Metalinside.ch - Beyond The Black mit Sandro - Interview Riverside 2022
Fr, 26. August 2022

Beyond The Black – Interview mit Jennifer Haben und Chris Hermsdörfer

Symphonic Metal
11.10.2022
Metalinside.ch - Beyond The Black mit Sandro - Interview Riverside 2022

Ein nicht ganz unerwartetes Coming-out…

Die deutschen Symphonic-Metaller Beyond The Black mögen vieles sein, mit Gewissheit aber nicht berechenbar oder gar langweilig.

Nach einem Abstecher in leicht sanftere Gefilde dürften die beiden zuletzt veröffentlichten Singles „Reincarnation“ und „Is There Anybody Out There?“ (siehe auch News-Beitrag) als klare Kampfansage an alle jene gewertet werden, welche das Quartett auf ihren zugegebenermassen eingängigen Sound reduzieren möchten. Die Aufbruchsstimmung ist förmlich greifbar. Oder um es in den Worten von Captain Buzz Lightyear (u.a. Toy Story) auszudrücken: „Bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter!“

Am diesjährigen Riverside Open Air in Aarburg (zur Festival Review) nutzten wir die sich bietende Gelegenheit und unterhielten uns mit Frontdame Jennifer Haben sowie Gitarrist Chris über die (noch immer nicht einfache) Zeit nach der Pandemie, persönliche Opfer sowie Film-Präferenzen. Und die Chance auf ein irgendwann dann mal kommendes neues Album.

Metalinside (Sandro): Jennifer, Chris, ganz herzlichen Dank, dass ihr euch die Zeit nehmt.

Jennifer: Sehr gerne.

MI: Wir haben uns ja bereits vor ziemlich genau zwei Jahren telefonisch unterhalten…

Jennifer: Ja.

MI: … und damals hast du eure erste Single „Misery“ als „Mittelfingersong“ bezeichnet. Nun habt ihr mit „Reincarnation“ und „Is There Anybody Out There?“ zwei fantastische neue Tracks am Start …

Jennifer: Ou, vielen Dank!

MI: … welche aus meiner Sicht rockiger, erdiger sowie heavier daherkommen als alles, was auf „Horizons“ zu hören war. Gab es einen Auslöser dafür?

Jennifer: Wir hatten in den letzten Jahren recht viel Zeit, uns ein paar grundlegende Gedanken zu machen: Was wir sind, was wir wollen, was der richtige nächste Schritt wäre, der eben das zum Vorschein bringt, was uns ausmacht. Und ja, im Endeffekt haben wir dann wieder ausprobiert (lacht). Wir wollten unbedingt wiederum symphonische Elemente mit dabeihaben, so wie es am Anfang auch der Fall war. Und dann haben wir einfach experimentiert.

Chris: Auf jeden Fall. „Horizons“ war natürlich auch ein Versuch, mit anderen Elementen zu spielen. Und ich denke, wir haben dabei viel gelernt, konnten so einiges mitnehmen. Und so ein paar kleine, experimentelle Spuren sind ja in den neuen Songs ebenfalls wieder zu finden. Das Ganze unterscheidet sich schon etwas von den ersten Alben, aber natürlich sollte der Kern wieder etwas mehr aufs Maul geben. Wie haben wir das genannt? So die Grundessenz aus den letzten vier Alben zusammen in nen Topf hauen, umrühren…

Jennifer: … und schauen was passiert (lacht herzhaft)

Chris: Und ob es generell auch was taugt…

MI: Handelt es sich bei den beiden Singles um völlig losgelöste Tracks, oder sind es Vorboten eines kommenden neuen Albums?

Jennifer: (Blickt zu Chris hinüber) Das haben wir noch gar nicht verraten, oder?

MI: Eure Chance für ein Coming-out!

Jennifer: (lacht sehr)

Chris: Ja, wir arbeiten natürlich an nem Album.

Jennifer: So ist es.

Chris: Das Ganze ist auf dem Weg hin zu einer neuen Scheibe entstanden, klar. Aber wir haben uns nicht ins Studio gesetzt und gesagt, lass uns jetzt nen Song schreiben. Wir sind eigentlich die letzten Jahre über permanent am Tüfteln im Hinblick auf die nächste Scheibe, und jetzt haben wir halt mal zwei Stücke rausgehauen.

