Metalinside.ch - Iron Maiden - Hallenstadion Zürich 2022 - Foto Kaufi
Do, 30. Juni 2022

Iron Maiden, Lord Of The Lost

Hallenstadion (Zürich, CH)
/ 28.07.2022

Guter Wein

(Domi) Corona hat Pause eingelegt und die grossen Events dürfen endlich wieder stattfinden. Zum Glück. Denn der Konzerttermin mit den eisernen Jungfrauen stand schon lange in der Agenda und die Vorfreude auf diese «Messe» ist natürlich unglaublich hoch. Versprechen doch die Konzerte von Iron Maiden immer wieder ein Erlebnis auf verschiedensten Ebenen.

Zum einen die Musik, die legendären Hits oder auch die neueren Werke. Aber auch das Bühnenbild, welches die verschiedenen Songs immer wieder sehr schön in ein spezielles Flair hüllt. Kurz vor dem Konzert gab es noch wenige Tickets, aber wie immer, wenn Maiden der Schweiz einen Besuch abstattet, ist die Konzert-Location gut gefüllt.

Warm-up vor dem Hallenstadion

Ich bin bereits früh vor Ort in Oerlikon. Nicht nur ich, viele andere auch. Bereits gibt es verschiedene Stände rund ums Hallenstadion, an welchen Esswaren und natürlich Bier gekauft werden kann. Geselliges Zusammensein bevor die Türen um 18.00 überhaupt öffnen. Heute werden die komischen Menschen mit den Iron Maiden T-Shirts und dem Maskottchen Eddie wieder die Trams, Busse und Züge nach und rund um Zürich bevölkern und in Richtung Hallenstadion pilgern. Schön zu beobachten, wie die «Schwarze Masse» immer mehr zunimmt und die Stimmung freundlich, erwartungs- und humorvoll ist.

Support : Lord Of The Lost

Pünktlich starten die Deutschen, welche im Dark Rock Bereich tätig sind. Ich bin ehrlich, ich verfolge nicht den ganzen Slot mit, mir ist die Band zu fernab von dem, was mich im späteren Verlauf des Abends noch erwarten wird. Ich meine dies rein musikalisch. Zwar instrumental gesehen für mich ok mit einer Mischung zwischen Härte und Melodie, aber durch die Shouts und Growls einfach nicht im Musikprofil des typischen Maiden-Old-School-Anhängers.

Trotzdem werde ich grundsätzlich in der Halle selbst eines Besseren belehrt: Das schon sehr zahlreich vorhandene Publikum geht ziemlich gut mit und applaudiert nach den Songs relativ frenetisch. Dies erstaunt mich eigentlich ein bisschen. Aber ich komme später nochmals auf diesen Punkt zurück, denn der Abend soll – so viel sei schon mal vorweggenommen – ein bleibendes Erlebnis in meinem Gedächtnis erzeugen.

Auch auf Facebook findet man im Kanal von Lord Of The Lost im Nachgang sehr gute Rückmeldungen zum Auftritt. Vielleicht muss ich mich diesbezüglich noch mehr öffnen? Ich bin gespannt auf euren Eindruck, falls ihr auch da gewesen seid.

Auf alle Fälle wirken die Dark-Metaller sehr routiniert und das Set wird ohne grosse Probleme gespielt. Ich finde, es ist sowieso eine Ehre und auch ein Privileg für solch eine Band wie Iron Maiden zu eröffnen und das ist zu spüren. Die Band schätzt den Zuspruch des Publikums sehr und verausgabt sich dementsprechend. Mit einem eindrücklichen Foto mit den Zuschauern im Hintergrund wird der Gig dann abgeschlossen und der Abend geht in die Umbaupause für Iron Maiden. Die Nervosität wird grösser, endlich….

Zwischenspiel

Kurz also aus dem Rund der Halle und sofort zur Verpflegung eilen. Es haben sich bereits lange Schlangen gebildet, gar nicht so einfach mit 13’000 Fans sich ein Bier und einen Hot-Dog zu ergattern. Aber auch das schafft der geduldige Iron-Maiden Fan spielend. Zurück in die Halle, verpflegen und in die Startposition für den Main-Event des Abends gehen.

