Mittelalterlich Phantasie Spectaculum Karlsruhe 2019
Sa–So, 27.–28. Juli 2019

Mittelalterlich Phantasie Spectaculum 2019 – Saltatio Mortis, Versengold, Mr. Hurley u.v.m.

Schlossgarten (Karlsruhe, DE)
14.10.2019
Mittelalterlich Phantasie Spectaculum Karlsruhe 2019

Überschaulich, sympathisch, verregnet

Ende Juli machte das Mittelalterlich Phantasie Spectaculum (MPS) im Schlossgarten Karlsruhe Halt. Neben den üblichen Verdächtigen spielten auch Thor, Zeus und Raijin auf.

Genau, richtig gelesen, das Mittelalterlich Phantasie Spectaculum 2019 war verregnet, zumindest am Samstagabend. Über den Sonntag kann ich nicht urteilen, da ich diesen in einem ICE der Deutschen Bahn verbrachte. Und ab Samstagmittag war vor Thor und Co. erst einmal Ra für das Wetter verantwortlich.

Als fast schon Stammbesucher des Mittelalterlich Phantasie Spectaculum in Weil am Rhein (siehe Review 2018) musste ich mich dieses Jahr aufgrund von terminlichen Überschneidungen – das Rockharz Festival fand zeitgleich mit dem Weil-MPS statt – für einen alternativen MPS-Standort entscheiden. Was wäre da naheliegender, als am Wochenende vor dem Wacken Open Air in Karlsruhe Halt zu machen, zumal wir die Reise sowieso jeweils mit dem Zug und über Karlsruhe fahrend gestalten?

In der Vorbereitung war Karlsruhe dann auch anspruchsvoller: Unbekanntes Gelände, keine Campingmöglichkeiten beim Festivalgelände, Gepäcksplanung, Weiterreise… Doch für alles fanden wir eine Lösung! Der Plan sah folgendermassen aus: Samstag Ankunft bei Türöffnung, MPS geniessen, im Hotel übernachten und morgens kurz vor 11 Uhr in den ICE nach Hamburg einsteigen, in welchem es sich ein weiterer Teil unserer Wacken-Crew bereits gemütlich gemacht hatte.

Anreise, Einlass, Des Bruder Rectus Morgenmesse

Gesagt, getan! Der Abschluss unserer Anreise besteht aus einem kurzen Fussmarsch durch den Schlossgarten – das MPS-Veranstaltungsgelände füllt natürlich nicht den gesamten Park aus. Hier treffen wir schon auf allerlei illustre Gestalten mit demselben Ziel wie wir; noch vermischen diese sich aber auch mit üblichen Hundespazierern und Freizeitsportlern.

Der Einlass funktioniert wie so oft reibungslos und schon sind wir im Gelände. Unser Plan wäre es gewesen, vor der obligaten Morgenmesse des Bruder Rectus noch kurz das Gelände in Augenschein zu nehmen. Stattdessen landen wir direkt bei der Open Air-Kirche, wo die Messe stattfinden soll: vor der sogenannten «Festivalbühne». Pünktlich sind wir auch noch, denn die Leute besammeln sich bereits für das Spektakel und nach kurzer Zeit traben die inzwischen bekannten Gestalten auch schon an: Ein stattliches mittelalterliches Gefolge, die Nonnen Kama und Sutra, der Tod, der Hässliche Hans und der grossartige, kein wenig eingebildete (hust, hust) Bruder Rectus himself!

Auf humorvolle Art und Weise werden verschiedene Informationen und Verhaltensregeln weitergegeben, abgerundet mit viel Spontaneität und gegenseitigem Gedisse der Hauptfiguren. Einige Trunkenbolde haben die für den Ritterschlag erforderlichen 100 Beerenweine-Goldmünzen gesammelt und werden von Altrittern zu ebendiesem Rang erhoben. Bliblablo, viel Gelaber, viel Gelache, ein guter Einstieg in den Tag. Da auf der unweit gelegenen «MPS-Bühne» bereits die ersten Piratenklänge ertönen, schleichen wir uns dann davon…

Mr. Hurley und die Pulveraffen (Set 1)

