
30 Jahre Shakra!
Die Emmentaler Hardrock-Formation Shakra zelebrierte am Samstagabend in brütender Hitze vor den Toren des altehrwürdigen Konzerttempels Z7 ihre seit drei Dekaden andauernde Existenz. Die Zuschauer wurden mit einer über zweistündigen Performance, gelegentlichen Auftritten von ehemaligen Wegbegleitern und Pyro-Effekten eingedeckt. Als Ehrengäste und Support-Equipen standen Rock-Out, Graywolf und King Zebra im Einsatz. Schweizerische Gitarrenmusik in all ihrer Pracht!
Dutti: Die Eröffnung der diesjährigen “Z7 Summer Nights”-Konzertreihe startet heute mit einer vielversprechenden Sause. Dreissig (!) Jahre Shakra – das will und muss ordentlich gefeiert werden. Um auch keinen einzigen Augenblick zu verpassen, platziert sich unser Webzine gleich mit einer halben Mannschaft vor Ort. Nicky übernimmt die Knipsmaschine, Kaufi wagt den Spagat zwischen Bild und Schrift während Silas, Rossi sowie meine Wenigkeit (Dutti) als reine Schreiberlinge figurieren (wahlweise mit digitalem oder analogem Notizblock). Einige von uns verbrachten den bisherigen Tag auf dem traditionellen “Metalinside-Reisli” und lassen die Geschichte nun in – respektive vor – den Pforten des Z7 ausklingen. Herzlichen Dank nochmals an Gad vom Z7 für die Gastfreundschaft. Wir wissen diese zu schätzen.
Mit Seitenblick auf die gestrige kurzfristige Absage von Linkin Park in Bern (an dieser Stelle “gute Genesungswünsche” an das betroffene Bandmitglied) bin ich froh, dass der heutige Event im “Baselbiet” wie geplant stattfinden kann und alle gesund sind. Nach prägenden Shows von King Diamond und Savatage, welche die Leute selbst mit ein paar Tagen Abstand immer noch ins Schwärmen bringen, dürfte die Shakra-Party – gemessen an den musikalischen Highlights – freilich zum idealen Wochenabschluss avancieren.
Doch ehe der Headliner loslegt, gehört die Bühne zuerst nacheinander King Zebra, Graywolf und Rock-Out. Im Sinne der gleichmässigen Aufgabenverteilung hat sich unser Metalinside-Grüppchen im Vorfeld fair darauf geeinigt, dass jeder eine Equipe als Hauptschreiberling abdecken soll. Natürlich dürfen die anderen Kritzler trotzdem ihre jeweiligen “Senf-Kommentare” ergänzen.
Silas: …und das unabhängig davon, ob der Schreiber in der Ostschweiz Wurzeln (geschlagen) hat.
Die Fotos – Z7 Summer Nights 2025 – Impressionen
King Zebra
Dutti: Meine Wenigkeit macht den Anfang. Strategisch durchaus clever gewählt, denn so habe ich meine Schicht direkt zu Beginn und kann anschliessend in den “Geniessermodus” wechseln. Alter “Schlawiner-Trick”. Nein, Quatsch! Dieser Ansatz würde ja die Bedeutung von King Zebra schmälern. Ich habe mir die gestreiften Unpaarhufer aus Zürich auch deshalb ausgesucht, weil sie einerseits hammermässige, angenehme Musiker sind und andererseits überzeugendes Liedgut am Start haben. Die beiden Silberlinge “Survivors” und “Between The Shadows” sind diesbezüglich sichere Werte. Ausserdem werde ich ebenfalls bei den danach aufspielenden Kapellen versuchen, ein paar schriftliche Erinnerungsstützen festzuhalten. Nennen wir es einmal “Ehrenkodex unter Metal-Journalisten“.
Aber jetzt gebührt der volle Fokus den Zebras! Also, Freunde, bewegt eure Allerwertesten aus dem Schatten heraus und bezieht im “Glutofen” vor der Bühne Stellung. Ausreden werden nicht akzeptiert. Es geht los mit “Wicked” – einer Auskopplung des aktuellen Eisens. Darauf folgt “She Don’t Like My R ‘n’ R”. Also wirklich, liebe Mädels, wie kann man nur? Bei mir braucht ihr gleichermassen nicht anzutraben, wenn ihr Abneigungen gegenüber der Rockmusik hegt. Der Fünfer powert weiter und haut einen Hit nach dem anderen raus. “Love Lies” steht sinnbildlich für die gekonnten melodiösen Arrangements, welche die Protagonisten beherrschen. Trommel-Ass “Big Beni” (diesen Spitznahmen kannte ich noch nicht) und Klampfer Roman agieren gewohnt aktiv. Sämtliche Herren sind notabene in auffallenden Hawaii- respektive Safari-Hemden unterwegs. Ausser Jerry, aber der setzt dafür stilecht auf eine coole Sonnenbrille.
