Metalinside.ch - Lordi - Konzertfabrik Z7 Pratteln 2018 - Foto Steve
Fr, 23. November 2018

Lordi, Silver Dust, Follow The Cipher

Z7 (Pratteln, CH)
/ 04.01.2019

Von Sex und Exorzismus

Sexorcism! Der Titel des aktuellen Lordi-Albums steht stellvertretend für das gesamte Werk der Finnen. Theatralischer Grusel, einige Wortspiele, eine gewisse Portion Perversität (wobei diese auf «Sexorcism» besonders hoch im Kurs ist): das ist es, worauf Lordi sich seit über 25 Jahren abstützen. Am 23. November beehrten uns die Schock-Rocker zusammen mit den schwedischen Durchstartern Follow The Cipher und den jungen Welschen Silver Dust im Pratteler Z7.

Noch lange vor der Tour gaben Lordi bekannt, am heutigen Tag (welcher gleichzeitig das Ende dieses Tourteils bezeichnet) ihre allererste Live-DVD aufnehmen zu wollen. Während ihrem Auftritt wird Mr. Lordi uns erzählen, wie sehr ihnen das Z7 gefällt, dass sie immer wieder gerne kommen und dass es ihnen eine Ehre ist, die Dreharbeiten hier durchführen zu dürfen.

Leider zieht dieser Dreh auch organisatorische Konsequenzen mit sich: Kurz vor 17 Uhr teilt das Z7 in den Social Media mit, dass der Zeitplan geändert wurde: Ausserhalb der Schweiz eröffneten jeweils Silver Dust, welche vor Follow The Cipher spielten. In der Schweiz (also heute und in Buchs, wo pam für Metalinside anwesend war) eröffnen allerdings FtC, und als Pünktchen auf dem i wollen Silver Dust auch noch eine DVD drehen. Lordi spielen zwei volle Stunden und auch FtC wollen ihre 45 Minuten nicht kürzen. Konsequenz: Der Beginn wird vorverschoben. Schade, denn ich hätte FtC, für mich bis zu diesem Zeitpunkt DIE Newcomer des Jahres, gerne von Anfang an gesehen. Liebe Bands, Management, Z7-Crew oder wer auch immer da gebockt hat: Es wäre bestimmt möglich gewesen, die Fans einige Tage früher und nicht zweieinhalb Stunden vor Beginn zu informieren! Doch genug des Mimimi, jetzt folgt der eigentliche Teil des Berichts…

Follow The Cipher

Trotz dieser organisatorischen Panne laufe ich nicht allzu spät in die Halle – «Enter The Cipher» ist gerade am ausklingen. Pinkelgrube und Alu-Humpen müssen warten, jetzt ist Party vor der Bühne angesagt. Nun ja, ob man mit so wenigen Besuchern (bis zum 4. Song, also etwa der eigentlichen Startzeit des Abends, vervierfachen sich die Besucher vor der Bühne) wirklich Party machen kann? Die Leidtragenden des neuen Zeitplans sind leider nicht nur die Fans der Band, sondern auch Follow The Cipher selber. Der durchschnittliche Z7-Besucher kommt eben nicht schon lange, bevor die erste Band beginnt.

Trotzdem ist diese motiviert, das Z7 aufzuheizen! Mit den Songs ihres ersten, selbstbetitelten Albums geben sie den Anwesenden eine Kostprobe ihrer Musik. Diese wird mit variierendem Enthusiasmus aufgenommen, und tatsächlich finde auch ich den Auftritt nicht besonders stark. Motivation und Spiellust scheinen da zu sein, das Können sowieso – doch irgendwie bringen die Schweden um Ken Kängström dies nicht so ganz rüber. Bei «Carolus Rex», bei dessen Komposition Ken den Sabaton-Sänger Joakim Bróden unterstützte, geht das Publikum dann doch ein klein wenig ab. Als beim Schlusstrack «Valkyria» noch ein wenig Growls dazukommen, reissen die Musiker doch noch viele auf ihre Seite, um allerdings gleich darauf die Bühne zu verlassen.

Schlussendlich bin ich leider ein wenig enttäuscht von diesem Auftritt, hatte ich doch aufgrund des starken Debütalbums und der Live-Videos von den Sommer-Festivals eine gewisse Erwartung an die Band. Wenn ich im Nachhinein Pams Bericht über den Gig in Buchs lese, schliesse ich daraus, dass das heute wohl nicht nur ein kleiner Knick war, sondern Follow The Cipher live tatsächlich noch nicht richtig überzeugen. Innerlich hoffe ich aber ganz stark, dass die Truppe mit der rothaarigen Frontfrau Linda bis zum nächsten Z7-Gig (als Vorband von Amaranthe am 2. Februar) dazulernt und dann die zweite Chance richtig nutzt.

