Metalinside.ch - Eluveitie - Chollerhalle Zug 2014 - Foto pam
Fr, 28. Februar 2014

Eluveitie, Abinchova

Chollerhalle (Zug, CH)
07.03.2014

«Bravo chasch schriibe»

Die Luzerner Abinchova – lateinisch für Ebikon – eröffnen den Abend mit Eluveitie rund 10 Minuten zu früh, so dass ich mich ganz schön beeilen muss, noch rechtzeitig im Fotograben für ein paar Schnappschüsse zu sein.

Abinchova

Man tendiert bei Abinchova immer von Newcomern im Folk Death Metal, von einer jungen Band zu schreiben. Aber irgendwie ist das bei einer Band die bald ihren dritten Longplayer veröffentlicht und auch schon einige Live-Erfahrung hat nicht mehr ganz angebracht. Und eine gewisse Routine und Lockerheit ist auf der Bühne vorhanden. Die braucht es vor allem am Anfang des Sets.

Da gibt es noch einiges zu regeln an den Knöpfen des Mischpults. Die einzelnen Instrumente sind unterschiedlich laut wahrnehmbar und der Gesang praktisch gar nicht. Aber nicht nur die Band zieht ihr Ding durch, auch die Metalheads vor der Bühne. Als Abinchova spielt, ist die Chollerhalle schon sehr gut gefüllt.

Nebst dem Sound wird mit der Länge des Konzerts auch die Band immer besser und dementsprechend taut auch das Publikum immer mehr auf. Das eine oder andere Bier trägt bei beiden Seiten sicher auch seinen positiven Einfluss zu dieser Entwicklung bei.

Abinchova spielen solide wie immer. Aber irgendwie ein bisschen verhalten auf der Bühne. Da habe ich schon mehr Action erlebt. Insbesondere bei der letzten Plattentaufe vor rund drei Jahren in der Schüür in Luzern. Wer die damals verpasst hat, kriegt schon sehr bald die nächste Möglichkeit dazu am 5. Juli 2014. Wir werden dazu 3×2 Eintritte verlosen (mehr Infos folgen).

Was mir jedoch heute besser gefällt als sonst, ist der Gesang von Arnaud. Ich fand Abinchova schon immer geil an den Instrumenten und auch der unterstützende cleane Gesang von Nora (Violine) kam mir immer gut rein. Mühe habe ich jedoch wenn’s zu viel Geschrei gibt. Das ist sicher Geschmacksache, aber heute habe ich das Gefühl, dass er ein bisschen weniger kreischt als gewohnt. Das mag auch an der Songauswahl oder am allgemein geilen Sound nach den Anfangsproblemen liegen, aber ich war nicht der einzige dem dies auffiel und dies so besser fand als sonst. Die beiden Songs auf der Wegweiser-Single (Wegweise, Wandlung) gingen auch schon in diese Richtung. Cool, wenn dies als Wegweiser für die neue Platte gewertet werden kann. Ich freu mich auf jeden Fall sowohl auf den neuen Silberling als auch auf eine feuchtfröhliche Release-Party.

Eluveitie

Eluveitie … was soll man über die helvetischen Übersurfer der New Wave Of Folk Metal noch schreiben, ohne sich beim x-ten Review wieder und wieder zu wiederholen. Es gab schon andere Schweizer Bands die international einen hervorragenden Ruf aufbauten und immer noch von diesem zerren – z.B. Celtic Frost, Coroner, Poltergeist etc. Aber die Winterthurer sind entgegen z.B. Celtic Frost nicht die Avantgarde des Folk Metal, sie sind mitten drin im Hype und nutzen die Gunst der Stunde wie es vielleicht international als Schweizer Band vor ihnen es bisher nur Krokus Ende 70er, Anfangs 80er schafften.

