Baden in Blut 2021
Sa, 24. Juli 2021

Baden in Blut 2021 – The Devil’s PlagueRound – Disbelief, Groza, Impalement u.a.

Drei Länder Garten (Weil am Rhein, DE)
/ 02.08.2021
Baden in Blut 2021

Mit Metal gegen die Teufelsseuche 

Festivals sind in diesem Kalenderjahr bedauerlicherweise abermals rar gesät. Fehlende Planungssicherheit verunmöglicht der Kulturbranche weiterhin zu funktionieren. Trotzdem häuften sich in letzter Zeit vereinzelte Lichtblicke. Einer davon war zweifelsohne die «The Devil’s PlagueRound»-Version des Baden in Blut Festivals nahe der Schweizer Grenze. Der Verein Metal Maniacs Markgräflerland e.V. durfte seine Veranstaltung tatsächlich durchführen – wenn auch in abgespeckter Form und mit einigen Auflagen. Ungeachtet dessen kamen ausgehungerte Fans der lauten Stromgitarren-Musik vollends auf ihre Kosten und erhielten wohltuende «Therapiesitzungen». Metalinside-Mitstreiter Luke und meine Wenigkeit mischten sich für euch am Samstag unters Volk. 

Dutti: Bei Odins Bart! Wie funktioniert das jetzt nochmals genau mit dieser inzwischen beinahe zu einem Mythos gewordenen Angelegenheit namens «Open Air»? Eigentlich wäre eine Gebrauchsanweisung nötig, denn der Besuch der letzten Freiluft-Beschallung liegt doch schon eine halbe Ewigkeit zurück. Das müsste – sofern mich meine grauen Zellen nicht fehlleiten – das Meh Suff! Festival in Hüttikon gewesen sein. Himmel, Arsch und Zwirn! Das war ja Anfang September 2019! Wo zur Hölle ist denn bitte bloss die Zeit hin?! Strenggenommen ist es ein Wunder, dass ich so lange ohne mein Allzweckheilmittel durchgehalten. Aber das dürfte vielen von euch ähnlich gehen, oder?

Glücklicherweise ist nun Besserung in Sicht. Die sympathische Metal Manicas-Crew macht’s möglich und verdient dafür diskussionslos ein riesiges Dankeschön! Bei uns ist die Euphorie jedenfalls bereits während der Anreise gigantisch. Endlich wieder die Mähne schütteln, wetterfeste Kleidung montieren, Hopfen-Smoothies in rauen Mengen vernichten, die Stimmbänder durch Gejohle überstrapazieren, selbst verdiente Moneten in viel Merchandise investieren, mit guten Freunden feiern und sich von metallischen Melodien mitreissen lassen. Da nimmt man auch gewisse «Benimmregeln» der Marke Zertifikat, komplett eingezäuntes Gelände, reduzierte Zuschauerobergrenze oder Maskenpflicht in Kauf (obschon insbesondere letztgenannte Sache im Freien meiner Meinung nach herzlich wenig Sinn ergibt und durchaus hinterfragt werden darf… Aber wir wollen uns jetzt nicht damit aufhalten). Der arg gebeutelte Kultursektor braucht einfach unsere Unterstützung – und dies äussert dringend!

Dem gestrigen Programm mit Cypecore, Annisokay, Pyogenesis, Oceans, The Hirsch Effekt, Venues und Impact Of Theia haben wir nicht beigewohnt. Dafür geht’s heute mit vollem Einsatz ran an die Buletten! Gedanken an irgendwelche Umweltkatastrophen oder Seuchen werden in den nächsten Stunden verdrängt. Obwohl es der mächtige Thor gemäss den Experten-Prognosen durchaus das eine oder andere Mal ordentlich krachen lassen könnte. Gemessen am wolkenverhangenen Firmament sind diese Einschätzungen alles andere als verkehrt. Wir bleiben jedoch optimistisch und lassen uns von nichts und niemandem die Laune vermiesen.

Da nachvollziehbarerweise mit einem längeren Einlassprozedere zu rechnen ist, werden die Pforten zur Hölle (beziehungsweise zur «Seuchenrunde» oder dem «Spielplatz» des Teufels) bereits um 10 Uhr vormittags geöffnet. Unsere Gruppe trifft ungefähr eine gute Stunde nach diesem Prozedere vor Ort ein und gelangt ohne grossartige Verzögerungen auf das Gelände. Bisher klappt alles wunderbar reibungslos! Die ersten Amtshandlungen bestehen aus der Besorgung von sogenannten Verzehrmarken und einem ersten Abstecher ins Merchandise-Zelt (das offizielle Festival-Shirt vorab online vorzubestellen war freilich keine dumme Idee!). Des Weiteren fliessen die ersten Kellerbiere (stets empfehlenswert!) und es kommt zu zahlreichen Wiedersehen mit vertrauten Gesichtern. Zudem hat sich die Wetterlage zügig entspannt. Somit fehlt zum vollständigen Erreichen der optimalen Festivalatmosphäre bloss noch eine Zutat: Live-Musik! Also, her damit!

