Deep Sun - Promobild 2025
Di, 29. April 2025

Deep Sun – Interview mit Debora, Tobias und Tom

Symphonic Metal
13.05.2025
Deep Sun - Promobild 2025

Wenn der Phoenix neu erklingt – Die Geschichten hinter „Storyteller“

„Kraftvoll, melodiös, professionell, bombastisch“ – so hatte ich Deep Sun im Oktober 2022 beschrieben. Mit ihrem neuen Album „Storyteller“ setzen die Symphonic Metaller aus dem Aargau nun noch einen drauf und drücken den „More“- Button mit voller Kraft – ein Feuerwerk für Genrefans. Im Interview gewährten uns Deep Sun spannende Einblicke hinter die Kulissen ihres neusten Werkes. Viel Spass beim Eintauchen in diese fesselnde Welt!

Was passiert, wenn eine Band „erwachsen“ wird? Die Antwort geben Deep Sun mit ihrem fünften Longplayer – einem Album, das mehr ist als nur Musik. Debora Lavagnolo (Gesang), Tobias Brutschi (Schlagzeug) und Tom Hiebaum (Keyboard) sprechen offen über die Magie des Geschichtenerzählens, das unerwartete Revival eines alten Songs und zeigen, wie sie Band, Job und Privatleben unter einen Hut bringen.

Wie ich in meiner Review zum neuen Longplayer „Storyteller“ bereits ausführlich beschrieben habe, wirkt die Scheibe in sich geschlossener – im wahrsten Sinne des Wortes runder. Auch die Reihenfolge der Songs ist stimmig gewählt und ergibt ein harmonisches Gesamtbild. Ein in der Tat gelungenes Stück Symphonic Metal! Doch wie sieht die Band selbst ihr neues Album?

MI (Sandro): Wie unterscheidet sich „Storyteller“ musikalisch und inhaltlich von seinem Vorgänger „Dreamland – Behind the Shades“?

Debora: „Storyteller“ ist noch orchestraler, powervoller und epischer als unsere bisherigen Alben. Die Songs sind schneller, die Arrangements noch vielschichtiger, und wir haben unser Sounddesign weiter verfeinert. Auch thematisch sind wir noch tiefer in die Rolle der Geschichtenerzähler eingetaucht, was sich in den Texten und der musikalischen Dramaturgie widerspiegelt. Mit den Jahren, in denen man als Musiker dran bleibt und stets neue Songs schreibt und Konzerte spielt, entwickelt man sich automatisch weiter. Sucht immer nach neuen Arrangements, Sounds, Orchestrierungen etc. Und so ist es logisch, dass nach weiteren 3 Jahren diese Entwicklung auch auf „Storyteller“ zu hören ist.  Ich würde sagen, das Gesamtbild klingt noch runder, organischer, grösser und epischer.

Und es freut mich, dass dir die Trackliste gefällt. Dies ist auch immer ein längerer Prozess bis die Trackliste final steht. Ich schreibe jeweils die Songs auf Kärtchen, ordne sie an und höre mir sie in verschiedenen Abfolgen durch, bis sich dann die endgültige Reihenfolge herauskristallisiert.

Tobias: Für mich ist „Storyteller“ irgendwie der Beweis, dass Deep Sun sich definitiv gefunden haben und „erwachsen“ geworden sind. Es passt alles zusammen, vom Songwriting über das Artwork, zum Bühnenbild, welches wir zugelegt haben, bis zum kompletten Brand der Band. Für mich ist „Storyteller“ die aktuelle Perfektion von all den Erfahrungen, die Deep Sun in all den Jahren gesammelt haben.

Tom: Von Anfang an war es unser Ziel, eher lockere, leichtfüssige Songs zu komponieren, statt allzu sperrige und experimentelle Stücke. Ich denke, das ist uns ziemlich gut gelungen. Ausserdem haben wir die Songs noch besser strukturiert: Parts wurden heraus gekürzt und an den Stellen, wo es nötig war, neue hinzugefügt.

Perfektionist oder Bauchmensch?

Bei unserem letzten Gespräch hatte Ausnahmesängerin Debora bereits angedeutet, dass sie fast alle Texte für ein kommendes Album parat hat. Was natürlich die Frage aufwirft, wie bei Deep Sun die verschiedenen Aspekte der Songgestaltung ineinandergreifen.