Kaum schwinden die letzten Töne von “Under Destruction” dahin, zeigt die Eskalationskurve sofort steil nach oben. Breit grinsend spurtet Kollege Kaufi auf mich zu, um mir den Titel des nächsten Liedes in die Gehörgänge zu brüllen. Hier kommt “Dina!” Keine Ahnung, wie lange diese Komposition mittlerweile schon mietfrei in meinem Oberstübchen residiert. Auszug in absehbarer Zeit unwahrscheinlich. Inoffiziell wurden die Lyrics sowieso längst in “Dutti, you don’t have to worry!” abgeändert. Kumpel Dani Beck lässt sich einen flach daherkommenden Spruch dazu nicht nehmen: “S’Konzert isch doch dussa und nid dina.” Dabei ist er gar kein Bündner (obschon eine gewisse “Dialektaffinität” vorhanden zu sein scheint).
Etwas später dürfen wir mit “Starlight” abheben. Manu am Bass wirbelt munter durch die Gegend. Im Anschluss folgt der “Firewalker”. Dies könnte glatt die passende Bezeichnung für all diejenigen sein, welche vor der Bühne über den aufgeheizten Asphalt spazieren. Begleitet von “Wall Of Confusion” nähern wir uns langsam der Ziellinie. Eric platziert nochmals eine kurze Ansage und bedankt sich bei allen Anwesenden. Er liefert ohnehin auch heute wieder eine souveräne beziehungsweise routinierte Leistung als Frontmann ab. Das Finale hört dann auf den Namen “Children Of The Night” (und funktioniert selbst trotz gleissender Sonne am Firmament). Das Outro “You’re The Voice” (inklusive vom Publikum lautstark skandiertem “Oh-wo-wo-wo“-Refrain) beschliesst die 45-minütige Darbietung endgültig. King Zebra haben diskussionslos vorgelegt. Wer möchte nun nachziehen? Freiwillige vor!
Silas: Wahrlich ein starker Einstieg in den Abend. Ein Abend, der sich wie die Zeit, in der man eigentlich Siesta halten müsste, anfühlt. Der grösste Feind der Zebras ist heute sicherlich der „Glutofen“, wie von Kollege Dutti so schön betitelt. Dieser sorgt in Kombination mit der Angst vor dem Hitzeschlag eines Grossteils des Publikums, dafür, dass vor der Bühne nicht so wirklich Stimmung aufkommt.
Rossi: Was gibt es Schöneres als die schmissigen Riffs einer E-Gitarre? Das habe ich mir beim ersten Post-Corona-Konzert gedacht, als King Zebra damals für Thundermother eröffneten. Heute geht es mir ähnlich, auch wenn diesmal glücklicherweise ohne Pandemiepause dazwischen. Die Herren haben ein feines Händchen für griffige Songs, die zum Mitnicken anregen. Es ist mir ein Rätsel, wie eine Band dieses Kalibers so weit unter dem Radar bleibt. Jedenfalls setzen die königlichen Zebras die Messlatte schonmal sehr hoch an!
Kaufi: Hach, meine Zebras! Es ist schlicht jedes Mal ein grosses Vergnügen, die Zürcher live zu erleben. Die Jungs liefern einfach ab, egal ob in einem winzigen Laden wie der Hafenkneipe in Zürich oder auf einer grossen Open-Air-Bühne. Schade ist wirklich nur der Fakt, den Silas bereits erwähnte: Der grösste Teil des Publikumsbereichs vor der Bühne liegt noch in der prallen Sonne. Doch selbst davon lassen sich King Zebra nicht bremsen und hauen ein starkes 45-minütiges Set raus.
