Rabenschwarz und Herzenswarm
Der November 2025 startete für alle Liebhaber des Dark Rock erfreulich düster mit einem echten Knaller: Am Samstag, dem 1. November, gaben sich Mono Inc. die Ehre und kehrten für einen lang erwarteten Halt ins altehrwürdige Z7 in Pratteln ein.
Die Hamburger Gothic-Rocker, die mit ihren emotionalen Hymnen und düster-melancholischen Klängen längst zu den Aushängeschildern der Szene zählen, sind auf ihrer aktuellen Tour naturgemäss hoch gehandelt. Entsprechend früh ist das – ausverkaufte! – Z7 bereits gut gefüllt (Doors um 18 Uhr, Support-Act um 19 Uhr), und auch in Sachen Vorfreude liegt die Messlatte angenehm hoch. Was nicht weiter verwundern dürfte, schliesslich und endlich wissen die Rabenschwestern und Rabenbrüder ziemlich genau, was sie heute Abend erwartet: Eine Nacht voller grosser Gefühle, hymnischer Refrains und natürlich der unvergleichlichen Energie von Frontmann Martin Engler. Dazu gesellt sich die trällernde Hau-Druf-Dame Katha Mia, die mir bei meinem Erstkontakt mit dieser Kapelle am allerersten Summerside Festival meine Kinnlade auf Bodenniveau herunterklappen liess. Kurz zusammengefasst: Die Spannung respektive Vorfreude wirkt förmlich elektrisierend.
Vorderhand gilt es aber erst mal abzuklopfen, ob die aus Bielefeld stammenden Soulbound als Einheizer die adäquate Wahl sind …
Soulbound
Nun, natürlich stammen der Fünfer stilistisch nicht von einem völlig anderen Planeten, doch würde ihre Mucke den sehr zahlreich angereisten Raben genügend Rückenwind verleihen? Quasi als Vorboten der Finsternis sollen sie Mono Inc. ein perfekt vortemperiertes Publikum liefern. Wir werden sehen! Freuen dürfen wir uns bei den Bielefeldern auf jeden Fall auf Genre-technisch schubladisierten „We don’t give a Fuck Metal“ (Selbstdeklaration), derweil das Ganze wohl irgendwo zwischen Alternative Metal, Nu Metal und Metalcore einzuordnen sein dürfte.
Die Band um Frontmann Johannes „Johnny“ Stecker entert denn auch hoch motiviert die Bühne des legendären Z7. Die Bude ist bereits jetzt rappelvoll, und vor dem Merch-Stand von Mono Inc. tummeln sich scharenweise Leute – derweil sich die Anhängerschaft der Vorgruppe draussen im regnerischen Novemberwetter an einem kleinen Kabäuschen mit allerlei Band-Utensilien eindeckt – so voluminös scheint das Angebot der in Hamburg ansässigen Raben zu sein.
Es ist der erste Auftritt des Quintetts auf Schweizer Boden. Bei der Songauswahl konzentrieren sich die Bielefelder klar auf ihre letzten beiden Scheiben „obsYdian“ (2024) und „Addicted to Hell“ (2020). Einen Vorgeschmack auf das am 16.01.2026 erscheinende Werk „sYn“ gibt es indes leider nicht – was dann aber kommenden Mai in Münchenstein garantiert nachgeholt werden dürfte (siehe unten).
Inhaltlich wie stimmungstechnisch bewegt sich die Band irgendwo zwischen Wut, Aufbruch und Verzweiflung – unterlegt mit einer modernen, teilweise dystopischen Ästhetik. Frontmann Johnny Stecker wechselt dabei mühelos zwischen kraftvollem Clean-Gesang, energetischen Shouts und furchteinflössenden Growls, die dem Gezeigten eine starke emotionale Bandbreite verleihen. Von verletzlich und introspektiv bis hin zu wütend und kämpferisch, was fraglos zu gefallen weiss, wie man an den spürbaren Reaktionen der Zuhörerschaft erkennen kann. Gleichzeitig ist sich der sympathische Frontmann durchaus bewusst, dass ihr wilder Mix aus harten Gitarrenriffs, eingängigen Melodien und energetischen Vocals nicht zwangsweise das bevorzugte Rabenfutter darstellt. „Sind wir zu hart?“ Nun, vielleicht ein wenig, aber dem Gros der Anwesenden scheint es sichtlich zu gefallen.