MI: Wie darf ich mir den Songwriting-Prozess bei euch vorstellen?

Debora: Schön wäre, wenn ich jetzt auch wieder sagen könnte, ich habe schon die meisten Texte fürs nächste Album zusammen [lacht]. Dem ist diesmal aber nicht so. Aber das zeigt auch, dass ein Songwriting-Prozess sich jedes Mal immer ein bisschen anders entwickelt. Grundsätzlich gehe ich erst nach den Gesangsaufnahmen gedanklich in ein weiteres Album und in neue Themen rein. Das war dieses Mal auch so und ich habe auch schon vereinzelte Ideen, insbesondere auch was das nächste Album-Thema sein könnte. Texte sind aber noch keine vorhanden. Da jetzt noch die finale Release-Phase läuft, ist mein Plan, mich ab Sommer intensiver mit neuen Texten, Songideen und dem Austausch mit Tom und Angelo zu widmen.

Tom: Es war für mich eine eher neue und bereichernde Erfahrung, mit bereits vorhandenen Texten oder Fragmenten zu arbeiten. So konnte ich mir die Stimmung und das Sounding des Songs schon mal gut vorstellen.

Das Schöne an unserer Arbeitsweise ist: Wenn ich musikalisch mal nicht weiterkomme, schicke ich meine Idee einfach an Angelo – und zack, plötzlich geht’s wieder voran, weil ihm genau der Gedanke kommt, der mir gefehlt hat. Und umgekehrt läuft es genauso.

Ich habe mich auch ab und zu mit Angelo und Erik im Proberaum getroffen, um die Songs zu verfeinern und Ideen für die Saiteninstrumente zu sammeln. Dabei sind richtig coole Parts entstanden, wie beispielsweise der komplette Schlussteil von „The Last Stand“ oder das Gitarrensolo mit Orchestrierung in „United Force“.

Das Schreiben von Liedern ist ein Prozess, an dem in der Regel mehrere Personen mehr oder weniger intensiv beteiligt sind. Dass dabei nicht immer alles nach Plan läuft, liegt wohl in der Natur der Sache. Überraschungen und unvorhergesehene Herausforderungen inklusive.

MI: Gab es im Entstehungsprozess von „Storyteller“ Momente, die es wert sind, erzählt zu werden?

Tobias: „Storyteller“ ist das erste eigene Album, welches ich mit dem eigenen Plattenlabel POWER BLAST Records von Grund auf produziert habe. Also von der Grundidee, über die Planung der Aufnahmen, zum ganzen Marketing und dem Release. Daher ist es für mich ein besonderes Album, bei dem ich alles nur erdenklich Mögliche herausholen wollte und konnte. Das ist auf der einen Seite natürlich grossartig, aber auf der anderen Seite auch ein ziemlich grosser Stressfaktor. Man hinterfragt sich oft, sucht nach der besten Lösung und den besten Möglichkeiten. Dank meinem grossen Netzwerk, welches ich insbesondere in der Symphonic- und Powermetal-Szene aufbauen konnte und dank den vielen Personen, denen ich beinahe blind vertrauen kann – wie unser Produzent Frank Pitters, Lanvall von Edenbridge oder auch Meek von Visions of Atlantis – bin ich davon überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Tom: Als die Idee aufkam, „Flight Of The Phoenix“ neu zu arrangieren und aufzunehmen, hatte ich zuerst wenig Lust dazu. Am Ende des Tages war es dann aber genau der Song, der mir am leichtesten von der Hand ging und überraschenderweise auch am meisten Spass und Freude bereitete. Mir war gar nicht bewusst, wie viel man aus diesem Stück noch herausholen konnte.

Angelo steckte zu Beginn des Kompositionsprozesses in einem kleinen kreativen Loch. Viele seiner Ideen fanden in der Band keinen Anklang. Aber dann – wie aus dem Nichts – platzte der Knoten, und er kam plötzlich mit „Worlds Collide“ um die Ecke. Da wussten wir:  Angelo is back!

MI: Wer ist bei euch eher der/die „PerfektionistIn“, wer der Bauchmensch?