MI: Wirft man einen Blick auf die Texte, so scheint ihr momentan ja eher etwas düster, dystopisch unterwegs zu sein. Olof Mörck von Amaranthe, mit denen ihr ja bald auf Tournee gehen werdet, hat bei unserem letzten Gespräch gesagt, dass Künstler eine sehr feine Antenne für alles hätten, was da draussen so vor sich geht (siehe Interview). Ein Grund zur Sorge?

Jennifer: Nein, da müsst ihr euch keine Sorgen machen (lacht). Es ist einfach so, dass wir in den letzten zwei Jahren recht viel zu verarbeiten hatten. „Reincarnation“ zum Beispiel dreht sich um die Erkenntnis, dass wir auch uns selbst gegenüber eine Verantwortung haben, unser Leben einfach leben sollten. Und in „Is There Anybody Out There?“ arbeiten wir etwas auf, das wir in dieser Zeit ziemlich häufig beobachtet haben. Dieses Gefühl, manchmal mit seinen Gedanken und Emotionen total allein und verloren dazustehen. Oder auch enttäuscht. Das alles ist irgendwie mit drin in diesem Song. Und die Hoffnung, über dieses Lied vielleicht Leute zu finden, die das gleiche empfinden. Ich glaube, das ist sehr, sehr wichtig.

Chris: Also so Party-, Happy-, Eskalation-Videos sind jetzt ja auch nicht so unbedingt unser Ding. Und es wäre falsch, nun auf einmal was in dieser Richtung zu machen. Das war schon immer so – dieses Düstere, Atmosphärische muss irgendwie mit drin sein, jetzt natürlich noch etwas nerdiger. Man merkt, dass wir unsere Nerd-Antennen haben bespielen lassen.

Jennifer: Auch dafür hatten wir die letzten zwei Jahre mehr Zeit (lacht).

Chris: Genau, auch solche Emotionen hat man natürlich irgendwie aufgesaugt. Das nimmt man einfach mit.

MI: Mögt ihr Science-Fiction?

Jennifer: Ja, klar! Wir sind unter anderem Star Wars – Fans ohne Ende. Zudem liebe ich Animes! Also habe ich mir überlegt, wieso wir das eigentlich noch nie wirklich mit eingebracht haben.

Chris: Genau, wir wollten all diese verschiedenen Komponenten endlich mal zusammenführen. Vom Look her schaut „Is There Anybody Out There?“ zudem auch recht spacig aus – und hört sich auch so an. Und in letzter Zeit hatte man nunmal wirklich viele Gelegenheiten darüber nachzudenken, wer man eigentlich ist, und was die letzten Jahre über alles entstehen konnte. Es geht ja nicht nur darum, was du spielst oder was du singst. Da steht noch viel mehr dahinter, und wir versuchen gerade die Puzzleteile zusammenzusetzen.

MI: Videoclips, Filme… Für die nächste Frage bedanke ich mich herzlich bei Chris, der diese vor etwas mehr als zwei Jahren mal auf Facebook gepostet hat, und die seither von mir munter ins Feld geführt wird: Wenn ihr die Möglichkeit hättet, eine Rolle in einem Film zu übernehmen, welche würdet ihr wählen?

Chris: Wenn’s nen neuen Star Wars – Film gäbe, wäre ich liebend gern mit dabei. Auch wenn’s nur ne kleine Nebenrolle ist, wie ein X-Wing-Pilot. Egal was, einfach etwas Cooles. Und mir würde es auch nichts ausmachen, wenn ich dann von Chewie erschossen werden würde (Jennifer lacht). Sowas in der Art, die Liste ist endlos.

Jennifer: Bei mir stünde auf jeden Fall Game Of Thrones weit oben auf der Wunschliste. Da bin ich voll drin, solche Sachen liebe ich einfach!

MI: Chris, beim letzten Gespräch hat Jennifer erwähnt, dass du Gesangsunterricht nimmst.

Chris: Bis ein halbes Jahr nach Pandemiestart habe ich den Unterricht auch durchgezogen, danach musste ich das aus privaten Gründen einstellen. Nichtsdestotrotz fühle ich mich stimmlich seither viel sicherer und auch deutlich wohler.

MI: Was man unter anderem bei eurem Streaming-Konzert „Origins“ feststellen durfte, bei welchem Chris ja auch vermehrt gesungen hat.

Jennifer: Er erhält von mir eben noch immer Gesangsunterricht for free (lacht).