Luke: Wir haben uns für eine etwas spätere Anreise entschieden. Manchmal gibt es am Samstag halt auch sonst noch die eine oder andere Sache zu erledigen –  und ein Beginn um 12 Uhr ist schon verdammt früh. Klar, wenn man an einem Mehrtages-Festival ist und nur vom Zelt zur Bühne latschen muss, geht das noch. Aber hier mit Anfahrt und so sieht das etwas anders aus. Aufgrund der Gewitterwarnungen haben wir uns kurzerhand noch für eine Anreise mit dem Auto und gegen den Zug entschieden. Diese hat sich als richtig herausgestellt – dazu aber später mehr.

Jedenfalls treffen wir schlussendlich ungefähr um 15 Uhr ein, und sind damit wohl schon ziemlich die Letzten heute. Von einer Schlange beim Eingang ist jedenfalls weit und breit nichts zu sehen. Die Dame, welche die Zertifikate kontrolliert, scheint richtig froh zu sein, dass wieder einmal jemand kommt. Der Abgleich funktioniert super und so sind wir ruckzuck auf dem Gelände. Dann schliessen wir uns der «Dutti-Reihenfolge» an: Verzehrmarken, Kellerbier, Live-Musik. Nur das Merch-Zelt muss noch warten…

Dark Zodiak

Dutti: Die Durchführung der Eröffnungszeremonie gebührt den deutschen Death-Thrashern von Dark Zodiak, die man aufgrund der zahlreichen Gastspiele auf helvetischem Grund diverse Male schon hat einbürgern wollen. Doch heute kann der Fünfer ein Heimspiel austragen und geht deshalb extra motiviert ans Werk. Gemäss Frontmädel Simone Schwarz sei es ein unglaubliches Gefühl, endlich wieder vor Publikum auftreten zu dürfen. Das hätten alle von ihnen schmerzlich vermisst. Lobpreisungen in Richtungen der Organisatoren lassen aufgrund dessen nicht sonderlich lange auf sich warten. Das Engagement des Vereins für die metallische Szene in Lörrach und Umgebung verdient wahrlich Applaus.

Unsere Lauscher kommen in den Genuss der ersten sieben Nummern der Anfang dieses Jahres veröffentlichten Platte «Ophiuchus». Da werden einem durchgehend fiese Bretter in die Kauleiste gedonnert – aber hallo! Besonders beeindruckt bin ich von den «Pig Squeals», welche die Sängerin regelmässig raushaut. So stark hatte ich die Truppe effektiv nicht in Erinnerung! Da hat jemand die auferlegte Zwangspause fleissig für Verbesserungen genutzt. Sie erwischen ja generell oftmals die tendenziell undankbaren Opener- beziehungsweise Late-Night-Slots, aber es freut mich sehr, ihnen bei der heutigen Performance wirklich meine volle Aufmerksamkeit schenken zu können. Einzig bei der Soundqualität hapert’s noch an vereinzelten Stellen.

Steffi Bergmann – die neue Herrin des Tieftöners – wird von der Zuhörerschaft freudig begrüsst und aufgenommen. Währenddessen schmeisst uns ihre Kollegin am Mikro Leuchtstäbe entgegen. Diese Aktion schnalle ich nicht so ganz, denn für solche Geschichten ist es momentan ja viel zu hell. Aber man kann die Dinger ja locker für später aufbewahren. Ausserdem unternimmt Simone gegen Ende der halbstündigen Darbietung einen Ausflug von der Bühne hinunter um gemeinsam mit den Fans zu headbangen. Feine Sache!

Setlist – Dark Zodiak

  1. Do More Say Less
  2. Heaven, Earth And Beneath
  3. Invisible Apocalypse
  4. Ophiuchus
  5. Destroy Destruction
  6. Humor
  7. From Thrash Till Death

Impalement

Dutti: Auf die nächste Equipe sind wir extrem gespannt, denn es handelt sich schliesslich um unsere Schweizer «Vertretung» im ansonsten rein deutschen Billing (aber das Buchen von internationalen Bands gestaltet ist aktuell bekanntlich schwierig respektive beinahe ein Ding der Unmöglichkeit…). Nichtsdestotrotz ist es hammermässig, dass Beliath sein neues Projekt namens Impalement endlich vor Publikum präsentieren darf. Darauf musste er freilich lange genug warten. Ich habe mich Im Frühling des vergangenen Jahres intensiv mit dem Erstlingseisen «The Impalement» auseinandergesetzt und weiss deshalb, dass einige Hymnen im Live-Gewand garantiert ein Feuer entfachen werden (siehe Review).