Tobias: Debora ist für mich ganz klar die Perfektionistin, Tom der Bauchmensch und ich sehe mich als Stratege und administrativen Schaffer, so wie es meiner Meinung nach ein Manager einer Band sein muss. Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir innerhalb der Band einander blind vertrauen können. Jeder hat seinen Part, während ich mich praktisch ausschliesslich um die Planung und das Management konzentriere, nehme ich mich in der ersten Phase des Songwriting-Prozesses praktisch vollständig heraus. Wir mussten in den vergangenen Jahren lernen, dass eine Band auf unserer Stufe nur funktionieren kann, wenn jede/r seinen Part in der Band hat und man dieser Person vertraut. Das funktioniert bei uns echt sehr gut.

Debora: Jaja, das kann ich nicht abstreiten [lacht]. Entweder liegt mir die Perfektion in den Genen oder ich habe sie mir während meiner 15-jährigen Leichtathletik-Zeit einverleibt. Als ehemalige Spitzensportlerin, insbesondere in den Sprint-Disziplinen, musste alles bis auf den Millimeter genau stimmen. Nichts durfte dem Zufall überlassen werden und technische Abläufe wie etwa der Start aus dem Startpflock wurde tausendfach – also bis zur Perfektion – geübt. Als der fliessende Übergang vom Sport zum klassischen Gesang mit der entsprechenden Gesangstechnik begann, ging es bei mir mit der Herangehensweise und Einstellung eigentlich genau gleich weiter, nur nicht mehr auf der Tartanbahn, sondern im Musikzimmer.

MI: Habt ihr manchmal musikalische Differenzen? Und wenn ja, wie geht ihr damit um?

Debora: Ab und zu schon, ja. Aber eher im Sinn von konstruktiver Kritik und kritischem Hinterfragen von Melodien, Songs, Songgerüste etc. Wir haben immer das Beste für den Song im Hinterkopf und so arbeiten wir uns auch von der Idee bis zum fertigen Song.

Tom: Ich kann Debbie da nur zustimmen. Die Strophe von „The Last Stand“ existierte in vier verschiedenen Varianten. Auf technischer Seite ist das ein ziemlicher „Pain in the Ass“, weil man im Aufnahmeprogramm alle Spuren passend zurechtschnippeln muss. Aber genau diesen Effort hat es gebraucht, bis wir die Variante gefunden haben, die für uns alle stimmig ist.

Auf Kaperfahrt

MI: Gibt es Songs auf dem Album, die euch besonders am Herzen liegen oder mit denen ihr eine spezielle Anekdote verbindet?

Debora: „Worlds Collide“, „The Window“ und „Tales That Should Have Never Been Told“ haben teilweise gesellschaftskritische und/oder auch autobiographische Ansätze in den Lyrics. Das kommt immer wieder mal vor und so kann ich auch momentane Lebensphasen, Ansichten, Empfindungen in den Songs verarbeiten. Wichtig ist mir aber auch immer, den positiven Aspekt einer auch manchmal schwierigen Lebensphase hervorzuheben. Nichts ist einfach nur deprimierend und sakrosankt. Meine Texte zeigen immer auch den lebensbejahenden Teil einer solchen Phase auf, welcher – meiner Meinung nach – immer irgendwo vorhanden ist. Und so ist auch das allgemeine Klangbild von Deep Sun: Wir wollen unsere Fans und Zuhörer ermutigen, sich wieder von ihrer Fantasie leiten und von der Kraft der Musik inspirieren zu lassen. Das Album „Storyteller“ ist nicht nur Unterhaltung, sondern auch eine Einladung, sich dem Leben zu öffnen, sich selbst zuzuhören und Ja zu sagen.

Tom: Ehrlich gesagt bin ich da gar nicht so „emotional“. Ich mag alle unsere neuen Songs. Das klingt etwas abgedroschen, ich weiss, aber wenn man kompositorisch an jedem Song beteiligt ist, hat man das Privileg, die Dinge in eine Richtung zu lenken, die einem selbst gut gefällt 😉

Tobias: „United Force“ ist für mich der Song, der unsere Gemeinschaft perfekt beschreibt. Wir hatten wie in jeder Beziehung einige Tiefen, aber auch Höhen. Deep Sun ist eine Band, die es in den letzten 15 Jahren geschafft hat, von einer Garagenband bis zu einer Symphonic Metal Band, die auf einer Headliner-Tour durch England touren konnte, gebracht. Und das in einem Genre, welches jetzt echt nicht so riesig ist. Diese Tour war für uns unglaublich und ein riesiger Meilenstein in der Bandgeschichte. Und dieser Aufstieg wird für mich in „United Force“ perfekt beschrieben. Dazu kommt, dass wir in diesem Song mit Meek von Visions of Atlantis einen Freund auf die Scheibe brachten, der insbesondere für mich eine sehr wichtige Funktion im Musikbusiness hat.