Chrigel Glanzmann und seine sieben Mitstreiter-/Innen sind äusserst fleissig und machen ihrem Bandnamen und somit Herkunft alle Ehre. Seit zwei Jahren fast ununterbrochen auf Tour mit Konzerten auf praktisch allen Kontinenten – die Antarktis bleibt Metallica vorbehalten – mit ausverkaufen Headliner Shows an Orten, wo sonst kaum ein Schweizer Ferien macht. Und endlich, endlich wird der Best National Live Act bei den Swiss Music Awards (SMA) vom Publikum bestimmt und welch Überraschung, Eluveitie sind bei den drei nominierten dabei.

Am 7. März 2014 erfahren wir dann, ob es zum ersten Mal eine Metalband schafft, nicht nur – das ist schon eine Leistung – an den SMA erwähnt zu werden, sondern auch einen der Pflastersteine nach Hause zu nehmen. Eines vorweg, dass sie diesen mehr als alle anderen Schweizer Bands – egal aus welcher Sparte – verdienen würden und eine Auszeichnung überfällig ist, werden sie uns heute Abend wieder mal eindrücklich beweisen.

Was diesen Abend zusätzlich speziell macht, ist das erste Konzert mit der neuen Geigerin Nicole Ansperger, die bekanntermassen Ende 2013 Meri Tadic ablöste. Nicole hatte zwar schon einen ersten Kurzauftritt mit einem neuen Song bei den Eluveitie und Friends III am 28.12.2014. Aber heute wird sie definitiv zur Helvetierin gekürt.

Endlich geht’s los mit einem neuen Intro. Die erste Reihe ist fast komplett in Westschweizer Hand – was einmal mehr beweist, dass der Metal verbindet und die ganze Schweiz stolz auf ihre Folk-Helden ist. Vom ersten Ton an ist der Sound einfach perfekt. Ich war etwas skeptisch, ob die Chollerhalle für ein Metalkonzert taugt, aber dieses Gefühl war in Sekundenbruchteilen vom glasklaren Sound wie frisch ab Presse eines Silberlings weggeblasen. Selten habe ich so genialen Sound an einem Metalkonzert – mit acht verschiedenen Instrumenten – erlebt.

Die Chollerhalle beweist sich sogar als extrem geile Location – nicht nur soundmässig – da diese eine relativ breite Bühne zur Grösse des Raums aufweist. Das heisst, trotz wohl knapp 1’000 Leuten ist keiner wirklich weit weg von der Bühne, da die Halle fast quadratisch ist. Und da ich Anfangs auch am Knipsen bin, könnte ich jetzt noch stundenlang vom Licht schwärmen. Nicht nur als Fotograf, sondern auch als Fan der die Band auch gerne sieht und nicht nur hört. Bevor ich jetzt für mehr Metal in der Chollerhalle – die perfekt an einer S-Bahn Haltestelle in der Nähe vom Zug Downtown gelegen ist – skandiere, habe ich nur eine kleine Kritik anzubringen: Bei der Organisation des Eingangs und Garderobe. Beide wiesen eine längere Warteschlange auf, die so wohl nicht nötig wäre.

Aber zurück zu Eluveitie. Nicole macht in Hotpants und geilen Strümpfen von Anfang eine gute Figur und man merkt kaum, dass sie die Neue ist – bis auf ein paar wenige Momente wo ihr Was-kommt-jetzt-als-nächstes-Blick Richtung Chrigel geht, um wohl seinen nächsten Move abzuwarten oder ist sie wie wir alle einfach immer noch angetan vom charismatischen Übervater der Folk-Metal-Szene?

Wenn ich bei ihr was bemängle, dann liegt das zwischen Hüfte und Hals – denn der Rest ist aus meiner zugegeben männlichen Sicht perfekt. Sie ist nun mal ein hübsches Mädel – je besser jemand aussieht, umso mehr wird halt das Aussehen ein Thema.