Für den Auftritt hat sich Beliath (Gitarre/Gesang) mit Raptus (Gitarre), Blaspherion (Bass) und Frostbitten (Drums) tatkräftige Verstärkung ins Boot geholt. Grimmig dreinblickend starten die Herrschaften ihren Abriss und sorgen bald schon für heruntergeklappte Kiefer. Meine Fresse ist das stark! Die mit melodiösen Passagen angereicherte Mischung zwischen Black und Death Metal ist ein voller Erfolg. Ein besseres Debüt kannst du kaum geben! Klar mag das eine gewagte Aussage sein, aber eine andere Leistungsbeurteilung ist praktisch nicht möglich. Obschon die Künstler sicherlich selbstkritisch bleiben und den Hunger nach Perfektionismus beibehalten werden.

Der Fronter steht mit nacktem, blutverschmierten Oberkörper stoisch da und entlädt seinen gesamten Hass ins Mikrofon. In Zusammenhang mit den Posen und dem Verhalten auf der Bühne erkenne ich übrigens gewisse Parallelen zu Belphegor. Das ist gar nicht so verwunderlich, wenn man weiss, dass deren Aushängeschild Helmuth bei «The Impalement» seine Finger im Spiel hat. Die Gitarrenarbeit auf dem Track «Satan’s Fire In My Eyes» stammt vom Meister höchstpersönlich.

Zum Schluss sei ein kurzer Werbeblock gestattet: Sofern ihr am 09. Oktober 2021 keine anderen Pläne habt, würde ich euch einen Abstecher in die Met-Bar Lenzburg wärmstens empfehlen. Dort wird nämlich die erste «Pfählung» auf Schweizer Boden stattfinden. Nach der heutige Performance am Baden in Blut ist das – hoffentlich nicht nur für mich – ein absoluter Pflichttermin!

Setlist – Impalement

  1. The Tombs Of The Saints
  2. The Impalement
  3. Within The Court Of Rats
  4. Alma Pater
  5. I Am All
  6. Satan’s Fire In My Eyes
  7. Thus Spoke I – Götzendämmerung

Groza

Dutti: Eine rasche Verschnaufpause liegt zum Glück drin und wird sinnvollerweise in den hopfigen Flüssigkeitszyklus (Entleerung und Wiederaufnahme) investiert. Da jedoch die nächste Kapelle aus der schwarzmetallischen Ecke gleich in den Startlöchern steht, geht’s schnurstracks zurück zur Bühne. Nach dem monatelangen Entzug will man einfach keine Minute der sehnlichst vermissten Beschallung verpassen.

Die kommenden 45 Minuten gehören den in Bayern beheimateten Groza. Modisch setzen sie auf das «Schleiereulen»-Outfit, welches man unter anderem von Mgła und Konsorten kennt. Die Behörden hätten an dieser überaus vorbildlichen Einhaltung der Maskenpflicht zweifelsohne ihre wahre Freude (okay, fertig mit dem Ironie-Modus…). Es wäre nämlich ein grosser Fehler, dass musikalische Schaffen des Quartetts nicht angemessen zu würdigen. Sie werden gefühlt mit jedem Lied stärker und überraschen mich deshalb positiv. Diese Spielart des Black Metal sagt mir sehr zu. Die vorgetragenen Klangwelten laden förmlich zum Verweilen ein. Genuss pur!

Die ersten drei Stücke der Setlist stammen allesamt vom demnächst erscheinenden Album «The Redemptive End» (geplante V.Ö. per 06.08.2021). Passend dazu wurde auch der Mikrofonständer entsprechend dekoriert. Das Symbol dürfte gemäss meiner Einschätzung die Weltenesche «Yggdrasil» darstellen. Die Nummer «Elegance Of Irony» feiert sogar just heute ihre Live-Premiere. Wer all das verpasst, ist definitiv selbst schuld.

Setlist – Groza

  1. Sunken In Styx – Part I : Submersion
  2. Sunken In Styx – Part II : Descent
  3. Elegance Of Irony
  4. The Redemptive End
  5. Unified In Void
  6. Ouroboros
  7. Thanatos

Necrotted

Dutti: Ah, Necrotted. An diesen unaufhaltsamen Bulldozer habe ich noch beste Erinnerungen vom Summer Breeze 2018. Damals legten sie die Camel-Stage in Schutt und Asche. Ob Weil am Rhein heute von einem ähnlichen Erdbeben erschüttert wird? Es sieht zumindest nach der ersten Komposition fraglos danach aus. Jep, uns steht in Tat und Wahrheit das erwartungsgemäss brutale Fitnessprogramm bevor. Morgen werden hundertprozentig zahlreiche Nackenmuckis leiden und sich zu keinen grossen Aktivitäten überreden lassen.

