Unter Freunden
Nach ihrem fulminanten Auftritt am Elements of Rock 2017 (Review siehe hier) kehren Innerwish wieder auf eine Schweizer Bühne zurück – darauf habe wohl nicht nur ich schon lange gewartet.
Bei der Mini-Tour durch europäische Clubs und Festivals gehört auch The Cave in Basel zu den auserwählten Gastgebern. Allerdings wird das Konzert kurzerhand ein paar Tage vorher nach Münchenstein in s’Dörfli verlegt. Spielt mir per se keine Rolle, war bisher noch in keinem der beiden Lokale. Sei’s drum.
Ehrenrunden im ÖV
Es bleibt nicht die einzige Änderung an diesem Abend: Um die Mittagszeit kommt die Absage von Rainforce. Ein medizinischer Notfall zwingt die lokalen Einheizer zum Forfait. Schade. Immerhin bleiben Within Silence als Support, was jedoch die Spielzeiten etwas nach vorne versetzt. Das wiederum macht mir jetzt einen gehörigen Strich in meine Zeitrechnung. Hatte ich es gerade noch rechtzeitig auf Bus und Zug geschafft, bin ich nun hier in Basel aufgrund von technischen Störungen (was auch immer das im Fachjargon der BVB bedeutet) immer noch im Drämli am Runden drehen. Jedenfalls treffe ich in s’Dörfli ein, während Within Silence gerade noch die beiden letzten Songs ihres Sets spielen. Zum Glück habe ich sie heuer bereits am EOR (hier nachzulesen) erlebt, sonst hätte ich mich jetzt grün und blau geärgert …
Alles andere als Ärger hingegen habe ich im Lokal. Da werde ich nicht nur freundlich empfangen, die Atmosphäre ist generell so richtig zum Ankommen und Wohlfühlen. Eingangsbereich, Bartheke und Sitzflächen sind rustikal im Saloon-Stil und die schlicht gehaltene Bühnenfläche ist auf Augenhöhe mit dem Publikum. Wenn ich mir die Menge so anschaue, verheisst das ein Konzert im engeren Freundeskreis zu werden.
Los geht’s
Innerwish entern ohne Klimbim die Bühne, nehmen ihre Instrumente zur Hand und legen einfach los. Wer mit einem Reisser wie ‹The Enemy Inside› in ein Set einsteigen kann, hat damit bereits die beste Ansage gemacht. Dieser kernige Heavy Metal trifft umgehend mitten ins traditionell gestählte Herz und durchdringt damit jede metallisierte Faser des Seins. Allein deswegen hat es sich bereits gelohnt, die heutigen Anreisestrapazen auf sich zu nehmen.
«It’s great to be back in Switzerland!», freut sich Sänger Giorgios nach einer stürmischen Willkommensbegeisterung. Seine Erinnerungen kehren nach Uster an einen unvergesslich fesselnden Festivalabend zurück, den auch einige heute Anwesenden erlebt haben. Damals waren sie eine, wenn nicht die Festivalüberraschung. Heute wird es für das griechische Sextett nach dem gefeierten, letztjährigen Album «Ash Of Eternal Flame» (siehe Review) gefühlt zum Heimspiel. Ohne lange zu fackeln, leitet Giorgios ins nächste Stück ‹Burning Desires› über. Damit beginnt die Entdeckungsreise in eine reiche musikalische Vergangenheit.
30 Jahre griechisches Feuer
Ganze sechs Langrillen zieren die 30-jährige Bandgeschichte. Doch auch wenn die Bühne bereits mit Namen wie U.D.O., Helloween oder gar Judas Priest geteilt wurde, reichte es (zumindest bisher) nicht über den Insidertipp hinaus. Aber vielleicht macht genau das die Band so sympathisch. Geerdet auf ihrem ehrlichen Sound, der immer wieder diese unüberhörbar griechisch-mediterrane Melancholie und Leidenschaft in sich trägt, haben sich in all den Jahren eine ganze Menge unvergesslicher Songs angesammelt. Das knackige Riffbrett ‹Inner Strength› ist das beste Beispiel dafür, das durch die strahlenden Gesichter der freudig aufspielenden Musiker bestärkt wird. Die Brücke in die Gegenwart wird danach mit ‹Sea Of Lies› perfekt geschlagen. Band und Publikum sind nun beide angekommen, es entsteht eine vertraute Verbindung auf Augenhöhe.
