Gotus - Hall of Fame Wetzikon 2022
Sa, 26. März 2022

Gotus, Bad Ass Romance, Sideburn

Hall of Fame (Wetzikon, CH)
04.04.2022
Gotus - Hall of Fame Wetzikon 2022

Helvetische Kult-Rocker beehren das Zürcher Oberland

Gotthard und Krokus im Hall Of Fame? Klingt im ersten Moment nach einer Farce – aber genau das wurde am 26. März 2022 zur Realität. Zumindest teilweise. Die beiden Gitarrenvirtuosen Fernando von Arb und Mandy Meyer gastierten mit ihren neuen Truppen Bad Ass Romance respektive Gotus in Wetzikon. Das Einheizen übernahmen die im Waadtland beheimateten Sideburn.

Klingende Namen in familiärer Atmosphäre? Die HoF-Crew macht’s möglich! Inzwischen hat doch schon der eine oder andere legendäre Künstler auf der Bühne des Wetziker Rockschuppens sein Unwesen getrieben. Schweizer Akteure sind dabei selbstverständlich ebenfalls stets gerngesehene und gefeierte Gäste. Mitte Oktober des vergangenen Jahres gaben sich beispielsweise China die Ehre. Ob wir nun ein paar Monate später abermals in den Genuss eines solch fantastischen Abends kommen werden? Die Chancen stehen zumindest nicht schlecht.

Für mich sind alle der heute auftretenden Bands Neuland. Dafür sieht mein Wissensstand bei gewissen der in diesen Konstellationen figurierenden Persönlichkeiten ein bisschen besser aus. Da wäre beispielsweise der ehemalige Krokus-Saitenhexer Fernando von Arb, der mit seinem Projekt Bad Ass Romance und ein paar guten Kumpels das Vermächtnis der Solothurner Legenden unbedingt aufrechterhalten möchte. Ein weiterer, heroischer Axtmann, der im Rahmen der bevorstehenden Darbietungen ausgiebig beobachtet werden kann, hört auf den Namen Mandy Meier. Da er im Lauf seiner Karriere sowohl bei Gotthard als auch Krokus im Einsatz stand, hat der gute Mann diese beiden Kapitel für seine neuste Equipe kurzerhand fusioniert. Resultat: Gotus! Die musikalische Beurteilung liefere ich gerne später nach. Dass der heutige Headliner allerdings mit keinem Geringeren als Ronnie Romero am Mikrofon agieren soll, lässt bereits im zum jetzigen Zeitpunkt immense Vorfreude aufkommen.

Irgendwie ist diese Woche sowieso durch helvetische Rock-Geschichte geprägt. Erst am Donnerstag bescherten nämlich CoreLeoni, Marc Storace und Megawatt den Fans im Prattelner Metal-Tempel Z7 ein durchaus ansprechendes Klangfeuerwerk. Hoffentlich höre ich heute Abend im Zürcher Oberland gewisse Songs nicht doppelt, sonst verlieren sie am Ende plötzlich noch ihre Wirkung. Zuerst gibt’s aber die eine oder andere Hopfenperle mit guten Freunden und danach ist langsam alles angerichtet für den ersten, lauten Programmpunkt.

Sideburn

Ein Vierteljahrhundert zu existieren ist garantiert für jede Kapelle ein erstrebenswerter Meilenstein. Die Waadtländer von Sideburn haben diesen erfolgreich erreicht (rechnet man die Genocide-Phase dazu wird’s sogar noch länger). Im Lebenslauf stehen ausserdem acht Alben und Opening-Gigs für Grössen wie Dio, Motörhead, Uriah Heep oder Def Leppard geschrieben. Die nächste Platte sei inzwischen in Produktion und soll voraussichtlich im Juni dieses Jahres unters Volk gebracht werden.