Kompromisslos spulen die Abtsgmünder ihr Programm ab. Bei diesen Breaks und hinterhältigen Slam-Attacken bleibt kein Stein auf dem anderen. Offenbar agiert die Gruppe bloss noch mit einem Sänger, aber Fabian macht trotzdem einen souveränen Job. Witzige Interaktionen mit dem Publikum sichern ihm zudem etliche Sympathiepunkte. Er bewegt die Masse sogar dazu, für Basser Koray ein Geburtstagsständchen anzustimmen (auch von unserer Seite gerne nochmals alles Gute an dieser Stelle).

Rund die Hälfte der Setlist wird genutzt, um die Mitte März dieses Jahres erschienene Scheibe «Operation: Mental Castration» vorzustellen. Nach der Show erachte ich einen Abstecher ins Merch-Zelt als absolut realistisch. Zuvor erfreue ich mich allerdings am «Wasserschlauch-Angriff» seitens der Security. Diese wohltuende Abkühlung kommt aufgrund sommerliche Hitze gerade recht. Wie ihr seht (beziehungsweise lesen könnt), werden wir von allen Seiten bestens umsorgt.

Den Schlusspunkt setzt Fabian dann mit einer gelungenen Stagediving-Aktion. Das gibt zweifelsohne fantastische Bilder für die knipsende Fraktion. Leider haben wir für die heutige Veranstaltung keinen Fotografen im Graben. Hoffentlich liefern euch die hier niedergeschriebenen Zeilen trotzdem ausreichend Vorstellungsmaterial.

Luke: Auch wenn ich im Gegensatz zu Dutti noch nie das Vergnügen hatte, Necrotted live zu erleben, haben sie sich beim Reinhören als «Must See» für heute herausgestellt. Da der Einlass so superschnell klappt, funktioniert das auch bestens. Wir stehen pünktlich zu Konzertbeginn mit einem kühlen Bier in der Hand vor der Bühne.

Der teilweise ziemlich technische und moderne Death Metal mit starkem Slam-Einschlag weiss sehr zu gefallen! Fabian ist nicht nur ein hervorragender Growler, sondern auch ein sympathischer Zeitgenosse. Und der ganzen Band ist die grosse Spielfreude nach der langen Live-Pause anzumerken. Ansonsten hat Dutti eigentlich schon alles erwähnt was es zu dem Auftritt zu sagen gibt. Zum Abschluss zieht sich der Fronter eine Maske an, um anschliessend die erwähnte Stagedive- beziehungsweise Crowdsurf-Aktion in Angriff zu nehmen. Sicherheit geht vor! Ein (für uns) erstes Highlight, so kann es weitergehen. Wir folgen Kollege Dutti jedenfalls gleich zum Merch-Stand….

Setlist – Necrotted

  1. Intro
  2. My Mental Castration
  3. No War But Class War
  4. Hunt Down The Crown
  5. Work Hard, Gain Nothing
  6. Unity Front
  7. Rebuild And Revive
  8. Super Preforator Intro / Die For Something Worthwhile
  9. Compulsory Consumption
  10. Asocial Media Whore
  11. Cynic Suicide

Unlight

Dutti: Mittlerweile geistern die düsteren Gesellen von Unlight bereits seit 24 Jahren in unsere Szene herum. Unsere Wege haben sich einige Male gekreuzt und dabei standen stets grundsolide Performances zu Buche. Daran dürfen die Black-Thrasher von mir aus ungeniert anknüpfen. Da gewisse Mitglieder zuvor schon in den Diensten von Impalement tätig waren, dürfte keine grossartige Aufwärmphase nötig sein.

Trotz abgehacktem Intro und gelegentlichem Herumgezicke der Klampfen-Verstärker lassen sich die Routiniers nie aus dem Konzept bringen. Im Gegenteil – der Gig wird unbeeindruckt von A bis Z durchgezogen. So kennt man das von Unlight. Und ja, Nieten, Corpsepaint und finstere Auren mögen in strahlendem Sonnenlicht sicherlich gewöhnungsbedürftig aussehen, aber am Baden in Blut existieren schlichtweg nur wenige Nacht-Slots.

Fairerweise ist anzumerken, dass das Wetter die Leistung der Künstler keinesfalls schmälert. Der Vierer unternimmt mit den Fans eine muntere Reise durch seine beinahe komplette Diskographie. Ungeachtet dessen wäre es langsam an der Zeit für einen Nachfolger des 2016er-Silberlings «Antihelion». Mal schauen, was die Zukunft bringen wird. Zum Abschluss gibt’s jedenfalls mit «Wachturm» noch einen Gruss in Richtung der legendären Sodom.