Die Setlist – King Zebra
- Wicked
- She Don’t Like My R ‘n’ R
- Love Lies
- On The Run
- Under Destruction
- Dina
- With You Forever
- Starlight
- Firewalker
- Wall Of Confusion
- Children Of The Night
Die Fotos – King Zebra
Graywolf
Silas: Die Einheizer von King Zebra haben es definitiv nicht kühler werden lassen. Den Platz direkt vor der Bühne als Sauna zu bezeichnen, wäre untertrieben: In einer Sauna wird immerhin von Zeit zu Zeit mal Wasser ausgeleert (Aufguss oder so). Entsprechend menschenleer ist der Bereich vor der Bühne. Von dieser aus bedankt man sich im Verlauf bei den Wenigen, die dennoch ihre Schweissdrüsen in Gang gesetzt und sich vor die Bretter, die einigen die Welt bedeuten, gestellt haben, mit: “Ihr in der Sonne seid richtig geili Sieche”. Ähnlich sympathisch führt man durch den Rest des Programms.
Besonders ins Auge sticht Sänger Remo. Dieser scheint die Hitze nicht oder zu sehr zu spüren. Sich kaum an einer Stelle haltend flitzt er über die Bühne, mal mit Mikrofonständer, mal nur mit Mikrofon in der Hand und verwechselt die auf Europaletten stehenden Bassboxen mit einem Steg, was der Statik und Suva wohl das Herz stocken lässt. (Anm. Kaufi: Und für die knipsende Zunft, die aufgrund des Gefälles vor der Bühne eh nicht die optimalsten Voraussetzungen hat, eine Herkules-Aufgabe. Den Typ mal ruhig vor der Kamera zu haben, ist nicht gerade einfach…) Doch es passiert nichts und die Knochen aller bleiben intakt. Glück gehabt oder Überängstlichkeit des Schreibers? Ansichtssache.
Abgesehen vom Ergonomischen, überzeugen Graywolf mit einem klassischen Hardrock mit viel Hang zur Kreativität und Gitarrensolos, was etwa ein Cover des Prince-Klassikers «Kiss» beweist. Vom Vorbild ist abgesehen von den Lyrics nicht mehr viel zu hören, was ein weiser Entscheid war, da man vermutlich unmöglich daran herangekommen wäre. So mischt sich Prince mit Graywolf und es überzeugt.
Kaufi: Sorry, Einspruch. Da hätten Graywolf noch eigenes Material, welches besser wäre als dieses in meinen Ohren unnötige Cover.
Silas: Dieser Meinung scheint nicht nur Kaufi zu sein. (Anm. Kaufi: Ha!) Mit solchen, die mit Prince wenig anfangen können, hat es sich die Band dadurch ein wenig verbaut, wie mir Kollege Rossi berichtet. Zum Glück derer steht einiges mehr an eigenem Sound auf dem Spiel(plan): Auf weitere Covers wird verzichtet.
Leider dröhnt der Bass wie bereits bei King Zebra, vielleicht ein bisschen sanfter, aber weiterhin unangenehm in die Magengegend drückend. Der Gesang hingegen klingt flach und die Instrumente zweitrangig. Die liegt weniger an der Spielweise als an der Herausforderung, das Konzert für das ganze Publikum hochwertig abzumischen. Denn zu klagen über laute Bässe hat nach dem Konzert nur, wer zu “den geilen Siechen“ gehörte, die sich von der Sonne braten liessen. Wer sich mit vielen anderen seitlich und weiter hinten von der Bühne in den Schatten drängte, hatte ein einwandfreies Klangerlebnis.
Rossi: Nach dem fulminanten Auftritt von King Zebra hat man ein schweres Los. Graywolf müssen sich vorerst durch einen Soundmatsch zocken, bei dem besonders die Gitarren untergehen. Das trübt das Erlebnis etwas, auch wenn mich der kühle Wassermelonenbecher (übrigens geniale Idee, Z7!) wieder etwas in Stimmung bringt. Das Prince-Cover hätte allerdings nicht sein müssen, das war für mich der K.o.-Schlag. Allerdings hat das mehr mit Prince und weniger mit Graywolf zu tun. Immerhin kriegen mich die Wölfe mit den beiden letzten Songs wieder.
Dutti: Schade, dass die Wölfe sowohl an den Drums (Steve Gasser) als auch an einer Gitarre (Julien Menth) Aderlass verzeichnen müssen… Erstgenannter lässt es sich jedoch nicht nehmen, heute nochmals für seine Kumpels die Schiessbude zu hüten. Derweil steht Juliens Nachfolger gleich höchstselbst auf der Bühne: Mützenträger Chris Furer zupft fortan an der Saitenkönigin herum.
