Daniel Botteron (l.) am Rock the Lakes 2022 (Foto: pam)
Fr, 15. August 2025

Rock the Lakes – Interview mit Daniel Botteron

09.10.2025
Daniel Botteron (l.) am Rock the Lakes 2022 (Foto: pam)

Eine Sache des Herzens

Das Rock the Lakes hat in den letzten Jahren einige Entwicklungen durchgemacht. Da ist es an der Zeit, wieder einmal mit Daniel Botteron zusammenzusitzen für einen Einblick in die ganze Organisation.

Der erste Festivaltag der diesjährigen Ausgabe ist erst angebrochen (hier lang zum entsprechenden Bericht), als bereits der Interviewtermin mit Daniel Botteron ansteht. Er ist der Gründer des Festivals und hat sich bereit erklärt, für uns aus dem Nähkästchen zu plaudern. Nachdem ich von zwei Personen aus dem Rock the Lakes-Team am vereinbarten Treffpunkt abgeholt worden bin, treffe ich Daniel im Backstagebereich, wo eine gemütliche Sofaecke für unser Gespräch bereitsteht.

Metalinside.ch (Raphi): Salü Daniel, vielen Dank, dass du dir Zeit für ein Interview nimmst.

Daniel Botteron: Ach, das mache ich doch gerne für euch, ihr seid eine gute Truppe. Die Zusammenarbeit mit Sandro, der bei euch für die Medienpartnerschaften verantwortlich ist, funktioniert super.

Das freut mich. Dann lass uns einsteigen. Dieses Jahr habt ihr viele Dinge verändert und verbessert. Ihr habt dazu zu Rückmeldungen aufgerufen und was ich bis jetzt vom Festival gesehen habe, habt ihr sehr viel davon berücksichtigt (zumindest meine). Wie viele Rückmeldungen sind denn eingegangen nach eurem Aufruf?

Daniel Botteron: Ich glaube, etwa 500 oder 600 Leute haben geantwortet, das war super. So konnten wir eine gute Stichprobe bekommen zu den Themen, die nicht funktioniert haben. Das Problem war, dass wir zwei Ausgaben in Vallamand gemacht haben und jetzt auf ein neues Gelände zurückkehren. Und dann – ehrlich gesagt, das weiss jeder – hatten wir letztes Jahr kein Glück mit dem Wetter (Anm. der Red. siehe Bericht zum Rock the Lakes 2024 hier). Weisst du, ich war richtig niedergeschlagen, wie man auf Französisch sagt: «le moral au fond des godasses». So ist es eben. Aber die Leitung hat gesagt: «Was können wir alles verbessern?» Bezüglich der Auftritte gab es nichts zu bemängeln: hundertprozentige Zufriedenheit bei der Twin Stage, den Shows, dem Licht – das war alles top.

Was wir verbessert haben, betrifft hauptsächlich – auch wenn das eigentlich nichts Zwingendes ist – den Wunsch, dass möglichst viele Leute zum Festival kommen können. Also haben wir uns die Preise angeschaut, denn ein Festival alleine zu besuchen ist das eine, aber es gibt Leute mit Familie, und zu viert mit Eintritt ist das teuer, auch wenn Kinder bis vierzehn Jahre gratis sind. Also, was haben wir gemacht? Ich habe den Bierpreis etwas gesenkt. Wenn ich andere Festivals anschaue, war der nicht katastrophal. Aber ich habe eine Senkung versprochen – und wir haben sie umgesetzt. Versprechen gehalten.

Das Hauptthema, was das Portemonnaie der Festivalbesucher betrifft, sind die Food Trucks. Natürlich müssen die Food Trucks Gewinn machen. Wir haben sehr faire Verträge, das kann ich dir offen sagen. Wir nehmen 20 Prozent – es gibt Festivals, da sind es 25, 30, 35 Prozent. Ich nehme nur 20 Prozent, also denke ich, die Stände können populäre Preise anbieten. Zusätzlich betreiben wir einen grossen Rock the Lakes-Stand mit Speisen im Preisbereich von 6 bis 12 oder 13 Franken. Es gibt eine breite Auswahl. Ein oder zwei Produkte sind vielleicht etwas teurer, aber die Leute können zu fairen Preisen essen und trinken. Das Budget für das Rock the Lakes liegt bei 2 Millionen Franken – rechne das mal durch –, das ist nicht einfach. Ich muss eine Balance finden.