Das Programm heute sieht einfach aus: Hurley, Hurley, Versengold, SaMo, Hurley, Versengold, SaMo. So zumindest liest sich der Zeitplan für die MPS-Bühne; für Abwechslung sorgen Cultus Ferox (heute nur unplugged) Saor Patrol, d’Artagnan, Faun und weitere Bands auf den anderen Bühnen. Dazu kommen selbstverständlich ein breites Rahmenprogramm, viele Marktstände und fast noch mehr Verpflegens- und Trinkstände. Doch alles der Reihe nach, kommen wir zuerst zum ersten Auftritt unserer Lieblingspiraten aus dem karibischen Osnabrück.

Seit letztem Jahr ist die Truppe zu viert unterwegs: Die Geschwister Erichsen schlüpfen jeweils in die Rollen von Mr. Hurley, Buckteeth Bannock, dem Einäugigen Morgan und Pegleg Peggy. Eins, zwei, drei… Entweder bin ich schon betrunken – bisher floss allerdings noch kein Alkohol – oder Pegleg Peggy fehlt. Tatsächlich ist die Piratenbraut irgendwo im Urlaub, weil irgendetwas in der Ferien- und Auftrittplanung der Seeräuber nicht geklappt hat, wie uns ihre drei Brüder erklärem. Nun denn, früher ging es ja auch ohne sie.

Mit witzigen und abwechslungsreichen Ansagen geht es durch einige Songs mit Trink-, Raub- und Seefahrthematik. Neben den vielen altbekannten Songs und dazugehörigen Choreographien (Achterdeck schütteln, chinesische Seeräuber nachahmen…) finden es heute auch Songs vom kommenden Album «Leviathan» auf die Setlists. Noch kann ich damit nicht allzu viel anfangen, aber das kommt bestimmt noch…

Mr. Hurley und die Pulveraffen (Set 2)

Nach flüssiger und fester Stärkung, dem Besichtigen einiger Marktstände, dem Soundcheck von Versengold und dem Kauf einer Met-Buddel als Konzertproviant geht es weiter – na, wohin denn? Genau, zurück zur MPS-Bühne! Wieso denn? Genau, weil die Piraten von eben nach weniger als einer Stunde bereits wieder auftreten. Es geht weiter mit Trink-, Raub- und Seefahrsongs und die Stimmung vor der Bühne, wo inzwischen deutlich mehr Leute als noch zuvor stehen, wird besser und besser. Dies liegt natürlich nicht nur an der Zuschauermenge, sondern auch am steigenden Alkoholpegel. Die brennende Sonne macht das Ganze nicht besser. Im Gegensatz zu Weil am Rhein ist die MPS-Bühne übrigens winzig. Tatsächlich ist sie aber die grösste Bühne, wo auch Saltatio Mortis auftreten werden. Ich hoffe auf viele, aber nicht zu viele Leute.

Versengold (Set 1)

Auch bei Versengold geht es natürlich viel (aber nicht primär) um Trinklieder. Und auch Versengold haben neue Songs am Start. Im Gegensatz zu den Pulveraffen haben die Bremer ihre neue Scheibe bereits veröffentlicht und spielen daher heute verhältnismässig mehr neue Songs. Einige davon kannte man ja bereits von anderen Konzerten, aber hui, da ist doch das eine oder andere Prachtstück dabei!

Neben den Trinkliedern und Verarbeitungen von alten Sagen gibt es da noch das Stück «Haut Mir Kein Stein». Ja, Malte, der Song ist gut, und er ist dir wichtig, aber jedes Mal die gleiche Ansage ist dann vielleicht doch ein wenig übertrieben. Und irgendwie spüre ich, dass du im zweiten Set genau die gleiche Ansage machen wirst…

Saltatio Mortis (Set 1)

Zwischen den Sets treibe ich mich natürlich immer wieder ein bisschen an den Ständen herum. Im Normalfall lege ich den Fokus darauf vor allem am Sonntag, aber morgen werden wir ja bereits schon auf der Weiterreise sein. Bei Cultus Ferox und Saor Patrol kann man natürlich auch vorbeischauen, was ich zwischen den anderen Konzerten auch tue, aber meine Sympathie liegt wie so oft eher bei den Bands auf der Hauptbühne. D’Artagnan und Faun würden am Abend noch spielen, aber leider mit Überschneidungen.

