

Tribal-Rituale und Death-Metal-Abriss
Punkt 20:00 Uhr fiel der Startschuss für einen Abend, der in die Magengrube ging. Ohne Vorwarnung und ohne Gnade legten Requiem, die eiserne Schweizer Death-Metal-Garde, als Einheizer für Soulfly los – und verwandelten das Dynamo binnen Sekunden in einen brodelnden Hexenkessel.
Requiem
Spätestens nach dem zweiten Song war klar: Dieser Abend bringt nicht nur Nackenschmerzen, sondern verpasst den Ohren auch einen brutalen Vollrausch. Der Name ist Programm – Requiem liefern ein Klangbild wie ein Totenmarsch auf Speed. Wer auf knüppelharte Double-Bass-Attacken, sägende Riffs und unbarmherzige Growls steht, ist bei dieser Formation genau richtig. Kein Warm-up, keine Kompromisse – das ist Death Metal in Reinkultur. Die Band knallt mit einer Präsenz und Präzision rein, die man sonst nur vom «Main Act» erwartet. Da zittern nicht nur die Wände des Dynamo, da flehen sie förmlich um Gnade.
Und ja – das macht Laune so!
Das Publikum war ab dem ersten Breakdown voll dabei. Pits rotierten, Fäuste flogen in die Luft, und ein kollektives, verschwitztes Grinsen breitete sich aus. Was folgte, war keine blosse Aufwärmphase – es war ein brutaler Weckruf, ein martialischer Exorzismus, der das Publikum ohne Umschweife mitten in die Hölle schleuderte. Requiem zeigten einmal mehr, dass sie live nichts dem Zufall überlassen. Jeder Song sass, jede Note traf. Das war Präzision im Chaos, Technik im Sturm, und das Publikum? Völlig entfesselt.
Die Band liess keine Verschnaufpause zu – ausser ein paar kurze, trockene Sprüche, bei denen sie sich selbst mit einem Grinsen als „Jungs aus dem Fricktal“ vorstellten. Ein Moment zum Luftholen, bevor der nächste Brecher ins Gesicht schlug. Und genau diese kurzen Pausen waren auch dringend nötig zum Durchatmen. Double-Bass-Gewitter, sägende Gitarren, hämmernder Bass und Growls direkt aus der Hölle – das war kein Support-Act, das war ein Abrisskommando!
Kein Wunder: Requiem hämmern bereits seit 1997 Death Metal in Schweizer Gehirne – und das hört man nicht nur, das fühlt man. Das ist keine Szene-Band auf der Durchreise. Das ist eine Instanz. Eine Live-Maschine. Und an diesem Abend: ein Panzer, der alles mitriss, was sich ihm in den Weg stellte. Nach 45 Minuten war der Spuk vorbei – und es fühlte sich an, als wäre ein Schnellzug ohne Bremsen durch den Saal gerauscht.
Soulfly
Nach einer kurzen Atempause, die das Publikum auch bitter nötig hatte, lagen noch die Splitter des Requiem-Abrisses auf der Bühne, da wurden sie schon vom nächsten Sturm weggefegt: Soulfly-Time.
Der Schamane des Metal, Max Cavalera, betrat mit seiner Groove-Lawine die Bühne und das Haus brannte endgültig. Tribal-Drums, Monster-Riffs, und eine Energie, die wie ein Urknall durch die Menge schoss. Was Requiem in Schutt gelegt hatten, verwandelte Soulfly in flammende Trümmer. Kein Halten mehr. Nur noch kollektives Ausrasten.
„Seek n‘ Strike“ als Auftakt und ab da gab’s kein Halten mehr. Kaum erklang das erste Riff, ging ein Ruck durch die Menge – Stillstand? Keine Chance. Das Dynamo tobte, schwitzte, raste – pure Eskalation vom ersten Ton an. Here we go! „Prophecy“ liess keine Zweifel offen – der Abriss ging gnadenlos weiter. Kaum war der erste Ton draussen, war klar: Jetzt gibt’s endgültig kein Zurück mehr.
