In diesem Sinne gute Nacht und bis morgen.

Metalheadz Open Air 2025 – Tag 2 (Samstag, 31. Mai)

Nach dem Aufwachen verunmöglicht mir – wie bereits vermutet – das gemeinsame Frühstück im Camp den Besuch des Weisswurstfrühstücks mit Sapid Steel, die mit Coverversionen bekannter Songs und einigen Eigenkompositionen für die musikalische Begleitung sorgen. Bei uns stehen hingegen Diskussionen über den gestrigen Tag auf dem Programm. Vor allem Praying Mantis erhalten viel Lob, dicht gefolgt von Blitzer, die mit ihrem sackstarken Auftritt als Opener die Messlatte hoch angesetzt hatten. Allgegenwärtig ist daneben die Frage, wer alles schon eine der begehrten Karten für das nächste Jahr sein Eigen nennen kann. 444 Stück davon gibt es nämlich im eins zu eins Tausch gegen ein diesjähriges vor Ort zur erwerben. Den Rest werden die Bavarian Metalheadz voraussichtlich Anfang Herbst in den Vorverkauf geben. Ein Banner im Infield hat einen ersten Blick auf das Line-up gewährt und Riot V, Angel of Damnation, Armory, Strategy, Vigilhunter sowie Majak sind sechs gute Argumente für einen Besuch im nächsten Jahr. Doch bis dahin dauert es noch lange, erst wollen wir die aktuelle Ausgabe des Metalheadz Open Air geniessen und deren Programm geht in wenigen Minuten weiter. Das Wetter zeigt seine Unterstützung in Form von einem wolkenlosen Himmel und 28 Grad. Beste Voraussetzungen für einen gelungenen zweiten Festivaltag, würde ich sagen.

Beast

Für den Start in das reguläre Tagesprogramm sind Beast verantwortlich. Die Band hat letzten November ihr Debütalbum herausgebracht, präsentiert uns also taufrisches Material. Eine Stunde Power und Heavy Metal steht auf der Speisekarte und was für ein Menü wäre besser geeignet, um all diejenigen wieder mit Energie zu versorgen, die mit den Nachwirkungen des gestrigen Abends oder vielleicht sogar Tages zu kämpfen haben. Die vier Jungs sind extra früh aufgestanden dafür. Drei Uhr morgens sei es gewesen, was dem Anreiseweg von Osnabrück her geschuldet sei. Das wissen wir natürlich zu schätzen, zumindest diejenigen, die bereits vor der Bühne stehen, was doch weniger Leute sind als gestern um diese Zeit. Dabei laden uns Beast auf ganz nette Art ein, ihnen auf einer Reise durch ihr Debütalbum zu folgen: «Wir haben eine Stunde und können uns die Zeit nehmen, unser Debütalbum Ancient Powers Rising komplett durchzuspielen.»

Das tun sie dann auch, allerdings nicht ohne uns immer mal wieder darauf hinzuweisen, genügend zu trinken und Sonnenschutz aufzutragen, oder ihrer Freude über die Auftrittsmöglichkeit Ausdruck zu verleihen. Die Kompositionen von besagtem Ancient Powers Rising sind zudem erfrischend kurzweilig und kommen live noch besser zur Geltung als ab Konserve. Einen klaren Höhepunkt zu bestimmen, bleibt dabei schwierig, buhlen doch mit «Behead The Dragon», «Ride The Tempest» und «Shadow Of The Arcane Tower» gleich drei Songs darum, als Hörempfehlung genannt zu werden. Der Start in den Tag ist somit mehr als geglückt, dank eines sympathischen Auftritts, der vor allem in musikalischer Hinsicht sehr viel zu bieten hatte.

Leatherhead

Bleiben wir doch gleich ein wenig beim Heavy Metal, fügen diesem einen tüchtigen Schuss Speed Metal hinzu und wechseln nach Griechenland. Von dort sind nämlich Leatherhead angereist, die ebenfalls frische musikalische Ware mitbringen. Ihr Debütalbum ist bloss drei Wochen älter als dasjenige von Beast und allenthalben auf offene Ohren gestossen in der Szene. Die Sonne brennt vom Himmel, als die fünf Leatherheads auf die Bühne marschieren. Anzumerken ist ihnen die Hitze kein bisschen, sie freuen sich im Gegenteil sehr über die schöne Witterung, denn in Larisa, von wo sie herkommen, regne es heute. Noch grösser ist allerdings die Freude darüber, zum ersten Mal in ihrer Karriere in Deutschland auftreten zu dürfen. Überhaupt sei es erst das zweite Konzert, das sie ausserhalb ihres Heimatlandes spielen.