Und wie manifestiert sich dieses bereite Spektrum von Erfahrungswerten? Schlichtweg grossartig! Der Rock ‘N’ Roll-Express aus der Romandie überrollt die Zuhörerschaft regelrecht. Sänger Roland Pierrehumbert und Drummer Lionel Blanc glänzen dabei mit einer unglaublichen Coolness. Die schwarzen Sonnenbrillen bleiben während der gesamten Spielzeit fester Bestandteil des Gesichtsbilds. Der Fronter ist eine echte Inspiration. Also ich möchte dann in meinen Fünfzigern bitteschön genau dieselbe Rockstar-Energie versprühen! Hammermässige Sache. Obendrein sammelt er mit seinen deutschen und englischen Ansprachen, die auf unterhaltsame Art durch einen französischen Akzent geprägt sind, jede Menge Sympathiepunkte. Diese 40 Minuten beweisen mir ziemlich deutlich, dass eine weitere Begegnung mit den Herrschaften von Sideburn zwingend eingeplant werden muss. Also Augen und Ohren (und Plätze in der eigenen Agenda) brav offenhalten.

Bad Ass Romance

Die nächsten 60 Minuten gehören Bad Ass Romance! Fernando von Arb (Gitarre), Deedee Kaufmann (Drums/Gesang), Dan Grossenbacher (Bass/Gesang) und der einen schicken Hut auf dem Haupt tragende Pat Tschäppät (Gitarre) läuten die «After-Krokus-Ära» ein und verwöhnen die Gehörgänge der Zuhörerschaft mit einigen der grössten Hits des rockigsten Schwertliliengewächses unseres Landes. Ausnahmen bilden diesbezüglich einzig «Are You Ready» von Thin Lizzy und der ZZ Top-Track «Legs».

Saitenhexer Fernando präsentiert seine besten «guitar faces» und lässt sein Spielgerät wie eine rundum zufriedene Miezekatze schnurren. Es ist eine grosse Freude, diesem talentierten Mann bei der Arbeit zusehen zu dürfen. Bei den Ansagen herrscht dafür formelle Zurückhaltung. Die gestrige Show in der Luzerner Schüür – und eventuell dazugehörige Feierlichkeiten – haben bei Maestro von Arb zu einem heiseren Stimmorgan geführt. Aber alles halb so wild. Schiessbuden-Hüter Deedee übernimmt eh mehrheitlich die Gesprächsführung. Neben Danksagungen gibt’s zudem einen Programmausblick und den obligaten Verweis auf die Merchandise-Ecke. Ich bin sicher, dass das gutgelaunte Publikum im Anschluss die eine oder andere Investition ins «Band-Kässeli» tätigen wird. Es wäre zumindest alles andere als unverdient.

Feurige Hymnen wie «Tokyo Nights», «Fire» oder «Heatstrokes» sorgen für viel Begeisterung. Mein persönlicher Favorit ist jedoch «Bad Boys, Rag Dolls», welches unfassbar packend vorgetragen wird. Dan kommt stimmlich zwar nicht immer an Altmeister Marc Storace heran, aber er liefert nichtsdestotrotz grundsolide Arbeit ab. Das Hall Of Fame mutiert zum Tollhaus! Für diese Performance kann am Ende passenderweise nur eine Beurteilung im Zeugnis stehen: «Bad Ass!»

Gotus

Mit Mandy Meyer betrifft um 22.35 Uhr der zweite Klampfen-Gott des heutigen Abends den Ring. Das Projekt Gotus fasst sozusagen seine bisherigen Karrierestationen zusammen. Aufgrund dessen besteht die Setliste aus Nummern von Unisonic, Cobra, Katmandu und jede Menge Gotthard. Die Mikrofonarbeit übernimmt normalerweise ein gewisser Dino Jelusick, der unter anderem auch bei Whitesnake oder dem Trans-Siberian Orchestra zu Einsatzzeiten kommt. Heute scheint er allerdings durch Abwesenheit zu glänzen. Sein Ersatzmann ist dank Auftritten mit CoreLeoni oder Lords Of Black (mit zweitgenannter Gruppe damals noch im kleinen Nebenraum) glücklicherweise bestens mit den hiesigen Räumlichkeiten vertraut. Es handelt sich nämlich um das chilenische Stimmwunder Ronnie Romero. Der Südamerikaner führt in sympathischer Manier durch die Show und weiss, wie er die Massen zu unterhalten hat.