Gleichermassen wollen es seine Mitstreiter – Jonas Langer (Bass), Felix Klemisch (Gitarre), Pät Winzler (Synthesizer) sowie Fabi Bürgi, der sehr spontan einsprang, um den aufgrund eines Hörsturzes ausgefallenen Stamm-Trommler Mario Krause zu vertreten – noch einmal so richtig wissen. Man spürt deutlich, mit welcher Spielfreude und welchem Elan die Equipe auch beim letzten Akt dieser seit dem 2. Oktober andauernden Tournee zu Werke geht (nebenbei: bis am Tage zuvor waren noch Alienare als Special Guest im Tross mit dabei).
Der Sound ist, wie so oft in Pratteln, gut abgemischt – selbst draussen vor der Halle, wo ich im Nieselregen anstehe, um mich vor dem Hauptandrang noch rasch zu stärken. Und wie oft an Tour-Abschlüssen üblich, ergehen sich gerade die supportenden Acts in einer Litanei aus Danksagungen. Was sicher nicht verkehrt ist, jedoch leicht etwas ausufern kann. Prompt überzieht man die vorgegebene Zeit von 40 Minuten, was in einer etwas hektischen Fotoaktion mit dem Publikum mündet. Doch alles in allem liefern Soulbound eine gute Steilvorlage für den Headliner des Abends!
Wer nun Gefallen an der schmissigen Darbietung der Deutschen gefunden hat, erhält am 1. Mai 2026 abermals die Gelegenheit, den Fünfer auf Schweizer Boden erleben zu können. Austragungsort ist dann das Rockfact in Münchenstein. Bis dato habe man sechs Tickets an den Mann respektive die Frau gebracht – es hat also noch genügend Platz, und die Truppe ist alleweil eine Aufwartung wert!
Die Setlist – Soulbound
- Toxic
- Insane
- Paralyzed
- Saint Sinner
- Undone
- Devil
- MarchMarch
- Lioness
- Alive
Mono Inc.
Nachdem der kleine Verzug durch den zügigen Umbau wieder aufgeholt ist, steht meiner Mono-Inc.-Headliner-Premiere nun nichts mehr im Wege. Hatte mich ihre neueste Langrille „Darkness“ (nach dem wenig überraschend die aktuelle Tour benannt ist) nicht durch Innovation, sondern vielmehr durch Pathos und Gefühl zu fesseln vermocht, so treffen sie auch live mit ihren eingängigen Weisen genau ins Herz, wie man bereits beim Opener „In My Darkness“ anhand der allenthalben glücklichen Gesichter leicht erkennen kann.
Das Bühnenbild in mystischem Licht, Nebelschwaden, Lametta-Regen und pointierten Pyro-Effekten unterstreicht von der ersten Sekunde an die grosse Inszenierung, auf die sich die Fans freuen dürfen. Frontmann Martin Engler begeistert dabei mit seinem charismatischen, stets nahbaren Auftreten – mal euphorisch, mal nachdenklich – und schafft es immer wieder, die Menge mitzureissen. Die Setlist verbindet Routiniertes mit Überraschungen: Neben Klassikern wie „Ravenblack“ oder „Arabia“ wissen auch die neuen Kompositionen, die sich hymnisch und emotional ins Repertoire schmiegen, vollends zu überzeugen. Dass die Interaktion mit den textsicheren „Raben“ (wie die Fans sich nennen) dabei stets im Mittelpunkt steht, ist dabei selbstverständlich.
Ein absolutes Highlight ist die Darbietung von „Kein Weg zu weit“. Engler präsentiert das Lied zusammen mit Schlagzeugerin und Lebenspartnerin Katha Mia am Flügel, untermalt von den melancholischen Klängen von Bassist Ilja – der hier einmal zum Cello greift. Ein Moment, der einem das Herz aufgehen lässt und die Zeit für einen kleinen Augenblick in unserer hektischen Welt anzuhalten scheint. Thematisch geht es um selbst erlebte häusliche Gewalt. Ein Thema, das den nun so zerbrechlich wirkenden Sänger emotional sehr aufwühlt und ihn kurz innehalten lässt, um sich zu sammeln.