Dass die Herrschaften bei über dreissig Grad und unbarmherzig brennendem Himmelskörper ausgerechnet mit der Vampir-Hymne “After Midnight” in ihr Set starten, trifft exakt meinen Humor. Die “Turneinlagen” von Fronter Remo “Elmo” Schüpbach hat Silas ja bereits erwähnt. Effektiv alles andere als im Sinne der Unfallversicherung. Selbiges gilt für die Fotografen, die teilweise waghalsig den Hang auf der linken Seite der “Spielwiese” heraufkraxeln, um die besten Schnappschüsse einfangen zu können. Bleibt zu hoffen, dass niemand hinunterrollt. Andernfalls hätten wir es wohl mit einer ungewollten Hommage an den ulkigen “Abbath-Purzelbaum” im Rahmen der Metaldays 2017 im slowenischen Tolmin zu tun.
Nach dem Mitsing-Track “All We Want Is Everything” folgt eine Härtegradsteigerung in Form von “We’ll Bring You Down”. Während “Miles N’ Miles To Go” kommt es dann zu einem kurzen Mikrofonaussetzer. Aber der gute Elmo repariert das Problem, ohne zu zögern, selbst. Der zweite Showabschnitt weist für mich – generell gesprochen – die schlüssigeren Argumente auf. Das am Ende aus den Boxen erklingende “Dancing In The Moonlight” entlockt mir dafür abermals ein Schmunzeln. Nein, momentan tanzen (beziehungsweise schwitzen) wir eher im Sonnenlicht.
Kaufi: Ich bezeichne mich jetzt nicht als absoluter Experte in Sachen Graywolf. Mit etwas im-eigenen-Archiv-Suchen finde ich heraus, dass ich die Jungs schon mal als Support gesehen habe. Von Shakra. Im Z7. CD-Kauf inklusive. Heute muss ich zwischendurch zwar mal ein paar Minuten Auszeit nehmen, aber insgesamt macht mir der Auftritt der grauen Wölfe schon Spass. Ausgenommen wie erwähnt das Prince-Cover. Doch mit Opener und Rausschmeisser oder den geilen “Hey Man” und “We’ll Bring You Down” sammelt das Quintett genügend Pluspunkte für ein positives Fanzit. Gerne wieder!
Die Setlist – Graywolf
- After Midnight
- The Winner
- Get Out Alive
- All We Want Is Everything
- We’ll Bring You Down
- Kiss (Prince Cover)
- Fuel Heart
- Hey Man
- Miles N‘ Miles to Go
Die Fotos – Graywolf
Rock-Out
Rossi: Erinnere mich noch gut an die 2018er-Edition vom Ice Rock, als am Samstag die einheimischen Rock-Out den Festivalsamstag eröffneten (Anm. Dutti: Stimmt, dort war ich ja ebenfalls Zeitzeuge). «Ha, was will jetzt da die einheimische Schülerband auf der Bühne?», dachte ich mir damals. Nach nur wenigen Akkorden musste ich meinen spöttischen Gedanken beschämt begraben. Das war auf den Punkt gespielter Hardrock, wo dem Publikum durch den omnipräsenten Blues ein regelrechter Arschtritt verpasst wurde. «Ihr seid alles geile Sieche!» war nur einer von vielen staubtrockenen Sprüchen, mit denen Gitarrist und Sänger Florian obendrauf Sympathiepunkte sammelte. Danach habe ich die vier Sumiswalder etwas aus den Augen (und Ohren) verloren. (Anm. Kaufi: Schäm dich! Anm. Rossi: Ja, ich weiss, Asche über mein Haupt.)
Heute, sieben Jahre später, kreuzen sich unsere Wege wieder. Aber nochmal lass ich mich nicht überraschen. Denkste …
Ohne grosse Ansage entern die vier Jungs die Bühne und legen mit ihrem 100% Swiss Rock los. Florian scheint mit Latzhose und Spiegelsonnenbrille gerade aus der Werkstatt zu kommen, um das Publikum bei einem Feierabendbier musikalisch zu beglücken (Anm. Dutti: Der “Hillbilly-Latzhosen-Look“ sticht einem in der Tat sofort ins Auge. Anm. Silas: Bevor der erste Ton erklingt, schreckt mich das – in meinen Augen pseudomässig an die Arbeiterklasse anbiedernde – Outfit eher ab. Bilder der Büezer Buebe im Overall bei «The Voice Of Switzerland» scheinen mich nachhaltig traumatisiert zu haben.). Und ganz ehrlich: Wäre dies als Belohnung der tägliche Feierabendsound, es würde selbst den härtesten Job wesentlich erträglicher machen.