Bleiben wir bei Saltatio Mortis. Traditionsgemäss wird beim Nachmittagsauftritt nicht das Standard-Repertoire, sondern eine Reise durch die Geschichte der Band und der Dudelsack-Musik generell gespielt. Für die rockigen Songs ist dann der Nachtauftritt gedacht. Für diesen Entscheid sind der Band wohl viele langjährige Fans dankbar. So weiss man, dass man konsequent am MPS-Samstag den neuen und viel zu fest gehypten Songs ausweichen kann. Dieses Rezept ist natürlich ein voller Erfolg und so wird auch jetzt viel gefeiert und getanzt.

Mr. Hurley und die Pulveraffen (Set 3)

Überdosis? Nun, beim ersten Konzert habe ich daran gezweifelt, dass ich mir alle drei Auftritte ansehen werde, aber der Entscheid, es zu tun, war definitiv gut! Die drei Hobby-Piraten scheinen auch besser in Form zu sein als noch am Mittag und so vermag auch dieser Auftritt zu überzeugen. Was es noch dazu zu sagen gibt? Tatsächlich nicht besonders viel, denn abgesehen von ein wenig Variation in der Setliste unterscheidet sich dieser Gig nicht gross von den zwei vorangegangen. Auf jeden Fall freue ich mich auf das neue Album und allenfalls auch auf eine Club-Tour (eine solche ist ja bereits angekündet, allerdings ohne Halt in der Schweiz…).

Versengold (Set 2) und die Unwetterwarnung

Ich könnte noch kurz auf das Karlsruhe-MPS selber eingehen… Wie bereits erwähnt, ist das Gelände kleiner als in Weil, das Ganze ist überschaulicher, und vor allem sehr sympathisch eingerichtet. Natürlich überzeugt auch der DreiLänderGarten in der Nähe von Basel, aber der Schlossgarten mitten in der Karlsuhe hat schon etwas Besonderes! Als Schutz vor Sonne und zur Not auch Regen wurden riesige Sonnensegel aufgespannt und mit den vielen Bäumen ist auch ein natürlicher Schutz vor dem gelben Riesen gegeben.

Nun, Versengold veranstalten auch beim zweiten Set eine riesige Party. Die Jungs schaffen eine gute Mischung aus alten Songs («Hoch Die Krüge» ist immer wieder geil!) und den neuen Stücken. Beim jetzigen Auftritt erlauben sie sich noch den Spass, Eike zwischendurch mit einem englischsprachigen Superstar auszutauschen. Sogar kitschig bunte Bühnenbeleuchtung und mehr an Rock als an Folk erinnernde Passagen gehören dazu – ganz zu schweigen von der immer wieder guten «Highway To Hell»-Performance von Eike alias der Gastmusiker.

Irgendwann zwischendurch wird es dann kurz still von Bühnenseite und laut und deutlich ist eine verstärkte Stimme zu hören. Sie gehört Gisi, dem Veranstalter der MPS-Reihe. Ein Unwetter ziehe auf und erreiche uns gegen 22 Uhr. Malte erwähnt kurz, dass dies ja genau den SaMo-Showbeginn trifft. Für Versengold mag Gisis Auftritt wohl ein kurzer Schock gewesen sein, denn schon kurz zuvor mussten die Norddeutschen einen ihrer MPS-Auftritte wetterbedingt absagen. Abgesagt wird heute aber erst einmal gar nichts. Gisi betont, dass er diese Durchsage im Auftrag der Polizei mache und jeder so lange feiern dürfe, wie er wolle; dies natürlich mit der nötigen Vorsicht. Im schlimmsten Fall gäbe es beim Schlossplatz einen Eingang in die grosse Tiefgarage, wo alle Schutz suchen könnten. In Zeiten, in denen viele Veranstalter die Festivals lieber zu früh als zu spät unterbrechen – dies werde ich die kommende Woche in Wacken zweimal zu spüren bekommen – ist eine solch liberale Einstellung auch einmal angenehm. Mir ist bewusst, dass man eine eher kleine Veranstaltung wie das MPS Karlsruhe nur schon wegen der Besuchermenge nicht mit einem Greenfield oder Wacken vergleichen kann, aber ich verstehe Gisis Haltung. Wir für unseren Teil entscheiden uns dafür, hier zu bleiben und spontan zu entscheiden.