Da hat sich die Band ja das richtige Festival ausgesucht dafür, denn ich bin mir sicher, dass ihr das Metalheadz Open Air-Team einen richtig freundschaftlichen Empfang bereit hat. Mit bloss einem Album im Gepäck bleibt die Songauswahl natürlich vorhersehbar, aber das macht nichts. Denn die Spielfreude, die vor allem Sänger Tolis Mekras sowie George Bradley am Bass an den Tag legen, genügt bereits, um den Auftritt über die gesamten sechzig Minuten zu tragen. Eine Überraschung haben Leatherhead aber doch im Köcher: Sie haben einen brandneuen Song vom kommenden Album mitgebracht, der heute seine Livepremiere feiern darf. Leider verstehe ich den Namen nur teilweise, aber es klingt nach irgendetwas in Richtung «VHS». Viel wichtiger als der Titel ist jedoch, dass das Lied das bisherige musikalische Werk konsequent fortführt und damit alle Anhänger der Band zufriedenstellen sollte. Gegen Ende des einstündigen Konzerts verschwinden alle Bandmitglieder kurz von der Bühne, was ein wenig den Konzertfluss unterbricht. Allerdings schaffen es Leatherhead dank ihres Engagements dennoch, mit der anschliessenden Zugabe ihren energiegeladenen Auftritt in trockene Tücher zu bringen.

Liquid Steel

Eigentlich hätten jetzt Tytan spielen sollen, doch da der Bandleader hier ebenfalls Kev Riddles heisst, fällt deren Einsatz genauso ins Wasser wie derjenige von Baphomet. Also kommt nach gestern die zweite Ersatzband zum Zuge. Liquid Steel aus dem Tirol übernehmen diese Aufgabe, nachdem sie zur Titelmusik von Terminator 2 auf die Bühne marschiert sind und mit ihrer Bandhymne gleich mal die gute Laune mit Nahrung füttern. Mitten im Song wackelt tatsächlich ein Roadie mit Terminatormaske auf die Bühne und feuert Salven aus seiner Wasserpistole in die versammelte Menge. Der arme Kerl muss ja vergehen unter diesem Gummiding. «Traveller In Time» wird mit einer lässigen Anspielung auf des Gitarristen retrofuturistischer Sonnenbrille eingeleitet, während Sänger Fabio zu «Samurai» eine Japan-Flagge hervorholt.

Liquid Steel lassen sich sogar zu einem Mitsingspiel hinreissen, bei dem sie herauszufinden versuchen, welche Hälfte des Publikums an ihrem selbstdeklarierten Lieblingsfestival nun lauter ist. Dabei übertreiben sie es glücklicherweise nicht, sondern halten die Sache kurz und damit angenehm. Der gespielte Heavy Metal spricht ja eigentlich für sich. Mitten im Set wird plötzlich der letzte Song angesagt und tatsächlich verschwinden alle fünf Bandmitglieder im Anschluss ohne grosse Worte hinter der Bühne. Das läuft sicher auf einen einstudierten Nachschlag hinaus und siehe da, kaum haben zwei oder drei Personen Liquid Steel gerufen, kommen diese wieder hervor und beginnen mit dem einstudierten Zugabenblock. Dass hier mit «Princess Of The Night» von Saxon (bei dem Leatherhead George auf die Bühne eingeladen wird) und «Blitzkrieg» von der gleichnamigen Band gleich zwei Coverversionen zum Zuge kommen, überrascht mich, findet in der Menge aber Anklang. Das Schlussbouquet nach einer Stunde übernimmt schlussendlich trotzdem ein eigener Song, «Speed Demon», und die Truppe wird mit grossem Applaus verabschiedet.