„Z7, seid ihr zwäg?“ Florian begrüsst bei schweisstreibender Hitze ein noch etwas zurückhaltendes Publikum. «Du, die sind noch nicht so zwäg», scherzt er mit seinen Bandmates. Und holt aus: „Are you ready for some f’n Rock’n’Roll?!“ – Jetzt aber! Nicht, dass es bisher gemächlich zu und her gegangen wäre, aber jetzt wird erst recht aufgedreht. Mit „Let’s Call It Rock’n’Roll“ und „Stand Together“ kommt man in den Genuss von erdig-ehrlichem Rock. Ein guter Tropfen der Scott-Ära von AC/DC vermischt mit eigenwillig Kost – so mitreissend einfach muss man eben auch spielen können! Und die Buebe (Anm. Silas: Oh nein, nicht dieses Wort!) machen das unbekümmert mit emmentalischer Bodenständigkeit.
Vor der nächsten Nummer gibt Florian Einblick in die eigene zerbrochene Welt des Verlusts und der Trauer und wie er diese durch das Songschreiben verarbeitet hat. Ein Hühnerhautmoment, der durch den Song «Tears Are The Rain» untermauert und als erste Sethälfte bewegend abgeschlossen wird.
Die zweite Hälfte des Sets unterstreicht dann eindrücklich, wie gelungen der letzte Silberling ist. Vor allem aber, wie tadellos das Material live umgesetzt wird. Man könnte tatsächlich meinen, dass ein routinierter Veteranenhaufen auf der Bühne steht und sich die Nostalgie von der Seele spielt. Herrlich! Da fällt auch David auf, der den 4/4-Takt an den Drums nicht nur tight spielt, sondern im wahrsten Sinne performt – ein absolutes Ass!
Als direkte Einheizer für Shakra lässt es sich das Quartett nicht nehmen, dem Geburtstagskind zur Ehre ein Cover zu spielen. «On The Wild Side» wird somit zum Vorgeschmack für den heisserwarteten Headliner. Doch zum Schluss wird mit dem eigenen Zündstoff «Dynamite» nochmal alles in Grund und Boden gerockt. Das ist heute an Sympathie und Spielfreude gefühlt nicht mehr zu überbieten. Was für eine Stabübergabe!
Danke, Rock-Out, ihr seid einfach geile Sieche!
Kaufi: Rossi, ich gebe zu: Ich bin auch etwas ein Spätzünder, wenn es um Rock-Out geht. Es ist noch keine drei Jahre her, seit ich die vier Jungspunde das erste Mal live gesehen habe. Seither sind sie permanent auf meinem Radar und ich durfte einige wirklich beeindruckende Konzerte miterleben.
Es ist zudem schon krass, welche Fortschritte die Emmentaler in dieser Zeit machten und immer noch machen. Ich weiss, ich war etwas enttäuscht über die kurze Spielzeit des neuen Albums, doch dass die Qualität dennoch stimmt, zeigt das Quartett auf eindrückliche Weise. Fast der komplette neue Silberling wird gespielt mit den absoluten Highlights “Let’s Call It Rock’n’Roll” sowie “HCRNRSM”. Und selten passt ein Cover so gut wie in diesem Moment: Mit “On The Wild Side” huldigen Flopsi und Co dem Headliner Shakra, denen sie für gemeinsame Touren und auch generell viel zu verdanken haben. Einfach nur geil!
Dutti: Sind Rock-Out die künftige Wachablösung für Shakra? Das wird sich mit der Zeit zeigen. Flopsi hat dazu eh einen frechen Spruch auf Lager: “Shakra sind nüme zwänzgi, aber mir sis no fascht.” Dies soll jedoch überhaupt nicht abschätzig rüberkommen. Im Gegenteil, die Jungs erachten die Headliner-Akteure als Lehrmeister und sind ihnen für viele Dinge und Aspekte dankbar. Ausserdem ist Rockmusik ohnehin für alle Altersklassen da. Das zeigt sich auch an der heutigen Zuhörerschaft. Die einen stehen gespannt lauschend vor der Bühne, während andere gemütlich im Gras sitzen (beziehungsweise liegen) und sich komplett entspannt von den dargebotenen Tonfolgen berieseln lassen. Da sich die Sonne mittlerweile hinter den Bäumen versteckt, wird das Ambiente zunehmend angenehmer. Und ja, Flopsis saustarkes Stimmorgan kann man gar nicht oft genug lobend hervorheben.