MI: Produzent war wiederum Frank Pitters. Welchen Einfluss hatte er auf den Sound von „Storyteller“?

Tobias: Der Einfluss eines Produzenten ist immer nur so gross, wie es die Band zulässt. „Storyteller“ ist das erste Album, welches wir von Grund auf zusammen mit Frank produzierten. Beim „Dreamland – Behind the Shades“ standen die Songs bereits im Grundgerüst. Bei „Storyteller“ gingen die Demos einiges früher zu Frank. Durch den Austausch zwischen ihm und uns beim Songwriting-Prozess konnten wir noch das Optimum aus den Songs herausholen. Alle Parteien haben mit sehr viel Elan und Herzblut dazu beigetragen, dass die Songs zu dem wurden, was sie jetzt sind.

Tom: Genau, ich habe die ersten von der Band genehmigten Demos relativ früh an Frank geschickt, damit er ebenfalls früh sein Feedback dazu abgeben konnte.

Beispielsweise kam von ihm die Rückmeldung, dass „Wasteland“ viel zu langsam sei und wir das Tempo erhöhen sollten. Und oh mein Gott, wie recht er hatte! Man wäre eingeschlafen, wenn wir den Song im Originaltempo aufgenommen hätten. 🙂

Oft fehlt einem einfach der nötige Abstand, um so etwas überhaupt zu erkennen. Da kann dann jemand mit frischen Ohren extrem hilfreich sein.

MI: Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit Michele „Meek“ Guaitoli beim Song „United Force“? Meiner Meinung nach würde sich der Track auch sehr gut auf einem VoA-Album machen.

Tobias: Wir kennen Meek seit einigen Jahren. Vor allem von unseren gemeinsamen Konzerten und auch ein bisschen dank unseres Produzenten Frank Pitters. Meek ist ein richtig feiner Typ und war in der Anfangsphase nach dem Abgang von unserem damaligen Label eine wichtige Bezugsperson für mich. Er hat unglaublich viel Erfahrung im Musikbusiness und arbeitet seit vielen Jahren bei Napalm Records. Ja, und so ist eine gute Kollegschaft zwischen uns entstanden. Als wir dann einen Sänger für „United Force“ suchten, war uns allen eigentlich schnell klar, dass es nur Meek sein kann. Deshalb fragte ich ihn an, und er sagte sofort zu, obwohl er nicht viele Kollaborationen macht. Aber ihm gefiel der Song und die Message dahinter. Ich finde, der Song ist auf dem Deep Sun-Album genau am richtigen Ort.

Debora: Ich weiss noch, als wir im Studio waren und Meeks Vocals erhielten. Ich war einfach nur platt! Seine Energie, sein Sound haben mich total umgehauen, es klang so unglaublich gut! Ich hatte Hühnerhaut und freute mich riesig, dass er mit auf diesem Track sein wird!

Geschichten

Deep Sun schreiben zwar keine Konzeptalben, sondern spinnen vielmehr einen feinen roten Faden, der sich thematisch durch das jeweilige Werk schlängelt. Auf „Storyteller“ sind es nun – wie könnte es anders sein – Geschichten.

MI: Debora, was hat dich dazu inspiriert? Gab es besondere Erlebnisse, „Geschichten hinter den Geschichten“ sozusagen?

Debora: Nach den Studioaufnahmen zu „Dreamland – Behind the Shades“, wo wir tief in die verschiedenen Materien von Träumen eintauchten, habe ich mir überlegt, wie geht es erzählerisch weiter mit Deep Sun, was möchte ich als Musikerin erzählen, was möchten wir als Band erzählen. Und beim vielen darüber nachdenken, was wir denn noch erzählen könnten, wurde es mir immer klarer, dass wir eben nun Geschichten erzählen wollen. Geschichten aus dem Leben, aus Fantasiewelten, von epischen Abenteuern und tiefen Emotionen, und auch Geschichten, die vielleicht nie hätten erzählt werden dürfen. Ich wollte schauen, was passiert, wenn wir uns von einem konkreten Thema loslösen und einfach ins Erzählen gehen – textlich wie auch musikalisch. Ja und da haben wir nun „Storyteller“ 😊

MI: Eine dieser Geschichten ist „Worlds Collide“, die sich mitunter der Sprache des antiken Roms bedient. Hattest du in der Schule Latein? Und welche Botschaft trägt der Song in sich?