Genau diese Intimität zwischen Band und Publikum lässt komplett vergessen, wie spärlich das Bühnenbild und die Belichtung sind. Für das Festhalten atmosphärischer Erinnerungsfotos wird dies wohl eine Profiaufgabe. Umso mehr wird das heute vor allem zu einem innerlich unvergesslichen Erlebnis, denn Innerwish sind noch lange nicht fertig. Mit ‹Modern Babylon› folgt eine Midtempo-Nummer, wie sie Hammerfall nicht besser hätte machen können. Ein echter Kracher, der für euphorische Begeisterung sorgt, bevor man mit ‹Silent Faces› wieder in die Anfänge zurückreist. Das Ganze wird schliesslich mit ‹Tame The Seven Seas› gekrönt, einem Epos von entrückender Schönheit.
Das Beste kommt zum Schluss
Die Balance zwischen älteren und neuen Songs passt prima und die Zeit vergeht wie im Flug. Zwar ist nicht viel Bewegung auf der kleinen Bühne, aber an aufheiternden Momenten fehlt es nicht. Während Keyboarder Georgiou mit schwarzer Sonnenbrille die Coolness in Person ist, lässt sich Taktgeber Fragiskos «Franky» immer wieder zu Grimassen anstacheln. Gitarrist und Gründer Thimios bedankt sich zwischen den Songs beim Mundschenk (korrekterweise Bierschenk) für die Erfrischung und Tieftöner Antonis hat als konstanter Publikumsmagnet viel gute Laune zu verschenken.
Das alles fliesst herrlich ineinander und vermählt sich wunderbar mit der Schlussphase, die mit echten Hits aufwartet: ‹Higher›, ‹Travellers In Time› oder ‹Rain Of A Thousand Years› scheinen nicht mehr zu toppen sein. Weit gefehlt! Es folgen die ersten Akkorde von ‹Needles In My Mind› – Hühnerhaut pur … ein göttlicher Song aus einem der (meiner Meinung nach) besten Melodic-Metal-Alben aller Zeiten! Das kann im Anschluss nur noch vom obligaten ‹Ready For Attack› abgerundet werden. So sei es dann auch. Was für ein Finale!
Der Applaus ist ohrenbetäubend, die «One more Song»-Rufe unaufhörlich. Geplant ist es nicht, doch die Herren kehren tatsächlich nochmal auf die Bühne zurück und beehren s’Dörfli mit ‹Hands Of Doom› zum endgültigen Ausklang.
Das Fanzit – Innerwish, Within Silence, Rainforce
Musikalisch bot dieser Donnerstagabend gerade alles, was sich das traditionelle Metallerherz wünscht. Innerwish mögen ein Insidertipp bleiben, aber definitiv ein ganz, ganz grosser! Gross ist auch, wie sich die Musiker noch unters Publikum mischen und ein paar Worte wechseln oder Erinnerungsfotos machen. Es kommt zu schönen Begegnungen und herzlichen Momenten. Der Abschied fällt auf einmal schwer. Mit der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen verabschiede ich mich von meinen griechischen Freunden und verlasse ein überaus gastfreundliches Lokal.
Die Setlist – Innerwish
- The Enemy Inside
- Burning Desires
- Inner Strength
- Sea Of Lies
- Silent Faces
- Chosen One
- Tame The Seven Seas
- Higher
- Modern Babylon
- Travellers In Time
- Rain Of A Thousand Years
- Needles In My Mind
- Ready For Attack
- Hands Of Doom*
*Zugabe
Die Fotos – Innerwish