Lucifuge

Nach so viel Heavy Metal sollten eigentlich alle zu haben sein für die eine oder andere Dissonanz. Wenn nicht, ist es Lucifuge vermutlich auch egal. Auf jeden Fall spielen sie ihren Black Metal der ersten Welle genau so, wie wenn es sie nicht interessiert. Nun, wer seit 2018 jährlich eine Veröffentlichung raushaut, wird über genügend Eigenantrieb verfügen, um nicht auf die Vorlieben des Publikums als Motivation angewiesen zu sein. Mit Ansagen abseits der Nennung von Songtiteln hält sich das Quartett gar nicht auf, sondern konzentriert sich ganz auf seine Musik. Die ist roh, ein bisschen rumpelig und ungeschliffen. Letzteres trifft hoffentlich ebenfalls auf die beeindruckende Taubenabwehr an des Sängers Armbänder zu. Dass sich der gute Mann mit den langen Nägeln nicht irgendwo verheddert, verblüfft ebenso wie die schrägen Zwischenspiele, welche die Pausen zwischen einigen Songs ausfüllen. Höre ich da etwa tatsächlich ein Hackbrett im unheilvollen Klangbild? Kaum darüber nachgedacht, fegen Lucifuge das Sample mit einem bissigen Riff zur Seite, ohne auf einen runden Übergang zu achten. Nach einer Stunde ist der Spuk schliesslich vorüber und die Band verabschiedet sich mit knappen Dankesworten.

Helvetets Port

Helvetets Port steuern uns nun zurück in den Hafen des Heavy Metal. Beheimatet im schwedischen Göteborg dürfte ihnen die Schifffahrt nicht fremd sein und ich gehe deshalb davon aus, dass der Vierer leichtes Spiel haben sollte, wenn es darum geht, die Anwesenden musikalisch zu begeistern. Dafür spricht auch die Erfahrung als Band, die sich auf ganze vierundzwanzig Jahre beläuft. Das Vierteljahrhundert ist also nicht mehr weit. Doch im Moment liegt das noch in weiter Zukunft, ganz im Gegenteil zum Gitarrenriff, welches gerade von der Bühne erklingt. Angereist sind sie übrigens nicht mit dem Schiff, sondern mit dem Zug, wie uns Gitarrist Virginkiller (ja, wir benutzen eure Pseudonyme, wenn ihr euch welche verpasst) wissen lässt. Für die dadurch entstandene zweiundzwanzigstündige Odyssee dankt er der Deutschen Bahn explizit nicht. Überhaupt sind die Ansagen, welche übrigens von allen drei Herren der Saitenfraktion übernommen werden, verschmitzt und mit einem Augenzwinkern versehen. Doch nicht nur Ansagen können die drei, Singen steht ebenso auf der Kompetenzenliste. Hierbei werden sie darüber hinaus von O. Thunder am Schlagzeug unterstützt. Es singt die ganze Band, wie sieht es da mit dem Publikum aus? Das reagiert ein wenig konsterniert auf die Musik. Nun, einfach machen es uns Helvetets Port beileibe nicht mit ihren sperrigen Kompositionen. Irgendwie versprüht das kauzigen Charme, ist aber weit davon entfernt, eingängig zu sein. «Wasteland Warriors» und «Helvete på larvfötter» sind noch die zugänglichsten Songs. So lösen Helvetets Port nach ihrem Abgang gemischte Gefühle aus bei den Anwesenden, mich eingeschlossen. Schauen wir deshalb nach vorne zum nächsten Act.

Witchtower

Damit kommen wir erstmals am Metalheadz Open Air 2025 zu einer Band, mit der ich in der Vergangenheit bereits das Vergnügen an einem Konzert hatte. Wobei Vergangenheit vielleicht etwas gar dick aufgetragen ist, haben sich die Wege von Witchtower und mir doch erst vor exakt vier Wochen am Starlett Stock Festival in der Schweiz gekreuzt. Dort hatte ich ein wenig Zeit gebraucht, um mich an den Sound der Spanier zu gewöhnen, und dann war der Auftritt auch schon fast wieder vorbei (Der Bericht dazu ist hier zu finden). Das wird heute ziemlich sicher anders sein, denn Witchtower haben einen viel längeren Slot erwischt. Siebzig Minuten stehen ihnen zur Verfügung und genau wie Anfang Monats vergehen einige davon, bis ich in den dargebotenen Heavy Metal gefunden habe. Heute dauert das aber viel weniger lang, vermutlich habe ich mich gedanklich darauf eingestellt. Nachdem ich nun den Zugang zur Musik habe, kann ich meine Aufmerksamkeit gezielter den einzelnen Akteuren respektive ihren Instrumenten widmen.