Chris: Es gibt auch stets ein schön gecoachtes Einsingen…

MI: Wir nehmen uns bei der Hand und singen gemeinsam…

Chris: Naja, ganz so esoterisch ist es zum Glück noch nicht; aber ähnlich (beide lachen)

MI: Es besteht also die Chance, Chris auf der neuen Platte singen zu hören?

Chris: Auf ‚Horizons‘ gab es ja bereits Gesangsparts von mir. Und wie nun die nächsten Songs ausfallen werden…

Jennifer: Das werden wir jetzt aber wirklich geheim halten!

Chris: Klar, es wird auch inskünftig immer wieder Elemente geben, die wir früher schon verwendet haben. Und ob ich nun singe oder einfach nur schreie, da bin ich für alles offen.

MI: Stichwort private Gründe: Es gibt ja auch ein Sprichwort, das besagt, dass jeder Erfolg seinen Preis hat. Was war da Wertvollste, das ihr für eure Karriere opfern musstet?

Jennifer: Puhh. Also ganz, ganz viel Privatsphäre natürlich. Und viele Freundschaften, würde ich so ganz spontan sagen. Man muss sich halt irgendwie für irgendwelche Menschen entscheiden. Das ist ein bisschen das Problem. Dir fehlt zum Beispiel einfach die Zeit, zu irgendwelchen Events zu gehen, wenn dich jemand fragt. Und ich glaube, das geht ganz vielen genauso. Und irgendwann hast du einfach nur noch Rocker als Freunde, weil die dich halt verstehen. Plus dann noch ganz, ganz ausgewählte Personen, bei denen es auch ok ist, wenn man sich mal ein Weilchen nicht sieht. Und wenn man sich trifft, ist es wieder wie zuvor. Das ist aus meiner Sicht das grösste Opfer.

Chris: Das kann ich nur bestätigen. Früher habe ich fast schon krampfhaft versucht, meinen Freundeskreis zu pflegen. In der Schule wächst du irgendwie mit zwanzig Kumpels auf, aber das versandet im Laufe der Zeit, wenn du immer wieder bei allem absagst. Nur um dann mal anzukommen und zu meinen: „Hey Leute, jetzt hätte ich Zeit“. „Ja, aber wir nicht“. Irgendwann gelangst du an einen Punkt, bei dem du dir eingestehen musst: Vergiss es! Für mich sind die Familie und die engsten Freunde am wichtigsten, und bei denen schaue ich auch, dass sie genügend Zeit abkriegen, glücklich sind und man den Kontakt hält. Das muss an erster Stelle stehen. Aber klar, auch da musst du immer wieder Abstriche machen. Wir werden im Herbst sechs Wochen auf Tour sind, und in dieser Zeit werde ich meinen Junior gefühlte fünf Wochen nur am Telefon sehen. Das ist nicht wirklich schön, ist aber einfach etwas, wo man durchmuss. Denn irgendwie hat man sich ja für diesen Job und dieses Leben entschieden. Und dazu gehört es nunmal auch, gewisse Opfer zu bringen. Früher war es zum Beispiel viel Zeit. Als andere nachmittags auf dem Fussballplatz oder abends in der Kneipe waren, da hast du geübt oder warst im Proberaum. Und wenn die anderen irgendwelche Geburtstage gefeiert haben, hattest du nen Gig. Jetzt heisst es halt, sorry, ich bin auf Tour. Ohne Opfer geht es nicht. Aber ich denke, bei Sportlern ist das nicht gross anders. Auch die müssen trainieren, sich fit halten. So ist es nunmal, und irgendwie ist es ja wirklich cool.

Jennifer: Sonst hätten wir uns auch nicht dafür entschieden.

Chris: Und auf der anderen Seite hat man ja viele Freiheiten. Ich meine, auch ein Arbeiter, der von Montag bis Freitag schuften geht, kann nicht einfach machen, was er möchte. Wenn sein Kleiner Geburtstag hat, muss er frei eingeben, ansonsten sagt sein Chef, hier, komm arbeiten! Und er hat nur 30 Urlaubstage. Irgendwie musst du immer abwägen und Prioritäten setzen. Und wenn das Ganze im Gleichgewicht bleibt, ist es eigentlich ganz cool. Das streben wir an, und meistens gelingt es uns auch ganz gut.

