German Tank Back on Tour
Ich wiederhole mich wahrscheinlich wieder. Aber das ist kein Wunder, den Udo Dirkschneider, the „German Tank“, ist ein Fossil der Metal-Geschichte.
Domi: Gerne würde ich mal erfahren, wie viele Konzerte er in seinem Leben schon performt hat. Wahrscheinlich weiss er das nicht mal mehr selbst und zwar nicht bezogen auf sein Alter und einer allfälligen Gedächtnisschwäche, sondern weil es einfach zu viele sind.
Udo Dirkschneider markiert ganz einfach ein Teil der neuzeitlichen Metal-Geschichte und es macht auch heute noch Freude seine Konzerte zu besuchen, da er auch mit seinem gestandenen Alter in keinem Moment den Eindruck erweckt den richtigen Zeitpunkt für einen allfälligen Absprung aus dem Rampenlicht verpasst zu haben. Oder wie siehst du das Kollege Kaufi?
Kaufi: Ziemlich ähnlich. Zwar hat er irgendwann mal angekündigt, dass er keine Accept-Songs mehr spielen wird, doch dies hat er auf elegante Weise umgangen. Heute weiss man: Unter dem Label „Dirkschneider“ gibt es Material seiner ehemaligen Band zu hören, während unter „U.D.O.“ die Songs seiner mittlerweile auch schon mehr als fünfzehn Alben grossen Solo-Historie im Zentrum stehen. Und live ist der Deutsche in einer Kategorie mit Rob Halford oder Biff Byford einzustufen: Trotz des Alters liefert er einfach ab. In dieser Form darf er gerne noch eine Weile weitermachen.
All for Metal
Domi: Von Anfang an ist klar. Am Engagement und der Motivation dieser Band soll es absolut nicht liegen. All for Metal legen gleich brachial los. Dies überträgt sich auch sofort auf das Publikum, welches von Anfang an mitgeht. Die beiden Stimmen – Tim „Tetzel“ Schmidt und Antonio Calanna – machen das sehr symphatisch, duellieren und schaukeln sich gegenseitig in die Hymnen, welche performed werden. Auch die Kleidung untermalt den Groove und passt absolut zur Stimmung die verbreitet wird. Die beiden Frauen an den Saiteninstrumenten tragen mit ihren Riffs zum Gesamtbild vieles bei. Trotzdem wirkt die Show für mich stellenweise zu „gestellt“ oder zu „gefällig“. Manchmal wirkt für mich die Perfomance auch ein wenig zu theatralisch.
Kaufi, wie siehst du das? Wohl ein wenig anders oder?
Kaufi: Ha, da gehen unsere Meinungen weit auseinander! All For Metal haben mich vor zwei Jahren mit ihrem Debütalbum komplett aus den Socken gehauen. Geilster Power Metal, gespickt mit massenhaft Klischees, bei denen jeder Szenepolizist grösste Blutdruckprobleme bekommt. Der Sound mit dem klaren Gesang von Calanna und dem eher bösen, düsteren Vibe von Tetzel ist ein weiteres Puzzleteilchen im Gesamtwerk, welches All For Metal von anderen „normalen“ Power Metal Bands abhebt.
Zugegeben: Bei den Live-Shows müssen die Damen und Herren insgesamt schon etwas aufpassen, dass es nicht ZU kitschig wird. So haben sie beispielsweise – wie auch Feuerschwanz – Tänzerinnen dabei, die dann selbst für mich fast zu viel des Guten sind. Heute jedoch sind diese nicht am Start, es stehen „nur“ die sechs Musiker und Musikerinnen auf der Bühne. Das passt!
Und so folgen sieben Hymnen (sechs davon vom Erstling!), die hier zelebriert und vom Publikum abgefeiert werden. Neben Kraftprotz Tetzel sticht Gitarristin Jasmin heraus, welche ihre Riffs messerscharf aus ihrer Klampfe jagt. Bassist Flo zeigt sich derweil noch durchgeknallter als sonst, jagt den Rest der Band von der Bühne – und spielt auf dem Tieftöner die Schweizer Nationalhymne an!