Debora: Wenn ich einen Demosong von Angelo oder Tom das erste Mal höre, höre ich effektiv genau hin, was der Song mit seiner tonalen Energie aussagen möchte. So sind bisher auch unsere deutschen Lyrics entstanden. Nicht, weil wir das bewusst entschieden und geplant haben, sondern weil der Song deutsch sein wollte.

Als ich Angelos Demoversion von „Worlds Collide“ das erste Mal hörte, gab es den Pre-Chorus in seiner jetzigen Form noch nicht. Angelo bereitete aber kompositorisch alles so vor, dass der jetzige Pre-Chorus in meinen Ohren nur die logische Weiterführung nach der Strophe war. Und die Energie, die der Song dort aussendete, zusammen mit der Bedeutung des Textes schrie mich förmlich auf Lateinisch an 😊 Also machte ich mich im Internet schlau und recherchierte ein wenig über die lateinische Sprache. Denn ich hatte damals kein Latein in der Schule. Mithilfe von Übersetzungs-Seiten konnte ich die deutsche Bedeutung, die ich im Kopf hatte, dann auch korrekt übersetzen lassen.

Inhaltlich geht es in „Worlds Collide“ darum, wie sich Prokrastination anfühlen kann. Die innere Zerrissenheit, lähmende Lethargie, an Ort und Stelle treten. Alles zerrt und reisst an dir. Du bist blockiert, kommst nicht vorwärts. Der Moment, wenn du dir selbst von aussen zusiehst und dir noch rufst „mach weiter“, doch du kannst einfach nicht. Der Song trägt dich in den Strophen musikalisch durch die Schwere der Prokrastination, steigert sich, bäumt sich mit dem Pre-Chorus auf, bis sich das Gefühl im Refrain auflöst und die Last von den Schultern fällt. Und dann ist mit dem Refrain nur noch Leichtigkeit da.

MI: Was hat euch dazu bewogen, den Song „Flight Of The Phoenix“ neu einzuspielen? Was verbindet ihr mit diesem Lied?

Debora: „Flight of the Phoenix“ ist eigentlich unser ältester Song, den gibt es schon seit Anbeginn der Deep Sun Zeit! Wir spielen ihn bis heute, und die Fans mögen ihn einfach. Er ist kurz, knackig und genau auf den Punkt! Leider haben wir für live keine Backing Choirs, um unsere immer mehr entstandene Sound-Epik zu unterstreichen und um das Live-Erlebnis noch zu intensivieren. Also habe ich gedacht, dann lassen wir den Phoenix doch noch einmal mehr aus seiner Asche emporsteigen und schenken ihm ein neues Klang-Gewand. Ich nutzte dabei auch die Gelegenheit, die Lyrics neu zu schreiben, da der alte Text noch von jemand anderem stammt, um auch diesem Song noch mehr Deep Sun zu verleihen.

Tom: Haha … meine Antwort zu dem Song habt ihr ja schon weiter oben.

MI: „It’s time for fairytales“ (aus dem Song „Storyteller“) – habt ihr ein Lieblingsmärchen (und wieso gerade dieses)?

Debora: Also am liebsten mag ich die Kurzgeschichten von Roald Dahl und der Schweizer Schriftstellerin Mirjam Richner. Beide haben sie die Gabe, ihre Kreativität und Fantasie in solch lyrischer, poetischer und dennoch moderner Sprache auszudrücken. Ihre Gedanken und Geschichten sind oft Out-of-the-Box und haben oftmals einen Twist am Ende. Sie beide inspirieren mich sehr.

Tom: Hmm vielleicht Lion King (das Original), falls man das als Märchen bezeichnen kann. Oder das Märchen von den drei Brüdern aus Harry Potter hat auch was.

MI: Lest ihr gerne; und wenn ja, welches ist euer Lieblingsbuch?

