Ein metallischer Herbststurm
Am Samstagabend fand die bereits vierte Ausgabe der «Metal Storm Over Luzern»-Veranstaltungsreihe statt. In der Location mit dem irreführenden Namen Südpol gastierten unter anderem die Formationen Stillbirth, Belphegor und Dehumanizing Itatrain Worship. Neben Konzertbeschallung konnten die Besucher ebenfalls als Zuhörer an sogenannten «Talk-Runden» teilnehmen. Ob von diesem Angebot überhaupt Gebrauch gemacht wurde, verrate ich euch in den nachstehenden Zeilen.
Echt? Befinden wir uns tatsächlich schon in der vierten Sturm-Runde? Irgendwie vergeht die Zeit nach wie vor unfassbar schnell. Es hat etwas von einem Zug, der ohne Bremsen durch die Gegend donnert. Ein Gewässer mit einer fliessenden Strömung, der man nicht entkommen kann. Trotzdem versuchen wir natürlich, möglichst viele Events und Impressionen einzufangen (egal, wie hoch das Tempo auch immer bleiben mag).
Aus diesem Grund pilgert euer Dutti für Metalinside am heutigen Samstag nach Luzern respektive Kriens, um in der dortigen Südpol-Location ein paar laute Stunden zu verbringen. Ich werde über den Konzertreigen und die Feierlichkeiten berichten. Daneben wurden für die Umbaupausen zudem sogenannte «Talk-Sequenzen» mit ausgewählten Künstlern angekündigt. Ein interessantes Konzept. Ich bin schon überaus gespannt, ob zwischen den Gigs meinerseits überhaupt genug Verschnaufpausen vorhanden sind, um solchen Diskussionen beizuwohnen. Von den angepriesenen Shows möchte ich nämlich keine Sekunde verpassen, denn da sind schliesslich reizvolle Protagonisten am Start. Stellvertretend dafür seien beispielsweise Vermilia, Stillbirth oder Belphegor genannt. In diesem Sinne: Auf in den (Herbst-)Sturm!
Belore
Ein idyllisches Waldintro und Vogelgezwitscher kündigen den ersten Act des Events an: Belore aus Frankreich. Die vorgetragenen Klangwelten erinnern sogleich an Cân Bardd oder Shylmagoghnar. An einem Dark Troll oder Wolfszeit Festival würde diese Kapelle garantiert ausgezeichnet zur Geltung kommen. Hauptsache irgendwo auf einer Lichtung. Doch nichtsdestotrotz können sie auch in einer Halle bestehen. Mit ein wenig Fantasie kann man sich den Natur-Anteil ja locker im Kopf hinzudichten. Phasenweise ist der Gesang gar dreistimmig und in der Person von Matthieu Favre mischt obendrein ein Flötist mit. Eindeutig ein vielversprechender Auftakt.
Leider stellt sich ein Gast bereits zu dieser frühen Stunde etwas ungeschickt an und verschüttet prompt den hochgepriesenen Gerstensaft. «Rest in Beer», kann man da nur sagen. Fairerweise muss man dem Typen zugutehalten, dass er sich direkt ein Tuch organisiert und die entstandene Pfütze selbst aufwischt. Solche Aktionen zeigen einem jeweils wieder, weshalb man sich gerne in der metallischen Szene tummelt.
Metal Talk: Stillbirth
Im Eingangsbereich auf dem Podest startet nach dem Belore-Auftritt das erste «Metal Talk»-Interview. Am Mikrofon zu Gast ist Stillbirth-Fronter Lukas Swiaczny. Da lausche ich gerne mit. Einerseits verfügt der gute Mann über ein tiefes Stimmorgan, welchem man stundenlang zuhören könnte und auf der anderen Seite erhält man lehrreiche Einblicke hinter die Kulissen. Stillbirth sei beispielsweise eine DIY-Band («do it yourself») und alle Mitglieder seien daneben berufstätig. Die ganzen Touren wären jeweils bloss dank der «Opferung» aller zur Verfügung stehenden Urlaubstage möglich. Solche Aussagen sind dann schon immer wieder ein knallharter Realitätscheck und zeigen uns, dass wir unsere auf der Bühne umherturnenden «Helden» niemals als selbstverständlich betrachten sollten. Behaltet dies stets im Hinterkopf, falls ihr euch auf die Fahne geschrieben habt, unsere Szene tatkräftig zu unterstützen.