Erneut bleibt mein Ohr erstmal bei der Rhythmusfraktion hängen. Genaues Hinhören offenbart coole Bassläufe, die von sehr präzisem Schlagzeugspiel geführt werden. Die Gitarrenarbeit ist ebenfalls erwähnenswert, die Leidenschaft, mit der die beiden Männer in die Saiten greifen, hörbar. Dadurch kommen «Better Run», «Heavy Metal Sign» oder «Darkest Hour» überzeugend zur Geltung. Grosse Worte verliert das Quartett währenddessen nicht. Erst als sie ihr eigentliches Set bereits gespielt haben und einige Leute nochmals einen Song fordern, klären Witchtower ab, ob noch eine ungeplante Zugabe drin läge. Das tut sie, denn die Band hat ihren Slot nicht ganz vollständig ausgeschöpft. Sichtlich erfreut legt sie sich nochmals ins Zeug, bevor das definitive Ende ansteht und ich kann zusammengefasst sagen: Mit einer längeren Spielzeit funktionieren Witchtower viel besser.

Hellripper

Jetzt bleiben also noch zwei Bands und meine persönlichen Headliner kommen als erste davon an die Reihe. Hellripper haben letztes Jahr meinen Konzerthöhepunkt abgeliefert und im Jahr davor mit Warlocks Grim & Withered Hags das Album des Jahres herausgebracht. Die Schotten müssen heute also hohen Erwartungen gerecht werden. Begeisterung ist dabei gleich ein gutes Stichwort, denn als ich auf der Running Order entdeckt hatte, dass James McBain und seinen drei Live-Mitstreitern ganze 75 Minuten zur Verfügung stehen, verdoppelte sich meine Vorfreude auf das Metalheadz Open Air 2025 ungefähr. Gleich zu Beginn erzählt uns der Bandgründer von seinem Sonnenbrand, den er mit seiner herkunftsbedingten Unerfahrenheit bezüglich guter Witterung begründet. Davon abhalten, gemeinsam mit seiner Band ihre Mischung aus Black und Speed Metal rauszuhauen, als ob es kein Morgen gäbe, lässt er sich dadurch hingegen nicht. Mit wahnsinniger Fingerfertigkeit spielen Hellripper ihre Songs in einem Höllentempo. Highlights gefällig? Der Opener «All Hail The Goat» gibt schon mal gut die Marschrichtung vor, «From Hell» schlägt in dieselbe Kerbe.

Dazwischen fordert James die Leute immer wieder zum Durchdrehen auf. Beim geniesserischen Metalheadz Open Air-Publikum, das tendenziell lieber aufmerksam zuhört als wild herumhüpft, muss er sich mit seinem trockenen Humor ziemlich ins Zeug legen und gar eine Person am Gitter vorne zum Moshpit-Verantwortlichen ausrufen, bis schliesslich ein solcher entsteht. Zu den grossartigen «Goat Vomit Nightmare» und «The Nuckelavee» ist es aber auch kaum möglich, nicht wenigstens den Head zu bangen. Das «räbblet» so richtig. «Nunfucking Armageddon 666» widmen Hellripper zudem einmal mehr jemandem vor der Bühne, dieses Mal trifft es einen jungen Fan in der vordersten Reihe. Die Spielzeit ist bereits fortgeschritten, als die besorgten Blicke zum Himmel häufiger werden. Über uns brauen sich dichte schwarze Wolken zusammen und das aufziehende Unwetter schickt ein anhaltendes Tosen über die Bühne, welches das Konzert derart perfekt umrahmt, dass es ein geplanter Spezialeffekt nicht besser hingekriegt hätte. Sie hätten den Regen mitgebracht aus Schottland, lässt uns das Quartett wissen, da beginnen bereits die ersten Tropfen zu fallen. Mit zunehmender Intensität des Niederschlags zieht es die Leute unter die Vordächer der Shotbar oder ins Zelt, was Hellripper dazu bringt, ihr Konzert zehn Minuten zu früh zu beenden, im Gegensatz aber von den Leuten für die letzten beiden Songs nochmals vollen Einsatz zu fordern. Das klappt und so rennen anschliessend viele grinsende Besucherinnen und Besucher ins Trockene und entlassen die Band in den verdienten Feierabend.