Debora: Wie vorhin schon erwähnt, am liebsten Roald Dahl, Mirjam Richner aber auch mal Geschichten von Edgar Allen Poe. Zurzeit lese ich jedoch hauptsächlich Sachbücher über Themen, die mich gerade interessieren.

Tom: Gerne schon, aber ich komme eher selten dazu. Das letzte Buch, das ich mir zu Gemüte geführt habe, war „James Bond im Visier der Physik“. Darin werden Szenen aus den Filmen wissenschaftlich analysiert und berechnet, ob und wie das in der Realität überhaupt funktionieren würde.

Tobias: Das letzte Buch, welches ich gelesen habe, war das „Grand Hotel Giessbach 2“, und zwar bevor es überhaupt erschienen ist. Mein Bruder, Phil Brutschi, ist seit einigen Jahren als Autor tätig und das Buch ist sein zweites Werk. Er bat mich, die Geschichte zu lesen und meine Inputs zu geben. Irgendwann im Sommer erscheint es übrigens… Ist also sehr zu empfehlen.

Tarja

Debora Lavagnolo wird nicht selten mit der ehemaligen Nightwish-Queen (die seit 2005 ja auf Solopfaden wandelt) Tarja Turunen verglichen. Was vom Können her sicherlich zutrifft, wenn meiner Meinung nach auch nicht unbedingt vom Timbre, der Klangfarbe der Stimme her. Aber wie sieht die Sängerin das persönlich?

MI: Wie stehst du persönlich zu diesem Vergleich?

Debora: Debora: Nun, es ehrt mich enorm, mit Tarja Turunen verglichen zu werden, immerhin ist sie die Wegbereiterin für den heutigen weiblichen Symphonic Metal. Tarja war auch der Grund, weshalb ich in die Metalszene eingestiegen bin. Als ich sie mit „Sleeping Sun“ zum ersten Mal hörte, wusste ich endlich, wohin meine Stimme gehört. Aber ich ahme sie nicht nach oder möchte bewusst wie sie klingen. Ich klinge einfach wie ich und das ist gut so 😊 Wie Tarja auch, entwickle ich mich stetig weiter, der Sound, die Technik verändern und bewegen sich. Ich probiere aus, ich entdecke neues. Die Stimmfarbe jedoch bleibt immer bestehen, das ist quasi wie der individuelle Fingerabdruck.

MI: Und als Folgefrage: Gibt es Sängerinnen, die du bewunderst? Und wenn ja, weswegen?

Debora: Wie gesagt, auf jeden Fall Tarja Turunen! Nicht nur wegen ihrer Stimme und ihrer Power, sondern auch wegen ihrer Energie, ihrem Engagement für die Frauen in der Metalszene und ihrer Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden und dabei sich selbst treu zu bleiben. Das Gleiche gilt für Lady Gaga und ihre enorm kraftvolle und voluminöse Stimme. Oder Agnetha Fältskog von ABBA oder Sue Schell von Peter, Sue und Marc, deren beider Stimmfarben mir so gut gefallen, dass ich jedes Mal Hühnerhaut bekomme, wenn ich ihre Lieder höre.

Und in der Klassik könnte ich im Klang der Stimmen von Diana Damrau oder Regula Mühlemann versinken.

Unterwegs

Für eine Metal-Band gibt es in der Regel kaum etwas Schöneres, als alte wie speziell auch neue Songs im Live-Gewand präsentieren zu dürfen. Welche Pläne hegen Deep Sun in diese Beziehung?

MI: Am 17. Mai 2025 feiert ihr zusammen mit Elvellon euer fünftes Studioalbum, das zwei Tage zuvor erscheinen wird. Worauf freut ihr euch da am meisten?

Tobias: Da wir seit einigen Jahren vermehrt im Ausland auftreten, ist es immer schön, wenn wir in unserer Heimat spielen können. Und die Met Bar in Lenzburg ist wirklich in unmittelbarer Nähe von unserem Wohnort. Für uns ist eine Release-Party auch ein Fest für unsere Familie und Freunde. Es kommen immer sehr viele Personen an diese Konzerte, die uns sehr viel bedeuten, und wir machen diese Partys auch für sie. Als Dankeschön für alles, was sie für uns getan haben. So wird es auch am 17. Mai sein.