Waldgeflüster
Die aus München stammenden Waldgeflüster setzen für die Dekorationsschiene auf «nette» Knochenbäumchen. Sänger Winterherz und Klampfer Dominik Frank führen ein sanftes Intro ins Rennen. Davon sollte man sich allerdings keinesfalls täuschen lassen, denn danach erfährt das Spieltempo eine rasante Steigerung. Die Mädels um mich herum klassifizieren den Fronter als hübschen Burschen. Diese Urteile überlasse ich lieber ihnen und fokussiere mich derweil auf das dargebotene Liedgut. Wir bekommen es mit längeren Stücken zu tun, in denen sich grobe Sequenzen und gemächlichere Abschnitte geschickt abwechseln. Mitgröl-Parts tauchen ebenfalls auf. Zudem werden unsere Augen von einem regelrechten «Scheinwerfer-Gewitter» bombardiert. Zusammenfassung: Dieser Wald flüstert aber verdammt laut!
Dehumanizing Itatrain Worship
Den Metal Talk mit Belore verpassen wir leider, da wir schlichtweg jämmerlich am Stillbirth-Merchandise-Stand hängenbleiben. Diese Teufelskerle haben einfach abermals viel zu viel geiles Material mitgebracht. Wer da ohne Geldbörsen-Entleerung durchkommt, ist mir freilich ein Mysterium. Als vom Bühnensaal jedoch wieder Krach erklingt, düsen wir umgehend dorthin.
Ach, du meine Fresse! Uns werden gnadenlose, fiese Slam-Attacken (made in China) vor den Latz geknallt! Falls jemand auf irgendwelche «Anime-Manga-Püppchen» gehofft hat, wird er bitter enttäuscht. Diese Figürchen würden bei diesem Sound allerhöchstens blutig geschreddert werden. Die Jungs walzen alles nieder – und es macht unglaublich Spass, ihnen dabei zuzusehen. Die Nackenmuckis werden sich morgen wahrscheinlich heftig beschweren, aber das blende ich grosszügig aus. Zwischendurch liegen gar melodiöse Soli als Kontrast drin. Extrem sympathisch ist auch die eine hochdeutsche Ansage, welche Mikrofonhüter Kiryu Zhang raushaut. Als einziger Wermutstropfen verbleibt das zehn Minuten zu früh eintretende Show-Ende. Dehumanizing Itatrain Worship würde ich aber definitiv wieder einmal in der Schweiz willkommen heissen.
Vermilia
Der Waldgeflüster-Metal Talk fällt blöderweise ebenfalls irgendwelchen Merch-Einkäufen und Plaudereien mit anderen Besuchen zum Opfer… Die Performance der «Suomi-Waldhexe» Vermilia erleben wir hingegen von A bis Z. Die Gruppe agiert als Quartett und die Saitenhexer verbergen ihre Antlitze unter Kapuzen. Der Gesang ist ein Gemisch aus klaren Passagen und Gekrächze. Die Mucke ist zweifellos der pure Gegensatz zum Abriss-Kommando von Dehumanizing Itatrain Worship. Wahrscheinlich kommt die ganze Geschichte deshalb nicht sonderlich zur Geltung. Irgendwie klemmt der Umlege-Schalter bei der Aufnahmefähigkeit des Publikums (und ja, mir geht es genauso). Erst im Schlussteil fruchtet die «Schamanen-Magie» langsam. Der zweitletzte Track ist saustark und facettenreich und das Finale vermag gleichermassen zu gefallen. Ähnlich wie Belore könnten Vermilia auf einer Waldlichtung wahrscheinlich deutlich besser auftrumpfen.