Der Himmel öffnet nun vollends seine Schleusen und wer ohne Poncho unterwegs ist, sucht Schutz. Jetzt kann der verlegte doppelte Boden (Ha!) zeigen, was in ihm steckt. Oder eben gerade in ihm leer ist, denn durch den darin enthaltenen Hohlraum fliesst alles Wasser sauber ab, ohne dass ein Matschfeld entstünde. Alles drängt ins Zelt und diverse Helferinnen und Helfer springen ausserhalb ihrer Schicht spontan ein, um den Ansturm auf die Bar zu bewältigen. Auf diese Weise kriegen alle etwas zu Trinken und die Organisatoren beschliessen, das weitere Programm um eine halbe Stunde zu verschieben und mit einer spontanen Party hier drinnen die Zeit zu überbrücken. Bis die Fluten des Himmels zu versiegen beginnen.

Tankard

So liegt nun die Zielgerade vor uns. Eine Band steht noch auf dem Programm des Metalhaeadz Open Air 2025 bevor langsam, aber sicher das bittere Ende naht. Tankard sind für viele um mich herum bestimmt das Highlight im Line-up. Die Truppe ist definitiv der grösste Name auf dem Plakat und war bereits seit Donnerstag immer wieder Gesprächsthema im Camp, vor der Bühne oder an der Bar. Kollege Luke hat eine klare Empfehlung für die Konzerte der Frankfurter ausgesprochen und so stehe ich gespannt vor der Bühne, als eines der Urgesteine aus der deutschen Thrash-Metal-Szene – immerhin aktiv seit 1983 – loslegt. Der Regen hat stark nachgelassen und bereits beim zweiten Song, passenderweise «The Morning After», ist es bereits so gut wie trocken. Tankard lassen sich sowieso nicht beeindrucken von den Umständen und strahlen ihre langjährige Erfahrung richtiggehend aus. Klanglich zeigt sich das ebenfalls. Obwohl nur vier Personen auf der Bühne stehen, kommt mächtig viel Druck von da oben. Dass die Abmischung nach wie vor sauber und klar ist, könnt ihr euch mittlerweile vermutlich denken, selbstverständlich ist es dennoch nicht. Überraschend ist dafür die hohe Lautstärke. Wie erwartet sprechen die anwesenden Fans stark auf die Band an. Infolge des Regens hat sich das Besucheraufkommen etwas gelichtet, aber wer hier geblieben ist, der feiert Tankard ab und erfreut sich an einem astreinen Konzert.

Ob «Beerbarians», «Die With A Beer In Your Hand» oder das hitverdächtige «A Girl Called Cerveza»: Frontmann Gerre leitet die Stücke mit humorvollen, vor Ironie triefenden Ansagen auf sehr nahbare Art und Weise ein und schafft es, dass nur ganz vereinzelt durchscheint, dass diese – wenigstens zum Teil – einstudiert sind. Er teilt uns darüber hinaus mit, der laufende Auftritt werde aufgezeichnet. Wobei aufgrund seiner verschmitzten Art ebenso gut möglich ist, dass er mit dieser Aussage bloss die Leute zu mehr Ole-Ole-Gesängen animieren will. Egal, was jetzt Sache ist, Tankard machen ihren Job prima und füllen die Headlinerrolle vollständig aus, ohne die Verbindung zur Basis zu verlieren. Die einstudierte Zugabe «(Empty) Tankard» holt nochmals alles aus den anwesenden Metalheads raus und beendet einen gelungenen Auftritt.