Debora: Und wir haben uns auch noch etwas ganz Spezielles ausgedacht: Wenn am 17. Mai 2025 die Met-Bar ausverkauft ist, werden wir am Abend selber unter allen Anwesenden (diejenigen, die gerne möchten) ein Wohnzimmerkonzert mit Akustik-DeepSun-Songs verlosen! Kommt also unbedingt alle mit Freunden und Familie an die Release-Show, so wird die Chance auf das Konzert im eigenen Wohnzimmer erhöht! 😊

Tom: Wenn der intensive Tag vorbei ist und die Fans zufrieden nach Hause gehen.

MI: Gibt es schon Pläne für weitere Auftritte, vielleicht sogar eine Tour?

Tobias: Ja, aktuell ist die Planung für 2026 in vollem Gang. Mit den Shows im Mai beenden wir bereits unser erstes Konzerthalbjahr. Mit der Headliner-Tour in England und den Gigs in Österreich, Deutschland, Liechtenstein und der Schweiz kommen wir auf neun Konzerte. Im Sommer und im Herbst kommen dann nochmals acht Auftritte in Tschechien, Belgien sowie Deutschland und der Schweiz dazu. Wir sind 2025 also auf unserer Storyteller-Tour für unsere Verhältnisse ziemlich oft unterwegs. Vor allem, wenn man beachtet, dass wir alle (leider) noch berufstätig sind, ist das bereits ziemlich das Maximum.

Auch für 2026 haben wir einiges geplant. Wir wollen definitiv noch mehr Bühnen in ganz Europa bespielen. Aktuell sind wir an der Planung von Shows in Norwegen und Schweden. Es gibt aktuell zwar noch unzählige Hürden, aber ich arbeite daran und bin stets zuversichtlich.

MI: Habt ihr schon eine konkrete Vorstellung, welche Titel von „Storyteller“ es auf die Bühne schaffen könnten?

Debora: Am Warm-up-Gig und der Release-Show vom 16./17.05.2025 werden alle Songs vom Album das erste Mal live gespielt! Natürlich ergänzt mit bisherigen Hits aus den Vorgängeralben. Nachher werden wir schauen, wie die Stücke live ankommen und auch je nach Spielzeiten die beliebtesten Songs vom neuen Album fix ins Set nehmen. Fans dürfen uns ihre Favoriten natürlich jederzeit gerne via Social Media mitteilen 😊

Persönliche Einblicke

Wie in meinen Interviews allgemein üblich, versuche ich auch noch die eine oder andere spannende Anekdote aus den Musikern herauszukitzeln. Ein Bestreben, bei dem mir Debora, Tobias wie auch Tom mit ihrer offenen Art sehr entgegenkommen. 😊

MI: Was habt ihr auf eurer „Reise“ mit Deep Sun über euch selbst gelernt?

Tobias: Ich habe einiges im Musikbusiness gelernt. Es ist zwar ein richtig hartes und thoughes Business, aber es gibt einem auch unglaublich viel zurück. Deep Sun ist für mich aktuell mehr als ein Hobby oder ein Job, es wurde zu meiner Passion, das Optimum aus der Band herauszuholen. Ich glaube, ich war noch nie für etwas anderes so motiviert, so Feuer und Flamme wie für Deep Sun. Jeden Tag überlege ich mir, wie ich die Band weiterbringen kann, und jeden Tag sprechen Debora und ich zu Hause über Deep Sun. Das Schöne ist, dass auch der Rest der Band voller Feuer ist und wir alle dasselbe Ziel haben mit der Band. Das ist so einzigartig und grossartig.

Tom: Früher habe ich mich richtig geärgert, wenn ich Fehler gespielt habe. Heute habe ich da definitiv mehr innere Ruhe gefunden… meistens jedenfalls. 😉 Auch die Zusammenarbeit im Team und die Einbeziehung der verschiedenen „Abteilungen“ in der Band haben mir im Berufsleben geholfen.

Debora: Ich glaube, ich wurde in meiner Perfektion flexibler und anpassungsfähiger. Vor allem die beiden Nightliner-Touren haben mir aufgezeigt, dass vieles einfach nicht planbar ist und trotzdem geht es immer irgendwie. So wurde mein Spass-Faktor für unsere Touren nur noch erhöht.

MI: Wie bringt ihr Band, Beruf und Privatleben unter einen Hut?

