Metal Storm Offspring 2019 - Schuur Luzern - Flyer
Sa, 9. Februar 2019

Metal Storm Offspring 2019 – Aephanemer, Sickret, Xordia, Soldiers Bloodcraft u.a.

Schüür (Luzern, CH)
17.02.2019
Metal Storm Offspring 2019 - Schuur Luzern - Flyer

Bühne frei für den Metal-Nachwuchs 

Die Metal Storm-Crew ermöglichte acht jungen Bands aus der lokalen Szene am Samstagabend anlässlich des Metal Storm Offspring 2019 die Chance, sich in der Luzerner Schüür vor einem interessierten Publikum beweisen zu können. Dabei boten insbesondere die Akteure, welche im Saal auftraten, überzeugende Leistungen. Als «Zückerli» gab’s mit den Franzosen von Aephanemer dann zum Abschluss sogar noch eine neunte Truppe auf die Lauscher. Eine ausführliche Analyse zu dieser ganzen Angelegenheit kann den nachfolgenden Zeilen entnommen werden. 

Die gräuliche, depressive Winteratmosphäre gönnt sich heute einen kurze Pause. Man könnte beinahe schon von frühlingshaften Temperaturen sprechen. Aufgrund dessen pilgern meine Freunde und ich bestens gelaunt in die Zentralschweiz. Das Ziel? Die Schüür in Luzern. Die jungen Wilden sollen es heute richten. Viele Schweizer Nachwuchs-Metal-Kapellen haben in letzter Zeit für ihre Engagements verdientermassen Lob erhalten. Unsere Szene vermag tatsächlich mit einem beeindruckenden Facettenreichtum aufzutrumpfen. Dem steht allerdings leider ein Negativaspekt gegenüber: Solche Events müssen sich oftmals mit schwachen Zuschauerzahlen herumquälen. Häufig ist ein riesiger Aufwand notwendig, um Herr und Frau Schweizer zu Konzertbesuchen von lokalen Bands bewegen zu können. Tritt dafür irgendeine internationale Grösse auf, sind die jeweiligen Hallen eigentlich immer ausverkauft. Dabei sollte man nie vergessen, dass auch diese Künstler einmal ganz klein angefangen haben. Bleibt zu hoffen, dass sich das heutige Programm der Metal Storm-Crew an einer angemessenen Unterstützung erfreuen darf.

Circa um 17.30 Uhr treffen wir am Ort des Geschehens ein. Die heutigen Gigs werden abwechselnd auf der kleinen EG-Bühne und auf der grösseren «Spielwiese» im Obergeschoss-Saal stattfinden. Mit Ausnahme eines kleinen Zeitfensters vor dem Headliner sind keine Unterbrüche eingeplant. Wer sich also alle Truppen antun möchte, hat ein ziemlich straffes Programm vor der Brust. Den Stärkungstrunk, der zum Überstehen dieses Konzertreigens benötigt wird, finden wir wie üblich an der Bar. Mal schauen, was Band Nummer 1 zu bieten hat.

A Lost Game

Die «hässigen Dudes» aus Horw (einem südlichen Vorort von Luzern) machen den Anfang. Premieren-Zeit! Die erst seit zwei Jahren aktive Band zelebriert hier und heute nämlich ihren allerersten Auftritt überhaupt. Das wollen sich offenbar Familie und Freunde keinesfalls entgehen lassen. Zu diesem frühen Zeitpunkt trotzdem schon eine kleiner Zuschauertraube vor der Bühne zu sehen, ist zweifelsohne eine tolle Sache.

Das junge Quintett zockt einen Mix aus Metalcore und Deathcore. Zugebenermassen nicht unbedingt meine bevorzugten Genres, aber es hört sich ansprechend an. Als sie sich ab dem zweiten Stück Unterstützung in Form einer Kollegin und ihrer Geige auf die Bühne holen, wird’s richtig interessant. Was kommt jetzt? Zu Beginn klingt’s zwar noch ein bisschen schief und gewöhnungsbedürftig, aber bei den nachfolgenden Tracks vermag das ungewöhnliche Gemisch immer besser zu gefallen. Ich würde das Ganze als «Lindsey Stirling meets Metalcore» bezeichnen. Meine Kollegen rätseln ebenfalls munter an der Stilfrage herum. Irgendwann einigen wir uns schliesslich auf die neue Bezeichnung «Djent-Folk-Core».