Silas: Nach all den Lorbeeren nun auch ein Dornenkranz. Diesen hab ich Rock-Out mittlerweile wieder abgenommen, aber er sass in meiner Wahrnehmung länger auf dem Kopf der Band.
Wann genau mein erstes Zusammentreffen mit ihr zu datieren ist, weiss ich nicht. Was ich weiss ist, dass mir damals die Band respektive das Set nicht gefiel. Rock-Out schienen sich da als Support von Ich-weiss-nicht-mehr-wem nicht an ihre eigenen Songs getraut zu haben und überzeugten durch Cover. Sehr solide gespielte Cover, aber eben doch nur eine Form von Live-Jukebox. (Anm. Kaufi: Das muss aber schon seeeehr lange her sein..?) Rock-Out standen nach diesem Auftritt in meiner Wahrnehmung für eine Band, die man für das Oktoberfest in Hinterdorflingen oder sonst wo bucht, wenn man als Veranstalter den coolen Rocker heraushängen lassen möchte. Weshalb vor DJ Schlagertraum, um vier Uhr nachmittags auch noch eine Hardrock –Band auf der Schaltafelbühne steht muss, die im Gejohle der Säufer völlig untergeht.
Das Konzert heute belehrte mich besserem: Die Jungs von Rock-Out können tatsächlich mehr als das x-millionste AC/DC-Cover spielen. Und das so gut, dass ich mir Dargebotenes konserviert auf CD am Merch-Tisch kaufen muss.
Die Setlist – Rock-Out
- The Boys Are Back
- American Way
- Let’s Call It Rock’n’Roll
- Stand Together
- Tears Are The Rain
- Hit Me
- Don’t Call Me Honey
- Pump It Up
- HCRNRSM
- On The Wild Side (Shakra Cover)
- Dynamite
Die Fotos – Rock-Out
Shakra
Kaufi: “Shakra und die Bassisten”. Tönt wie der Titel eines Asterix-Bandes, könnte aber auch heute Abend passen. Wobei – nein. “Shakra feiern Geburtstag”. Ja, das passt schon besser. Doch was hat es mit den Bassisten auf sich? Da folgt später etwas mehr.
Halten wir uns an die Fakten. Shakra feiern ihr Dreissigjähriges. Dies im grossen Stil, nämlich auf der Open-Air-Bühne des Z7. Dass dies ein spezieller Abend wird, konnte man schon vor Monaten erahnen. Dass es zudem auch der fünfundzwanzigste Auftritt hier im Dreiländereck ist, ist einfach noch das berühmte Tüpfli auf dem i.
Im letzten Herbst machten die Emmentaler auf Facebook (vielleicht darüber hinaus ebenso auf anderen sozialen Medien, das wüsste ich halt nicht) eine Art Adventskalender. Von jedem Album stellten sie drei Songs zur Auswahl, von denen einer dann den Weg in die Setliste finden würde. Ich nehme es vorweg – sie halten das Versprechen und spielen tatsächlich von jedem der dreizehn Studioalben mindestens einen Titel! Dazu viel mehr, die Setliste wird richtig umgekrempelt und ausgebaut. Und von Gästen haben wir noch gar nicht geredet…
Mit einem Knall entern die Emmentaler pünktlich um 21 Uhr die Bühne und sagen im wahrsten Sinne des Wortes “Hello”. Von der ersten Sekunde an merkt man den Jungs an, wie giggerig sie auf diese Show sind. Kein Wunder, springt auch der sprichwörtliche Funken sofort auf die Fans über, die für begeisterte Stimmung sorgen. Und was habe ich über die Setliste gesagt? Mit “Love & Pain” folgt im Anschluss eine Nummer, die seit fast zehn Jahren nicht mehr im Live-Programm stand, gleiches gilt für “Now Or Never”, einem der drei zur Auswahl gestandenen Songs von “Rising”. (Anm. Dutti: Ab dem zweiten Track ist für mich klar, dass hier der Headliner spielt. Diskussionen? Fehlanzeige! Wobei, sage ich das bei Shakra nicht fast immer? Anm. Rossi: Mal ohne die anderen Bands zu minimieren, aber der Unterschied an Professionalität und Performance ist halt deutlich spürbar. Das ist eine Klasse für sich! Wahnsinn, was Shakra da abfackeln…).