Setlist – Unlight

  1. Intro
  2. Create And Annihilate
  3. The Katalyst Of The Katharsis
  4. Carnal Baptism… The Wine Of Sin
  5. Antihelion
  6. Sulphurblooded
  7. The Seven Libations
  8. Inferno
  9. First Son Of Flame
  10. Antipole Intro / Wachturm (Sodom-Cover)*

*Zugabe

Revel in Flesh

Dutti: Als nächstes steht schwäbischer Todesblei auf dem Speiseplan. Verantwortlich dafür sind die fünf Haudegen von Revel in Flesh. Ich weiss nicht, ob es an meinem Festival-Trainingsrückstand oder ersten Müdigkeitserscheinungen liegt, aber irgendwie empfinde ich das Ganze nicht durchs Band durch prickelnd. Am Ende bleibt das aber alles Gejammer auf hohem Niveau, denn ein Circle Pit kann trotzdem bestaunt werden (obgleich dies strenggenommen verboten wäre – aber da alles im Rahmen bleibt, müssen die «Security-Schränke» nicht eingreifen und drücken ein Auge zu).

Ich möchte Revel In Flesh bei einer nächsten Begegnung definitiv nochmals eine Chance geben. Ihr Sound strotz nämlich geradezu vor Entombed-Einflüssen. Oh, ich Depp… mir fällt exakt in diesem Moment auf, dass der Bandname ja eine Hommage an ein Stück der schwedischen Death Metal-Pioniere darstellt. Da müsste der traurigerweise vor ein paar Monaten verstorbene LG Petrov wahrscheinlich ebenfalls schmunzeln.

Auf der Zielgeraden ihres Sets ehren die Deutschen auch noch Motörhead. Das Cover von «Rock Out» geht gut ab und sorgt für weitere Eskalationen. Damit kannst du bei mir sowieso nie etwas falsch machen. Vielleicht hat Kollege Luke ja ein paar ergänzende Eindrücke zur Darbietung des Quintetts.

Luke: Da uns die Herren von Unlight nicht aus den Latschen gehauen haben, und zudem die Sonne immer intensiver wurde, haben wir nach ungefähr der Hälfte des Sets der Black Metaller eine kurze «Sonnencreme-Pause» beim Auto eingelegt. Dabei wird mit den Park-Nachbarn gleich noch ein Bierchen getrunken, danach gemütlich zurückgelaufen – und plötzlich höre ich «The Hour Of The Avenger» vom Gelände. Da fangen die Schwaben von Revel In Flesh doch tatsächlich zu früh an, gemäss Zeitplan wäre der Beginn gut zehn Minuten später gewesen. Also Maske auf und schnell zurück vor die Bühne.

Ich mag die Band! Vom Entombed-Inspirierten Bandnamen, über die Pseudonyme der Musiker, bis zum Sound wird hier «Schwedentod-Worshipping» grossgeschrieben. Klar, einen Innovationspreis gewinnt man damit nicht. Aber wenn die Musik, die dabei rauskommt, so gut ist, sehe ich da gerne drüber hinweg… Gerade das immer noch aktuelle Album «The Hour Of The Avenger» von 2019 gefällt mir sehr und steht heute auch im Mittelpunkt der Setliste. Ganze 6 Tracks davon kommen beim Baden in Blut zum Zuge – übrigens ist auch das von Dutti erwähnte Motörhead-Cover bereits da zu hören.

Frontmann Ralf «Haubersson» Hauber überzeugt mit seiner Vocal-Performance auf der ganzen Linie, hält sich dafür aber mit Ansagen eher zurück. Die Musik spricht sowieso für sich selbst, was wohl auch die Zuschauer so sehen. Jedenfalls steigt die Bewegung vor der Bühne merklich an, trotz einiger Regentropfen. Diese fallen zwar nur sehr vereinzelt, trotzdem frage ich mich gerade, wieso wir eben noch Sonnencreme geholt haben…  Das wechselhafte Wetter hat aber keinen Einfluss auf mein Fazit: starker Auftritt einer engagierten und spielfreudigen Truppe!