Mit der Zeit tauen die ersten Reihen auf und es können erste Publikumsaktivitäten beobachtet werden. Bei der Frage nach Merchandise muss Sänger Dammis die Zuhörerschaft allerdings enttäuschen. Sie hätten noch keine Artikel, aber man könne sie nach der Show auch gerne mit ein paar bezahlten Bierchen unterstützen. Solides Auftritts-Debüt würde ich meinen.

Setliste – A Lost Game

  1. Intro
  2. Run
  3. Fuck This
  4. Metareflaction
  5. Something
  6. Second & Sebring
  7. Butterfly

Soldiers Bloodcraft

Glücklicherweise reizen A Lost Game ihre Spielzeit nicht zu sehr aus. Deswegen können wir ohne Stress die Stufen nach oben in den Saal eilen. Dort werden jetzt dann gleich die Zürcher Todes-Krieger mit ihrem Panzer sämtliche Hindernisse niederwalzen. Aber hey, ist uns überhaupt jemand gefolgt? Die Mehrheit der Leute scheint offenbar lieber im Erdgeschoss zu verweilen. Na los, schwingt eure Allerwertesten hierher!

Nach über einem Jahr Pause kann man Soldiers Bloodcraft nun endlich wieder in Aktion erleben. Der Unterbruch scheint den Herrschaften allerdings gut getan zu haben, denn mit maschinengewehrartigen Salven mähen sie gnadenlos alles nieder. Die anwesenden Nackenmuckis müssen Schwerstarbeit verrichten. Fronter Tobias Gasser brüllt sich seine schwarze Seele aus dem Leib. Gemeinsam mit Jonathan Berney (Gitarre) und Patrick Piatti (Bass) gehört er zum harten Kern der Soldaten. An der zweiten Gitarre ist mit Ramon Locher ein neues Gesicht zu sehen und die Felle werden von Aushilfs-Trommler Tobias (Oral Fistfuck) bearbeitet.

Das ist Death Metal, wie man ihn kennt und liebt. Der Fünfer meldet sich in absolut überzeugender Manier zurück. Da müssen die nachfolgenden Truppen ordentlich aufs Gaspedal drücken, um mit dieser Performance mithalten zu können. Da die Krieger vor kurzem mit den Aufnahmen zu ihrem Debütwerk begonnen haben, werden wir in nächster Zeit sicherlich noch das eine oder andere von ihnen zu hören bekommen.

Setliste – Soldiers Bloodcraft

  1. Intro
  2. Overture
  3. Total War
  4. Crossfire
  5. Worshiping Chaos
  6. Ground Zero
  7. Bloodmarch

AM:PM

Und es geht wieder runter ins EG. Soll noch einmal einer behaupten, dass man an Konzerten keinen Sport machen würde. Totaler Quatsch! In Zusammenhang mit den nächsten Künstlern muss ich gezwungenermassen den «Röschtigraben» zur Sprache bringen. Die Schweiz verfügt nämlich auch in der Romandie (und übrigens ebenfalls im Tessin) über sackstarke metallische Truppen. Leider werden diese in vielen Fällen in der Deutschschweiz gar nicht richtig wahrgenommen, was sehr bedauerlich ist.

Eventuell können AM:PM mit einem gelungenen Auftritt etwas Werbung für den welschen Sektor betreiben. Die Jungs aus Vevey im Kanton Waadt ordnen ihr musikalisches Schaffen den Stilen Melodic Death Metal und Deathcore zu. Sie machen definitiv Stimmung und bringen speziell die vorderste Reihe zum Toben. Sänger Nicolas Bise entscheidet sich dafür, seine Ansagen primär in der englischen Sprache abzuhandeln. Schade eigentlich, denn man müsste seine Wurzeln eigentlich nicht verleugnen. Die verbreitete Abneigung gegenüber Französisch in der Deutschschweiz konnte ich jedoch ehrlich gesagt noch nie so wirklich nachvollziehen. Schliesslich haben wir es ja alle in der Schule gelernt. Auf Hass gegenüber Mathematik – nein, der neue Lindemann-Song ist damit nicht gemeint – können wir uns aber meinetwegen gerne einigen.

Setliste – AM:PM

  1. Intro
  2. Rise Of The Mummies
  3. Doomed
  4. Speed Limit
  5. Rugged Road
  6. Stronger Than I

Mnemocide

Todesmetall aus Zürich haben wir bereits gehört. Nun gibt’s die Basler Variante. Mnemocide treiben erst seit 2017 ihr Unwesen in der Szene. Im Folgejahr kam erstes Material in Form der EP «Debris» auf den Markt. Metalinside-Kollege Jürgen Fieschi hat zu diesem Werk ja bereits eine Kritik verfasst. Die Truppe wurde von ihm als spieltechnisch einwandfrei und durchaus hörenswert eingestuft. Allerdings sei das Gesamtbild nach bloss vier Songs verständlicherweise noch unscharf. Vielleicht kann ich nun Dank des anstehenden Gigs weitere Erkenntnisse gewinnen.