Iron Maiden, Ausgabe 2022: Episch – Legendär – Eindrücklich

Auch der Konzertslot von Maiden startet absolut pünktlich. Ein Intro wird abgespielt. Eigentlich erwarte ich jetzt ja die berühmte und normal gewordene «Eingangsmelodie»  „Doctor, Doctor“… aber irgendwie ist da etwas neu, es scheint mir nicht das gleiche Intro wie in der letzten Dekade zu sein. Täuscht aber, denn es wird einfach eine «rockigere» Version davon eingespielt. Dies beruhigt mich doch und ich reflektiere, wie der Mensch eigentlich ein Gewohnheitstier ist.

Und dann geht’s los. Iron Maiden ist daaaa! Die Band betritt die Bühne, endlich. Wow, was für eine Stimmung in der Halle, ich kriege hier beim Schreiben gleich wieder Hühnerhaut. Unbeschreiblicher Jubel, die Hände gehen nach oben, und zwar nicht nur im vorderen Teil der Halle, sondern im ganzen Hallenstadion. Ich habe hier noch kaum eine solche Stimmung erlebt. Denn das Krasse an meiner Feststellung ist: Die Grundstimmung in der Menge wird über das Konzert nicht an Intensität verlieren. Oft ist es so, dass dann immer wie weniger applaudiert und gejubelt wird, da man bekanntlich müder wird. Aber heute ist die Stimmung (ich schreib es gerne nochmals) unbeschreiblich. Ich fühle mal in mich hinein und stelle fest – denn ich realisiere, dass auch ich abgehe wie ein «Zäpfli» – dass dies wohl auch damit zu tun hat, dass unsere Metal-Gemeinde schlicht und einfach «ausgehungert» ist nach den letzten Jahren der Abstinenz. Ich bin dankbar endlich wieder Konzerte in dieser Grössenordnung besuchen zu können. Ich kann mir vorstellen, dass nicht nur ich dieses Gefühl an diesem Abend in mir trage.

Es geht gleich mächtig los in der Halle. Der erste Block ist dem neuesten Release «Senjutsu» gewidmet. Gleich drei Songs vom neuen Album werden in der ersten Sequenz dargeboten. Dies vor einem wunderschön angepassten Backdrop und auch dem entsprechend eingekleideten Bühnenaufbau. Zeit die Herren ein wenig zu studieren, welche da von Anfang an mächtig was rausfeuern.

Fangen wir an bei Bruce, der sich scheinbar von seiner ganzen Gesundheitsgeschichte sehr gut erholt hat. Es ist ihm den ganzen Abend gar nichts anzumerken, sei es gesundheitlich oder auch in Bezug auf die Fitness. Bruce hat nichts von seiner Agilität eingebüsst, unglaublich, was er da an Sprüngen und Kurzsprints vom einen zum anderen Bühnenrand wieder an Bewegung produziert.

Dann das Gitarrentrio Murray, Smith und Gers. Dave Murray, welchem ich das gesetzte Alter doch ein wenig ansehe, aber der die Mundwinkel bei seinen Solos immer noch so verzieht wie beim letzten Konzert. Janick Gers, der mit seiner bekannten Gitarren-um-sich-rum-werfen-Technik und seinem idyllischen Laufschritt über die Bühne immer noch wirkt, als wäre er ein Jugendlicher. Adrian Smith, der wie gewohnt eher im Background bleibt, aber musikalisch für die Band aus meiner Sicht sehr wichtig ist.

Dann Steve Harris, der es sichtlich geniesst wieder auf den Brettern zu stehen. Er scheint ein Dauerlächeln im Gesicht zu haben, wenn er nicht gerade den «Bösen» spielt und ist sich sicher wieder einmal mehr bewusst, was er da für eine Institution anführt.

Und natürlich Nicko, welcher hinter seiner  Batterie fast nicht zu sehen ist, aber sehr gut zu hören.

Teilfazit: Die Herren sind zwar seit dem letzten Konzert im Jahr 2018 vier Lenze älter geworden, aber davon zu merken ist heute definitiv nichts.

Nach dem ersten Dreier-Pack an Songs geht’s auf eine kleine Zeitreise durch die verschiedenen Zeitepochen (siehe Setliste). Darunter sind natürlich – wie gewohnt – auch die Klassiker, welche nicht fehlen dürfen. «Fear Of The Dark», «The Number Of The Beast» oder «Blood Brothers» als Beispiele. (Anm. Kaufi: Also „Blood Brothers“ würde ich nicht als Klassiker im Sinne der beiden anderen genannten Songs ansehen. Vielmehr als hoch erfreuliche Überraschung!)