Setlist – Revel in Flesh

  1. The Hour Of The Avenger
  2. My Trial
  3. Fortress Of Gloom
  4. Death Kult Legions
  5. Shadowbreeder
  6. Eimissary Of All Plagues
  7. Casket Ride
  8. Deathblow
  9. Nihilistic Nothingness
  10. In The Name Of The Flesh
  11. Sky Burial
  12. Rock Out (Motörhead-Cover)*

*Zugabe

Thulcandra

Dutti: Thulcandra waren für mich bisher ein unbeschriebenes Blatt. Die folgenden 40 Minuten können in diesem Zusammenhang aber wahrscheinlich Abhilfe schaffen. Holla, die Waldfee! – diese Truppe muss ich mir effektiv merken. Die Herren halten eine souveräne und überzeugende Präsentation ab! Fraglos eine der lohnenswerten Entdeckungen dieses Festivals. Die zahlreichen Lobgesänge, welche ich im Vorfeld vernommen habe, sind hundertprozentig gerechtfertigt. Geschätzte Geldbörse, wir gehen später nochmals im Merch-Zelt gemeinsam ein bisschen abspecken, einverstanden?

Nutzen wir doch rasch die Gunst der Stunde, um den werten Lichttechnikern ein Kompliment auszusprechen. Während des Thulcandra-Gigs passen die Farbtöne der Scheinwerfer gefühlsmässig optimal zu den jeweiligen Tracks. Das ist ganz grosses Kino und sorgt für eine wunderbare Stimmung. Des Weiteren dürfen sich die Anhänger der melodiösen, düsteren Todesmetaller bald auf Frischfleisch freuen. Das Songwriting für das neue Album sei nämlich im Kasten und das Werk soll noch in diesem Jahr auf die Massen losgelassen werden. Also immer schön Napalm Records im Auge behalten.

Luke: Mir geht es da wie Dutti. Vor dem Auftritt heute waren mir Thulcandra gar kein Begriff. Beim Recherchieren im Vorfeld stosse ich mehrmals auf ein gleichnamiges Darkthrone-Demo und die Stilbezeichnung Black Metal – was bei mir beides ehrlicherweise nicht gerade zu Begeisterung führt. Das auf der Bühne dargebotene Menü ist dann aber eine ganz andere Geschichte!

Keine Ahnung in was für eine «Schublade» man diese Musik packen soll. Klar ist da etwas Black Metal rauszuhören, aber auch der Melodic Death-Anteil ist nicht zu unterschätzen. Aber egal wie man den Stil nennen will, mir gefällt die Mischung. Starke Melodien, interessante Gitarrenläufe und variable Vocals von Frontmann Steffen Kummer wissen zu gefallen. Dazu überzeugen die Songs mit verschiedenen Geschwindigkeiten zwischen Raserei und langsameren, atmosphärischen Passagen.

Einen kleinen Abzug gibt es dafür, dass die Münchner die Spielzeit, welche ihnen gemäss Zeitplan auf der Rückseite der Verzehrbons (gute Idee übrigens!) zugestanden hätte, nicht komplett ausgefüllt haben. Das einem diese zehn Minuten fehlen, ist aber definitiv ein gutes Zeichen. Daumen hoch für diesen tollen Auftritt. Die Band wird ohne Zweifel auf meiner persönlichen Watchlist landen.

Setlist – Thulcandra

  1. In The Realm Of Thousand Deaths (Intro)
  2. Deliverance In Sin And Death
  3. The Second Fall
  4. Black Flags Of Hate
  5. Frozen Kingdom
  6. Throne Of Will
  7. Spirit Of The Night
  8. Night’s Blood
  9. Outro

Disbelief

Dutti: Tragischerweise steuern wir langsam dem Ende dieser Veranstaltung entgegen. Ich werde in den kommenden Tagen garantiert mit der berühmt-berüchtigten «Post-Festival-Depression» zu kämpfen haben. Doch diese Geschichten sind noch fern! Fokussieren wir uns lieber auf die Auftritte der beiden letzten Kapellen des heutigen Line-Ups.

Den Anfang machen die aus Hessen stammenden Disbelief. Ich hege tolle Erinnerungen an eine gewisse Show an der 2017er-Ausgabe des Bang Your Head!!!-Festivals. Damals es in der Halle ordentlich gerumst. Ob die Akteure wohl auch im Dreiländergarten eine ähnliche Zerstörungswut and en Tag legen können? So viel sei vorweggenommen: Sie werden den heutigen Tag ungewollt als Headliner beenden (dazu aber später mehr).

Soundtechnisch wird unseren Gehörgängen ein Gemisch aus Asphyx, Crowbar und Hypocrisy serviert. Im Pokémon-Jargon würde man wahrscheinlich davon sprechen, dass diese Attacken sehr effektiv seien. Das entspricht in der Tat der Wahrheit. Angeführt von Frontbestie Karsten «Jagger» Jäger, der optisch bestens als Wikinger à la Johan Hegg durchgehen könnte, hauen Disbelief unermüdlich einen Kracher nach dem anderen raus. Da zwickt’s regelmässig im Nackenbereich. Sehr geil! So muss das sein!