Stillbirth
Um 20.15 Uhr – Primetime ahoi! – bitten «unsere» tödlichen Surfer-Boys zum Tanz. Jep, so langsam sollte man sie effektiv in der Schweiz einbürgern. Wer möchte eine entsprechende Petition starten? Das energiegeladene Viererpack sorgt augenblicklich für wilde Pit-Eskalationen! Da fliegen plötzlich Strandbälle und aufblasbare Bongs durch die Gegend. Etliche Teile des Publikums rennen im Kreis herum und selbst eine Wall Of Death kann erfolgreich durchgezogen werden. Kultige Lieder der Marke «Steuerklasse 1 und keiner sagt danke» verfehlen ihre Wirkung keinesfalls. Lukas Swiaczny ist diskussionslos ein überragender Frontmann! Er verrät uns zudem, dass Stillbirth eine Partnerschaft mit der in Baar ansässigen Götter Brauerei (welche ja ebenfalls eng mit Metal Storm Concerts zusammenarbeitet) eingegangen sind. Ob nun demnächst ein «Hanfbier» auf den Markt kommen wird? Lassen wir uns überraschen.
Belphegor
Ein Indiz für eine unmittelbar bevorstehende Belphegor-Zeremonie sind stets die in der Luft herumfliegenden Weihrauch-Schwaden, die sich hinterlistig in den anwesenden Nasenhöhlen festbeissen. Mit etwas Verspätung legen Helmuth und seine Mitstreiter dann um 21.45 Uhr los. Das Ritual wird unbeeindruckt und gewohnt souverän durchgezogen. Im Hintergrund feuert der Schiessbudenmeister aus allen Rohren. Das Publikum wird erbarmungslos mit Blastbeat-Salven eingedeckt. «Baphomet-Huldigungen» gehören hier zum guten Ton. Nach der Absage am diesjährigen Bullhead Festival bin ich zweifellos dankbar, Belphegor 2025 doch noch live in Aktion erleben zu dürfen. Und die Herrschaften enttäuschen wahrlich nicht.
Phrymerial
Gewisse Gesetze sind an solchen Festival-Veranstaltungen unumstösslich. Irgendeiner muss die ganze Nummer eröffnen und einige Stunden später muss ein anderer in die Rolle des Rausschmeissers schlüpfen, um die Angelegenheit ihrem Abschluss entgegenzuführen. Der letztgenannten Aufgabe nehmen sich die Spanier von Phrymerial an. Da rumpelt es aber ordentlich im Karton. Finale Pits, Mosh-Aktivitäten und Schweinequieken lassen nicht lange auf sich warten. Diese Katalanen sind fürwahr eine lohnenswerte Entdeckung! Schade nur, dass sich die Zuschauerreihen mittlerweile arg gelichtet haben. Und auch meine Wenigkeit tritt während des letzten Stücks langsam den Rückzug an, damit die Heimreise mit dem öffentlichen Verkehr wie geplant klappt. Phrymerial würde ich mir allerdings definitiv wieder einmal reinziehen.
Das Fanzit – Metal Storm Over Luzern – Chapter IV
An der vierten Metal Storm Over Luzern-Ausgabe hinterliessen hauptsächlich Belore, Dehumanizing Itatrain Worship, Stillbirth und Phrymerial bleibende Eindrücke. Abermals war die Sause zufriedenstellend organisiert und verlief völlig reibungslos. Der fünfte Streich kann gerne kommen! Das «Metal Talk»-Konzept war ebenfalls spannend, aber leider habe ich trotzdem lediglich eine Diskussionsrunde miterlebt. Eventuell müsste man dies in einem separaten Rahmen aufziehen oder mehr Zeit dafür einplanen (und zusätzlich an gewisse Leute wie mich denken, die sich leider häufig zu leicht von irgendwelchen Merchandise-Angeboten ablenken lassen).

