Die Excelsis-Chronik


(Raphi) Die Folk Metal-Band Excelsis aus dem Emmental rangiert auf meiner Liste der meistgesehenen Gruppen auf dem Podestplatz zwei und das nicht ohne Grund. Mit jeder Veröffentlichung verfeinert die Truppe ihren Sound. Ende dieses Jahres soll wieder ein neues Album erscheinen. Diese Chronik beleuchtet den Weg dorthin in Form einer Analyse sämtlicher bisher erschienenen Alben an. Los geht’s im Jahr 1997.

Anduin the River (1997)


Das Debutalbum von Excelsis erstreckt sich in einem beträchtlichen Ausmass in die Gefilde des Heavy Metal. Tatsächlich sind die Soundanteile, die direkt eine Klassifizierung als Folk Metal nach sich ziehen, noch sehr spärlich vorhanden. In "Gwaihir – The Name of a Bird" sind Flöteneinsätze zu hören und das Intro wird unter anderem von Dudelsäcken gespielt. Zu einem frühen Folk Metal-Album wird die Veröffentlichung vor allem durch die Kombination der erwähnten Instrumente mit den Keyboardmelodien, den akkustischen Gitarreneinschüben und den beiden Balladen. Sänger Münggu Beyeler verwendet keinerlei Growls und singt tendenziell in höheren Tonlagen, was durchaus als Merkmal für die erste Hälfte von Excelsis' Schaffen betrachtet werden kann. Der Gesamtklang ist sehr höhenbetont und mit viel Hall unterlegt, was den Songs eine leicht sakrale Atmosphäre verleiht. Zum Schluss finden wir auf dem Album einen humoristischen Bonustrack, was sich auf den nächsten Veröffentlichungen fortsetzen wird. Das Intro ist noch nicht mit gesprochenem Text untermalt, aber der gebetsartige Gesang zu Beginn zeigt bereits in diese Richtung. Zudem ist an "Back into the deepest Night" ein Outro angehängt, das allerdings auf der Tracklist irrtümlich als eigenständiger Song aufgeführt wird. Thematisch ist Anduin the River das einzige Excelsis-Album, das sich nicht mit der Schweizer Sagenwelt beschäftigt, sondern Geschichten aus Schottland und dem Tolkien-Universum erzählt.

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Kurt of Koppigen (1998)


Auf Kurt of Koppigen entfalten sich die ein Jahr zuvor angedeuteten Charakteristika, wobei der Klang der Veröffentlichung insgesamt wärmer geworden ist. Ab dieser Scheibe verfügt jedes Album über ein Intro mit einem gesprochenen Part. Eine Entwicklung die auf Anduin the River bereits angedeutet wurde. In "Grimhilde" und "Distant Sky or the Wild Hunt" finden zum ersten Mal schweizerdeutsche Textpassagen Verwendung, wobei sich diese auf einige wenige Zeilen beschränken. In Bezug auf das Grundgerüst der Songs orientiert sich die Band vermehrt am Power Metal, wie zum Beispiel das eröffnende "Before the Storm" zeigt. Das Lied "The Dragonslayer" ist sogar als Bonustrack auf dem Album Unification der Power Metal-Band Iron Savior zu finden. Der Ansatz, Metal mit Folkanteilen zu spielen findet unter anderem betont im 6/8-Takt des Titeltracks Ausdruck. Weiter wurden die Flöteneinsätze ausgebaut und in "Baphomet's oat or just a dream" spielt Münggu ein Didgeridoo. In diesen Song ist auch das Outro integriert worden, was eine Parallele zum Debutalbum darstellt. Wieder sind die Bonustracks mit einem Augenzwinkern zu verstehen und stehen ausserhalb des Konzepts der restlichen Lieder.