Die Bezeichnung «halbstündlicher Abriss» ist alles andere als unangebracht. Die Herrschaften machen keine Gefangenen. So langsam tauchen auch mehr Leute im Saal auf. Scheinen also doch nicht alle im EG festgefroren zu sein. Angeführt von Front-Hüne Matthias rollt der tödliche Bulldozer ungebremst durch die Gegend. Vereinzelte Passagen klingen zwar ein bisschen monoton, aber ansonsten hat das Quintett einige Nackenbrecher am Start. Im direkten Death Metal-Vergleich waren Soldiers Bloodcraft nichtsdestotrotz ein Spürchen besser.

Setliste – Mnemocide

  1. Crash And Burn
  2. Pointless
  3. Only Shades
  4. Pawns
  5. Collapse
  6. Soul Collector

Fallout Nine

Die anwesende Metalcore-Fangemeinde hat an Fallout Nine aus Meggen wieder viel Freude. Unser Grüppchen hauen die Jungs jedoch nicht vom Hocker und so nutzen wir die Verschnaufpause für einen Toilettenbesuch und die Überprüfung des Merchandise-Angebots.

Xordia

Bisher war die Frauenquote auf beiden Bühnen ziemlich bescheiden. Xordia aus Willisau können daran aber etwas ändern. Mit Alyn (Gesang) und Pit (Keyboard) haben die Alternative Metaller gleich zwei Mädels in ihren Reihen. Die Mikrofonchefin ist eine waschechte Rampensau. An den diversen Posen, die sie hier zeigt, dürfte auch die knipsende Zunft ihre wahre Freude haben. Dank Podesten auf der Bühne können sich die Musiker noch besser in Szene setzen. Der Stil erinnert phasenweise ein bisschen an Dust In Mind.

Wenn die Stimmung schon passt, könnte man ja ruhig einmal eine «Wall Of Death» starten. So zumindest die Idee von Alyn. Leider wird die geplante Aktion ein ziemlicher Schuss in den Ofen, denn das Publikum verschläft seinen Einsatz komplett. Die Sängerin nimmt’s mit Humor: «Das üben wir dann nochmals!».

Was bringt dieser Metal Storm Offspring-Event mit sich? Richtig, man lernt einmal mehr talentierte Bands kennen und kann seinen eigenen Horizont wieder erweitern. Xordia haben es definitiv auf mein Radar geschafft.

Setliste – Xordia

  1. Intro – Burst Into Flames
  2. Break Out
  3. Blue Blood
  4. Penumbra
  5. Cyanide
  6. Paint It Black (Crossfaith-Cover)
  7. Paint The Walls
  8. Exit
  9. Outro

Ticket To Nowhere

Da wir uns anschliessend im Saal mit diversen Leuten verquatschen, habe ich zum Auftritt von Ticket To Nowhere nix zu berichten. Im April des vergangenen Jahres hatte ich meine erste Begegnung mit dieser Kapelle – und zwar im Rahmen der Plattentaufe von Mind Patrol. Das interessante Gemisch von Post-Hardcore und Symphonic Metal ist mir noch in bester Erinnerung geblieben.

Sickret

Limp Bizkit made in Switzerland? Damit kann nur der Sound einer Truppe gemeint sein: Sickret. Die Nu Metaller aus Sursee – der selbsternannten «Metal-City» – haben die Aufgabe, das Publikum vor dem Auftritt des Headliners nochmals so richtig auf Betriebstemperatur zu bringen. Standardmässig sorgt die Performance des Quartetts für gemischte Reaktionen. Einigen, denen das Ganze scheinbar zu nah am «Hip-Hüpf»-Sektor angelehnt ist, wenden sich augenverdrehend ab. Der Rest – zu dem auch ich gehöre – lässt sich von der energiegeladenen Darbietung anstecken und feiert die Jungs frenetisch ab. Der Pit hinter mir droht gar richtiggehend zu eskalieren. Plötzlich fliegt Fronter Timmy Michels ein pinkes Höschen vor die Füsse. So viel zum Thema Eskalation.