Also, nun zu der na ja, etwas irrelevanten Kritik. Das Stone Sour Shirt – ein Statement? – etwas schlabrig und das Jäckchen drüber wirkt etwas bieder, da finde ich das grau-schwarze Edelweiss-Hemd von Anna folkiger. Im Allgemeinen bewegt und vor allem steht sich extrem cool auf der Bühne – breitbeinig und selbstbewusst stellt sie sich der Metalschar. Mit den hohen Stiefeln und den schon erwähnten Strümpfen sieht das richtig geil aus (siehe Fotos). Das passt und sie ist sich wie ihre Vorgängerin und auch Anna nicht zu Schade, bei spielfreien Momenten kräftig zu headbangen. Das ist also alles ganz schön metalkonform. Aber ihr Hüftschwung von links nach rechts sollte sie sein lassen. Das ist alles andere als Metal.

Das ich mich so stark auf den Look einer einzigen Person einlasse, hat damit zu tun, dass Eluveitie sonst heute einfach – wie schon gewohnt – perfekt sind. Jeder weiss was er zu tun, wie er posen muss, damit das Gesamtbild der Band mit dem was aus den Boxen kommt passt. Anna hat zwar oft ein Lächeln auf dem Gesicht und auch bei Nicole sind solche Anzeichen erkennbar, Chrigel hat seine Momente mit dem Publikum, aber ansonsten steht die Musik und die Band als ganzes im Vordergrund. Da ist kein rumgeblödle auf der Bühne, auch kaum Überraschungen und sonstige lustige Momente. Die Band wirkt in einem gewissen Sinne auch etwas distanziert, wie man es sich sonst vor allem von den ganzen grossen Metalbands gewohnt ist. Die Show, der Sound alles ist perfekt geplant (was auch die gedruckte Setliste auf der Bühne verrät), keiner wird jedoch heute sagen, Eluveitie haben heute nur für mich ganz alleine gespielt. Eluveitie gehört nicht mehr nur den Winterthurern oder uns Schweizern, Eluveitie gehört der ganzen Metalgemeinde, der Welt und so treten sie auf. Das meine ich jetzt nicht negativ, sondern zeigt für mich nur deren Status auf und ist eine logische Entwicklung. Ich bin auch überzeugt, dass heute hier in der Chollerhalle jeder kriegt, was er erwartete. Und vor allem werden wir nicht mehr als Motherfuckers und desgleichen betitelt. Das zeigt, dass Elu es nicht mehr nötig hat, sich mit clichéhaften Auftreten und Aussagen anzubiedern oder auf besunders cool und hart zu machen.

Die einzigen Überraschungen kommen von der Setliste. Die besteht heute als vielen älteren Songs – teilweise solche die länger als sechs Jahre nicht mehr und somit auch für Leute wie Kay Brem (Bassist) oder Rafael Salzmann (Gitarre) zum ersten Mal gespielt wurden. Zu meiner grossen Freude gab’s heute auch wieder mal einer der geilsten Elu-Songs „Thousandfold“ oder auch „Slania’s Song“ war wieder mit ihm Gepäck. Und ein neuer Song (Sucellos) feiert heute Bühnenpremiere. Und der geht ziemlich ab mit einem aussergewöhnlich starken gitarrenlastigen Riff am Anfang. Einer der härteren Elu-Songs.

Ab Sonntag geht’s dann auch ins Studio und da dürfen wir uns also verdammt gewaltig auf ein neues Meisterwerk freuen. Merlin hat ja im Interview mit Danny (siehe Video-Interviews) schon erwähnt, dass die neue Scheibe eher noch härter als die letzten sein wird. Somit ist schon mal klar für alle die schon wieder nach Kommerz schreien, sobald eine Band etwas erfolgreicher ist und mehr Leute anspricht als Freunde und Familie, Eluveitie wird auch in Zukunft nicht im Massen-Radio gespielt.