Auch “The One” vom in meinen Ohren vielleicht stärksten Album “Infected” war ewig lange nicht zu hören, hier hätte ich mir allerdings eher “Inferno”, “Make My Day” oder “Playing With Fire” erhofft. Ja – das Jammern ist grad auf verdammt hohem Niveau… Denn nun folgen mit “High Noon” sowie dem geilen “A Roll Of The Dice” zwei Songs, die man bestens kennt und liebt.
Geburtstag feiert man ja oftmals mit Gästen. Shakra tun dies ebenfalls. Zum auch jahrelang nicht gespielten “Walk On Water” (leider der einzige Song vom 2005er-Werk “Fall”) kommt das “Wiki auf zwei Beinen” in Form des ehemaligen Bassisten Oli Lindner auf die Bühne. Gemäss Fronter Mark Fox weiss Lindner alles an Zahlen über Bands und Bandmitglieder, wann wer wo ausgestiegen ist (Anm. Dutti: Insbesondere über Sänger-Wechsel weiss er offenbar bestens Bescheid). Und Bass spielen kann er auch nach wie vor!
Showmässig heizen die Berner den Fans heute zudem richtig ein. Zum genialen “Something You Don’t Understand” schiessen am Bühnenrand Flammen in die Höhe, welche die generelle Hitze des Tages punktuell noch steigern. Und wer jetzt über das Wetter motzen will: Es könnte regnen, dann wäre diese Party nicht mehr das, was sie im Moment (besser gesagt: über den ganzen Abend) ist!
Zum uralten “Hands On The Trigger”, welches ebenfalls seit weit über zehn Jahren kaum gespielt wurde, kommt mit Roger Badertscher der Original-Bassist von Shakra als nächster Gast auf die Bühne. Das ist schon cool, dass hier ehemalige Mitglieder mitmachen können, denn schliesslich gehören sie ja auch zu einem Teil der dreissigjährigen Geschichte der Band. Dass nach dem Ende der aktuelle Tieftöner Cyril zuerst gesucht werden muss, läuft dann wohl unter Situationskomik. (Anm. Rossi: Für mich wohl das Highlight, welch ein Reisser! Allerdings habe ich das letzte Viertel des Sets verpasst, da ich auf den Zug musste. Huereschad…)
Monti ist schnell wieder da – und einen Song später (zuerst gibts “Don’t Try To Call) folgt gleich der nächste Gast. Nein, kein Bassist, sondern niemand geringeres als der Vorgänger von Mark Fox: Der Original-Sänger Pete Wiedmer wird mit enorm viel Applaus begrüsst und darf mit “Watching You” einen von “seinen” Songs zum Besten geben. Übrigens noch ein Titel, der mit Ausnahme einiger Shows im Jahr 2018 seit zwanzig Jahren kaum live gespielt wurde.
Das kann man von dem mit Flammen begleiteten “Too Much Is Not Enough” nun wirklich nicht sagen, ein Song der seit dem Release von “Mad World” kaum je fehlt. Und das völlig zurecht! Die nächste Nummer hingegen ist schon speziell. Shakra berücksichtigen heute wie erwähnt ALLE dreizehn Alben. Somit auch jenes aus der Phase, in der Mark Fox für ein paar Jahre fehlte und John Prakesh für den Gesang zuständig war. Prakesh dürfte das einzige ehemalige Mitglied sein, welches heute nicht auf der Bühne erscheint, so singt Fox mit “Stronger Than Ever” den einzigen Titel vom 2011er-Werk “Back On Track”.
Balladenzeit. Shakra haben – wie es sich für eine anständige Hardrock-Band gehört – einige Schleicher im Programm. Meine Wenigkeit kann oftmals nicht viel mit diesen Songs anfangen, doch dass heute “Love Will Find A Way” ausgewählt wird, ist sehr erfreulich, denn diese Nummer gehört zweifellos zu den besten Balladen der Emmentaler. Dann wäre es auch mal Zeit für neue Songs. Vom letzten Output gibt es mit dem saugeilen “Invincible” (was für ein genialer Text!) (Anm. Dutti: Herumfliegende Ballone inklusive!) und “The Matrix Unfolds” zwei Müsterchen.