Tobias: Der Beruf und die Band unter einen Hut zu bringen, ist in der Tat die grösste Herausforderung für mich. Da beide komplett verschieden sind und ziemlich viel „Denk-Arbeit“ mit sich bringen. Aber ich arbeite aktuell am Abend oder am Wochenende für die Band und konzentriere mich die Woche und den Tag hindurch zu 100 % auf meinen Beruf. Hmm… und ja, das Privatleben kommt aktuell in der Release-Phase definitiv etwas zu kurz… aber wie schon öfters gesagt, „Storyteller“ ist es definitiv wert, dies zu tun!

Tom: Gutes Zeitmanagement 😉

Debora: Es ist immer eine Gratwanderung und erfordert viel Organisation und Struktur. Manchmal gelingt mir das besser, mal weniger. Aber gerade in einer Releasephase ist enorm viel Motivation und Energie mit dabei, die den nötigen Antrieb liefern. Und was mich auch immer anspornt, ist der Austausch mit den Fans auf den Sozialen Netzwerken.

MI: Was macht ihr, wenn ihr mal nichts mit Musik zu tun habt – Ausgleich, Hobbys, Nerdstuff?

Tobias: Gut, ich betreue natürlich noch weitere Bands mit meinem Plattenlabel, aber wenn es wirklich mal ohne Musik gehen soll – und das kommt definitiv vor – dann steht sicher der Sport im Vordergrund, neben der Arbeit im eigenen Garten. Oder natürlich auch mal mein aktuelles PS5-Game Kingdom Come Deliverance.

Debora: Wenn ich mal nichts mit Deep Sun mache, dann bereite ich andere musikalische Engagements vor, wie etwa Hochzeiten, Events, Feiern, Collaborations. Mein Leben ist schon sehr musikalisch ausgeschmückt 😊

Ich nehme mir aber täglich eine kleine Auszeit für mich raus, in der ich mich der Meditation (Vipassana), Yoga und Kraftstabi-Übungen oder unseren beiden Schildkröten Powerwolf und Steelhammer widme.

Tom: Aufs Zocken auf der PS5 oder der bald erscheinenden Switch 2 freue ich mich schon jetzt. Ich bin auch in einer Dungeons & Dragons-Gruppe – das ist immer ein schöner Ausgleich. Und Sport müsste ich auch wieder mal machen… der kam in letzter Zeit definitiv zu kurz. Das Einüben der neuen Songs hatte einfach Vorrang.

MI: Gibt es eine Frage, die euch noch niemand gestellt hat, die ihr aber gerne mal beantworten möchtet (oder: wie ich euch meine Arbeit machen lasse 😊)?

Tobias: Was ist euer persönliches Ziel, welches ihr mit Deep Sun erreichen wollt?

Wir stehen für Positivität, wir wollen die Menschen inspirieren, ihre Ziele zu erreichen, sie aus dem Alltag herausholen und ihnen einen Aufenthaltsort geben, wo sie für ein paar Minuten ihre Alltagssorgen vergessen können. Wo sie für ein paar Minuten in einer andere Welt gezogen werden können. Und wo sie durch unsere Musik Motivation für ihren Alltag schöpfen können, egal wie stressig, schmerzvoll oder anstrengend der gerade ist. Wir wollen für unsere Community, die Deep Sunlights, da sein.

Outro

MI: Zum Abschluss: Habt ihr noch eine spezielle Message an eure Fans hier in der Schweiz?

Debora: Wir sind nach wie vor unseren treuen Fans mega dankbar, dass sie uns seit Jahren so tatkräftig unterstützen und unsere Shows besuchen. Ohne euch geht’s einfach nicht und ohne euch wollen wir auch nicht! Wir freuen uns immer, wenn wir bekannte Gesichter an den Konzerten sehen und mit ihnen etwas plaudern können.

Und für alle anderen, die uns noch nicht so gut kennen und die etwas Motivierendes suchen, um mal aus dem Trott auszubrechen und Licht in den Alltag wünschen: Holt euch „Storyteller“ nach Hause und abonniert via unsere Homepage www.deep-sun.com unseren Newsletter, um stets auf dem neuesten Stand zu sein!

MI: Ganz herzlichen Dank, dass ihr euch die Zeit für meine Fragen genommen habt!

Debora: Vielen lieben Dank für das Interview und deine spannenden und mal etwas anderen Fragen. Das hat Spass gemacht!

Video Deep Sun – United Force

Autor
13.05.2025
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