Setliste Follow The Cipher

  1. Enter The Cipher
  2. A Mind’s Escape
  3. Winterfall
  4. Play With Fire
  5. Carolus Rex
  6. I Revive
  7. The Rising
  8. Titan’s Call
  9. Valkyria 

Silver Dust

Diese Band aus der französischsprachigen Schweiz kannte ich bis zur Ankündigung der Vorbands tatsächlich noch nicht. Als Lordi das letzte Mal in die Schweiz kamen (damit meine ich nicht Buchs, sondern die 2016er-Tour), waren Silver Dust zwar auch schon dabei, ich war allerdings verhindert. So bin ich gespannt auf diesen Auftritt, geniesse aber die erste Hälfte davon an der Bar stehend.

Von hier hinten aus sehe ich nicht die gesamte Bühnendeko, aber den in ein Bild eingebauten Bildschirm erblicke ich knapp. Der Silverstaub betritt die Bühne und die edel-düster gekleideten Musiker beginnen sofort mit ihrem Spektakel. Die Stimmung ist schon ganz anders, dem Publikum scheint der Auftritt zu gefallen. Zwischendurch sackt der Sound für mich zu sehr ins Gotische, überhaupt nicht mehr Rockige ab. Showtechnisch scheinen die Jungs aber einiges richtig zu machen und so begebe auch ich mich (früher als geplant) wieder in die Menge. Insbesondere das französischsprachige Publikum, welches heute noch zahlreicher anwesend ist als an anderen Konzerten im Pratteler Metal-Tempel, sorgt für mächtig Stimmung vor der Bühne und tatsächlich macht der Auftritt von hier aus richtig Spass. Runter in die Knie, hoch, rumhüpfen, tanzen – wo ist denn gleich noch das Düstere von vorher? Ach, was solls, diese Jungs werde ich wohl im Auge behalten. Vielleicht kann ich sie nach dem Kennenlernen ihrer Musik auch ein bisschen besser in ein bestimmtes Genre einordnen – wobei mich aber gerade diese Bands faszinieren, die sich nicht einfach so einordnen lassen. Auf jeden Fall haben Silver Dust heute absolut berechtigt nicht eröffnet, sondern den zweiten Slot gespielt!

Lordi

Vor dem eigentlichen Auftritt läuft erst einmal «God Of Thunder» von Kiss – einem der ganz grossen Vorbilder von Mr. Lordi und seinen Mannen! Das Publikum singt fleissig mit und gleich danach geht es los mit dem neuesten Titeltrack «Sexorcism». Der Song ist kein schlechter Start in den Abend, aber als nach dessen Ende der «Monsterman»-Chor ertönt, schlägt das Herz jedes Lordi-Fans gleich viel höher. Wie geil ist das denn! Lordi bringen heute generell eine sehr coole Songwahl mit sich. Auf der Setliste stehen neben den neueren, ganz grossen Nummern à la «The Riff» und «Nailed By The Hammer Of Frankenstein» auch ältere Songs wie der Klassiker «Rock The Hell Outta You». Trotzdem fehlen mir einige Nummern, z.B. «Babez For Breakfast» oder «Not The Nicest Guy». Aber was solls, zwei Stunden Show sind ja wohl genug und man kann sich wirklich nicht über die Songwahl beklagen! Auch musikalisch sind Mr. Lordi, Amen, Ox, Mana und Hella in absoluter Topform, was nicht nur bei den eigentlichen Songs, sondern auch bei den vielen Soli bewiesen wird (Okay, das Techno-Gedöns bei Ox’s Basssolo müsste echt nicht sein…).