Die Spielzeit ist für die meisten Anwesenden viel zu kurz (gut, Metal Factory Kollege Tinu gehört hier nicht dazu… 😉 ), doch die Ohrwürmer fressen sich dennoch gnadenlos durch die Gehörgänge. Und gewisse Showeinlagen (Tetzel trägt Calanna locker auf seiner Schulter) gehören einfach dazu. Herrlich! Sogar eine Spitze gegen Feldschlösschen kann sich der Sänger nicht verkneifen – scheint so, als ob er andere Marken bevorzugt. Ich würde es noch bevorzugen, All For Metal bald möglichst wieder live zu erleben, dann bitte mit deutlich längerer Spielzeit!
Crownshift
Domi: Die nächste Band am heutigen Abend passt genau genommen eigentlich nicht ins Paket…denn sie ist sicher diejenige Band, welche die härteste Musik vom Stapel lässt. Aber genau dieser Aspekt spricht gleich auch für Crownshift. Die Power, welche hier druckvoll von der Bühne Richtung Publikum kommt ist schier überwältigend. Auffallend vor allem Sänger Tommy Tuovinen, der das ganze Set mit absolutem Vollgas bestreitet und keinen Moment locker lässt, was wiederum sehr sympathisch wirkt. Zudem schaffen es die Finnen eine unheimliche musikalische Atmosphäre in die Halle des Z7 zu zaubern. Trotz der eher todesmetallischen Klängen mache ich klare Melodiebögen aus.
Nochmals, ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Band passt zwischen der Zange von All for Metal und Dirkschneider. Aber sicher hat sie Potenzial und hat nüchtern betrachtet einen tollen Auftritt hingelegt. Mag aber gut sein, dass die Fans von eher klassischem Rock und Metal in dieser Zeit ausserhalb der Halle Verpflegung und Getränke zu sich genommen haben, denn die Halle war während der Stage Zeit von Crownshift doch eher weniger gefüllt als vorher und nachher.
Was meinst du dazu Kollege Kaufi?
Kaufi: Ehrlich gesagt – nicht viel. Ich habe von den Finnen ein paar Minuten auf der Cruise gesehen und das da erstaunlicherweise noch ok gefunden. Doch hier mache ich meine Fotos und bin dann weg. Alles, was ich noch erwähnen kann: Der letzte Song ist ein Cover, „Black Velvet“. Gemäss den Metalinside-Kollegen einer der am häufigsten nachgespielten Hits. Nääh. Nix für mich.
Dirkschneider
Domi: Es ist einfach schon wahnsinnig, was dieser Mensch in seiner Laufbahn alles erreicht hat. Und es ist noch unglaublicher, dass er nach wie vor gesanglich wie auch als Person mit der gleichen Leidenschaft und Motivation auf den Bühnen steht wie vor 20 Jahren.
Auch heute Abend zieht Dirkschneider alle Register. Dies vor allem weil er mit seiner Band das komplette „Balls to the Wall“ Album durchzockt. Aber der Reihe nach. Davor geht es aber bereits mit anderen Songs bereits mit Furioso los, so zum Beispiel der Eingangstrack „Fast as a Shark“ welcher den Abend gebührend einläutet und schon mal ein Statement für den Abend ist. Spätestens mit „Metal Heart“ überzeugt Dirkschneider die letzten im Publikum und es wird mitgesungen bis sich die Dachbalken biegen.
Nach vielen Accept-Klassiker, geht’s quasi in Akt Nummer zwei und in diesem Teil des Konzerts wird eben das angesprochene Album wirklich von Anfang bis Ende durchgespielt. Für Dirkschneider Fans natürlich der Himmel auf Erden und das Paradies gleichzeitig.
Die Band wirkt eingespielt, aber kein Funke von Müdigkeit ist zu spüren und dies den ganzen Abend durch. Alle sind sichtlich in positiver Spiellaune, was der Mimik der Akteure sichtlich abzulesen ist.
Nach dem Album zieht Dirkschneider weiter in den dritten und letzten Teil des Konzerts. Jetzt krachts nochmals gewaltig mit „Princess of the Dawn“ oder mit dem Schlusstrack „Burning“. Die Halle ist nun sowieso nicht mehr zu stoppen. Vor allem bei „Princess of the Dawn“ geht die Musik vor lauter Gesang fast unter und das Publikum scheint lauter als die Hauptakteure zu sein.
Kollege Kaufi, wie siehst du die Leistung der lebenden Legende?