Mir wird jedoch rasch bewusst, dass Gotus nicht mit der beeindruckenden Einlage von Bad Ass Romance mithalten können. Die Musiker verstehen ihr Handwerk, aber die Songauswahl wirkt phasenweise etwas zu gemächlich. Ein paar schnellere Angelegenheiten, wie sie vereinzelt im zweiten Abschnitt auftauchen, wären definitiv wünschenswert. Nichtsdestotrotz glänzt Mandy ebenfalls mit ansprechenden Fingerfertigkeiten an seinem Instrument. Und Ronnie habe ich noch nie schlecht singen gehört. Daran ändert sich auch dieses Mal nix. Des Weiteren liefert er am Ende eine belustigende Vorstellung seiner Mitstreiter ab: Tasten-Mensch Alain Guy sei der Professor der Equipe, Bassist Tony habe einen italienischen Mafianachnamen (Castelloni oder so), Drummer Patrick Aeby mime ständig den grimmigen Franzosen und Mister Meyer habe Ronnie einmal auf einer Tour in Spanien anstelle eines Plektrums einen Schweizer Franken geschenkt. Schmunzeln ist freilich erlaubt.

Das Fanzit – Gotus, Bad Ass Romance, Sideburn

In einem eher mittelmässig besuchten Hall Of Fame vermochten hauptsächlich Sideburn und Bad Ass Romance zu überzeugen. Speziell die Truppe rund um Fernando von Arb kann ich hundertprozentig weiterempfehlen. Schön zu sehen, dass Pasquale und sein Team wieder vermehrt solche Kult-Musiker für ihren Laden gewinnen können. Liebe HoF-Crew, macht einfach so weiter!

Setliste – Sideburn

  1. Get That Way
  2. Crocodile
  3. Give Me A Sign
  4. Gangster Lover
  5. Six Feet Under
  6. Never Get Down
  7. Standing In The Headlines (vom kommenden Album)
  8. Lazy Daisy
  9. Feel The Heat (vom kommenden Album)

Setliste – Bad Ass Romance

  1. Intro – Moby Dick
  2. Are You Ready (Thin Lizzy-Cover)
  3. Long Stick Goes Boom (Krokus-Cover)
  4. Down The Drain (Krokus-Cover)
  5. Bad Boys, Rag Dolls (Krokus-Cover)
  6. Stayed Awake All Night (Krokus-Cover)
  7. Hoodoo Woman (Krokus-Cover)
  8. Tokyo Nights (Krokus-Cover)
  9. Fire (Krokus-Cover)
  10. Legs (ZZ Top-Cover)
  11. Heatstrokes (Krokus-Cover)
  12. Bedside Radio (Krokus-Cover)*

*Zugabe

Setliste – Gotus

  1. Souls Alive (Unisonic-Cover)
  2. Fallen Angel (Cobra-Cover)
  3. King For A Day (Unisonic-Cover)
  4. First Strike (Cobra-Cover)
  5. Danger Zone (Cobra-Cover)
  6. Travellin’ Man (Cobra-Cover)
  7. Reason To Live (Gotthard-Cover)
  8. Looking At You (Gotthard-Cover)
  9. You (Gotthard-Cover)
  10. Everything Can Change (Gotthard-Cover)
  11. Top Of The World (Gotthard-Cover)
  12. Warzone (Katmandu-Cover)*
  13. Rocking In The Free World (Neil Young-Cover)*

*Zugabe

 


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