Versengold bleiben noch einige Songs und kaum sind sie fertig, eilen wir zur Festivalbühne, wo d’Artagnan ebenfalls gerade ihren Auftritt beenden. Zu gerne hätte ich auch diesen miterlebt, aber mit dieser Überschneidung müssen wir halt leben.

Saltatio Mortis (Set 2) und das Unwetter

Gisi sollte recht behalten. Kurz vor 22 Uhr beginnt es stark zu regnen. Das ist zwar auch schon alles von diesem ‘Gewitter’, aber es reicht, um den Boden schlagartig in eine riesige Schlamm- und Grasfläche zu verwandeln. Kalt und nass ist es auch. Wir entscheiden uns, nach unserem Abendessen (die Gemüsepfannen hier sind einfach herrlich!) ein Bier zu schnappen und unter den Sonnensegeln Schutz zu suchen. Im Gespräch mit MPS-Leuten, welche bereits gestern anwesend waren, erfahren wir, dass das Wetter letzte Nacht um einiges schlechter war. Daher also auch die Erzählungen von heute Nachmittag, dass viele Sonnensegeln neu aufgebaut werden mussten, weil sie vom Wind gefällt wurden. Dem Regen halten sie aber gut stand und so geniessen wir die SaMo-Show von hier hinten im (fast) Trockenen.

Im nassen Regen müssen auch die Pyro-Flammen gegen die schweren Tropfen ankämpfen, aber zusammen mit der Lichtshow und dem aufziehenden Nebel sieht das Spektakel genial aus. Als riesige Silhouette nehmen wir das feiernde und tanzende (und zugegeben nicht mehr allzu zahlreiche) Publikum wahr und freuen uns, dass die Band nicht vor einer leeren Schlammwiese spielen muss.

SaMo pflanzen auch jetzt Songs ein, für welche es an anderen Festivalauftritten zeitlich nicht reicht. Achtung, Kritik: Man könnte dort auch einfach nur halb so viele «Brot und Spiele»-Songs spielen. Auf jeden Fall gibt es doch den einen oder anderen Hühnerhaut-Moment, zum Beispiel bei «Nachts Weinen Die Soldaten». Ein absolut gelungener Auftritt, bei welchem die Band das beste aus den nicht ganz günstigen und vor allem nassen Umständen gemacht hat! Und jetzt Dosenmusik: «Yippie Yippie Yeah Yippie Yeah, Krawall und Remmi Demmi!»

Heim- und Weiterreise

Im nun schon viel weniger starken Nieselregen begeben wir uns zu Fuss zu unserem Hotel. Vom Personal an der Rezeption ernten wir mit unseren schwarzen Filzumhängen und -Kapuzen natürlich spezielle Blicke, aber was solls… Ihrem Schmunzeln nach glaube ich, dass wir nicht die einzigen MPSler in diesem Hotel sind. Mehr oder weniger ausgeschlafen und mit gefülltem Bauch begeben wir uns am nächsten Morgen zum Bahnhof und gen Norden.

Das Fanzit – Mittelalterlich Phantasie Spectaculum 2019 (Karlsruhe)

Wie schon vor zwei Jahren beim Rock The King nutzten wir den Samstag vor Wacken, um ein Festival auf dem Weg zu besuchen. Das Mittelalterlich Phantasie Spectaculum im Karlsruher Schlossgarten machte Spass. Überzeugt haben das sehr beschauliche Gelände mit vielen Bäumen, die vielen Sonnensegel, welche tagsüber gegen den Sonnenschein und nachts gegen den Regen Gold wert waren und natürlich die Bands.

Gemäss einem Facebook-Post von Mitte August war dies das letzte Mittelalterlich Phantasie Spectaculum in Karlsruhe.


Wie fandet ihr das Festival?

14.10.2019
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