Die Auswahl der Songs ist am heutigen Konzert (bzw. auf dieser Tour) aus meiner Sicht sehr gelungen. Die Kehrtwenden im musikalischen Bereich passen sehr gut, auf einen eher ruhigeren Song folgt wieder ein «Berseker». Das Publikum lässt nicht locker, treibt an, jubelt, singt mit oder schreit wie am Spiess, wenn Bruce in die Menge ruft «Scream for me, Switzerland».

Besondere Anmerkung an dieser Stelle: Neben mir sitzt Kaufi, der euch wohlbekannt ist. Nachdem er die wunderbaren Fotos – welche ihr mit diesem Bericht mitgeliefert bekommt – geknipst hat, kommt er zu mir. Ich schaue ab und an über die linke Schulter und sein freudiges Grinsen wird mit jedem Song breiter. Seiner Aussage, dass hier die beste Band der Welt an der Arbeit ist, kann man nicht widersprechen.

Zurück zum Geschehen auf der Bühne.

Der erste Zugaben-Block hat‘s in sich. Mit «The Trooper», «The Clansman» und «Run to the Hills» werden weitere drei Feuerwerke gezündet. Mir fällt heute vor allem auch die Stimme von Bruce auf, welche wirklich äusserst stabil ist. Ich finde persönlich keinen Ton, welchen er heute nicht trifft. Eindrücklich. Das Publikum könnte noch Stunden weitermachen und die Band kommt noch ein zweites Mal zurück. Mit «Aces High» und dem obligaten «Always look on the…» verabschieden sich die Legenden.

Das Publikum hört nicht auf zu jubeln, alle Hände sind wieder in der Höhe, die Sitzplätze stehen, «Standing Ovations». Und mir gehen Gedanken durch den Kopf: Kommt die Band wieder? Wenn ja, wann? Wie lange dürfen wir die eisernen Jungfrauen noch als Band erleben? Wann ist diese Ära zu Ende? Nicht so tolle Gedanken am Ende eines solch epischen und legendären Konzerts, aber realistische. Vielleicht sind es auch diese Gedanken, welche mich heute im Moment verweilen lassen und diese weitere eindrückliche Konzerterfahrung im tiefsten Inneren abspeichern lassen.

Das Fanzit Iron Maiden 2022

Iron Maiden hat mich und viele weitere Menschen auf dieser Erde geprägt. Maiden hat mich durch meine Jugend begleitet, Maiden hat mich durch meine Adoleszenz begleitet, Maiden begleitet mich heute noch. Maiden wird für mich NIE sterben. Maiden ist legendär, Maiden ist episch, Maiden ist ein Garant für Live-Perfomance und eindrückliche Konzerte, Maiden schlägt sie so ziemlich alle, Maiden forever…. Hoffen wir, dass dieses Konzert eine baldige Fortsetzung erfährt. Sollte es nicht so sein, nehme ich zum Schluss der Maiden-Ära eines mit, dass sich tief in meinem Rock/Metal Herz seinen Platz ergattert hat. Up the Irons!

Kaufi: Amen! Viel mehr kann man hier nicht mehr ergänzen… Ein absolutes Götterkonzert, die Briten sind wie guter Wein: Sie werden mit dem Alter immer besser. Im Vergleich zur letzten „Legacy“ Tour wird das Programm etwas umgestellt und glücklicherweise finden doch immerhin drei Nummern von „Senjutsu“ Platz darin. Speziell höchstens, dass die gleich allesamt zu Beginn gespielt werden.

Ebenfalls sehr erfreulich, dass „Blood Brothers“ in der Setliste auftaucht, dafür fehlen umgekehrt Klassiker wie „2 Minutes To Midnight“ und „The Evil That Men Do“. Es zeigt deutlich auf, wie viele grossartige Songs die Briten in all den Jahren gemacht haben. Und wer dann Nummern wie „Fear Of The Dark“ und „Hallowed Be Thy Name“ einfach so back to back spielen kann und dabei nicht auf die Zugaben warten muss, ist eigentlich unsterblich. Und so schliesse ich mich Domi an: Up the Irons!

Setliste Iron Maiden

  1. Senjutsu
  2. Stratego
  3. The Writing On The Wall
  4. Revelations
  5. Blood Brothers
  6. Sign Of The Cross
  7. Flight Of Icarus
  8. Fear Of The Dark
  9. Hallowed Be Thy Name
  10. The Number Of The Beast
  11. Iron Maiden
  12. The Trooper*
  13. The Clansman*
  14. Run to the Hills*
  15. Aces High*
    *Zugaben

Fotos Iron Maiden (Kaufi)


Wie fandet ihr das Konzert?

/ 28.07.2022
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