Leider entgeht mir, wem er diesen Song widmet (seinem grossen Bruder nämlich, der sich schützend vor die Familie stellte, als ihr Vater voller Jähzorn auf sie eindrosch), da ein paar unverbesserliche, die Promilleobergrenze austestende Personen in der Nähe nichts Besseres zu tun haben, als lauthals draufloszuschnattern. Ein Unding, das ich bereits bei einem anderen Konzertbericht thematisiert habe. Als es dann bei der Ankündigung zu „Mein Anker“ nicht besser wird, scheint auch bei dem bärtigen Herrn am Mikro der Geduldsfaden zu reissen. „Darf ich reden, oder störe ich?“. Ein Moment der Stille tritt ein, dann beginne ich zu klatschen. Eine weitere Person stimmt ein, dann immer mehr. Ein schönes Zeichen!
Doch auch für die nötige Härte sind die Hamburger besorgt. Neben den treibenden Riffs von Gitarrist Carl Fornia liefert Katha Mia ein fettes Drum-Solo, welches mit einer doch eher ungewöhnlichen Melodie – dem Soundtrack von Fluch der Karibik – unterlegt daherkommt und entsprechend für Begeisterungsstürme sorgt. Insgeheim bastelt sich vor meinem inneren Auge eine Doppel-Headliner-Tour zusammen mit Visions Of Atlantis auf – eine spannende Kombination, fürwahr.
Zudem zeigt das dunkle Quartett eindrucksvoll, weshalb es zu den beliebtesten Live-Acts der dunklen Szene zählt und ein wahrer Publikumsmagnet ist – nicht nur in der Schweiz. Denn irgendwie ist es eben genau diese perfekte Melange aus düsterer Härte und melancholischer Einfühlsamkeit – und hier ist Kathas sphärischer Gesang, der auch in natura so perfekt zu Martins angenehmer, sonorer Stimme passt, das entscheidende Puzzleteil. Wer Dark Rock nicht vollends abgeneigt ist und Mono Inc. noch nie in persona erlebt hat, sollte dies unbedingt fett auf seiner To-Do-Liste einkringeln – es lohnt sich!
Und so vergeht die Zeit wie so oft bei solch herzerwärmenden Events leider viel zu schnell, und schon sehen wir dem nahenden Ende entgegen, das mit einem Zugabeblock à la „Tag X“ und „Heartbeat of the Dead“ nochmals so richtig Fahrt aufnimmt. Als die letzten Klänge verhallen, strömen bereits einige Ungeduldige in Richtung Hallenausgang. „Da kommt nichts mehr …“, auch wenn die Saalbeleuchtung noch dunkel bleibt. Als ob bei einem Mono Inc. Konzert die Überhymne schlechthin, dieses „Drop Dead Cynical“ der Hamburger Dark Rocker, fehlen dürfte: „Children Of The Dark“. Dieser Übertitel bildet das krönende Schlussbouquet einer in der Tat überragenden Show, bei dem die Fans lange nach den finalen Tönen den Refrain noch immer aus voller Kehle intonieren. Und wenn sie nicht gegangen sind – tja, dann singen sie wohl heute noch!
Die Setlist – Mono Inc.
- In My Darkness
- Louder Than Hell
- Ravenblack
- Arabia
- Lost In Pain
- Voices Of Doom
- Welcome To Hell
- Abendrot
- Together Till The End
- When The Raven Dies Tonight
- Revenge
- Kein Weg Zu Weit (Akustik)
- Dein Anker
- Drum Battle
- Lieb Mich
- Tag X*
- Heartbeat Of The Dead*
- Children Of The Dark*
*Zugabe
Das Fanzit – Mono Inc., Soulbound
Was für eine coole Sause im restlos ausverkauften und aus allen Nähten zu platzen drohenden Z7! Soulbound legten trotz etwas artfremden Klängen ein solides Fundament, auf dem sich Mono Inc. in der Folge zu höchsten Höhen emporschwangen. Ein Abend voller Emotion, Energie und Gemeinschaftsgefühl, ein Mix aus Pathos und Melancholie. Ein Wiedersehen mit beiden Acts ist da beinahe ein Muss!
Die Fotos – Mono Inc., Soulbound