Kaufi: Wahnsinn. Mancher sagt nach dieser Show, dass dies das beste Accept-Konzert gewesen sei, was sie je gesehen hätten. Was Udo Dirkschneider hier abliefert, ist riesengrosses Kino. Ich hatte ja schon die Freude, die Truppe auf der 70‘000 Tons of Metal zu sehen. Auch da hat er das Accept-Meisterwerk gespielt: Chronologisch, also wirklich mit „Balls To The Wall“ als Opener. Das habe ich heute auch erwartet – doch oha. Erstens kommt es anders…
Denn zuerst brettern gleich mal massenweise Accept-Klassiker aus den Boxen. „Midnight Mover“ – immer ein Favorit von mir. „Breaker“, „Metal Heart“ – und dann die Ballade „Breaking Up Again“, gesungen von Bassist Peter Baltes. Dazwischen ertönen immer wieder laute „UDO! UDO“- Rufe, welche den Sänger fast sprachlos machen. Wahrlich mehr als „nur“ ein Auftakt nach Mass.
Dann ist es soweit: Bälle an die Wand! Es folgt das komplette „Balls To The Wall“ Album, auch hier natürlich chronologisch. Während man den Titeltrack, „London Leatherboys“ oder „Losers And Winners“ kennt, hat man Dinge wie „Fight It Back“ oder „Guardian Of The Night“ kaum je live gehört. Und andere chlönen seit vierzig Jahren über „Winterdreams“ – ich selber finde dies eine der geilsten 80er Balladen überhaupt. Genau diese Winterträume beenden dann den regulären Teil.
Die Zugaben – Domi hat das schon erwähnt. Persönlich finde ich „Princess Of The Dawn“ zwar völlig ausgelutscht, doch die Stimmung im Z7 überbordet hier komplett. „Burning“ als grosses Finale ist wahrlich noch das Tüpfli auf dem i.
Das Fanzit – Dirkschneider, Crownshift, All for Metal
Domi: Ich würde den heutigen Abend im Z7 als «legendär» bezeichnen. Dies aus mehreren Gründen; Zum einen, da ein ganzes Album durchgespeilt wurde, zum anderen, da ich grossen Respekt für Udo Dirkschneider empfinde, der es wirklich jedes Mal wieder schafft das Publikum zu überzeugen und eine durchwegs konstante Leistung zeigt. Eventuell würde ich bei der Zusammenstellung der Support-Bands eine noch passendere Auswahl treffen, aus meiner Sicht war Crownshift zwar super, aber nüchtern betrachtet ein bisschen quer in diesem Paket.
Lieber Udo, falls du das liest: Mach noch ganz lange so weiter. Ich freue mich dich in Wacken bereits wieder sehen zu dürfen.
Kaufi: Legendär? Ja, das kann man so stehen lassen. Was Udo Dirkschneider mit seiner Truppe heute Abend gezeigt hat, ist so schnell nicht zu toppen. Natürlich – die Songs sind allesamt Klassiker vor dem Herrn. Was eher beängstigend ist: Auch wenn es massenhaft Nachwuchs in unserer Szene gibt, solche Legenden wird es kaum mehr geben. Ich wüsste jedenfalls wirklich keine Band, die eines Tages Accept / Dirkschneider, Maiden oder Priest das Wasser reichen könnte. Mein Fanzit: All For Metal sind eine saucoole Truppe, denen ich viel Erfolg wünsche für die weitere Zukunft! Und Dirkschneider haben heute das beste Accept-Konzert gespielt, welches ich je gesehen habe.
Die Setlist – All For Metal
- All For Metal
- Fury Of The Gods
- Raise Your Hammer
- Born In Valhalla
- Mountain Of Power
- Gods Of Metal
- Goddess Of War
Die Setlist – Crownshift
- If You Dare
- The Devil’s Drug
- Rule The Show
- My Prison
- Mirage
- Stellar Halo
- A World Beyond Reach
- Black Velvet
Die Setlist – Dirkschneider
- Fast As A Shark
- Living For Tonite
- Midnight Mover
- Breaker
- Flash Rockin‘ Man
- Metal Heart
- Breaking Up Again
- Balls To The Wall
- London Leatherboys
- Fight It Back
- Head Over Heels
- Losing More Than You’ve Ever Had
- Love Child
- Turn Me On
- Losers And Winners
- Guardian Of The Night
- Winterdreams
- Princess Of The Dawn*
- Up To The Limit*
- Burning*
*Zugaben