Max Cavalera stand wie ein wütender Prophet auf der Bühne, peitschte seine Band und das Publikum voran. In wenigen Minuten hatte er alle in der Hand – die Halle tobte, die Wände bebten. Mit jeder Zeile, jedem Riff wurde das Dynamo mehr zum brennenden Tempel des Metals. „No Hope – No Fear“? Passte wie die Faust aufs Auge. Und genau so klang’s auch: roh, direkt und ohne Kompromisse. Der Song kam mit voller Wucht – und die Meute drehte komplett durch.
Keine Angst war auch hier die Devise. Nur noch: reinspringen, mitbrettern, weitermachen. Soulfly feuerten, als gäb’s kein Morgen. Die Riffs wurden schwerer und die Energie immer gnadenloser. Stillstehen war keine Option mehr. Wer da nicht mitmachte, lag – wortwörtlich – auf dem Boden. Circle Pits, Crowdsurfer, wildes Gemoshe – das Dynamo war ein Hexenkessel aus Schweiss, Wut und totaler Euphorie.
Bei „Bumba“ wurde es dann beinahe feierlich – eine Schweizer Flagge wurde stolz an einem der Amps befestigt, und das Publikum feierte sich und die Band gleichermassen. Ein kurzer Moment der Verbundenheit, bevor es wieder ernst wurde. Jetzt kam der Häuptling richtig in Fahrt: Max Cavalera griff zum «Berimbau», dem traditionellen brasilianischen Saiteninstrument, und liess für einen Augenblick echte Tribe-Vibes durch das Dynamo wehen. Ein Hauch von Ritual, von Ursprung und von spiritueller Wucht lag in der Luft und die Menge war voll dabei.
Dann forderte Max lautstark:
„Soulfly!“ – das Publikum antwortete:
„Soulfly!“ – im Takt, im Rausch, im Einklang.
Ein Moment wie aus einem anderen Universum – bis der Gitarrist plötzlich das erste Riff von „Superstition Bleeds“ anstimmte und die Zeremonie nahtlos wieder in pure Zerstörungskraft umschlug. Gnadenlos. Wie es begonnen hatte.
Unaufhaltsam rollte der Cavalera-Tribe weiter mit „Boom“, No“ und „Nihilist“ – und das Publikum zeigte keine Spur von Erschöpfung. Ganz im Gegenteil: Die Menge forderte immer lauter und ungebremster mehr, liess sich von der gnadenlosen Power der Band regelrecht mitreissen. Und Soulfly? Sie schlugen zurück mit voller Wucht und ohne einen Millimeter nachzugeben. Jeder Song ein Hammer, jedes Riff ein Erdbeben. Die Energie schien unerschöpflich, die Verbindung zwischen Bühne und Publikum so dicht, dass man glauben konnte, es sei eine gemeinsame Kampfansage gegen die Aussenwelt.
„Pain“ und „Jumpdafuckup“ waren der absolute Höhepunkt und zugleich die Schlussexplosion des Abends. Ein letztes verzweifeltes Springen, Schreien, nochmal alle Hände in die Luft – jeder gab alles, was noch drin war. Dann – plötzlich – Stille.
Ist es wirklich vorbei?
Der Häuptling, Max Cavalera, verliess langsam die Bühne, während die Menge kaum zu fassen war. Laut, verzweifelt, unermüdlich schrie sie nach mehr, nach einer Zugabe, die einfach nicht kam. Doch Max gönnte sich den wohlverdienten Feierabend.
Und dann: diese Hühnerhaut. Das Gefühl, als wäre alles gerade nur ein Traum gewesen – so intensiv, so überwältigend, so lebendig. Ein Sturm, der noch lange nachhallt und zeigt:
Wenn der Cavalera-Tribe loslegt, bleibt kein Stein auf dem anderen.
Das Fanzit – Soulfly, Requiem
Zwei Bands, eine Mission: Alles niederwalzen. Requiem waren mehr als „nur“ Vorband – sie waren ein Statement. Und Soulfly? Der Stamm hat gesprochen. Zürich hat gebrannt!