Mit den weiteren Verbesserungen gehen wir schrittweise voran – wir haben auch schon viele Ideen für 2026. Du hast gesehen, wir haben die Dekoration verbessert, das sieht gut aus. Es ist eine Mischung aus Europa-Park und Hellfest, aber mit unseren Mitteln, denn wir haben nicht viel, wir können keine verrückte Deko machen für 5’000 Leute. Aber alle sagen mir: «Hey, das ist schön, was ihr gemacht habt, das ist top.»

5’000 Festivalbesucher sind dieses Jahr hier am Rock the Lakes?

Ich weiss noch nicht, was wir heute, morgen, und übermorgen noch an Tagestickets verkaufen, aber insgesamt rechnen wir mit etwa 16’000 Besuchern über das ganze Wochenende. Damit bin ich zufrieden.

Das klingt prima. Du hast jetzt viele Themen angesprochen…

Entschuldige, aber du weisst ja, wir Welschen reden gerne. (lacht)

Nein, schon gut. Aber ich habe natürlich noch Fragen zu anderen Bereichen. Du hast letztes Jahr gesagt, das Finden von freiwilligen Helfern sei die grösste Herausforderung. War das dieses Jahr kein Problem?

Gar kein Problem, nein. Wir haben Leute aus der Romandie, wie jedes Jahr natürlich, aber auch aus Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich. Die weiteste Anreise hatte dieses Jahr jemand aus Kanada – aus Québec, um genau zu sein. Ich glaube, sie war in Belgien beim Alcatraz und jetzt bei uns, nun macht sie Urlaub in der Schweiz. Ich habe noch nicht alle gesehen, aber ich weiss, von meinem Team, dass wir auch Spanier haben. Europaweit kommen immer mehr Leute. Und das freut mich. Diese Leute kennen mich alle beim Vornamen und wissen, dass ich ein bescheidener, normaler Mensch bin. Ich rede mit allen, auch wenn ich nicht jeden kenne. Aber wer mich anspricht, mit dem rede ich. Manchmal sind es nur dreissig Sekunden, einfach eine kurze Begrüssung. Und sie freuen sich. Sie sagen alle: «Daniel, das ist top.» Ich bin glücklich, ich mache es auf meine Weise und die funktioniert wunderbar.

Ich denke, wir sind top, was das Dankeschön für die Helfer betrifft. Wir haben alle grossen Festivals in der Schweiz analysiert – in der Romandie und der Deutschschweiz. Und bezüglich dem, was wir den freiwilligen Helfern bieten, ist das einzige Festival, das auf unserem Niveau ist, das Paléo Festival. Verglichen mit allen anderen bieten wir deutlich mehr. Dieses Jahr mussten wir die Anmeldung bei 510 Personen stoppen. Mit dem Organisationskomitee sind wir 550 Personen, die für das Rock the Lakes arbeiten – das ist enorm. Das sind zehn Prozent aller Leute, die hier am Festival sind.

Und wie sieht es mit den Festivalbesuchern aus, woher kommen sie? Ihr kommuniziert ja auf Englisch in den sozialen Medien, weil die Leute nicht nur aus der Schweiz kommen…

Genau. Also die Kommunikationsstrategie ist, dass wir alles, was mit dem Showprogramm und der Musik zu tun hat, ausschliesslich auf Englisch machen. Aber wenn es um organisatorische Informationen geht, zum Beispiel zur Anreise zum Festival, dann posten wir sie immer auf Französisch. Wir posten auch auf Deutsch und Englisch – wir machen das dreisprachig, weil es einfach mehr Leute betrifft. Und es sind Details, die wichtig sind, denn nicht jeder spricht Englisch oder Deutsch. Manche Posts sind also auf Englisch, andere in den drei Sprachen – zwei Landessprachen plus Englisch.

Kommen wir nochmals zu den Veränderungen zurück. Ihr habt viele Dinge auf dem Festivalgelände neu platziert. Was waren die Überlegungen dahinter?