Chrigel erwähnt auch einen Film auf Facebook, wo sich die Metalszene vereine, um dem Kommerz in den Arsch zu treten. Um dann ein bisschen Werbung für die SMA zu machen. Obwohl er fast schon entschuldigend anfügt, dass Auszeichnungen zu gewinnen nicht der Grund sei, um Metal zu machen. Als Best Live Act National sind sie jedoch u.a. mit Luca Hänni mitnomminiert. Luca Hä? Der war mal in einer Casting-Show in Deutschland und ist ein Teenie Schwarm. Und so sehen wir es wohl alle wie Chrigel: „Aber wemür gwünned, dänn isch es das erschte mal dass e Metal Bänd gwünnt. All sölled ez mit Hörner bezüge, dass sie hüt am abig deheimä für Elu gönd gu stimme.“ Vor uns aus den hinteren Reihen liegt ein Hörnermeer.

Es ist dieses Gemeinschaftsgefühl von dem alle getragen werden. Elu ist für alle mit einem Herz aus Stahl da. Eine Kollege neben mir sagt das, was wohl viele andere heute auch denken und fühlen: „Wiä früehner (bei den ersten Konzerten die man besuchte) fahrts mer hüt voll tüüf is Härz i. Ich bi scho sicher a über 100 Konzärt gsi, aber hüt isch eifach genial, bi so berührt, das isch abartig!“ Vor allem berührt ist er als Musiker und Mischer in eigenen Bands vom glasklaren Sound.

Und als Nicole zu einem Solo ansetzt, stehen einmal mehr ein paar Münder offen. Das Mädel sieht also nicht nur gut aus, es hat auch ziemlich was drauf mit ihrer Violine. Noch einmal zitiere ich den Kollegen auf der rechten Seite: „Diä cha öppis!“.

Nach rund 3/4 des Konzerts mache ich etwas, was sonst bei mir schon lange nicht mehr möglich ist. Ich nehme die Ohrenstöpsel raus. Denn der Sound ist nicht nur glasklar, sondern auch in äusserst angenehmer Lautstärke, so dass auch meine empfindlichen Audio-Kanäle nicht drunter leiden. Einmal mehr sei bewiesen, Metal muss nicht laut um geil zu sein. Um viel Power zu haben. Um einen kontinuierlichen Moshpit und Circles desgleichen auszulösen.

Das Fanzit

Viel Routine. Viel Eluveitie. Extrem geiler, glasklarer Sound in äusserst angenehmer Lautstärke. Hammerlocation für eine Band in dieser Grösse. Die perfekte Premiere von Nicole. Eluveitie haben für mich heute einmal mehr bewiesen, dass sie momentan mit Abstand die geilste Schweizer Band sind und zu recht bei den SMA als Best Live Act National nominiert sind. Nur das National müsste durch International ersetzt werden. Den Eluveitie ist schon lange nicht mehr einfach die geilste Schweizer Band, sondern für mich die weltweit geilste Folk-Death-Metal-Band. Oder wie es der Kollege links von mir äusserst präzise ausdrückt: „Bravo chasch schriibe.“

Setliste Abinchova

  1. Hörensagen
  2. Hundert Raben
  3. Wandlung
  4. Vom grünen Grund
  5. Unter der Erde
  6. Die Züsler
  7. Heimatlos
  8. Wegweiser

Setliste Eluveitie

  1. Intro
  2. NIL
  3. Luxtos
  4. Gray Sublime Archon
  5. Neverland
  6. Uis Elveti
  7. Havoc
  8. The Dance Of Victory
  9. Santonian Shores
  10. Slania’s Song
  11. A Rose For Epona
  12. The Siege
  13. „Nicole Solo“
  14. The Somber Lay
  15. (do)Minion
  16. Uxellodunon
  17. Thousandfold
  18. Helvetios*
  19. Sucellos**
  20. Inis Mona*
  21. Omnos (Metal Version)*
  22. Outro

*Zugabe

**Zugabe/neuer Song

Fotos Eluveitie, Abinchova – Chollerhalle Zug 2014 (pam)


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07.03.2014
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