MI: Ihr wirkt ziemlich relaxt, wie ihr so vor mir sitzt. So schlimm kann es nicht sein.

Jennifer: Neee (lacht). Und wir freuen uns auch immer, wenn wir zusammen unterwegs sind. Das ist jeweils sehr schön, wie eine Klassenfahrt.

Chris: Bei meiner ersten oder zweiten Tournee hat mir mal ein Tourmanager gesagt, du bist halt kein Arschloch. Ihr seid sechs Wochen zusammen, und wenn es auch nur einen im Bus hat, der nervt oder dir nicht guttut, dann wird es ganz schlimm. Es genügt wirklich eine einzige Person, die das ganze Gleichgewicht kaputt macht. Und daher achten wir natürlich akribisch darauf, dass die Crew und alles andere zusammenpassen. Dass es eine verschworene Gemeinschaft ist und nicht diese klassische Sichtweise: Ihr seid die Crew, ihr sitzt da drüben, und wir sind die Band… Das gibt’s hier nicht! Die sitzen genau da wo wir sitzen, die essen das was wir essen, die schlafen da wo wir schlafen. Und das muss auch genauso sein.

MI: Was während der Pandemie auch klar so rübergekommen ist. Ihr habt ja dieses „Road Crew“ – T-Shirt kreiert, von dem der ganze Erlös der Crew zugutekam. Eben, damit auch die überleben konnten.

Jennifer: Und das war uns in der Tat sehr wichtig. Denn wir wussten, dass die jetzt wirklich keine Möglichkeit hatten, sonst irgendetwas zu machen. Das war schon krass. Einige wenige Bands haben auch sowas in der Richtung gemacht. Aber es ist schon so, dass sich das Live-Geschäft total verändert hat. Wie auch das Personal – weil eben ganz, ganz viele raus sind. Weil sie sich in dieser schwierigen Zeit für etwas entschieden haben, was sicherer ist, mehr Kohle bringt oder einfach weniger Arbeit macht (lacht). Ich kann’s gut nachvollziehen. Aber diejenigen, die’s halt wirklich wollen und mit Herzblut dabei sind, die sind alle noch da. Aber es bleibt schwierig und betrifft viele Bands, respektive die ganze Szene. Du siehst immer mal wieder neu Gesichter, weil halt einfach ausgeholfen werden muss. Es ist schon ganz schön krass, was gerade in der Branche passiert.

Chris: Und es wird auch noch ein Weilchen dauern, bis sich das wieder stabilisiert hat. Ich kann’s nicht ganz abschätzen, aber vielleicht war das Ganze im Nachhinein betrachtet auch irgendwie gut. Es gibt ja so nen Zenit, bei dem alles auf Maximum, alles und jeder stets verfügbar ist. Und viele haben sich in der Pandemie umentschieden, aus welchen Gründen auch immer. Wir sind auf alle Fälle extrem froh, dass bei uns noch so viele da sind und zu unserer Crew gehören. Das sind Top-Leute, auf die wir uns voll und ganz verlassen können, und bei denen wir auch wissen, dass es passt. Und an den paar Stellen, wo Leute weggefallen sind, muss man eben Ersatz suchen. Es ist wie beim Fussball: Du kannst ne Champions League-Mannschaft haben, die über Jahre hinweg alles abräumt, aber irgendwann fallen auch da Leistungsträger weg, und du musst für Ersatz sorgen. Aber das braucht Geduld. Und bedingt ein gutes Team, das die Neuen aufnimmt und integriert. Ich denke, so funktioniert das auch bei uns.

MI: Etwas, das in der Vergangenheit immer mal wieder für Kopfschütteln in der Szene gesorgt hat, ist eure Zusammenarbeit mit Songschreibern. Wie viel Jennifer, wie viel Chris steckt wirklich in den Songs von Beyond The Black?

Jennifer: Bei den neuen Songs für das nächste Album waren wir zusammen mit unseren Produzenten quasi ein Team. Wir haben wirklich alles gemeinsam gemacht, jedes einzelne Ding. Mist, jetzt habe ich es verraten. (Zu Chris gewandt): Du hast es ja vorhin schon erwähnt! Egal…

Chris: Ja, wir arbeiten an einem neuen Album.