Also das Erste war das ganze Thema Parkieren und Camping. Letztes Jahr… Ich war zufrieden, nein, eigentlich nicht. Aber der Regen hat uns geholfen zu erkennen, was nicht funktioniert. Wohnmobilbereich, Campingbereich – da haben wir schon neue Ideen für nächstes Jahr. Wir werden das nochmal überarbeiten. Auf dem Festivalgelände selbst war alles zu verstreut und wir wollten das Gemeinschaftsgefühl stärker betonen. Ich bin sehr zufrieden mit dem Food Truck Village. Du hast alles drin, du gehst rein oder raus. Wir haben ein Zelt aufgestellt, weil es entweder zu heiss ist oder regnet – es gibt keine dritte Möglichkeit. (lacht) Und darunter, soweit ich weiss, zirkuliert die Luft, weil wir Glück mit dem Wind haben. Das sollte eine gute Änderung sein. Und dann haben wir den Valhallamand-Bereich hinzugefügt, mit Ständen mit einem Hauch von Wikinger-Mittelalter-Stil. Hinter dem Mischpult, für Leute, die mal genug Sound haben, gibt es einen kleinen Markt – mit Met, Gin und allem Möglichen. Das ist gut herausgekommen, aber wir machen es in unserem Rahmen. Ehrlich gesagt, ich habe mich von Europa-Park inspirieren lassen – das ist kein Witz. Ich war zum ersten Mal dort, als die Familie Mack das aufgebaut hat, und ich habe gesehen, wie man das organisiert. Und ich dachte: Okay, machen wir was mit Themenwelten – die Leute lieben das. Also machen wir das bei uns genauso. Das ist die Idee.

Das hätte ich jetzt nicht als Inspirationquelle erwartet.

Dochdoch, das zieht sich durch, also bei der Entscheidung über die Platzierung der Bereiche. Wir haben diesen «Swiss Corner» gemacht mit den Signing-Sessions, dem Merchandising, der «Rock the Lakes-Wand». Da machen die Leute den ganzen Tag Fotos, auch mit unseren Bannern und allem. Das ist Kommunikation, das ist Sichtbarkeit. Wir müssen das machen, weil wir klein sind. Wir sind nicht die grossen Festivals, die ihre Tickets in 48 Stunden verkaufen, also müssen wir ständig präsent sein. Da ist er, das ist mein Head of Marketing, Damien. (zeigt zu Damien am Eingang des Zelts hinüber)

Hallo Damien

Er ist auch Sänger bei Dust In Mind, Gitarrist, Sänger, Songwriter – er macht alles, auch die Videos. Er ist echt klasse. Mit ihm, seinen Bandkollegen und den Freunden aus dem Elsass habe ich echte Perlen gefunden. Das sind aussergewöhnliche Leute und es passt einfach super zwischen uns.

Ist er auch in der ominösen Band Absolut Emmental?

Es gibt keine Band namens Absolut Emmental. (grinst) Na ja, du wirst das Interview ja nicht heute veröffentlichen, oder?

Nein, es wird erst nach dem Festival erscheinen.

Dann kann ichs dir erzählen. Es ist bloss ein verdammter Witz – vom ersten April. Aber wir haben das bis zum Ende durchgezogen. Nein, es gibt keine Band. Absolut Emmental, das bin ich. Du musst bis morgen Abend warten, bis du es siehst. Wann bin ich morgen dran? Mitternacht, denke ich.

Ja genau, um Mitternacht.

Schau, wir haben uns um Verbesserungen bemüht und viele davon umgesetzt. Ich bitte die Leute einfach um Toleranz und Verständnis. Im ersten Jahr sagten alle „Oh Daniel, cool, du bist sechzig Jahre alt und organisierst ein Festival.“ Und dieses Jahr fingen manche auf Social Media an, etwas gemein zu werden, weil sie die Philosophie nicht verstehen. Vor allem haben sie das Ziel nicht verstanden. Da reagiere ich morgen darauf, darum gings beim Aprilscherz. Es hat extrem gut funktioniert und ich kann dir sagen: Wir haben mehr Follower, mehr Sichtbarkeit – so war das. Also danke an all diese Leute. Aber ich bin stärker als sie, ich bin schlauer als sie.

Ich hatte eigentlich etwas Längeres geplant, aber ich hatte das für mich persönlich vorgesehen, weil ich meine offizielle Rede halten wollte. Jetzt wir machen trotzdem eine kleine Überraschung. Aber es gibt keine Band Absolut Emmental. Ich mache es kürzer, ganz einfach, weil wir morgen Abend ein Ozzy-Osbourne-Tribute machen. Das hat jetzt Priorität, denn Ozzy Osbourne und Ronnie James Dio, das sind meine Bands. Deshalb habe ich gesagt: «Okay, morgen Abend gibt es ein kleines Ding, aber es wird kürzer.» Meine offizielle Rede verschiebe ich auf den Sonntag. Da sind leider weniger Leute da, aber ich wollte Ozzy den Vorrang geben. Es passt so, wie es jetzt ist.