Bei der Setliste handelt es sich um einen ausgeglichenen Mix aus den beiden Alben «Hypocritical» (2016) und «Trapped Behind Golden Bars» (2018). Die älteren Tracks «So Sick», «Pomme De Terre» (angekündigt mit den Worten: «Das is’ eine fransösische Söng») und «420» bringen heute ordentlich Bewegung in die Publikumsreihen. Bärenstark, was der Vierer hier zeigt. Wenn Sie Ende des Monats in dieser Verfassung am Greenfield-Contest im Dynamo auflaufen, könnte der Traum von Interlaken alles andere als unerreichbar sein. Nichtsdestotrotz werden die Duelle mit Thorn und Hellvetica sicherlich kein Selbstläufer. Mal schauen, wer das Rennen am Ende machen wird.

Setliste – Sickret

  1. Doomsday
  2. Tortured
  3. Pressure
  4. Revelation
  5. So Sick
  6. Greetings From Babylon
  7. Pomme De Terre
  8. 420

Aephanemer

Wir hinken dem Zeitplan vor dem Gig der letzten Band bloss ein bisschen hinterher – und das überrascht mich im positiven Sinne. Aufgrund der sehr knappen Umbauphasen hätte ich ehrlich gesagt mit grösseren Verzögerungen gerechnet. Da haben die Crews von Metal Storm und der Schüür offenbar hervorragend zusammengearbeitet. Aber nun heisst es: «Auf ins letzte Gefecht!».

Aephanemer aus Frankreich bin ich am letztjährigen Wacken Open Air zum allerersten Mal begegnet. Die vier Musiker aus Toulouse spielen einen Melodic Death Metal, der stark von Grössen aus dem skandinavischen Raum beeinflusst ist. Schreihälsin Marion Bascoul kümmert sich ebenfalls um die Rhythmus-Klampfe. Mit Lucie Woaye Hune verfügt die Truppe über eine weitere Dame in ihren Reihen. Die ganze Geschichte wird komplettiert durch Felldrescher Mickaël Bonnevialle und Bandoberhaupt Martin Hamiche an der Leadgitarre. Aephanemer sind seit 2014 aktiv und werden am 22. März dieses Jahres mit «Prokopton» ihren zweiten Studiosilberling veröffentlichten. Die dazugehörige Plattenkritik könnt ihr demnächst auf unsere Homepage nachlesen.

Doch kommen wir nochmals zurück zum heutigen Auftritt der Franzosen. Sie agieren mit viel Spielfreude und zeigen sich dankbar darüber, vor solch einem Publikum spielen zu dürfen. Ihnen gebührt ausserdem die Ehre, sich ganze 70 Minuten lang austoben zu können. Mit «The Sovereign» und «Snowblind» kommt das Publikum in den Genuss zweier exklusiver Hörproben von Songs der neuen Scheibe. Die restliche Setliste setzt sich aus Nummern der 2014er-EP «Know Thyself» und des 2016er-Albums «Memento Mori» zusammen. Anhänger von Children Of Bodom, Dark Tranquillity, Kalmah oder Wintersun sollten Aephanemer unbedingt ihren persönlichen Sammlungen hinzufügen. Die Mähnenschüttler um mich herum sind mit vollem Elan bei der Sache. Eine gelungene CH-Premiere für unsere westlichen Nachbarn. Es wird sicherlich nicht ihr letzter Gastspiel hierzulande sein.

Setliste – Aephanemer

  1. Unstoppable
  2. Sisyphus‘ Bliss
  3. The Sovereign
  4. The Oathsworn
  5. Rage And Forgiveness
  6. Snowblind
  7. Crows
  8. Memento Mori
  9. Path Of The Wolf
  10. Resilience

Das Fanzit

Meine persönlichen Sieger hiessen Aephanemer, Sickret, Xordia, Soldiers Bloodcraft und A Lost Game. Aber eigentlich haben irgendwie alle Akteure gewonnen, die heute in der Schüür auftreten dürfen. Dank den engagierten Leuten von Metal Storm dürften nun einige Leute wissen, dass unser metallischer Nachwuchs alles andere als untätig ist. Für ein nächstes Mal sollte man vielleicht zwischen den einzelnen Auftritten kleinere Pausen einplanen, so dass das Publikum auch einmal rasch durchatmen kann. Am Ende hätten es meines Erachtens ruhig noch ein paar Besucher mehr sein dürfen. Platzangst hatte man nämlich durchgehend keine zu befürchten.


Wie fandet ihr das Festival?

17.02.2019
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