Jennifer: Genau (lacht)

Chris: Aber wir arbeiten ja eigentlich immer, also von daher…

Jennifer: Es ist jeweils sehr unterschiedlich, wie so ein Song entsteht. Mal kommt die Idee zu einem neuen Stück von mir oder Chris, mal vom Produzenten. Aber schlussendlich ziehen wir von Anfang bis zum fertigen Endergebnis alle wirklich am selben Strang. Bis alle damit zufrieden sind und es geil finden. So war das im Grunde genommen schon immer. Und ich finde es wunderschön, was wir bisher zusammen erreicht haben!

Chris: Gerade bei „Horizons“ haben wir viel ausprobiert und dadurch auch ein paar andere Produzenten mit am Start gehabt, wie etwa Vincent Sorg. Alles super Leute, und es hat wirklich Spass gemacht, mit denen die Köpfe zusammenzustecken. Aber im Endeffekt ist es einfach sinnvoller und produktiver, wenn wir bei neuen Titeln mit einem festen, eingespielten Team zusammenarbeiten.

Jennifer: Und das Endergebnis klang ja oftmals einfach auch nicht wie aus einem Guss.

Chris: Man musste das Ganze damals irgendwie zusammenbasteln. Und wenn wir jetzt an einem neuen Album schreiben, dann ist es halt auch von Vorteil, wenn wir an einen Ort fahren, an dem wir uns die letzten zwei Jahre über gefühlt alle zwei Monate getroffen haben. Zu dritt, zu viert, mit den Jungs von Elephant… An einen Ort, den wir kennen, und wo wir wissen, was passieren wird. Tobi und Kai sind natürlich auch immer mit nem Ohr mit dabei, bekommen alles mit, was wir gemacht haben. Alles fliesst ins Team, in die Band zurück. Jeder weiss, was gerade passiert. Es ist ein völlig anderes Arbeiten, als wenn du dich mit Leuten zusammensetzt, die nicht wissen, was rundherum sonst noch läuft…

Jennifer (zu Chris gewandt): Man muss aber auch ganz klar sagen, dass es für uns wichtig war, diese Erfahrungen zu sammeln. Ich finde es essenziell, mal ein paar Dinge auszuprobieren, zu schauen was passiert, wenn wir dies oder das machen. Und es ist ja auch immer eine Art gegenseitiges Befruchten, was die ganzen Ideen anbelangt. Von daher finde ich es sehr gut, dass wir dies bei „Horizons“ gewagt haben.

Chris: Absolut! Und wir haben ja auch viel mitgenommen.

Jennifer: Total!

Chris: Gerade die Sessions mit Vincent waren sehr spannend, da er ganz anders arbeitet, als wir es bis dahin gewohnt waren. Diese Zusammenarbeit hat uns ganz viel Inspiration und Ansätze geliefert. Das ist mit Sicherheit etwas, das wir mit reinnehmen werden, wenn wir uns nun hinsetzen und weitere neue Songs schreiben.

Jennifer: Aber unser Hauptziel für das neue Album ist und bleibt, dass es wie aus einem Guss klingen soll. Und das haben wir auch so durchgezogen.

Chris: Um auf deine Frage zurückzukommen: Da steckt tatsächlich sehr viel von uns mit drin. Es ist nicht einfach ein „ok, wir setzen uns mal gemütlich hin und ihr schreibt“.

MI: Kommen wir auf euren Auftritt heute Abend am Riverside Open Air zu sprechen: Gibt es Songs, die ihr besonders gerne spielt? Bei denen ihr sagt, die müssen im Set drin sein, komme was wolle?

Jennifer: Die gibt es auf jeden Fall! Aus meiner Sicht dürfen „Shine And Shade“ und „Halleluja“ unter keinen Umständen fehlen (lacht). Das sind zwei Songs, die einfach immer und überall funktionieren. Bei denen alle komplett ausrasten. Wenn wir die gespielt haben, kann man das Konzert beenden und alles ist gut, alle sind happy. Dann natürlich noch „Heart Of The Hurricane“, „In The Shadows“…

Chris: Plus die neuen Stücke natürlich. Ich meine, wir haben jetzt „Reincarnation“ im Set, und da freue ich mich enorm drauf!

Jennifer: Neues ist immer geil!

Chris: Wenn einerseits immer neues Material nachkommt, du andererseits aber auch Titel hast, die unter keinen Umständen fehlen dürfen, dann wird es irgendwann halt auch schwierig. Das ist so ne Dynamik, die da entsteht. Und irgendwann würdest du am liebsten drei Stunden spielen statt der üblichen 80, 90 Minuten.