Und das wars. Du verstehst, die Leute haben das aufgebauscht. Sie haben plötzlich etwas Grosses daraus gemacht. Du weisst, wie das mit den sozialen Medien läuft. Mich berührt das nicht. Ich bin 62 Jahre alt, mir ist das egal. Aber mein Witz hat von Anfang bis Ende funktioniert. Und ich bin sehr zufrieden, voilà. (grinst schelmisch)

Dann bin ich mal gespannt. Nun sollte eine letzte Frage zeitlich noch drin liegen. Welche Band möchtest du auf dem Festival auf keinen Fall verpassen? Das Festival hat ja gerade erst begonnen und wir haben noch so viel vor uns…

Ich würde sagen, es gibt drei Segmente. Das erste Segment sind die Bands, die früh am Tag spielen. Für mich ist es wichtig, talentierte Leute einzuladen. Und grundsätzlich sind das alles Freunde von mir geworden. SoulLine aus dem Tessin – das sind Freunde von mir. Moment of Madness – Freunde von mir. Cardiac, die als Zweite spielen – auch Freunde von mir. Wen haben wir noch, ah Voice of Ruin. Ebenfalls Freunde von mir. Also meine Priorität ist es, gute aufstrebende Bands zu bringen. Das ist das erste Segment.

Was die Headliner betrifft, bin ich mit dem Line-up sehr zufrieden, weil es den Leuten hilft, Metal neu zu entdecken. Deshalb haben wir Heilung engagiert. Wenn Fans wegen Heilung kommen, sehen sie auch die anderen Bands, erleben die Atmosphäre und sagen sich: «Okay, wir sind wegen dieser einen Band gekommen, aber es ist auch sonst cool hier.» Und ich hoffe, dass die Heilung-Fans sagen: «Ja, wir kommen nächstes Jahr wieder, vielleicht für das ganze Festival.» Denn Bands wie Heilung, Wardruna – davon gibt es nicht viele, das ist sehr begrenzt. Als ich sie gebucht habe, wusste ich noch nicht, dass Heilung eine längere Pause einlegen werden. Sie spielen nach dem Auftritt bei uns am Rock the Lakes noch in Dalhalla. Das haben sie aber alles erst später angekündigt. Für uns als Festival ist das natürlich ein Geschenk.

Und heute freue ich mich besonders auf Hatebreed. Ich werde zum ersten Mal in meinem Leben crowdsurfen – ich habe das noch nie gemacht. Das Team will das Ganze sogar filmen. (lacht) Und morgen bei Kublai Khan TX werde ich in der verdammten Wall of Death mitmachen, das habe ich versprochen. Aber ich werde einen Typen mit 120 Kilo bei mir haben: «Ihr fasst Daniel nicht an! Ihr fasst den Boss nicht an?» (lacht) Weisst du, diese verrückten Sachen… Ich mache das, weil dieses Festival keine Sache des Geschäfts ist, sondern eine Sache des Herzens. Die Mentalität, die Philosophie, die ich bei der ersten Ausgabe hatte, ist heute noch dieselbe und wird auch in drei, vier, fünf Jahren dieselbe sein. Nun, wir wollen nicht zu weit vorausplanen, weil man nie weiss, was passieren kann. Aber meine Philosophie bleibt bestehen. Das wissen alle, die mich kennen – und die, die mich nicht kennen… nun ja, Pech gehabt.

Danke für die ausführliche Antwort. Damit ist meine Zeit eigentlich schon um.

Warte, ich will dir noch etwas verraten. Ich werde den Namen noch nicht nennen, aber wir machen am Sonntag eine Ankündigung für einen Headliner. Wir machen keine Blind Passes oder Early Birds. Ich möchte bezüglich der Preisstufen und Ankündigungen transparent sein. Nächstes Jahr haben wir drei Stufen: Stufe eins gilt ab Sonntag, dann ist ein Headliner bekannt. Am Montag, dem ersten Oktober, geben wir zwei weitere Headliner und zusätzliche zehn Bands bekannt. Das ist dann Stufe zwei. Stufe drei folgt schliesslich im Februar oder März mit den drei letzten Headliner plus fünfzehn bis achtzehn Bands. Wir werden die Preise aller drei Stufen von Anfang an bekannt geben. Die Leute können selber entscheiden, wann sie Tickets kaufen wollen. Für jede Preisstufe gibt es ein Ticketkontingent. Das ist transparent – und am Ende ist es eure Wahl. Ihr werdet genau wissen, was wir anbieten.

Das finde ich vorbildlich. Also, vielen Dank für deine Zeit, Daniel.

Ich habe zu danken. Es war mir eine Freude, dich zu sehen. Und grüss das ganze Metalinside-Team, ihr seid eine gute Crew.

Autor
09.10.2025
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