Langsam bricht die Nacht über das Gelände herein und am Himmel sind immer mehr düstere Wolken zu sehen. Wird der Donnergott dem grossen Finale etwa doch noch einen von Blitzen geprägten Strich durch die Rechnung machen?

Luke: Langsam wird’s unheimlich, Dutti. Waren mir Thulcandra vor heute ebenfalls kein Begriff, habe ich Disbelief am selben BYH kennen- und schätzen gelernt wie du. Die Band hat mich damals so umgehauen, dass ich unterdessen diverse Tonträger in meiner Sammlung stehen habe. So auch die aktuelle Scheibe «The Ground Collapses», welche am 27. März 2020 veröffentlich wurde – also gleich zu Beginn der Pandemie. «Perfektes Timing» meint Jagger dazu augenzwinkernd. Kann man so sagen…

Wegen der verunmöglichten Live-Konzerte letztes Jahr konnten die neuen Stücke bisher erst in einem Stream präsentiert werden. Auch das zum Missfallen des Frontmannes, der lieber für Menschen als Kameras auftritt.  Kein Wunder landen heute gleich vier der neuen Lieder auf der Setliste. Aber auch diverse ältere Perlen kommen zum Zuge, die Songauswahl gestaltet sich durchaus ausgeglichen.

Die Band überzeugt auf der ganzen Linie, und auch das Publikum kommt immer mehr aus sich raus. Obwohl eigentlich verboten, bilden sich immer mehr Moshpits. Gehört halt bei solcher Musik irgendwie einfach dazu, Corona hin oder her. Für einen der aktiven Mosher nimmt das ganze allerdings ein jähes Ende. Nach einem Sturz steht sein Fuss ziemlich unnatürlich vom Bein ab… Das sieht wirklich übel aus! Zum Glück sind sofort Helfer aus dem Publikum vor Ort, und auch die Ordner sind innert Kürze mit einer Bahre zur Stelle. So kann der Unglücksrabe durch die Menge, welche brav Platz macht, abtransportiert werden. Gute Besserung an dieser Stelle!

Dies bleibt der einzige negative «Aufreger» einer ansonsten rundum gelungenen Show, welche von Jagger mit den Worten «Es war mir eine Freude euch anzuschreien» beendet wird. Leider ebenfalls etwas zu früh, wie schon bei Thulcandra. Umso ärgerlicher für mich, da ich auf der Setliste im Zugaben-Teil meinen Lieblingssong «The Unsuspecting One» erspäht habe. Da aber wirklich gleich nach dem Ende des Sets die ersten Tropfen vom Himmel fallen will ich nicht zu fest mit dem entfallenen Zugaben-Block hadern und begebe mich erst mal ins Trockene… Ich hoffe auf ein baldiges Wiedersehen – dann aber bitte mit dem vollen Programm!

Setlist – Disbelief

  1. Intro
  2. The Waiting
  3. Scaring Threat
  4. The Awakening
  5. 66 (Intro)
  6. Sick
  7. For God?!
  8. The Symbol Of Death
  9. Navigator
  10. Misery
  11. The Ground Collapses
  12. The Beginning Of Doubt (Intro)
  13. To The Sky
  14. Outro

Desaster (beziehungsweise Gewitterunterbruch)

Dutti: «Thor! Oden’s son, protector of mankind. Ride to meet your fate, your destiny awaits!» – jawohl, die Amon Amarth-Hymne «Twilight Of The Thunder God» beschreibt das aktuelle Geschehen ziemlich gut. Prasselnder Regen, zuckende Blitze und heftiges Donnergrollen. Kurz vor der Ziellinie bricht also doch noch so etwas wie Ragnarök über uns herein. Das sieht leider verdammt bitter aus für den Auftritt von Desaster…

Luke: Puh, es war definitiv eine gute Entscheidung mit Auto anstatt Zug anzureisen! Konnten wir uns beim ersten Regen direkt nach dem Set von Disbelief noch im Merch-Zelt und am Bierstand unterstellen, wird ungefähr eine Viertelstunde später das Gelände geräumt. Keine Ahnung was wir ohne Zuflucht auf dem Parkplatz gemacht hätten… Der Bahnhof ist dann doch ein paar Schritte weiter weg. So warten wir geduldig und hoffen auf eine baldige Wiederaufnahme des Festivalbetriebs.

Dutti: Wir begeben uns ebenfalls zum Parkplatz, harren in unseren Autos aus und warten auf weitere Instruktionen. Blöderweise sind die Lautsprecher-Ansagen von hier hinten kaum zu verstehen. Als sich die Lage wieder ein bisschen beruhigt hat, wagen wir uns nochmals nach vorne. Dort folgt dann die traurige Gewissheit. Es sei bereits eine weitere Gewitterzelle im Anmarsch und deshalb habe man sich aus Sicherheitsgründen dazu entschlossen, das Festival an dieser Stelle endgültig abzubrechen.