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Tales of Tell (2001)


Für ihr drittes Album erhielten Excelsis Verstärkung an der Gitarre durch Neuzugang Rölu Schwab. Gegenüber Kurt of Koppigen findet der 6/8-Takt vermehrt Verwendung, was mithilft, den Übergang zum Folkmetal zu vollziehen. Dies wird unterstützt, durch die Erweiterung des Instrumentariums um Alphorn, Dachchänneli und Talerschwingen sowie die zwei vom Jodlerklub Bärgbrünneli eingesungenen Interludien. Auch der Einsatzbereich des Schweizerdeutschen wurde erweitert. Einerseits kommt die Sprache neben den Interludien in insgesamt vier Songs vor, andererseits gibt es mit "Dragongroundalp" ein Lied, in dem ihr Anteil ebenfalls deutlich höher als bisher ist. Gegenüber den ersten beiden Alben hat sich ausserdem der Keyboardklang geändert und unterstützt die mittelalterliche Atmosphäre mit einer Imitation historischer Instrumente beispielsweise in "Hillflames on high". Im Mix ist das Keyboard hier so dominant wie auf keinem anderen Album der Band. Die bereits etablierte Tradition mit Outro und anschliessendem, nicht ganz ernst gemeinten Bonustrack auf Schweizerdeutsch wird auch auf Tales of Tell fortgesetzt. Interessanterweise wird die Fokussierung auf den 6/8-Takt im Bonustrack beibehalten, sodass die Weiterentwicklung des Sounds mit letzter Konsequenz vollzogen ist. Nach der Veröffentlichung des dritten Albums übernahm Münggu zusätzlich zum Gesang den Bass von Geige Gygax, der die Band verliess und Ädu Roth stiess als Nachfolger von Dane Beyeler zur Band.

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The Legacy of Sempach (2004)


Mit dem neuen Lineup als Ausgangslage verfeinerten Excelsis die herausragenden Merkmale ihres Sounds weiter und komponierten als logische Entwicklung der ersten drei Alben The Legacy of Sempach. Die Folk Metal-Elemente sind nun über das ganze Album verteilt und äusserst homogen miteinander verwoben. So sind in "The Warrior" die Übergänge zwischen Englisch und Schweizerdeutsch fliessend innerhalb einer Strophe zu finden und beschränken sich nicht mehr auf einen Block Dialekt innerhalb des ganzen Songs. Sieben der zehn Lieder (wenn der Bonustrack nicht mitgezählt wird) beinhalten Passagen in Mundart, was nochmals eine Steigerung gegenüber dem Vorgängeralbum darstellt. Auch die folkigen Instrumente werden noch häufiger eingesetzt als zuvor. Konkret gibt es in jedem Stück mindestens eine solche Stelle. Zu den bisher bekannten Instrumenten sind neu die Maultrommel, die Sitar und das Besenklopfen hinzugekommen. Ein eigenständiges Outro finden wir nicht, aber "Return of the Dragonslayer" verfügt am Schluss über eine Passage, die den Zweck eines solchen erfüllt, was auf einer Linie mit den ersten beiden Veröffentlichungen liegt. The Legacy of Sempach ist schliesslich das letzte reguläre Excelsis-Album, welches über einen nicht ganz ernst gemeinten Bonustrack verfügt.

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Standing Stone (2008)


Nachdem mit Mäk Binggeli ein neuer Bassist gefunden wurde, hat Sänger Münggu zur Gitarre gewechselt. Mit drei Gitarristen als Ausgangslage werden die Kompositionen von Excelsis auf Standing Stone riffbetonter sowie eine Spur direkter und aggressiver. Dazu passt auch, dass die Vocals eine Spur rauer ausfallen als auf dem Vorgänger und hin und wieder in Richtung Growls tendieren. Der Gesamtsound ist orientiert sich stärker an den Gitarren. Deren Klang ist roher und druckvoller als auf den bisherigen Veröffentlichungen der Band und stellt damit die Weichen für die zukünftigen Alben. Standing Stone übernimmt damit in der Diskografie eine Übergangsfunktion, in der die Strukturen und Grundlagen der ersten vier Alben verbunden mit dem Klang und der Stimmung der späteren Scheiben erkennbar sind. Der Einsatz der schweizerdeutschen Passagen bleibt mit sieben von zehn Liedern gleich ausgeprägt wie auf The Legacy of Sempach und auch die Art, wie diese Teile in die Stücke eingewoben sind orientiert sich ganz klar am Album von 2004. Wiederum wurde das Instrumentarium aufgestockt und um Hackbrett, Dudelsack sowie in "The March" um die selbst gebaute Raviodule erweitert. Ausserdem setzen Excelsis in "The Siege" zum ersten Mal tiefer gestimmte Gitarren ein. Das Outro ist erneut Teil des letzten Stücks "Fire". Mit dem orchestralen Bonustrack "The Classic Chamber" verfügt die CD aber über ein Stück, das durchaus als instrumentales Outro betrachtet werden kann.