Showtechnisch geben die Jungs wieder einmal Vollgas, sei es mit dem grossen Tor in der Mitte, aus der dann auch mal eine Puppe auf das Publikum hinzu schwebt; mit den herausgeworfenen Snickers; mit dem künstlichen Schnee bei «It Snows In Hell»; mit der Theater-Einlage bei «SCG9»; mit der nackten Darstellerin bei «Naked In My Cellar»; mit dem umherspritzenden Blut oder mit den sich aufblasenden Flügeln, welche dieses Mal schon vor dem finalen «Hard Rock Hallelujah» zum Einsatz kommen. Lordi liefern weit mehr als nur ein Konzert, viel mehr einen ganzen Abend Unterhaltung mit rockiger Untermalung. Meiner Meinung nach übertrifft keines der heutigen Elemente die Szene von einer vergangenen Tour, als bei «How To Slice A Whore» eine blutige Schlachtung vorgeführt wurde. Als Gesamtpaket überzeugt die heutige Show aber durchaus! Klar, wirklich «gruselig» wird es nie, aber das schafft ja auch Alice Cooper nicht. Wer sich gruseln will, soll die Geisterbahn besuchen oder sich einen Horrorfilm reinziehen – ans Lordi-Konzert geht man des Gesamtfeelings wegen.

Merchandise-technisch wurden die Finnen wahrscheinlich ein wenig überrumpelt. Logisch, es ist der letzte Tourtag, aber dass von vielen Shirts nur noch die Grössen S oder dann 3XL verfügbar sind, ärgert viele Fans. Ich hätte mich ja mit dem Shirt zufriedengegeben, es hätte keine Lordi-Schokolade und keinen «Lordildo» gebraucht… Naja, vielleicht das nächste Mal.

Die heutige Show ist den Finnen sehr gelungen. Klar, aus mir spricht auch ein kleiner Lordi-Fanboy, aber zu kritisieren gibt es da wirklich nicht viel. Die Musik mag vielleicht einfach gestrickt sein (ist ja auch kein Prog Metal oder so), die Band mag sich selber nicht ernst genug nehmen (genau hier liegt aber vielleicht der Erfolg) und alles scheint eine nicht zu vernachlässigende Spur übertrieben (auch der Kostüm-Kitsch, den Pam in seinem Bericht erwähnt), aber als Gesamtes überzeugt das Spektakel und so verlassen viele glückliche Besucher das Z7.

Setliste Lordi

  1. Sexorcism
  2. Would You Love A Monsterman?
  3. Missing Miss Charlene
  4. Your Tongue’s Got The Cat
  5. Heaven Sent Hell On Earth
  6. Killjoy
  7. Drum Solo
  8. Rock The Hell Outta You
  9. Blood Red Sandman
  10. It Snows In Hell
  11. Keyboard Solo
  12. She’s A Demon
  13. Slashion Model Girls
  14. Naked In My Cellar
  15. Rock Police
  16. Bass Solo
  17. Hug You Hardcore
  18. SCG9: The Documented Phenomenon
  19. Evilyn
  20. The Riff
  21. Gitarrensolo
  22. Nailed By The Hammer Of Frankenstein
  23. Who’s Your Daddy
  24. Amen’s Lament To Ra*
  25. Devil Is A Loser*
  26. Hard Rock Hallelujah*

*Zugaben

Das Fanzit

Der Start in den Abend wurde einigen Fans und auch dem Opener Follow The Cipher durch die sehr kurzfristige Kommunikation der Zeitplan-Änderung leider ein wenig vermiest. Die Schweden probierten dennoch, das Ruder noch rumzureissen, doch leider vermochten sie es nicht, mich restlos zu überzeugen. Trotzdem werde ich auch am 2. Februar wieder vor der Z7-Bühne stehen und hoffe, dass es das nächste Mal besser klappt.

Die nächste Band, die welschen Silver Dust, brachten verschiedene Einflüsse zusammen und sorgten von Beginn weg für eine grandiose Stimmung unter den mehrheitlich französischsprachigen Fans. Für die Aufnahmen für ihre Live-DVD war das Z7 wohl der ideale Ort. Mich hat die Band überzeugt, und ich werde mir auch ein nächstes Mal ihren Gig wieder zu Gemüte führen, wenn sich unsere Wege kreuzen.

Der heutige Headliner machte danach alles richtig! Die sehr gute Songwahl, gekoppelt mit der Spielfreude und den vielen Show-Elementen lassen diesen Auftritt einen ganz besonderen Abend werden. Es war vielleicht nicht das Beste Lordi-Konzert aller Zeiten, aber es zeugte durchaus vom hohen Standard der Shows. Ich freue mich auf die DVD und natürlich auf das nächste Wiedersehen mit den finnischen Eurovision-Gewinnern!

 Fotos Lordi, Silver Dust, Follow The Cipher – Z7 Pratteln 2018 (Steve)


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/ 04.01.2019
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