Wir können diese Entscheidung glasklar nachvollziehen und hegen überhaupt keinen Groll gegen die Veranstalter. Aufgrund von vergangenen Ereignissen ist dies schlichtweg die einzig richtige Lösung. Mit Desaster wird es garantiert anderweitig ein Wiedersehen geben. Zudem haben wir bis zu diesem Moment einen hammermässigen, wohltuenden Tag erlebt. Deshalb treten wir trotzdem zufrieden und erschöpft die Heimreisen an.

Luke: Dem kann ich mich nur anschliessen. Ich hätte Desaster unglaublich gerne gesehen – gerade mit der neuen starken Platte «Churches Without Saints». Aber wegen den heftigen Unwettern in den letzten Wochen ist es sicher besser vorsichtig zu sein, als im Nachhinein eine Katastrophe erklären zu müssen. Und dass uns die Veranstalter wenigstens noch ermöglicht haben, nicht gebrauchte Verzehrkarten zurückzutauschen, ist ebenfalls ein Lob wert!

Das Fanzit – Baden in Blut 2021

Dutti: Werte Metal Manicas, wir verneigen uns vor euch und sagen «Danke!» für ein Stückchen metallische Normalität in mühseligen Zeiten. Endlich wieder ein Festival mit allem, was da so dazugehört. Euer Event war top organisiert, ihr habt erneut sackstarke Gruppen verpflichtet (feines Händchen der Booking-Abteilung) und die Leute konnten feiern und geniessen. Auf mich wirkte die Soundqualität mehrheitlich gut. Es konnten lediglich vereinzelte «Entgleisungen» ausgemacht werden. Sowohl für die Musiker als auch das Publikum war die diesjährige Ausgabe des Baden in Blut Festivals eine dringend benötigte «Therapiesitzung». Von diesen positiven Energien werden wir hoffentlich alle eine Weile zehren können.

Extra hervorzuhebende Highlights waren sicherlich Impalement und Disbelief mit ihren jeweils unglaublich überzeugenden Darbietungen! Offenbar habt ihr den Wettergott mit den richtigen Mitteln bestochen, denn ansonsten wären am Ende wohl nicht nur Desaster ins Wasser gefallen. Kehle und Magen bedanken sich ausserdem für stets kühles Kellerbier und leckere Pasta Arrabiata. Das «Verzehrkarten-System» hat mich nicht wirklich gestört.

Als Veranstalter habt ihr aufgezeigt, wie man in der momentanen Lage ein Festival durchziehen kann. Ich würde euch wünschen, dass die Behörden dies anerkennen und diesen «Pionier-Einsatz» entsprechend zu würdigen wissen. Bei uns in der Schweiz soll der reguläre Club-Konzertbetrieb (zumindest in der Lenzburger Met-Bar) voraussichtlich am 7. August 2021 wieder langsam Fahrt aufnehmen. Hoffentlich darf sich unsere in Deutschland angesiedelte Leserschaft ebenfalls bald wieder an regelmässigen Live-Musik-Angeboten aus der metallischen und rockigen Ecke erfreuen. Für diese essenzielle «Droge» existiert schlichtweg kein Ersatz.

Die wichtigste Aussage folgt zum Schluss: Liebe Metal Manicas, wir kommen im nächsten Jahr verdammt gerne abermals bei euch vorbei!

Luke: Ein wirklich toller Tag im Dreiländergarten. Klar war der vorzeitige Abbruch der grosse Wermutstropfen. Und wieso bei einer Outdoor-Veranstaltung mit Covid-Zertifikat Masken getragen werden müssen ist mehr als fraglich. Aber ich nehme an auf diese Auflage hatten die Organisatoren ebenso wenige Einfluss wie auf das Wetter. Alles andere war einfach nur super – von den Abläufen bis hin zu den Bands. Besonders hervorheben möchte ich hier Disbelief, Necrotted, Revel In Flesh und Thulcandra.

Ich hoffe, dass das nun ein Startschuss war – und nicht nur ein Intermezzo. Mit dem Meh Suff-Festival steht immerhin noch ein weiteres Open Air an, welches (Stand jetzt) wohl stattfinden kann. Und auch an der Indoor-Front scheint wieder ein bisschen was zu gehen. Somit können «Live-Süchtige» wie Dutti und ich langsam aufatmen. Die Hoffnung, dass es so weitergeht, lebt!


Wie fandet ihr das Festival?

/ 02.08.2021
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