Anschliessend ist es Zeit für den nächsten Gast. Scheint so, als ob der Job des Tieftöners eine Art Schleudersitz ist bei Shakra. Denn mit Domink Pfister erscheint bereits der dritte ehemalige Bassist. Der darf bei “Cassandra’s Curse” Monti ersetzen. Der wiederum ist danach verschollen und muss mit lauten “Cyril! Cyril!”-Rufen zurück auf die Bühne geholt werden. Immerhin: Monti hat nicht die Absicht, bald seinen Posten zu räumen. Herrlich! (Anm. Dutti: Bei diesem Tieftöner-Verschleiss mache ich mir schon etwas Sorgen um Cyril. Hoffentlich hat er bei seiner Verpflichtung eine anständige Job-Garantie ausgehandelt. Ohne seine meisterhaften Gesichtsverrenkungen würde den Shakra-Shows definitiv etwas fehlen…).
Mittlerweile schwenkt der Abend langsam, aber sicher auf die Zielgerade ein. Ein Highlight folgt dem nächsten, Shakra zeigen nun, warum sie zur absoluten Spitze der heimischen Rockszene gehören. “Raise Your Hands” von Fox’ damaligem Comebackalbum ist einfach eine geile Partynummer, “Trapped” ein Klassiker vor dem Herrn und “Ashes To Ashes” seit längerem das Finish vor den Zugaben, bei dem zudem wieder Flammen für etwas zusätzliche Wärme am Bühnenrand sorgen.
Auch “Life Is Now” sowie “Fireline” sind grundsätzlich Standards im Live-Programm. Bei der erwähnten Umfrage, welcher Song von welchem Album gespielt werden soll, habe ich bei “Rising” für “Now Or Never” gestimmt mit dem Kommentar “Wenn schon Setliste umkrempeln, dann richtig, selbst wenn das heisst, dass grosse Klassiker rausfliegen!”. Rückblickend ist die Abstimmung bei den Alben “High Noon”, “Mad World” und natürlich “Rising” obsolet – von diesen Werken werden schlussendlich jeweils alle drei Songs gespielt. Und somit ist klar, wie das ultimative Ende aussehen wird…
Nach weit über zwei Stunden ist es also wenig überraschend “Rising High”, welches den Abend beschliesst. Dies nicht nur mit viel Feuer, sondern auch Pete darf hier nochmals mittun, bevor sich die Band im Funkenregen feiern lässt. Doch plötzlich kommt Fox mit einem händischen Flammenwerfer auf die Bühne, zwei Crewmitglieder tragen eine grosse Dreissig auf die Bühne und die wird nun vom Sänger angezündet. Neben der funkelnden Dreissig tauchen nun die übrigen Gäste nochmals auf, auch die dürfen sich im erneut einsetzenden Funkenregen feiern lassen. Was für ein Finish!
Die Setlist – Shakra
- Hello
- Love & Pain
- Now Or Never
- The One
- High Noon
- A Roll Of The Dice
- Walk On Water
- Something You Don’t Understand
- Hands On the Trigger
- Don’t Try To Call
- Watching You
- Too Much Is Not Enough
- Stonger Than Ever
- Love Will Find A Way
- Invincible
- The Matrix Unfolds
- Cassandra’s Curse
- Raise Your Hands
- Trapped
- Ashes To Ashes
- Life Is Now*
- Fireline*
- Rising High*
*Zugaben
Die Fotos – Shakra
Das Fanzit – Shakra, Rock-Out, Graywolf, King Zebra
Dutti: Wir erlebten einen Abend voller Schweiss, Rock und dem Zusammensein gleichgesinnter Konzert-Liebhaber. Die grössten Begeisterungsstürme verspürte ich persönlich bei King Zebra und Shakra.
Silas: Dem kann ich mich nur anschliessen. Shakra wissen definitiv, wie man Geburtstag feiert und welche Gäste die Party in Schwung bringen.
Rossi: Das war ein einheimischer Hardrockevent der Superlative. Musikalisch und von der Stimmung her top, gastgeberisch vom Z7 wie gewohnt grossartig. Um es in einem Wort auszudrücken: Huereguet!
Kaufi: Was kann ich da noch ergänzen? Shakra sind schlicht überragend und präsentieren eine wirkliche Jubiläums-Setliste. Da hat man schon andere “Feiern” gesehen, bei denen dann 90% doch wie immer war. Dies ist hier wahrlich nicht der Fall.
Drei saustarke Supportbands bilden den musikalischen Rahmen und die Tatsache, dass etwa tausend Zuschauer auf Platz sind, sorgt dafür, dass es kein absolutes Gedränge im Publikum gibt – entspannend. Alles in allem: Ein genialer Abend im Z7 und der beste mögliche Abschluss eines Metalinside-Ausflugs!