Jennifer: Ich bin momentan total am Verzweifeln wegen der bevorstehenden Tour zusammen mit Amaranthe. Ich möchte einfach viel zu viele Songs ins Set einbauen, was dann halt hinten und vorne nicht funktioniert (lacht). Ich bin gespannt, was wir dann schlussendlich wirklich spielen werden. Final ist da definitiv noch nichts.

MI: Gibt es handkehrum auch Songs, die ihr am liebsten aus dem Programm kippen würdet, die von den Fans aber nach wie vor gefordert werden?

Chris: Bis jetzt eigentlich nicht. Wobei wir ja auch noch nicht Metallica sind, die gefühlt seit 30 Jahren „Nothing Else Matters“ spielen müssen. Andererseits glaube ich, die performen das noch ganz gerne. Ich hatte zumindest nie das Gefühl, dass es irgendwie ausgelutscht klingt, wenn sie es spielen. Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass mir einer unserer Songs mal zum Hals raushängen würde. Egal, wie oft du ihn auch gespielt hast, irgendetwas verbindet dich mit ihm.

Jennifer: Der einzige Song, den ich tatsächlich total schwierig finde, ist „In The Shadows“ (lacht). Aber auch nur, weil der in einem langen Set unglaublich schwer zu singen ist. Ich meine, der ist die ganze Zeit da oben (zeigt mit nach oben gestreckten Händen die Tonhöhe an), du musst ständig an der Grenze rumballern. Weswegen ich zuweilen auch denke, ach hätten wir den doch nen halben Ton tiefer geschrieben (lacht laut). Aber nichtsdestotrotz macht der natürlich mega Bock! Also lass ich da die Leute einfach ein bisschen mehr singen!

MI: Was war euer verrücktestes Erlebnis mit Beyond The Black bisher?

Jennifer: Puh… spontan fällt mir dazu gerade nichts sein…

Chris: Bei eurer ersten Tour mit Saxon ist doch so einiges komisches Zeugs passiert. Shows, die nicht stattfinden konnten… Und bei uns ist doch mal ein Bus in Polen hängengeblieben.

Jennifer: Und einer hat mal gebrannt…

Chris: Genau, das ist auch mal passiert. Aber sowas ganz Wildes, dass wir abseits von Konzerten irgendwelche spassigen Geschichten erzeugt hätten…

Jennifer (grinst): Tokio…

Chris: Ich möchte es mal so formulieren, dass spezielle Ausflüge durchaus auch mal etwas besonders enden können. Aber das sind so Sachen, die wir jetzt nicht gross breittreten, sondern in ein paar Jahren vielleicht dann in unseren Biografien erzählen werden. Wobei wir natürlich auch noch viele Kapitel vor uns haben, die durchaus auch weiteren Stoff liefern können. Wir waren zwar noch nie dort, aber ein Bekannter hat mir von Shows auf seiner Asien-Tour erzählt, wo irgendwelche Stromkabel frei und offen rumliegen. Das ist zuweilen ne ganz andere Welt, als wir das hier in Europa kennen. ich denke, da könnte durchaus noch die eine oder andere verrückte Geschichte dazukommen.

MI: Da bin ich mal gespannt. Letzte Frage: Was bringt euch zum Lachen?

Jennifer: So ziemlich alles, wie du sicherlich gemerkt hast (lacht).

Chris: Vieles. Speziell mein kleiner Mann zu Hause.

MI: Wie alt ist dein Sohn?

Chris: Ein Jahr und einen Monat, ein goldiges Alter. Aber ich meine, wir sind ja alles Quatschköpfe, und was Lustiges passiert auf Tour eigentlich immer. Es gibt wohl keinen Tag, an dem nicht irgendwer nen Scheiss macht.

Jennifer: Kai ist der grösste Clown.

Chris: Genau. Und so gesehen haben wir eigentlich immer was zu lachen! Und so muss es ja auch sein!

Nachtrag: Wie Beyond The Black ein paar Wochen nach unserem Gespräch verkündeten, wird ihr neues, selbstbetiteltes Album am 13. Januar 2023 veröffentlicht werden. Parallel zu dieser Bekanntgabe erschien zudem die brandneue Single „Winter Is Coming“ – zieht euch besser schon mal ganz warm an!

Video Beyond The Black – Winter Is Coming

11.10.2022
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