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Vo Chrieger u Drache (2013)


Für das nächste Album stand Simu Müller nicht mehr als Gitarrist zur Verfügung und Excelsis sind seit diesem Zeitpunkt als Quintett unterwegs. Seit dem letzten Album hat sich der sprachliche Fokus der Band stark in Richtung Schweizerdeutsch verschoben. Auf Vo Chrieger u Drache sind neben weiteren Teilen sämtliche Refrains in Mundart gehalten und es gibt kein rein englisches Lied mehr. Grob geschätzt ist somit die Hälfte des gesungenen Textes in Excelsis' Muttersprache gesungen. Neue Instrumente werden ebenfalls eingesetzt und zwar handelt es sich dieses Mal einerseits um die Melodica und andererseits um die Mundharmonika, die in "The Fall of the One" zu hören ist. Zum zweiten Mal nach Tales of Tell liegt das Outro in Form eines eigenständigen Stücks vor. Die Bonustracks sind ganz verschwunden. Die auf ebendiesem Album vermehrt anzutreffende Rauheit und Riffbetonung entfaltet sich auf Vo Chrieger u Drache vollständig inklusive der stärker gegrowlten Gesangslinien. Das Grundgerüst von Songs wie "Uechtland" ist gegenüber früheren Veröffentlichungen kompakter und direkter geworden, was sich unter anderem in der kürzesten Gesamtspieldauer aller Alben von Excelsis wiederspiegelt.

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Tod u Vergäutig (2015)


Auf ihrer bisher letzten Veröffentlichung behalten Excelsis den aggressiveren Gesamtklang und die direkte Herangehensweise bei. Sie ergänzen diese Elemente aber in Songs wie "üsi Freiheit" oder "s Verspräche" mit einem erzählerischen Ansatz, der vor allem auf The Legacy of Sempach gut herauszuhören ist. Die Entwicklung des Sounds fällt gegenüber Vo Chrieger u Drache allerdings sehr natürlich aus und so könnte beispielsweise "mir kämpfe" auch auf genanntem Vorgängeralbum stehen, ohne deplatziert zu wirken. Das instrumentale Spektrum wurde einmal mehr erweitert namentlich um Akkordeon, Shargia und Mandola. Ebenfalls ausgebaut wurde die Verwendung von schweizerdeutschen Zwischenteilen, deren Anzahl seit ihrem ersten Einsatz auf Kurt of Koppigen stetig zugenommen hat. Die Refrains sind weiterhin ebenfalls in Mundart gehalten, was den Anteil dieser Sprache insgesamt auf geschätzte drei Viertel erhöht. Die Struktur entspricht der auf früheren Veröffentlichungen erkennbaren und auf dem Vorgänger klar herauskristallisierten Gliederung mit gesprochenem Intro und separatem Outro. Das Werk stellt somit den momentanen Höhepunkt der musikalischen Entwicklung dar, die seit den Anfängen der Band von Album zu Album stetige Veränderungen zur Folge hatte.

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Bluetmond (2020)


Der Titel des nächsten Albums ist bereits bekannt, wie sich die Band musikalisch entwickelt wird sich aber erst noch zeigen. Angesichts des in der Vergangenheit stets wachsenden Anteil Schweizerdeutsch halte ich es durchaus für vorstellbar, dass auf dem neuen Werk die Texte eines oder mehrerer Songs ausschliesslich in Mundart verfasst sind. Sogar ein Album, das keinerlei andere Sprache als Schweizerdeutsch enthält, wäre möglich. Sicher wird es in den Texten wieder um eine Geschichte von Jeremias Gotthelf gehen, wie dies auf den letzten beiden Alben und auf Kurt of Koppigen der Fall war. Ebenfalls nicht erstaunt wäre ich, wenn Excelsis einige neue Instrumente ausgräbt und ihre Folkelemente so erneut um zusätzliche Klänge erweitert. Eine Reduktion der folkigen Abschnitte und damit eine Hinwendung zu den Anfangstagen halte ich hingegen für unwahrscheinlich.