Feuerwerk und Aftershowparty

Das Programm endet schliesslich mit einem Knall. Mit mehreren, um genau zu sein, und die stellen nicht etwa einen Selbstzweck dar, sondern sind eine Begleiterscheinung des Feuerwerks, das jetzt über unseren Köpfen den Himmel und um mich herum die Augen zum Leuchten bringt. Grösser als letztes Jahr, startet es heuer punktgenau nach der Abschlussrede von Vorstandsmitglied Macho. Die Ohren zum Glühen bringt zeitgleich «Heart Of Steel», inbrünstig mitgesungen aus dutzenden Kehlen. Als die letzte Zeile in der Nacht verklingt, donnert im Zelt die Anlage los und die Aftershowparty startet. Um den Festivalausklang zu feiern, beschliesse ich, dem Treiben beizuwohnen, und erfreue mich ab der guten Stimmung. Eins führt zum anderen und so kommt es, dass ich in einer völlig spontanen Aktion als Licht-DJ aushelfe und mir dabei die perfekt organisierten Abläufe hinter der Bar und an der Essensausgabe genauer ansehen kann. Bis schlussendlich der traditionelle Schlusssong ansteht, die noch anwesenden Mitglieder der Bavarian Metalheadz den Bartresen erklimmen, um die versammelte Menge zu beklatschen. Dann bleibt nur der Gang durch die Nacht zum Camp und die Aussicht auf erholsamen Schlaf.

Metalheadz Open Air 2025 – Tag danach (Sonntag, 1. Juni)

Bei durchzogenem Wetter wache ich auf und lasse den gestrigen Tag nochmals Revue passieren. Neben Hellripper und Tankard, die beide mit sehr guten Shows aufwarteten, haben sich eher unerwartet Beast als musikalische Entdeckung empfehlen können. Überhaupt war das diesjährige Line-up des Metalheadz Open Air mit allerlei Perlen gefüllt gewesen. Darüber hinaus ist sehr schön zu sehen, dass hier immer wieder jüngere Bands eine Chance auf gute Slots kriegen. Es wäre ein Leichtes gewesen, beispielsweise die ursprünglich eingeplanten Tytan weit oben ins Billing zu setzen und damit voll die Nostalgiekarte zu zücken, doch stattdessen haben Bands wie Hellripper oder Witchtower viel Raum erhalten. Der Gedanke begleitet mich nach dem Abschied von meinen Camp-Gastgebern auf dem Weg zum Eingang, wo ich meine ungenutzten Bonmarken wieder zurücktausche und den einen oder anderen Schwatz nebenbei halte.

Ich sehe, wie im Infield die Abbauarbeiten beginnen. Die Technik wird abgebaut, Planen zusammengelegt und der Zeltboden gereinigt. Spontan entschliesse ich mich dazu, ebenfalls Hand anzulegen und beim Abbau mitzuhelfen, was es mir ermöglicht, einen Blick hinter die Kulissen werfen zu können. Der Eindruck von gestern hinter der Bar bestätigt sich: Jede und jeder, der gerade auf Platz ist, packt an und arbeitet Hand in Hand mit seinen Kollegen. Die Abläufe sitzen, die Leute arbeiten eigenverantwortlich und alles geschieht auf einem Niveau, das sich vor einer professionellen Organisation nicht zu verstecken braucht. Nicht vergessen, wir haben es hier immer noch mit einem Verein zu tun und sämtliche Arbeit im Zusammenhang mit dem Festival wird ehrenamtlich erledigt. Das Herzblut ist einfach spürbar. So erfahre ich beispielswiese auch, dass die Knoblauchsauce in der Wurstsemmel – bis 2019 noch beim Grosshandel eingekauft – mittlerweile vom Küchenteam selber zubereitet wird. Bis Sonntagabend ist bis auf die schwere Logistik schlussendlich schon praktisch alles verräumt, was innerhalb von fünfeinhalb Tagen vor dem Festival aufgebaut wurde. Und falls ihr jemals die Lust verspürt irgendetwas an eine Baugitterabsperrung zu klemmen oder euren Abfall liegen zu lassen – lasst es, ihr erspart den Leuten damit viel Arbeit.

Das Fanzit – Metalheadz Open Air 2025

Die Bavarian Metalheadz machen am Metalheadz Open Air 2025 nicht nur – wie in der Einleitung angesprochen – vieles richtig, sondern so ziemlich alles. Die einwandfreie Organisation sorgt für einen runden Ablauf, die freundlichen Helferinnen und Helfer dafür, dass wir Besucher uns willkommen und wohl fühlen. Dem selbstgewählten Motto entspricht das zu hundert Prozent. Wie lautet das nochmals, liebe Metalheadz? Genau, «Von Fans für Fans». Oder, weil sich so gut wie alle hier kennen und die vielen Stammgäste für ein grosses Gemeinschaftsgefühl sorgen, vielleicht sogar: «Von Freunden für Freunde».


Wie fandet ihr das Festival?

11.06.2025
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