Nachtrag im Oktober 2020: Wie sich herausgestellt hat, ist Bluetmond die logische Fortsetzung von Tod u Vergäutig. Excelsis vertiefen ihren auf dem vorangehenden Album gefestigten Stil. Sie vertiefen die narrative Ausrichtung noch weiter, verschieben dabei aber den Fokus weg von tatsächlich erzählten Abschnitten hin zu einem stärker ausgearbeiteten roten Faden in den Refrains. Inhaltlich geht es dabei wie vermutet um eine Geschichte Jeremias Gotthelfs, nämlich diejenige der "Die drei Brüder". Die Texte sind allerdings anders als vermutet immer noch durchwegs zweisprachig. Einen reinen schweizerdeutschen Song sucht man also vergebens. Dafür haben Excelsis wie vermutet tatsächlich zum widerholten Male ein neues Instrument für die Aufnahmen verwendet: die Schalmei. Eine weitere Neuigkeit ist der zusätzliche Gesang, der von Lüku Flückiger stammt. Lüku wurde kurz vor der Produktion von Bluetmond in die Band aufgenommen.

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Appendix I: E chly angeri Lieder (2009)


Damit diese Chronik vollständig ist, sollen auch die weiteren Veröffentlichungen von Excelsis erwähnt werden. Mit E chly angeri Lieder veröffentlichten Excelsis eine rein akustische EP. Bei der einen Hälfte der Songs handelt es sich um bisher unveröffentlichtes Liedgut während die andere Hälfte aus Neuaufnahmen bereits veröffentlichter Lieder besteht. Rein akustischen Balladen sind bereits im Backkatalog der Band zu finden allerdings nur vereinzelt auf einigen Alben. Eine Entwicklung für die zweite rein akustische Scheibe ist bei "Chlyne Drache" zu sehen, das ganz überarbeitet und neu arrangiert ist. Auf E chly angeri Lieder wird mit einem Hidden Track die Tradition mit den Bonustracks fortgeführt, bevor sie dann auf dem nachfolgenden Vo Chrieger u Drache unterbrochen wird. Auf ein Intro oder Outro wurde komplett verzichtet, so dass diese Veröffentlichung nicht der etablierten Struktur folgt. Die Instrumentierung unterscheidet sich natürlich komplett von den regulären Alben, aber trotzdem führen Excelsis mit dem Regenrohr zusätzlich ein neues Folkinstrument ins Feld, das in ihrem Klangspektrum bisher noch nicht vorhanden war.

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Appendix II: Chrieger Lieder (2014)


Ein Jahr nach Vo Chrieger u Drache nahmen Excelsis sämtliche Lieder dieses Albums inklusive Intro und Outro als akustische Version nochmals auf und veröffentlichten diese auf Chrieger Lieder. Alle Stücke wurden neu arrangiert und die Laufzeit der einzelnen Tracks tendenziell etwas reduziert. Die Texte sind komplett auf Schweizerdeutsch gesungen, was bis anhin ein Alleinstellungsmerkmal von Chrieger Lieder bildet. Weiter handelt es sich bei der Scheibe um die einzige Veröffentlichung im Backkatalog von Excelsis, auf der keine neuen Instrumente eingesetzt werden. Allerdings sind die Orchesterelemente in "Kapäue" oder "Dr Tod vo eim" gegenüber früheren Veröffentlichungen neu hinzugekommen, ganz ohne Erweiterung des Klangspektrums muss Chrieger Lieder also nicht auskommen. Mit den letzten beiden Songs greift die Band zudem ihre traditionellen Bonustracks erneut auf und schliesst damit auch an Alben vor Vo Chrieger u Drache an.

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Mai 2018 (Raphi)

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Excelsis